Einige Gedanken zum Problem der Hypostatischen Union: Ist Christus Gottes Sohn? - Ein Brefwechsel
von Eberhard Heller
Im Zusammenhang mit meinem Buch “Am Ende der Nacht thront Gottes Wort” hatte ich eine Diskussion mit einem ehemaligen Schulfreund aus Fulda, der sich noch als loyales Mitglied der katholischen Kirche sieht. Hier die entscheidenden Passagen dieses Dialoges.
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Lieber Eberhard Ausgangspunkt unserer Diskussion war mein Zweifel an der Dreifaltigkeit. Ich tendiere dazu, Jesus eher für einen Aktivisten und Reformator des Judentums zu halten als für den Sohn Gottes. Immerhin bin ich da nicht ganz allein, denn Arianus war um 300 ähnlicher Ansicht, wurde aber beim Konzil von Nizäa wegen des Zweifels an der Gottheit Jesu als Häretiker aus der Kirche ausgeschlossen.
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Lieber F., leider komme ich erst jetzt dazu, Deinen Brief mit Deinem „Glaubensbekenntnis“ zu beantworten und ich beschränke mich auch auf Deine Vorstellung von Christus als Gottes Sohn, was Du ja ablehnst. Die Kirche hat in den ersten Jahrhunderten nach ihrer Gründung darum gerungen, wie dieses Gott-Sein im Mensch-Sein zu verstehen sei: wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich. Die Kirche wählte dafür den Begriff der "hypostatischen Union", der besagt, daß die göttliche und menschliche Natur in der einen göttlichen Person des menschgewordenen "Logos" (Joh. 1, 1) vereinigt sei. Was kündet dieses Kommen Gottes aber dem Menschen an? Um das Problem auf eine philosophische Ebene zu heben: Das Absolute erscheint als absolut heiliger Wille, als absolute Person. Sein Erscheinen erhält dadurch absolute Realität, da das Erscheinende das Absolute selbst ist. Es muß eine innere Vereinigung von göttlicher Natur in der menschlichen vorhanden sein, wenn von einer Erscheinung des Absoluten gesprochen werden soll. Noch Theodoret, Bischof von Cyrus in den Jahren 423-466, schreibt, "daß die Hypostasis des Gott-Logos vor den Weltzeiten vollkommen da war (...) Wenn nur jede Natur ihre Vollkommenheit besitzt, aber beide in eins zusammengekommen sind, ... dann ist es fromm, eine Person und ebenso einen Sohn und Christus zu bekennen." Gegen diese Zerreißung der Erscheinung Gottes wendet sich Cyrill von Alexandrien im Jahr 431 in der Verteidigung seiner 12 Kapitel gegen Theodoret von Cyrus, zu Kap. 2: "Es erfolgt die Einigung nach der Hypostasis, wobei der Ausdruck „nach der Hypostasis“ nichts anderes bedeutet als nur dies, daß die Natur oder Hypostasis des Logos, d.h. der Logos selbst, mit seiner menschlichen Natur wahrhaft geeint wird ohne jede Veränderung und Vermischung und … als Ein-Christus gedacht wird und es auch ist, derselbe Gott und Mensch.“ Arius hat nun dieses In-eins-sein Gottes in Christus geleugnet. Christus ist nicht Gott, sondern nur Gott ähnlich. Er leugnet das homoousios-Sein also die Wesensgleichheit. Eine ähnliche Debatte gab es auch in der Mariologie: Ist Maria die Theothokos (Gottesgebärerin) oder nur die Christothokos (Christusgebärerin)? Ratzinger hat in seiner Christologie gesagt, Christus sei deshalb Gottes Sohn, weil er den Willen des Vaters vollkommen erfüllt hat. Das wäre ein werdender Gottes Sohn. Auf die Frage, ob es dann auch möglich wäre, daß eine weitere Person den Willen Gottes voll-kommen erfüllen könnte, gibt Ratzinger keine Antwort. Theologisch würde man Ratzinger als Semi-Arianer bezeichnen. Soviel zu Deiner Christus-Position. Dir alles Gute und vielen Dank für Deinen Brief Eberhard
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