Zur Veröffentlichung des 3. Geheimnisses von Fatima
von
Eberhard Heller
Das 3. Geheimnis von Fatima, von dem man nur wußte, daß es erst nach
1960 bekannt gegeben werden sollte, hatte immer wieder für eine Flut
teils abenteuerlicher Spekulationen gesorgt, weil der Termin seiner
angeordneten Veröffentlichung vom Vatikan bisher nicht eingehalten
worden war. Erst jetzt, am 26. Juni 2000, hat Kard. Ratzinger im
Auftrag von Joh. Paul ll. eine auch von den Medien beachtete Erklärung
zum sog. 3. Geheimnis von Fatima abgegeben. Dabei wurden auch Kopien
von handschriftlichen Texten der ersten zwei Geheimnisse
veröffentlicht, welche die Seherin, Schwester Lucia, im Gehorsam am 31.
August 1941 für den Bischof von Leiria-Fatima aufgezeichnet hatte. Der
Text wurde von der noch lebenden Schwester Lucia als authentisch
bezeichnet. Es wird betont, Schwester Lucia habe bestätigt, daß
es ihr Papier und ihre Schrift sei, als Msgr. Bertone ihr am 27. April
2000 den Umschlag in den Karmel von Coimbra brachte. Die deutsche
Übersetzung des Textes kann über die vatikanische Internet-Adresse
<http://www.vatican.va> abgerufen werden. Das erwähnte 3.
Geheimnis wurde auf Wunsch von Joh. Paul II. durch Kard. Ratzinger
kommentiert.
Zum besseren Verständnis der Fatima-Botschaft stellen wir dieses 3.
Geheimnis, das von Schwester Lucia am 3. Januar1944 handschriftlich
aufgezeichnet worden war, in den Kontext mit den beiden anderen,
bereits publizierten Visionen, die die Seherkinder 1917 empfangen
hatten.
Hier zunächst der Abdruck der verschiedenen Botschaften, wobei das sog.
3. Geheimnis einiger Anmerkungen bedarf. Sie sind der Dokumentation
"Die Botschaft von Fatima" entnommen, welche bei der "Kongregation für
die Glaubenslehre" erschien. Darin wird vermerkt, daß die Sätze
manchmal stilistisch gebrochen erscheinen, daß dies aber der
Verständlichkeit des Textes keinen Abbruch tue.
Die beiden ersten Geheimnisse:
"Ich werde daher etwas über das Geheimnis sagen und die erste Frage
beantworten müssen. Welches ist das Geheimnis? Ich glaube, ich kann es
sagen, da ich doch die Erlaubnis vom Himmel dazu habe. Die Vertreter
Gottes auf Erden haben mich verschiedentlich und in mehreren Briefen
dazu ermächtigt. Ich glaube, daß Eure Exzellenz einen davon aufbewahrt.
Er stammt von P. Jose Bernardo Goncalves, und er trug mir darin auf, an
den Heiligen Vater zu schreiben. Ein Punkt in diesem Schreiben bezieht
sich auf die Offenbarung des Geheimnisses. Etwas habe ich bereits
gesagt. Aber um dieses Schreiben, das kurz sein sollte, nicht zu lang
werden zu lassen, habe ich mich auf das Nötigste beschränkt und
überließ es Gott, mir eine günstigere Gelegenheit dafür zu geben.
Im zweiten Schreiben habe ich bereits den Zweifel (ob nämlich die
Erscheinungen nicht ein Betrug des Teufels seien, Anm. d. Red.)
geschildert, der mich vom 13. Juni bis 13. Juli quälte und der bei
dieser Erscheinung völlig verschwand.
(1. Geheimnis:)
Nun gut! Das Geheimnis besteht aus drei verschiedenen Teilen, von denen
ich zwei jetzt offenbaren will. Der erste Teil war die Vision der Hölle.
Unsere Liebe Frau zeigte uns ein großes Feuermeer, das in der Tiefe der
Erde zu sein schien. Eingetaucht in dieses Feuer sahen wir die Teufel
und die Seelen, als seien es durchsichtige schwarze oder braune,
glühende Kohlen in menschlicher Gestalt. Sie trieben im Feuer dahin,
emporgeworfen von den Flammen, die aus ihnen selber zusammen mit
Rauchwolken hervorbrachen. Sie fielen nach allen Richtungen, wie Funken
bei gewaltigen Bränden, ohne Schwere und Gleichgewicht, unter
Schmerzensgeheul und Verzweiflungsschreien, die einen vor Entsetzen
erbeben und erstarren ließen. Die Teufel waren gezeichnet durch eine
schreckliche und grauenvolle Gestalt von scheußlichen, unbekannten
Tieren, aber auch sie waren durchsichtig und schwarz.
Diese Vision dauerte nur einen Augenblick. Dank sei unserer himmlische
Mutter, die uns vorher versprochen hatte, uns in den Himmel zu führen
(in der ersten Erscheinung). Wäre das nicht so gewesen, dann glaube
ich, wir wären vor Schrecken und Entsetzen gestorben.
(2. Geheimnis:)
Wir erhoben den Blick zu Unserer Lieben Frau, die voll Güte und
Traurigkeit sprach: 'Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der
armen Sünder kommen. Um sie zu retten, will Gott in der Welt die
Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen begründen. Wenn man tut, was ich
euch sage, werden viele Seelen gerettet werden, und es wird Friede
sein. Der Krieg wird ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht aufhört, Gott
zu beleidigen, wird unter dem Pontifkat von Papst Pius XII. (sic!) ein
anderer, schlimmerer beginnen. Wenn ihr eine Nacht von einem
unbekannten Licht erhellt seht, dann wißt, daß dies das große Zeichen
ist, das (sic!) Gott euch gibt, daß Er die Welt für ihre Missetaten
durch Krieg, Hungersnot, Verfolgungen der Kirche und des Heiligen
Vaters bestrafen wird. Um das zu verhüten, werde ich kommen, um die
Weihe Rußlands an mein unbeflecktes Herz und die Sühnekommunion an den
ersten Samstagen des Monats zu verlangen.
Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren und es wird
Friede sein. Wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt
verbreiten, wird Kriege und Kirchenverfolgungen heraufbeschwören. Die
Guten werden gemartert werden, der Heilige Vater wird viel zu leiden
haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am Ende aber
wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir
Rußland weihen, das sich bekehren wird, und der Welt wird eine Zeit des
Friedens geschenkt werden."
Im Anhang wird noch auf den Satz hingewiesen, den Schwester Lucia bei
ihrer Niederschrift der "vierten Erinnerung" angefügt hatte: "In
Portugal wird man stets das Dogma des Glaubens bewahren, usw".
Das bisher geheimgehaltene 3. Geheimnis:
"J.M.J. Der dritte Teil des Geheimnisses, das am 13. Juli 1917 in der Cova da Iria, Fatima, offenbart wurde.
Ich schreibe aus Gehorsam gegenüber
Euch, meinem Gott, der es mir aufträgt, durch seine Exzellenz, den
Hochwürdigsten Herrn Bischof von Leiria, und durch Eure und meine
allerheiligste Muter.
Nach den zwei Teilen, die ich schon dargestellt habe, haben wir links
von Unserer Lieben Frau etwas oberhalb einen Engel gesehen, der ein
Feuerschwert in der linken Hand hielt; es sprühte Funken, und Flammen
gingen von ihm aus, als sollten sie die Welt anzünden; doch die Flammen
verlöschten, als sie mit dem Glanz in Berührung kamen, den Unsere Liebe
Frau von ihrer rechten Hand auf ihn ausströmte: den Engel, der mit der
rechten Hand auf die Erde zeigte und mit lauter Stimme rief: Buße,
Buße, Buße! Und wir sahen in einem ungeheuren Licht, das Gott ist:
'etwas, das aussieht wie Personen in einem Spiegel, wenn sie davor
vorübergehen', einen in Weiß gekleideten Bischof, 'wir hatten die
Ahnung, daß es der Heilige Vater war', verschiedene andere Bischöfe,
Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen einen steilen Berg
hinaufsteigen, auf dessen Gipfel sich ein großes Kreuz befand aus rohen
Stämmen wie aus Korkeiche mit Rinde. Bevor er dort ankam, ging der
Heilige Vater durch eine große Stadt, die halb zerstört war und halb
zitternd mit wankendem Schritt, von Schmerz und Sorge gedrückt, betete
er für die Seelen der Leichen, denen er auf seinem Weg begegnete. Am
Berg angekommen, kniete er zu Füßen des großen Kreuzes nieder. Da wurde
er von einer Gruppe von Soldaten getötet, die mit Feuerwaffen und
Pfeilen auf ihn schossen. Genauso starben nach und nach die Bischöfe,
Priester, Ordensleute und verschiedene weltliche Personen, Männer und
Frauen unterschiedlicher Klassen und Positionen. Unter den beiden Armen
des Kreuzes waren zwei Engel, ein jeder hatte eine Gießkanne aus
Kristall in der Hand. Darin sammelten sie das Blut der Märtyrer auf und
tränkten damit die Seelen, die sich Gott näherten. Tuy 3.1.1944".
Einige Anmerkungen:
1. Um eventuellen Zweifeln an
dieser Botschaft entgegenzutreten, hatte der Vatikan - laut eigenen
Angaben - vor der Veröffentlichung das Dokument Schwester Lucia
vorgelegt, um von ihr eine Bestätigung für dessen Echtheit zu erhalten.
"An dieser Stelle [der Unterredung vom 27. April 2000] legt ihr Seine
Exzellenz Msgr. Tarcisio Bertone die beiden Umschläge vor: den äußeren
und denjenigen, der den Brief enthält mit dem dritten Teil des
'Geheimnisses' von Fatima. Als sie ihn mit den Fingern berührt, sagt
sie sofort: 'Es ist mein Papier.' Und als sie ihn dann liest 'Es ist
meine Schrift'. Mit Hilfe des Bischofs von Leiria-Fatima wird der
Originaltext, der auf portugiesich abgefaßt ist, gelesen und gedeutet."
(Dokumentation, S. 16)
2. Bei der vatikanischen
Deutung des 3. Geheimnisses, in der die Tötung des "Heiligen Vaters"
auf das Attentat bezogen wird, das auf Johannes Paul II. am 13.5.1981
verübt wurde, fällt auf, daß Kard. Sodano am 13. Mai 2000 in Fatima
betont, "der Schlüssel zum Verständnis des Textes [könne] nur
symbolisch sein", und "die Geschehnisse, auf die sich der dritte Teil
des Geheimnisses von Fatima bezieht, nunmehr der Vergangenheit
anzugehören scheinen".
Kard. Ratzinger hat diese Meinungen Sodanos in seinem Kommentar
ausdrücklich bekräftigt und hinzugefügt: "Nicht jedes Bildelement muß
dabei einen konkreten historischen Sinn ergeben... Soweit einzelne
Ereignisse dargestellt werden, gehören sie nun der Vergangenheit an".
Auch wenn man - per impossibilem - dieser Deutung folgen wollte, so muß
man schlicht feststellen, daß Johannes Paul II. von dem Attentat wieder
genas und daß keine weiteren Personen - weder Bischöfe, Priester noch
sonst wer - ermordet wurden.
Schwester Lucia habe bestätigt, daß sie die vatikanische Interpretation
des Geheimnisses annehme. Ihr selbst sei nur das Gesicht, nicht aber
seine Auslegung geschenkt worden. Diese komme der Kirche zu. Sie selbst
habe aber "die Vision von Fatima vor allem auf den Kampf des
atheistischen Kommunismus gegen die Kirche und die Christen" bezogen.
Nach ihrem Verständnis sei der "in Weiß gekleidete Bischof" der Papst.
"Wir wußten den Namen des Papstes nicht, die Dame hat uns den Namen des
Papstes nicht gesagt; ... aber es war der Papst, der litt und auch uns
leiden ließ", wird Schwester Lucia in der vatikanischen Verlautbarung
zitiert.
P. Paul Kramer vom Fatima-Center sieht darin eine Abschwächung der
eigentlichen Bedeutung. Er vermißt auch einen Bezug zur Bekehrung
Rußlands, die sich ja noch nicht vollzogen hat. Das Land habe eine
steigende Abtreibungsrate, sei vom gesellschaftlichen Verfall bedroht,
werde nach wie vor von atheistischen Ex-Kommunisten und ehemaligen
KGB-Agenten beherrscht.
Entegegen der obigen Deutung aus dem Jahr 2000 hatte Schwester Lucia im
Jahre 1998 noch das glatte Gegenteil behauptet. In einem Interview mit
der portugiesischen Zeitschrift "Christus" gab sie an: "Das dritte
Geheimnis ist nicht dazu da, enthüllt zu werden. Es ist nur für den
Papst und die unmittelbare Hierarchie der Kirche bestimmt. Der Papst
kann es enthüllen, wenn er will. Aber ich rate ihm davon ab. Sollte er
sich dazu entschließen, rate ich ihm zu großer Vorsicht."
(Zitiert nach: "Der Fels", Juni 1998, S. 174.)
3. Ein weitere Ungereimtheit
ergibt sich, wenn man den Zusatz zum 2. Geheimnis untersucht: "In
Portugal wird man stets das Dogma des Glaubens bewahren, usw.".
Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß auch Portugal dem
Modernismus des sog. II. Vatikanums mit all seinen Häresien nicht
standgehalten hat.
4. In der vom Vatikan
veröffentlichten deutschen Übersetzung des 2. Geheimnisses steht: "Der
Krieg wird ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht aufhört, Gott zu
beleidigen, wird "unter dem Pontifikat von Papst Pius XII." ein
anderer, schlimmerer beginnen." Ursprünglich war hier jedoch von Pius
Xl. (1922 - 1939) die Rede, was Lucia auf Befragen ausdrücklich
bestätigte (und in diesem Zusammenhang auf den Anschluß Österreichs
hinwies, es könnte aber auch der spanische Bürgerkrieg 1936 -1939
gemeint sein, der - als Vorläufer des Zweiten Weltkriegs - äußerst
schrecklich und grausam war und die Gefahr einer direkt vor der Haustür
Portugals sich abzeichnenden Ausbreitung der "Irrtümer" Rußlands mit
sich brachte.): "Wir wußten damals aber noch gar nicht, ob das ein
Papst oder ein König sei. Aber die heilige Jungfrau hat von Pius Xl.
gesprochen" (vgl. Da Fonseca, Lazarus Gonzaga: "Maria spricht zur Welt"
Innsbruck 1957, S.177).
In seinem Buch "Schwester Lucia spricht über Fatima" (Postulaçao,
Fátima 1975) schreibt der Autor, P. Luis Kondor: "Lucia hat nochmals
ausdrücklich den Namen von Papst Pius XI. bestätigt. Auf den Einwand,
daß der 2. Weltkrieg (1939-1944) doch unter dem Pontifikat Pius XII.
begann, antwortete sie, daß die Besetzung Österreichs 1938 schon der
eigentliche Beginn des Krieges war." (S. 109, Anm. 8) Die Frage stellt
sich, wie es zu dieser nachträglichen 'Korrektur' des ursprünglichen
Textes gekommen ist bzw. warum das Geheminis umgedeutet wurde.
5. Widersprüchlich erscheint
auch eine im vatikanischen Dokument wiedergegebene Antwort Schwester
Lucias bezüglich der Aufschrift, welche sie auf den Umschlag mit dem
dritten Geheimnis geschrieben hatte, nämlich daß dieser erst nach 1960
entweder vom Patriarchen von Lissabon oder vom Bischof von Leiria
geöffnet werden dürfe. Der Beauftragte des Vatikans, Msgr. Bertone hat
sie nun am 27. April 2000 im Karmel von Coimbra gefragt: "Warum dieser
Termin 1960? Hat die Madonna dieses Datum angegeben?" Der vatikanische
Text fährt fort: "Schwester Lucia antwortet: 'Es war nicht die Dame,
sondern ich habe 1960 als Datum gesetzt, weil man es - wie ich spürte -
vor 1960 nicht verstehen würde. Man würde es nur danach verstehen'".
Diese Aussage steht in eindeutigem Widerspruch zu früheren Aussagen:
"Lucia hat überdies mitgeteilt, daß das Geheimnis nicht vor 1960
veröffentlicht werden soll. Als sie gefragt wurde, warum das Geheimnis
nicht vor 1960 veröffentlicht werden dürfe, antwortete sie schlicht und
einfach: 'Weil die heilige Jungfrau nicht will'" (Fonseca, a.a.O. S.45,
Anm 16). Selbst wenn man diese unterschiedlichen Angaben
zur Veröffentlichung des Geheimnisses Erinnerungslücken von Schwester
Lucia zuschreiben würde, so bleibt doch die Frage, was denn die späte
Veröffentlichung erklären sollte. Welche einschneidenden Vorgänge
hätten dazu beitragen können, dieses Geheimnis erst jetzt richtig
verstehen zu können, welches doch einfach ein Bild ohne bestimmte
zeitliche Zuordnung beinhaltet? Wenn das 3. Geheimnis nur im
"Bildcharakter der Schauung" "das abgelaufene Jahrhundert als
Jahrhundert der Martyrer, als Jahrhundert der Leiden und der
Verfolgungen der Kirche, als das Jahrhundert der Weltkriege und vieler
lokaler Kriege erkennen" läßt, wie die Erklärung von Kardinal Ratzinger
es nahelegt, oder "symbolisch" "besonders den Kampf der atheistischen
Systeme gegen die Kirche und die Christen und ... das schreckliche
Leiden der Glaubenszeugen des letzten Jahrhunderts des zweiten
Jahrtausends" beschreibt, so ist nicht einsehbar, warum es überhaupt je
geheimgehalten werden sollte und bis jetzt vom Vatikan so streng
geheimgehalten wurde! Aufrufe zur Buße für bestimmte Vergehen
(Glaubenslosigkeit, Sittenlosigkeit - man denke nur an die
Charakterisierung des modernen Klerus als "Kloaken der Unreinigkeit")
hat die Kirche seit der Erscheinung der Gottesmutter in La Salette 1846
ganz gezielt im Auftrag der Gottesmutter verkünden müssen! Die
äußere Bedrohung der Kirche durch die Irrtümer Rußlands ist nach 1960
kaum auffallend größer geworden!
Die "innere" Bedrohung der Kirche durch sich selbst als die eigentliche
Gefahr für den Niedergang durch und nach dem 'Konzil' (1962-1965) wird
nicht angesprochen! - Diese Vorgänge wären aber solche, welche man erst
nach 1960 hätte verstehen können, weshalb ja auch die Vermutung
geäußert wurde, das 3. Geheimnis könne sich auf den allgemeinen Abfall
der Kirche beziehen, der unter dem inzwischen 'seligen' Johannes XXIII.
begann.
Entweder zeigte das 3. Geheimnis den Kampf der Kirche gegen die
antichristlichen Mächte, wie er zu allen Zeiten herrschte und heute von
der 'Kirche' selbst gegen die wahren Christen geführt wird, - dann wäre
das Verbot, das Geheimnis vor seiner Zeit bekannt zu machen,
unverständlich. Oder es geht um eine besondere Qualität des Kampfes und
der Bedrohung, die erst zu gegebener Zeit erfaßt werden kann,
dann aber wird man es nicht einfach als den gewöhnlichen Kampf der
Kirche, der schon wieder in seiner Heftigkeit vorbei sein soll,
beschreiben können!
Es gibt also keinen Grund, warum die vom Vatikan als angebliches "3.
Geheimnis von Fatima" vorgelegte Vision erst nach 1960 veröffentlich
werden sollte.
6. Widersprüchlich sind auch
die Behauptungen zum textlichen Umfang des "3. Geheimnisss". Während
der Bischof Venancio von Leiria Frère Michel de la Sainte Trinité am
13.2.1983 erzählte, "daß er als Weihbischof im März 1957 von Bischof da
Silva beauftragt wurde, den Umschlag mit dem Text der Lucia dem
damaligen Nuntius in Lissabon, Mgr. Cento, zu übermitteln. Bei dieser
Gelegenheit bat Weihbischof Venancio Bischof da Silva dringend, das
Geheimnis doch endlich zu lesen, wozu er das Recht gehabt hätte und
eine Fotokopie davon zu machen, bevor das wertvolle Manuskript
weitergegeben werde. Es könnte ja unterwegs auf irgendeine Weis
verloren gehen. Doch der Bischof weigerte sich beharrlich, den
Briefumschlag zu öffnen. So blieb dem enttäuschten Weihbischof in
dieser Situation nichts anderes übrig, als den Brief gegen das Licht zu
halten. Er konnte dabei in dem Umschlag ein Blättchen Papier sehen,
dessen Format er genau gemessen hat. Dadurch wissen wir, daß das
'dritte Geheimnis' relativ kurz ist, etwa 20 bis 25 Zeilen umfaßt und
somit ungefähr so lang ist wie das zweite Geheimnis". (Vgl. Adler,
Manfred:"Das 'dritte Geheimnis' von Fatima", 2. veränd. Aufl., Durach
1989, S. 57f) Dem gegenüber umfaßt der vorgelegte Text vier Blätter mit
63 Zeilen.
Dieses, vom Vatikan als (angebliches) 3. Geheimnis von Fatima bekannt
gegebene Dokument bietet von seinem Inhalt her nichts, was die
kirchliche Situation zutreffend beschreiben würde und was den Charakter
eines Geheimnisses an sich hätte, sieht man einmal von den vielen
Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten ab, die geeignet sind,
Zweifel an seiner Echtheit aufkommen zu lassen.
Eberhard Heller
Dokumente und Quellen zitiert nach:
BEITRÄGE Nr. 33/August-September 2000,
KYRIE ELEISON Nr. 3/ Juli-September 2000. |