NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
WO DIE KIRCHE ZU DEN MENSCHEN SCHWIMMT -
Seit Juni beucht das Kapellenschiff "Heiliger Innokenttij" Gemeinden an
Wolga und Don - Königstein (DT).Für die schätzungsweise 1,5 Millionen
Gläubigen der russisch-orthodoxen Diözese Wolgograd in Rußland stehen
derzeit nur 177 geöffnete Kirchen zur Verfügung. Zwanzig bis dreißig
Mal mehr Gotteshäuser wären notwendig. Da die finanziellen Mittel
fehlen, um die Kirchen wiederherzustellen, die während der
Sowjetherrschaft und im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren, hat
man eine einzigartige Lösung gefunden: ein Kapellenschiff, das auf der
Wolga und dem Don die einzelnen Siedlungen und Dörfer anfährt und den
Gläubigen als schwimmende Kirche dient. Auf einem Kongreß des
katholischen Hilfswerks "Kirche in Not/Ostpriesterhilfe", der vom 16.
bis 18. Oktober in Königstein im Taunus unter dem Thema "Kirche in
Osteuropa - Hoffnung für die Menschen" stattfand, hat der orthodoxe
Erzbischof German Timofeev von Wolgograd über das Kapellenschiff
berichtet, das auf den heiligen Innokentij "getauft" ist und dessen
Namen trägt. Der Unterstützung von "Kirche in Not/ Ostpriesterhilfe"
ist es zu verdanken, daß die "Heilige Innokentij" ihre Arbeit
aufnehrnen konnte. Erzbischof German machte deutlich, daß die aktive
Teilnahme der Menschen am Gottesdienst die wichtigste Aufgage der
Mission sei. Das habe die Vorstellung von einer Kirche geprägt, "die zu
den Menschen kommen" müsse. Das Kapellenschiff sei am 22. Mai 1998
geweiht worden. Es besteht aus einem Schlepper und einem Kahn und hat
am 5. Juni die erste Reise begonnen. "Bei jeder Siedlung, die keine
Pfarrei hatte, legte das Kapellenschiff an und blieb für drei bis vier
Tage", berichtete der Erz bischof. "Vom 5. Juni bis zum 3. Oktober,
also in genau hundertzwanzig Tagen, konnten 28 Siedlungen besucht
werden. Innerhalb von vier Monaten wurden insgesamt 446 Personen
getauft, über anderthalb tausend Personen haben die Beichte abgelegt
und die heiligen Gaben empfangen, 2700 Personen haben zu verschiedenen
Zeiten Gottesdienste besucht." Der Besuch des Kahnes, auf dem man eine
richtige orthodoxe Kapelle mit Kuppelturm und sieben gußeisernen
Glocken gebaut hatte, habe unter den Gläubigen höchste Resonanz
gefunden: "Wir mußten den Menschen erklären, daß man uns auch an derswo
in anderen Dörfern erwartet und daß die Kirche ganz sicher zu ihnen
irgendwann zurückkommt", erklärte Erzbischof German. Doch leider sei
diese Rückkehr bisher an fehlenden Geldern für einen Dieselgeneralor
gescheitert. Er sei für die Beheizung der Kapelle notwendig, da es im
Oktober im Gebiet von Wolgograd bereits empfindlich kalt sei. Außerdem
müßte ein neuer Schlepper erworben werden, denn den bisherigen habe ein
wohlwollender Gönner nur geliehen. (...) Die zweite Missionsreise ist
für Mitte April bis Mitte November 1999 geplant - etwa fünfzig
Siedlungen sollen dann angelaufen werden. Erzbischof German wies darauf
hin, daß nur ein regelmäßiger Kontakt zwischen Kirche und Gläubigen
eine Verquickung von Glauben und Alltagsleben und damit die Festigung
des Glaubens erwirken könne. Dazu seien drei Kapellenschiffe auf dem
Don nötig, auf denen dann auch religiöse Literatur und Videofilme
ausleihbar sein sollten. (...) Für die Zukunft plant der Erzbischof, in
allen Siedlungen, die noch keine Kirche haben, neue Gemeinden zu
gründen. Als registrierte juristische Personen könnten diese leichter
erwirken, daß der Kirche Gebäude für die Einrichtung neuer Gotteshäuser
übergeben werden. (DT vom 22.10.98)
MUTMASSLICHE TAUFSTÄTTE JESU WIRD AUSGEGRABEN -
AMMAN (DT/ KNA). Eine ungewöhnliche Entdeckung sorgt in Jordanien für
Aufsehen. Am Ostufer des Jordans sind nach Angaben der jordanischen
Tourismusbehörde Teile der biblischen Ortschaft "Bethanien jenseits des
Jordans" wiederentdeckt worden, die nun freigelegt werden sollen. Dort
soll nicht nur Johannes der Täufer gelebt haben, sondern auch Jesus am
Ostufer getauft worden sein. Er sei auch an diese Stelle geflüchtet,
als verärgerte Massen ihn in Jerusalem bedrängt hätten, heißt es in
einer Erklärung der Behörde. Bei den Ausgrabungen ist nach Angaben der
Tourismusbehörde eine Siedlung aus dem ersten vorchristlichen
Jahrhundert mit gut verputzten Tauchbecken und einem Wassersystem
entdeckt worden. "Diese Anlagen wurden mit Gewißheit für Taufen
verwendet", teilte das Ministerium mit. In einer jüngeren byzantischen
Siedlung aus dem fünften bis sechsten Jahrhundert hätten die
Archäologen die Grundmauern von Kirchen, eines Klosters und großer
Gebäude gefunden, die möglicherweise einmal als Pilgerunterkunft
dienten. Die jordanischen Archäologen untersuchten zur Zeit zwanzig
Stellen nahe dieses Ortes. Das Zentrum des alten Bethanien liege etwa
anderthalb Kilometer östlich des heutigen Jordans beim Wüstental Wadi
Kharrar. Die Ausgrabungen und Untersuchungen sollen bis Anfang 1999
abgeschlossen sein. Die Fundstelle soll bis zum Jahr 2000 weitgehend in
ihrem ursprünglichen Zustand belassen werden. Pilger sollen über Pfade
zum Jordan geführt werden, wo sie sich taufen lassen können, sagte der
jordanische Tourismus-Experte Marwan Khoury. Später soll ein modernes
Pilgerzentrum entstehen. Im Norden des Toten Meeres seien bis 2000 drei
Hotels geplant. (DT vom 20.8.98)
'KONZILSKIRCHE' AM RANDE DER BEDEUTUNGSLOSIGKEIT -
(...) Zwei neuere Untersuchungen über die Einstellungen zur Kirche wie
auch zur Religiosität in unserem Lande belegen, daß sich das
Christentum im gesellschaftlichen Raum zur Zeit schleunigst in die
völlige Bedeutungslosigkeit bewegt. So fragt das Allensbacher Institut
die Deutschen nach möglichen Bestand-teilen einer "idealen Welt":
Höchste Priorität mit Werten weit über neunzig Prozent genießen demnach
umweltfreundliche Technik, Freiheit, Natur, Freizeit und Familiensinn.
Abgeschlagen folgen Fernsehen und Computer und noch dahinter steht
Religiosität, die von 44 Prozent der Befragten genannt wurde. Immerhin,
wird mancher sagen, fast jedem zweiten ist "Religiosität" noch wichtig.
Aber was heißt das schon? Was genau verstehen die Befragten darunter?
Und wieviele haben es - Mehrfachnennungen waren erlaubt - nur erwähnt,
weil es eben einfach "dazu gehört"? In interessanter Relation steht
eine Umfrage des Instituts Forsa, die ergab, daß zwei Drittel der
Deutschen der Meinung sind, die Kirchen sollten sich aus der Politik
heraushalten. Jeder vierte meint, sie sollten sich stärker einmischen.
Besonders SPD- und CDU-Anhänger wünschen sich eine stärkere
Zurückhaltung der Kirchen, während Anhänger von Grünen und PDS ein
stärkeres politisches Engagement befürworten. Ist es nicht Zeit, aus
dieser Entwicklung Konsequenzen zu ziehen? Würde man solchen
Empfehlungen folgen, müßte sich die katholische Kirche in Deutschland
von dem Gedanken verabschieden, gesellschaftlich prägend zu sein. Sie
müßte einsehen, daß ihre Position die eines bestenfalls geduldeten
Außenseiters ist, daß ihre Grundlagen in Geschichte, Schrift und
Theologie für kaum noch jemanden nachvollziehbar sind. Und aus dieser
ehrlichen Bestandsaufnahme heraus müßte eine Neubesinnung auf das
Wesentliche ihres Auftrages erfolgen: die Botschaft wieder in die Mitte
des kirchlichen Lebens zu stellen. In einer Zeit der vielfältigen
"Angebote" hilft nur ein deutliches Profil verbunden mit der
Überzeugungskraft eines christlichen Lebens. Daß der Begriff der
Mission aus katholischen Gemeinden verschwunden ist, daß Kinder selbst
kurz nach der Erstkommunion praktisch nichts über die Sakramente
wissen, daß der Kirchenbesuch zurückgeht ebenso wie die Taufzahlen -
all dies ist bekannt und bedenklich. Viel bedenklicher aber ist es, daß
in der katho-lischen Kirche so wenig dagegen gemacht wird.
Offensichtlich will die Gesellschaft die Kirchen am Rande sehen, einige
soziale Aufgaben übernehmend, aber doch bitte schweigend und
unaufdringlich, frei nach dem Motto: "Von Gottes Botschaft braucht
nicht die Rede zu sein, wenn denn das Krankenhaus nur gut geführt ist."
Die Chance der Kirche, zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen gehört zu
werden, wird jedoch immer häufiger vertan: Zum einen, weil man glaubt,
sich zu allem und jedem äußern zu müssen, was schnell zur Erlahmung
auch noch der letzten Aufmerksamkeit führt. Zum anderen dadurch, daß
viele offizielle und halboffizielle Kirchenvertreter die Gesetze der
Medien, die ja die Schlagworte im öffentlichen Raum setzen, nicht
kennen. Denn jede noch so versteckte innerkirchliche Kritik wird
hundertfach aufgebläht und vervielfältigt. So entsteht ein diffuses
Stimmengewirr, aber kein Profil. Denn die Gesellschaft wird die Kirchen
erst dann wieder ernstnehmen, wenn sie mit einem deutlichen Profil,
gewonnen durch eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, auftreten.
(PRIVAT-DEPESCHE vom 16.7.97, Nr. 29)
IMMER MEHR KINDER WERDEN KRIMINELL
- Entwicklung im Osten besonders alarmierend - Bonn. Die
Kinderkriminalität hat nach einer Umfrage des deutschen
Kinderhilfswerks 1997 mit mehr als 143 000 Tatverdächtigen einen neuen
Höchststand erreicht. Gegenüber dem Vorjahr sei eine Steigerung von
fast acht Prozent, gegenüber 1992 sogar von rund 83 Prozent zu
verzeichnen. Überdurchschnittlich verlief erneut die Entwicklung in den
ostdeutschen Ländern. Ein besonders gravierender Anstieg der
Kinderkriminalität gegenüber 1992 war in Brandenburg, Sachsen und
Thüringen zu verzeichnen. Bei der Art der Delikte steht Ladendiebstahl
mit weitem Abstand an der Spitze. Gründe für den alarmierenden Anstieg
der Kinderkriminalität sind nach Ansicht des Kinderhilfswerks die
weiter gestiegene Arbeitslosigkeit, der "rasante Anstieg der Zahl der
Sozialhilfeempfänger insbesondere bei Kindern", ein Mangel an
Freizeitmöglichkeiten und unzureichende Angebote der Kinder- und
Jugendhilfe. (dpa) (AACHENER ZEITUNG vom 19.3.98)
50 MILLIONEN ABTREIBUNGEN -
Washington. Jedes Jahr finden weltweit rund 50 Millionen Abtreibungen
statt. Außerdem werden 7,6 Millionen Kinder tot geboren oder sterben in
der ersten Woche nach der Geburt, wie aus einer in Washington
veröffentlichten Studie der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften
(NAS) hervorgeht. Zudem stürben jährlich etwa 600 000 Frauen an den
Folgen einer Schwangerschaft, und 99 Prozent dieser Fälle ereigneten
sich in Entwicklungsländern. Zudem litten derzeit rund 22 Millionen
Menschen an der Immunschwächekranheit Aids. 114 Millionen Frauen und
Kinder würden jedes Jahr sexuell verstümmelt werden. (kna) (AACHENER
ZEITUNG vom 27.2.98)
LEHRER KLAGT ERFOLGLOS WEGEN KREUZES IM KLASSENZIMMER
- Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgewiesen - KARLSRUHE
(DTIKNA). Erfolglos war die Verfassungsbeschwerde eines Lehrers in
Bayern gegen Kreuze in Klassenzimmern. Die Klage eines Pädagogen, der
nur noch in Klassenräumen ohne Kreuz unterrichten wollte, sei nicht zur
Entscheidung angenommen worden, teilte das Bundesverfassungsgericht
(BVG) in Karlsruhe mit. Die Erste Kammer des Zweiten Senats verwies den
Kläger auf das Verfahren in der Hauptsache, in der von den
Fachgerichten zu klären sei, ob der Lehrer unter Berufung seiner
"negativen Glaubensfreiheit" einen solchen Anspruch geltend machen
könne. Der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gestellte Antrag auf
Erlaß einer einstweiligen Anordnung war bereits vom Verwaltungsgericht
Augsburg und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgewiesen worden.
Der bayerische Gesetzgeber hatte im Dezember 1995 auf das umstrittene
Kreuz-Urteil des BVG vom Mai 1995 reagiert, wonach die Vorschrift, daß
in bayerischen Klassenzimmern ein Kreuz anzubringen sei, gegen die
Religionsfreiheit verstößt. Nach der neuen Sonderregelung hängt
weiterhin in jedem Klassenzimmer ein Kreuz, das nur bei "ernsthaften
und einsehbaren" Einsprüchen, unter Berücksichtigung des Willens der
Mehrheit, zur Disposition steht. (DT vom 27.12.97)
DAS PETRUSAMT NEU GESTALTEN -
Ratzinger hält andere Formen des Papsttums für möglich - VATIKANSTADT
(DT/KNA). Kardinal Joseph Ratzinger hält neue Formen des Papsttums für
möglich. Im Interesse der Einheit der Christen könne die gegenwärtige
Ausgestaltung des Papstamts verändert werden, hob der Präfekt der
römischen Glaubenskongregation in einer am Freitag im Vatikan
veröffentlichten Erklärung hervor. Die von Christus gewollte
Einheit seiner Jünger erfordere die gemeinsame Anerkennung eines
weltumspannenden kirchlichen Dienstamtes. Wie dieses Amt ausgestaltet
verde, hänge von den Erfordernissen der Kirche in der jeweiligen Zeit
ab, unterstrich der Kardinal. Ratzinger hob hervor, der "Kern der
Glaubenslehre über den Papstprimat" solle weder in Anlehnung an die in
der Kirchengeschichte kleinste noch an die größte Ausdehnung
päpstlicher Kompetenzen gesucht werden. Es seien auch neue, bisher noch
nie ausgeübte Formen des Primats möglich. Wie ein künftiges Papsttum im
Sinne der Ökumene aussehen könnte, präzisierte der Kardinal nicht.
Schließlich könnten nur der Papst allein oder der Papst und das Konzil
"das letzte Wort über die Modalität der Ausübung des Papstamtes in der
universalen Kirche" haben. (DT vom 3.11.98)
SCIENTOLOGY ALS FEINDLICH EINGESCHÄTZT -
Verfassungsschutz: Organisation gefährdet die innere Sicherheit
Deutschlands - BONN (DT/dpa). Die umstrittene Scientology-Organisation
steht nach Einschätzung der Verfassungsschützer grundsätzlich der
demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik feindlich gegenüber. Sie
strebe eine neue Gesellschaftsordnung an, die die Demokratie ersetzen
soll und gefährde damit die innere Sicherheit Deutschlands. Zu diesem
Schluß kommen die Verfassungsschutzbehörden nach einjähriger
Beobachtung von Scientology. Die Innenministerkonferenz (IMK) von Bund
und Ländern wird sich an diesem Donnerstag und Freitag in Bonn mit
diesem Thema beschäftigen. Sie hatte im Juni vergangenen Jahres die
Überwachung von Scientology durch den Verfassungsschutz beschlossen. In
dem Bericht der Verfassungsschützer wird ausgeführt, daß die
Aktivitäten im politischen Bereich der Scientologen noch nicht genügend
erforscht werden konnten. Sie hätten sich umgehend auf die Beobachtung
eingestellt. Die Verfassungsschutzämter wollen noch weiter die
Finanzierung der Organisation und die Arbeit ihres Geheimdienstes OSA
(Office of Special Affairs) in Deutschland aufklären. Nach den
Erkenntnissen der Behörden treffen die eigenen Angaben von Scientology
über ihre Mitgliederzahl in Deutschland - 30000 - nicht zu. Die
tatsächliche Zahl liege unter zehntausend. Auch habe der Zustrom zu
Scientology in der Bundesrepublik erheblich nachgelassen. Scientology
hat in aller Welt acht Millionen Mitglieder, allein in den Vereinigten
Staaten sieben Millionen. Die Führung der Organisation sitzt in Los
Angeles, die deutsche Dachorganisation in München. Wie ein Beamter
erklärte, hat sich der Verfassungsschutz wegen seiner Beobachtungen
einer "Fülle von Protesten" der Scientologen erwehren müssen.
Scientology habe in Deutschland vor allem das Ziel, Angehörige der
Wirtschaft zu gewinnen. Die Scientologen haben sich seit Jahren
vergeblich bemüht, in Deutschland als Religionsgemeinschaft anerkannt
zu werden. In den USA hat Scientology den Status einer Kirche. Der
Geheimdienst der Organisation wird nach den Untersuchungen als
ausgesprochen "schlagkräftig" eingeschätzt. Er arbeite mit Mitteln der
"psychologischen Kriegsführung" und mit geheimdienstlichen Methoden wie
Spionage und Spionageabwehr. Ziel sei es, Regierungen, Behörden und
Unternehmen zu infiltrieren sowie Gegner und Aussteiger zu diffamieren
und zu zermürben. (DT 19.11.98)
MISSIONAR SPRICHT VON VÖLKERMORD
- Sudan: Regime verweigert Nahrungsmittel-Hilfe; Waisenkinder werden in
Camps islamisiert - KHARTOUM (DT/KNA). Jeden Tag kommen etwa
siebenhundert erschöpfte und bis auf die Knochen abgemagerte Menschen
nach Wau. "Sie überleben, weil sie sich von Gras und Blättern ernähren,
doch sie sind in einem erbärmlichen Zustand, oft ohne Kleider und
völlig kraftlos." So schildert Salesianerpater Vincenzo Donati die
bittere Wirklichkeit in der Hauptstadt der Region Bahr el Ghazal im
sudanesischen Bürgerkriegsgebiet. Schuld an dieser schon seit drei
Monaten bestehenden Situation ist für den Missionar das islamistische
Regime des Landes. Es verhindere hartnäckig die Lieferung von
Lebensmitteln und Medikamenten, sagt Donati und weist darauf hin, daß
seit Tagen dreizehn Ärzte in Amsterdam vergeblich auf ein Einreisevisum
in den Sudan warten. Der Salesianer spricht in diesem Zusammenhang vom
"Völkermord". Die Lebensmittel, die schließlich doch bis nach Wau
gelangen, werden von den Zivilbehörden verteilt. Doch nach Aussage von
Beobachtern sollen dieselben Personen, die tagsüber Kleider und
Lebensmittel verteilen, nachts an Razzien beteiligt sein, um das, was
sie tagsüber verteilt haben, wieder zu beschlagnahmen. Im staatlichen
Krankenhaus gibt es nur einen Arzt und kaum Medikamente: Jeden Morgen
holt ein Lastwagen zwischen 170 und 180 Tote ab, um deren Begräbnis
sich niemand kümmert. Nur ein einheimischer Priester hebt zusammen mit
einigen freiwilligen Helfern Massengräber aus. Combonianer und
Salesiliner-Schwestern versuchen in zwei Krankenstationen, bedürftigen
Menschen zu helfen. Unterdessen gibt es Tausende von Waisenkindern, die
sich selbst überlasscn sind. Viele von ihnen werden von islamischen
Hilfsorganisationen in "Friedenscamps" geschickt, wo sie islamisiert
werden sollen. Deshalb haben die Salesianer gemeinsam mit dem Bischof
beschlossen, ihre Präsenz mit einem weiteren Priester und vier
einheimischen Seminaristen zu verstärken, um ein gezieltes
Hilfsprogramm für Waisenkinder in die Wege zu leiten. Außer dem
Diözesanbischof und einigen einheimischen Priestern gibt es in Wau drei
Salesianer-Missionare, die eine Pfarrei und eine Schule leiten, zwei
Comboni Missionare, von denen einer eine Pfarrei betreut und ein
anderer als Arzt im Krankenhaus arbeitet sowie mehrere Combonianer und
Salesianer-Schwestern, die zwei Krankenstationen betreuen. (DT
vom 8.9.98)
STERBEFORSCHER: FRANKFURTER URTEIL HÖHLT TÖTUNGSVERBOT AUS -
Gerichtsentscheidung bedroht nicht nur Menschen im Koma, warnt der
Stuttgarter Sozialmediziner Student - Der Stuttgarter
Sterbeforscher Johann Christoph Student hat die Rücknahme des
umstrittenen Sterbehilfe-Urteils des Frankfurter Oberlandesgerichts
(OLG) gefordert. Erstmals hätten Richter ein grundsätzliches Ja zur
aktiven Sterbehilfe gesprochen und nicht nur einen Einzelfall
entschieden, kritisierte der Sozialmediziner am Donnerstag in
Stuttgart. In der deutschen Rechtsprechung drohe eine "schleichende
Aushöhlung des Tötungsverbots". Nach den Worten Students bedroht das
Urteil des Frankfurter Oberlandesgerichts nicht nur Menschen im Koma.
Die Argumentation des Gerichts lasse sich mühelos auch auf andere
schwere Störungen der Hirntätigkeit wie Alzheimer oder Apallisches
Syndrom und auf schwerstgeschädigte Säuglinge anwenden. Für diese
Gruppen werde von "jenen Ethikern, die den Menschen in erster Linie
nach seiner Nützlichkeit beurteilen, schon lange ein 'Verhungernlassen'
gefordert, mit dem Ziel, diese zu töten". Die Einstellung der Ernährung
der 85 Jahre alten Frau, die nicht etwa im Sterben liege, sondern in
tiefer Bewußtlosigkeit, habe das ausdrückliche Ziel, sie zu töten.
Deshalb handle es sich nicht um passive Sterbehilfe, sondern um "Tötung
auf (mutmaßliches) Verlangen", wie sie schon länger in den Niederlanden
üblich sei. Das Kriterium des "mutmaßlichen Willens", das die Richter
angewendet hatten, ist nach Ansicht Students ein "höchst
problematisches Konstrukt". Wie Umfragen zeigten, neigten etwa 85
Prozent der Bürger dazu, über den eigenen Tod lieber nicht
nachzudenken. Zudem wüßten erfahrene Sterbebegleiter, daß Überlegungen
aus gesunden Tagen wenig für den Ernstfall bedeuteten, sagte der Leiter
des Stuttgarter Hospizes. Patientenverfügungen könnten in dieser
Situation hilfreich sein. Diese müßten jedoch eigenhändig abgeschrieben
werden, um ein Minimum an Auseinandersetzung zu gewährleisten.
Außerdem, sagte Student weiter, sollte die Willenserklärung mindestens
einmal pro Jahr erneuert werden. Zwischen den Zeilen enthält das Urteil
des Frankfurter Oberlandesgerichts nach den Worten Students auch eine
massive Kritik an den behandelnden Ärzten. Die Frage nach aktiver
Sterbehilfe habe sich vor allem deshalb gestellt, weil die vorherige
Behandlung medizin-ethisch nicht ausreichend diskutiert worden sei. So
sei beim Legen der Magensonde keineswegs nach dem mutmaßlichen Willen
der Patientin gefragt worden. Dieser Eingriff erfolge viel zu oft und
erschwere Menschen das Erleben eines natürlichen Todes. Das
Vormundschaftsgericht müßte bereits vor einem solchen Eingriff an
Patienten, die ihren Willen nicht mehr äußern könnten, angerufen
werden, schlug der Stuttgarter Sterbeforscher vor. (DT vom 25.7.98)
BRUTALE PRÜGELEIEN UND ERPRESSUNGEN: 5 PROZENT DER SCHÜLER GEWALTTÄTIG -
Jugendforscher: Schule für Aggressivität nicht verantwortlich - Lehrer
oft ahnungslos - Bielefeld. Brutale Prügeleien und räuberische
Erpressung sind heutzutage an Schulen und auf dem Schulweg an der
Tagesordnung. Zu dieser Einschätzung kommt der Bielefelder
Jugendforscher Prof. Klaus Hurrelmann. "Die Übergriffe einer Minderheit
von schätzungsweise fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen werden
immer skrupelloser und brutaler. Sie erreichen filmreife Qualität",
stellt der Wissenschaftler in mehreren Untersuchungen einer von ihm
geleiteten Forschergruppe der Universität Bielefeld an Schulen in ganz
Deutschland fest. "Erpressungen kommen täglich vor, schwere
Körperverletzungen sind eher Einzelfälle." Es werde auch
weitergeschlagen, wenn das Opfer schon kampfunfähig am Boden liege. Die
unflätigsten Schimpfwörter der Fäkalsprache und aus dem sexuelleIl
Bereich zählten schon zum Umgangston selbst von Grundschülern. Zum
Ergebnis der Gewaltstudie unter 2500 Schülern zwischen zwölf und 17
Jahren sagt Hurrelmann: "Die Hemmschwelle, auf Beleidigungen mit den
Fäusten zu reagieren, sinkt." Daß Gewalt zwischen Jugendlichen in der
offiziellen Statistik kaum zu Buche schlage, liege daran, daß die
Betroffenen - Schüler wie Lehrer und Schulleiter - aus Angst und
befürchtetem Prestigeverlust die Ereignisse "nicht an die große Glocke
hängen". Eine anonyme Umfrage an einer Realschule brachte dem
Lehrerkollegium die Erkenntnis, daß schon Fünftkläßler sich von
Erpressung bedroht fühlten. Das funktioniere nach dem Motto: "Du
schuldest mir fünf Mark - wir warten dann nach der Schule auf Dich."
Aber auch attraktive Kleidung werde als Wegegeld verlangt: "Das sind ja
heute Statussymbole." Das laufe allerdings versteckt ab. Eine
Pädagogin: "Die erpressen sich - und wir Lehrer merken es nicht mal."
Zu den Ursachen für Gewalt meint der Jugendforscher: "Gewalt ensteht
nicht am Schultor." Vielmehr müsse auch der familiäre Bereich unter die
Lupe genommen werden. Noch heute sei eine "Tracht Prügel" als
Erziehungsmaßnahme bei etwa elf Prozent der Eltern üblich. In
mindestens zehn Prozent der Familien sei sexuelle Gewalt vorhanden,
verbunden mit erpresserischen Elementen. Die Behauptung, die Schule sei
für Gewalt verantwortlich, wies Hurrelmann zurück: "Aggres sivität ist
eine soziale Krankheit." (EIFELER ZEITUNG vom 5.1.98)
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