"Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim. 2, 4) - Gedanken und Mediationen zu "Hoffnung tanken" von E. Heller
von Ass.iur. Norbert Dlugai
I. Einleitende Vorbemerkungen
Benedikt XVI./Ratzinger hat sich in seiner ersten Enzyklika mit einem Thema befaßt, einem Kernthema unseres katholischen Glaubens, welches das hochheilige Fundament bildet für das religiöse Leben und Streben - der Gewißheit der Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen. Der Titel der Enzyklika lautet "Gott ist die Liebe" (Deus Caritas est). Daher ist die Aussage in 1 Tim. 2,4 die logische heilsgeschichtliche Folge dessen, was Gott mit dem Menschen vorhat, was Gott in Bezug auf sein Geschöpf beabsichtigt, was sich als der wahre Wille Gottes erweist - und das unverändert durch alle Zeiten.
Und wer wollte leugnen, daß alle religiösen Feiertage und Gedenktage ihres ureigentlichen Sinnes beraubt wären, wenn kein Gott existierte, dessen Wesenheit die den Menschen retten wollende Liebe seit Anbeginn verkörpert? Wäre dem nicht so, dann stünde hinter allem, was man Religion nennt, die undurchsichtige Dunkelheit eines Gottesbildes, das nahezu einem Agnostizismus Vorschub leistete, aus dem sich keine Hoffnung tanken ließe. Eine Menschheitstragödie ohnegleichen!
II. Gottes Liebe als Urgrund wahrer Hoffnung
Viele der Heutigen, die Katholiken eingeschlossen, sind in Gefahr, in der Tat einem Agnostizismus oder gar schon einem (Kultur)Nihilismus zu erliegen. Dies ist zweifellos mehr als beschämend. Es betrifft vor allem jene Katholiken, deren Glauben sich am - zweifellos nicht wegzuleugnenden - Elend, am Leid, kurz gesagt, am Jammertal des Erdendaseins geradezu festbeißen, ohne den Blick nach oben zu richten. Eine solche Pseudoreligion, ein derartiger Pseudoglauben offenbart beim Katholiken die negativste Seite seines Daseins. Denn eine derartige Gesinnung wird getragen von einer Weltanschauung der Hoffnungslosigkeit. Sie richtet starr den Blick nur auf das Schlechte, das Negative im Leben und im Menschen und versteigt sich zu der Ansicht, wenn es eine Hölle gibt, seien ihr viele verfallen. Es habe den Anschein, daß der Kreuzestod Jesu vergeblich und fruchtlos geblieben sei.
Zweifellos bereitet es immer größere Schwierigkeiten, die „Berufspessimisten“ von der Realität des größten beglückendsten und verheißungsvollsten Ereignisses der Menschheitsgeschichte nachhaltig zu überzeugen, der Menschheitsgeschichte, die hier zugleich Heilsgeschichte ist: - dem (niemals sinnlosen) Erlösungstod Jesu Christi auf Golgotha, seiner glorreichen Auferstehung und Himmelfahrt, - das alles, um für uns nach dieser Erdenzeit das neue, wahre göttliche Leben, das unvergänglich ist, zu gewinnen. Und das bedeutet, - das Unvollkommene, Leidvolle, Brüchige ist ein Provisorium, das einmal einem gänzlich Neuem, Unvergänglichen aus Gott weichen muß, verbürgt durch die göttliche Offenbarung der Heiligen Schritt.
Das Neue, Vollkommene und Unvergängliche wird von Jesus im Johannes-Evangelium bekräftigt, wo Jesus zu seinen Jüngern sagt: "Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Wäre es nicht so, dann hätte ich es euch gesagt. Ich gehe ja hin, euch eine Stätte zu bereiten. Wenn ich dann hingegangen bin und euch eine Stätte bereitet habe, so komme ich wieder, und nehme euch zu mir, damit auch ihr seid, wo ich bin… Niemand kommt zum Vater, außer durch mich. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben"(Jo.14,2-6). Hier offenbart sich nach allem die rettende Liebe Gottes in ihrer vollen Macht und Kraft, in ihrem vollem Glanz. Das Ganze ist einem tiefen Brunnen vergleich-bar, aus dem wir schöpfen können und sollen, Hoffnung schöpfen und tanken, und das ein Leben lang, bis die Hoffnung sich in lebendiger göttlicher Fülle vollendet.
III. Konsequenzen für den (wahren!) katholischen Christen.
Die rettende Liebe Gottes drängt sich nicht auf, denn sie ist kein Automatismus. Soll die Hoffnung auf einem festen Grund aufbauen, dann muß das Angebot der rettenden Liebe Gottes mit einem überzeugten kompromißlosen "Ja" des Glaubens verbunden mit entsprechenden Tun und Handeln beantwortet werden. Dem muß vorausgehen, daß wir zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen: wie es im Text des Timotheus-Briefes heißt. Die-se Wahrheit umfaßt das Wissen und das Bejahen der einzig gültigen sittlichen Ordnung Gottes sowie die Wahrheit, daß Gott wirklich und in der Tat das den Menschen retten wollende, von unendlicher Liebe, Güte und Barmherzigkeit durchdrungene Wesen ist.
Das o.e. Tun und Handeln mündet vor allem, wie E. Heller zurecht bemerkt, in das intensive Gebet, das Vertiefen in das Wort Gottes, der Hl. Schrift, den Sakramentenempfang und das Vollbringen guter Werke der Barmherzigkeit. Hilfestellung wird dem Katholiken zuteil z.B. durch den Umgang mit gleichgesinnten Katholiken, aber last not least, wie Heller richtig sieht, im Kraftschöpfen aus der Beschäftigung mit den ehrwürdigen Zeugnissen des Christentums, wie der christlichen Wissenschaft, den kirchlichen Bauwerken usw. und vor allem guter, das Herz zu Gott erhebender Kirchenmusik.
In dem Maße, wie dies alles der Katholik ignoriert, läuft er Gefahr, sich in die Fänge des Satans, des Widersachers, der Hölle zu begeben, die wir nicht als vordergründige Hauptsache in unsere Überlegungen einbeziehen wollten. Wenn jedoch der Christ auf die Liebe, Barmherzigkeit, Güte Gottes bewußt reagiert, sein Leben danach ausrichtet, wird er bald Ton der Gewißheit getragen sein, daß Gott ihn hält, lenkt und leitet, selbst wenn er zuweilen glaubt, die schmutzigen Wellen des Alltags schlügen über ihm zusammen. (Zu den „schmutzigen Wellen“ zählen auch die modernen neo-modernistischen Irrtümer, die unsere katholische Kirche zersetzen.) |