Der Wiederaufbau der Kirche als Institution
von Eberhard Heller
Gewisse Vorgänge, in denen es um die (formale) Ausrichtung und Gliederung unserer religiös-kirchlichen Ansichten (festhalten an der Kirche, wie sie bis ca. 1965 bestand), haben gezeigt, daß uns jede institutionelle Formierung fehlt. Wir haben unseren Status als Kirche nicht definiert, obwohl inzwischen fast 30 Jahre vergangen sind, seit wir die Probleme des Wiederaufbaus und der fehlenden Beauftragung diskutieren. Man muß sagen: immer noch nicht...
Um was geht es? Die erste Phase unserer theologischen Anstrengungen für die Bewahrung der christlichen Religion betraf die dogmatische Analyse der durch und nach dem Konzil eingebrachten und fast allseits anerkannten Reformen hinsichtlich der neuen Sakramentsriten und der neuen Lehre etlicher moralischer Prinzipien und dem Status der Kirche, in der ihr bisheriges Selbstverständnis als absolute Institution zur Bewahrung der Heilsgüter zugunsten einer Institution, die den absoluten Charakter aufgegeben hatte. Neben Gott wurden nun auch "die fremden Götter" als mehr oder weniger gleichberechtigt anerkannt. (Man vgl. Ratzingers Rede in Assisi 2011.)
Auf der Grundlage dieser Analyse sollte es in einer zweiten Phase darum gehen, die verloren gegangene Heilsinstitution als Kirche wieder aufzubauen. Das ist bisher nicht geschehen. Nachdem die Garde der ersten Stunde gestorben war - Bischof Carmona, der tragischerweise Ende 1991 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, war der letzte Kleriker, der noch in der Lage gewesen wäre, die weltweit verstreuten Gruppen zusammenzuführen, - hat sich weltweit kein Priester gefunden, der sich um die Restitution der Kirche bemüht hätte. Besonders die jungen Bischöfe und Priester, die sich als Priester der "röm.-kath. Kirche" ausgeben und sich in ihren Anschauungen der Tradition verpflichtet fühlen, haben hinsichtlich des Wiederaufbaus versagt. Anstatt sich zusammenzutun, Gemeinden zu bilden, um so zumindest die Restitution zu befördern, haben sich die allermeisten zu Clerici vagantes, zu umherschweifenden Klerikern entwickelt, denen es nur um die (sakramentale) Bedienung ihrer Klientel geht.
Des öfteren haben wir in unserer Zeitschrift darüber diskutiert, wie sich eine wahrhaft rechtgläubige Gesinnung bei einem Priester unter den gegebenen Umständen d.h. einem Zustand, in dem die Kirche als Institution erst wieder aufgebaut wird, äußert, nämlich dadurch, daß er primär an der Restitution der Kirche und der Etablierung einer neuen Autorität arbeitet. Erst wenn er das tut, ist sein Handeln in pastoraler Hinsicht auch gerechtfertigt. Unter Vorbehalt einer endgültigen Entschei-dung dieser neu zu installierenden Autorität dürfte er dann legitimerweise die Sakramente spenden. Hätte er diese Restitution nicht im Blick, wäre sein Handeln als Priester illegitim, d.h. er wäre z.B. nicht berechtigt, die hl. Messe zu feiern - ebenso wie die Econer dazu nicht berechtigt sind -, denn die hl. Messe ist Bestandteil der wahren Kirche und darf nur legitimerweise gefeiert werden, wenn die Kirche einen Priester dazu beauftragt hat. Sie ist weder das Eigentum von klerikalen Privatleuten noch das einer apostasierenden Organisation, wie es die Econer sind, die Anschluß an die Konzils-Kirche suchen. Gerade weil diese konkrete Beauftragung (mandatum) durch die Kirche fehlt, sollte man meinen, daß es gerade die Priester und Bischöfe sein müßten, die sich um den Wiederaufbau kümmern. Daß sie es nicht tun, beweist ihre anarchistische-sektiererische Einstellung.
Als besonders hinderlich auf dem Weg zur kirchlichen Konsolidierung hat sich Bischof Pivaru-nas/USA präsentiert, dem es in der Hauptsache um die Machterweiterung seiner privaten Interessen geht.
Aus dieser negativen Phalanx fällt nur ein Kleriker heraus, der nicht nur pastoral sehr aufopfernd arbeitet, sondern sich auch um die eigentliche und wesentliche Aufgabe der Restitution bemüht: Fr. Krier in Las Vegas/USA, der mit Herrn Jerrentrup und mir die (Anschluß-)Erklärung an die Declaratio von Mgr. Ngo-dinh-Thuc mit ausgearbeitet und unterzeichnet hat.
Selbst die Priester-Union Trento in Mexiko, mit der ich im Jahre 2000 diese Erklärung durchdis-kutiert hatte und der sie inhaltlich zustimmte, hatte sich aus Rücksicht auf Pivarunas dahin gehend erklärt, daß sie sich um den Wiederaufbau der Kirche und der Installation einer neuen Autorität (Papstwahl) erst "später" bemühen wollte, weil pastorale Aufgaben Vorrang hätten. Bis heute hat sie in dieser Hinsicht überhaupt nichts unternommen. D.h. jene Priestergruppierung, die weltweit das größte Potential zur Konsolidierung in sich gehabt hätte, hat sich schlicht den entscheidenden Aufgaben versagt. "Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut." (Lk 11,23)
Wenn man einem Priester begegnet, der sich als Priester der "röm.-kath. Kirche" - wegen seiner angeblich rechtgläubigen Haltung - ausgibt, dann weiß er nicht, wovon er redet. Diese sog. "röm.-kath. Kirche" der Rechtgläubigen ist eine bloße Fiktion, denn darunter wird nur die Konzils-Kirche verstanden.
Um diese Auffassung einer sog. "röm.-kath. Kirche" der Rechtgläubigen als Fiktion zu entlarven, muß man nur den betreffenden Kleriker fragen, wo und in welchen Personen diese Kirche bestehen soll, denn eine Kirche ist eine durch Personen repräsentierte Institution. Im Gegensatz zur prote-stantischen Auffassung, die die Kirche als Gemeinschaft gleicher Glaubensüberzeugungen, d.h. als "Geistkirche" sieht, geht die kath. Lehre von der Kirche als Heilsinstitution aus mit einer autorita-tiven Führung. Fragt man nun unseren Kleriker nach seinem 'Chef', bekommt man bestenfalls die Antwort: "Das ist Bischof X." Hinterfragt man nun die Stellung dieses Bischofs, zu welcher Kirche er denn gehöre, wer dieser vorstehe, dann stellt sich bald heraus: selbst dieser Bischof ist zwar gültig geweiht, aber eine bloße Privatperson, die nicht kirchlich instituiert ist. D.h. zwischen unse-rem Kleriker und dem genannten Bischof besteht ein bloßes Privatverhältnis ohne jede kirchlich-institutionelle Bedeutung.
Bereits 1998 hatte ich diese Groteske bereits durchgespielt:
“Man versuche doch einmal, einer staatlichen Stelle (Einwohnermeldeamt, Paßbehörde, Gericht etc.), von der man nach der Konfessionszugehörigkeit gefragt wird, zu erklären, zu welcher Glaubensgemeinschaft man denn eigentlich gehöre. Im Brustton tiefster (traditionalistischer Überzeugung) wird geantwortet, man sei "röm.-kath." Das heißt im Rechtsbereich - verbindlich! -, man gehöre der sog. 'Konzils-Kirche' an, denn eine andere Religionsgemeinschaft ist unter dem angegebenen Namen nicht bekannt. Aber das will man ja gerade nicht! (...) Also muß man dem Staatsdiener erklären, man sei kein Modernist, sondern man sei konservativ eingestellt, man sei rechtgläubig. Der informierte Beamte weiß Bescheid, dank der öffentlichen Debatten: man wolle also sagen, daß man als Sympathisant der schismatischen Bewegung des verstorbenen Erzbischofs Lefebvre angehöre. Kommt die Zusatzfrage: "Sagen Sie einmal: Gehören denn die noch zur kath. Kirche?" - Nein, man sei auch kein Lefebvreianer. - "Auch das nicht?" Jetzt wird's für den Staatsdiener wirklich schwierig, weitere Kriterien für die Kirchenzugehörigkeit aufzustellen: "Ja, welchem Bischof unterstehen Sie denn?" - "Zur Zeit keinem." - Spätestens ab da ist es dem Beamten völlig klar, daß der Betreffende - rechtlich gesehen - Sektierer ist, also jemand ohne bestimmte Kirchen-ugehörigkeit. Nicht einmal den Status einer sog. Freikirche kann man beanspruchen, denn diese sind registriert. Und dieser Feststellung kann man nicht einmal widersprechen! Diese Einordung ist nicht nur unter staatlich-rechtlichem Aspekt so zu sehen, sondern auch unter kirchlich-institutionellem Gesichtspunkt. (Ist der Betreffende vielleicht noch Kleriker und trägt Soutane, könnte es ihm sogar passieren, daß er wegen Verstoßes gegen die Kleiderordnung bestraft wird - und das völlig legal.)" (Vgl. EINSICHT vom Febr. 1998)
Mit anderen Worten: Niemand von uns kann sich hinsichtlich einer Kirchenzugehörigkeit definieren!! Wir alle sind (bis heute!) unbenennbare Schäflein einer Herde, die sich zwar in der persönlichen Einstellung auf den vorkonziliaren Glauben beziehen und sich über ihn definieren kann, die aber nicht in der Lage ist anzugeben, welche Kirche diesen Glauben vertritt.
Was ich hier skizziere, ist nicht Pessimismus oder Schwarzmalerei, sondern grotesk-traurige Realität.
Um diesen Zustand der Stummheit zu beenden, erlaube ich mir in Absprache mit Fr. Krier, Ihnen verehrte Leser, folgende Erklärung zur Diskussion vorzulegen, nachdem bereits die Debatte um einen Namen für die kirchliche Konstituierung geführt wurde (vgl. EINSICHT vom Dez. 1997 und Febr. 1998). Dort hatte ich u.a. ausgeführt: “So bleiben als vorrangige Aufgaben bestehen: — die Erarbeitung eines durchgängigen Konzepts zur Restitution der Kirche als Heilsinstitution und deren konkreter Umsetzung - angefangen bei der organisatorischen Zusammenfassung der verschiedenen Gruppen auf den einzelnen nationalen Ebenen als Glaubensgemeinschaft bis hin zur Restitution der Primatialgewalt, — die jeweilige rechtliche Absicherung dieser Kirchengemeinschaft(en) auf der entsprechen-den zugehörenden staatlichen Ebene.“
Wenn man wieder liest, wie häufig und wie früh dieses Thema der Kirchenzugehörigkeit und ihrer rechtlichen Verankerung umfassend abgehandelt wurde, kann man nur sarkastisch mit Karl Valentin sagen "Selbst die Zukunft war früher besser".
Erklärung zur Konstituierung einer Kirchengemeinschaft
Hiermit geben die Unterzeichner die Konstituierung der orthodox-kath. Kirche bekannt, die in vollem Umfang die röm.-kath. Kirche fortsetzt, wie sie bis zum II. vatikanischen Konzil bestanden hat. Damit wird eine der Forderungen aus der Erklärung von 2000, die Restituierung der Kirche als Heilsinstitution wieder aufzubauen, umgesetzt. Auf und nach dem II. vatikanischen Konzil hat die einstige röm.-kath. Kirche ihre Identität durch Aufgabe von Teilen ihrer Lehre und ihres von Christus übertragenen absoluten Auftrags, als Seine Kirche zu agieren, verloren. Dieser Tatbestand wurde in der Declaratio von S.E. Mgr. Ngo-dinh-Thuc von 1982 festgehalten, in der er den römischen Sitz für vakant erklärt hat.
Die Namensänderung ist nötig, weil die sog. Konzils-Kirche die Benennung von "röm.-kath. Kirche" beibehalten hat, wodurch sowohl eine namentliche als auch eine institutionelle Abgrenzung erforderlich geworden ist.
***
Zur umfassenden Information werden hier noch einmal jene Dokumente veröffentlicht, auf die sich bisher unsere Bemühungen um eine Wiederherstellung kirchlicher Strukturen gestützt haben: - auf die DECLARATIO von S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc vom 25. Febr. 1982 zur Sedisvakanz - auf die Erklärung von Fr. Krier, Herrn Jerrentrup und mir vom 25. Febr. 2000
***
DECLARATIO
Qualis est aspectus Ecclesiae Catholicae in conspectu nostro, his diebus? Romae, regnat "Papa" Joannes Paulus secundus, circumdatus coetu Cardinalium et multorum Episcoporum et praelatorum. Extra Romam, Ecclesia Catholica apparet florida, cum suis Episcopis et Sacerdotibus. Numerus catholicorum immensus est. Quotidie Missa celebratur in tantis ecclesiis, et die Dominica, ecclesiae recipiunt permultos fideles ad Missam audiendam et ad Sacram communionem accipiendam.
Sed in conspectu Dei, qualis est aspectus hodiernae Ecclesiae? Missae - quotidiana et dominicalis in quibus assistunt - placentne Deo? Nequaquam: quia ista Missa, eadem est pro catholicis et pro protestantibus - ideo non placet Deo et invalida est. Unica Missa quae placet Deo est Missa Sancti Pii quinti, quae celebratur a paucis sacerdotibus et episcopis, in quibus sum Ego.
Ideo, in quantum possum, aperiam seminarium pro candidatis ad sacerdotium quod placeat Deo.
Praeter illam "Missam" non placentem Deo, multae sunt res quas rejicit Deus, exempli gratia: in ordinatione sacerdotum, in consecratione episcoporum, in sacramento confirmationis et extremae unctionis.
Insuper illi "sacerdotes" colunt:
1. modernismum, 2. falsum oecumenismum, 3. adorationem hominum, 4. libertatem amplectandi qualemcumque religionem; 5. nolunt condemnare hereseos, et expellere hereticos.
Ideo, quatenus episcopus Ecclesiae Catholicae Romanae, judico sedem Ecclesiae Catholicae Romae vacantem esse, et oportet me, uti episcopus, omnia facere ut Ecclesia Catholica Romae perduret ad salutem aeternam animarum.
Monachii die 25 Februarii 1982
(sig.:) Petrus Martinus Ngô-dinh-Thuc Archiepiscopus
Hic adjungo titulum quorumquam documentorum praeclarorum:
1. Bulla "Quo primum" Pii V. 2. Concilium Tridentinum, sess. XXII. 3. Breve "Adorabile eucharistiae" Pii VII., et Florentinum: Decretum pro Armenis (Dz. 698); Decretum pro Jacobitis (Dz. 715). 4. Missale Romanum Pii V.: De defectibus in celebratione Missarum: "De defectibus formae". 5. Constitutio "Auctorem fidei" Pii VI.; Decretum "Lamentabili" Pii X.; Encyclica "Pascendi dominici gregis" Pii X. 6. Florentinum: Decretum pro Jacobitis; Encyclica "Quanta Cura" Pii IX.; Bulla "Unam sanctam" Bonifatii VIII. 7. Codex Juris Canonici, can. 1322. 8. Bulla "Cum ex apostolatus officio" Pauli IV.; Codex Juris Canonici, can. 188, n. 4. 9. Pontificale Romanum: De consecratione electi in episcopum: "Forma juramenti" et "Examen".
Monachii die 25 Februari 1982
(sig.:) Petrus Martinus Ngô-dinh-Thuc Archiepiscopus
ERKLÄRUNG
Wie stellt sich die katholische Kirche der Gegenwart in unserer Sicht dar? In Rom regiert "Papst" Johannes Paul II., umgeben von der Versammlung der Kardinäle, vieler Bischöfe und Prälaten. Außerhalb Roms scheint die katholische Kirche zu blühen mit ihren Bischöfen und Priestern. Die Zahl der Katholiken ist ungeheuer groß. Täglich wird in so vielen Kirchen die Messe gefeiert, und sonntags fassen die Kirchen zahllose Gläubige, welche die Messe hören und die hl. Kommunion empfangen.
Aber wie sieht die heutige Kirche in den Augen Gottes aus? Die Messen, an denen die Leute werk-tags und sonntags teilnehmen, sind sie Gott wohlgefällig? Keineswegs; denn jene Messe gilt sowohl für Katholiken als auch für Protestanten. Deshalb kann sie Gott nicht wohlgefällig sein, und sie ist ungültig. Die einzige Messe, die Gott wohlgefällig ist, ist die Messe des hl. Pius V., die von einigen wenigen Priestern und Bischöfen, zu denen ich gehöre, gefeiert wird.
Ich wünsche daher, wenn es in meinen Kräften steht, ein Seminar zu eröffnen für Kandidaten für jenes Priestertum, das Gott wohlgefällig ist.
Außer dieser "Messe", die Gott nicht wohlgefällig ist, gibt es noch vieles, was von Gott verworfen wird, zum Beispiel in der (neuen) Priesterweihe, der Bischofsweihe, der Firmung und der letzten Ölung.
Außerdem pflegen jene "Priester"
1. den Modernismus, 2. den falschen Ökumenismus, 3. die Anbetung des Menschen, 4. die Religionsfreiheit; 5. lehnen sie es ab, die Urheber der Häresien zu verurteilen und die Häretiker auszuschließen.
Daher erkläre ich als Bischof der römisch-katholischen Kirche den Römischen Stuhl für vakant, und mir als Bischof obliegt es, alles zu tun, damit die katholische Kirche Roms zu ewigen Heil der Seelen fortbesteht.
München, den 25. Februar 1982
(sig.:) Petrus Martinus Ngô-dinh-Thuc Archiepiscopus
(EINSICHT, 11. Jahrg., Sondernr. vom März 1982)
***
ERKLÄRUNG
In seiner Erklärung über die Vakanz des Römischen Stuhles ("Declaratio" vom 25. Februar 1982) hatte Mgr. Thuc angekündigt, „alles zu tun, damit die Katholische Kirche Roms zum ewigen Heil der Seelen fortbestehe“. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hatte er u.a. zur Sicherung der Apostolischen Sukzession verschiedene Bischöfe geweiht mit der Verpflichtung, diesen Auftrag unter Wahrung der Einheit der Kirche in die Tat umzusetzen.
Aufgrund persönlicher Unzulänglichkeiten, gerade auch unter den mit diesem Auftrag betrauten Bi-schöfen, und einer weltweit feststellbaren Tendenz, die Kirche als Heilsinstitution auf einen bloß sakramentalen Versorgungsbetrieb zu reduzieren, besteht die Gefahr, daß die Glieder der wahren katholischen Kirche ins Sektierertum abgleiten. Diese sektiererische Tendenz führte unter anderem zur Unterwanderung durch vagabundierende „Kleriker“, aber auch zu deren leichtfertiger Integration in ursprünglich nicht-sektiererische Gemeinden, wodurch teilweise die makabre Situtation entstand, daß die gültige „alte Messe“ von ungültig geweihten „Priestern“ gelesen wird. Mit dieser Gesamtentwicklung wäre der ursprüngliche Auftrag von Mgr. Thuc in sein Gegenteil verkehrt worden und - menschlich gesprochen - der Untergang der von Jesus Christus gegründeten Kirche als Heilsinstitution besiegelt.
Um dieser Fehlentwicklung wieder Einhalt zu gebieten, und um beim Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution mitzuwirken, erkläre ich folgendes:
Die Kirche ist (nach der Definition des Kirchenlehrers Bellarmin) „die Gemeinschaft aller Gläubigen, die durch das Bekenntnis desselben Glaubens, durch die Teilnahme an denselben Sakramenten vereinigt sind unter der Leitung der angeordneten Hirten und besonders des einen Stellvertreters Christi auf Erden, des römischen Papstes“ (De eccles. milit. c. 2). Diese Gemeinschaft betrifft in besonderer Weise die Bischöfe und Priester: „Damit aber der Episkopat selbst eins und ungeteilt sei und durch die untereinander eng verbundenen Priester die gesamte Menge der Gläubigen in der Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft bewahrt werde, errichtete er, indem er den seligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel stellte, in ihm ein dauerhaftes Prinzip dieser ... Einheit.“ (Vatikanisches Konzil, Konstitution Pastor aeternus, DS 3051). Aber auch die Gläubigen müssen untereinander verbunden sein: „... die Kirche (muß) vor allem aus dem Grund ein Leib genannt werden, weil sie aus einer rechten und zusammenstimmenden Mischung und Verbindung von Teilen zusammenwächst und mit verschiedenen, untereinander im Einklang stehenden Gliedern ausgestattet ist.“ (Pius XII., Enzyklika Mystici corporis, 29. Juni 1943, DS 3800). Damit ist gemeint, daß zu den Kriterien der Kirchenzugehörigkeit auch die Intention gehört, die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander zu befördern. Diese allseitige Einheit muß sich sichtbar nach außen darstellen: „Daraus folgt, daß sich in einem großen und ebenso verderblichen Irrtum befinden, die sich die Kirche nach ihrem eigenen Gutdünken gleichsam als verborgen und keineswegs sichtbar vorstellen und entwerfen ...“ (Leo XIII., Enzyklika Satis cognitum, 29. Juni 1896, DS 3301).
Durch den Abfall der Hierarchie nach Vatikanum II., der von Mgr. Thuc in seiner "Declaratio" dokumentiert ist, wurde die Kirche als sichtbare Heilsinstitution weitgehend zerschlagen; eine sichtbare "Gemeinschaft aller Gläubigen" existiert nicht mehr, auch wenn überall auf der Welt noch Gemeinden und Gruppen den wahren Glauben bekennen.
Christus hat die Kirche aber als Heilsinstitution - und nicht nur als bloße Glaubensgemeinschaft - gegründet, um die unverfälschte Weitergabe seiner Lehre und Gnadenmittel zuverlässig zu gewähr-leisten. Der Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution ist darum vom Willen ihres göttlichen Gründers gefordert.
Zur Restitution der Kirche als sichtbarer Heilsinstitution gehören:
- Sicherung der Gnadenmittel - Bewahrung und Weitergabe der Lehre der Kirche - Sicherung der apostolischen Sukzession - Wiedererrichtung der Gemeinschaft der Gläubigen auf regionaler, überregionaler und gesamtkirchlicher Ebene - Restitution der Hierarchie - Wiedererrichtung des päpstlichen Stuhles (als Prinzip der Einheit)
Hier ergibt sich jedoch ein Dilemma. Einerseits fehlt derzeit die zur Erfüllung dieser Aufgaben nötige kirchliche Jurisdiktion, da die Hierarchie abgefallen ist, andererseits ist die Erfüllung dieser Aufgaben die notwendige Voraussetzung der Wiederherstellung eben dieser kirchlichen Autorität. Die Wiederherstellung der kirchlichen Autorität ist aber vom Heilswillen Christi her gefordert. Das Dilemma kann u.E. nur gelöst werden, indem sämtliche bisherigen Aktivitäten nur unter Vorbehalt einer späteren, endgültigen Legitimierung durch die wiederhergestellte Hierarchie stehen. Somit läßt sich z.B. die Meßzelebration und die Spendung der Sakramente einstweilen nur dadurch recht-fertigen, daß sie unter dem Aspekt der Gesamtrestitution der Kirche als Heilsinstitution stehen und sich der späteren Beurteilung durch die wiederhergestellte, legitime Autorität unterwerfen.
Spendung und Empfang der Sakramente (einschl. Zelebration und Besuch der hl. Messe) wären somit unerlaubt, wenn sie ohne Bezug auf diese einzig mögliche Rechtfertigung vollzogen würden, unbeschadet ihrer sakramentalen Gültigkeit.
Aus diesen Überlegungen läßt sich unter den gegebenen Verhältnissen zugleich die Zugehörigkeit zur wahren Kirche als dem mystischen Leib Christi bestimmen: die von Pius XII. in der Enzyklika "Mystici corporis" vorgelegten vier Kriterien: (1) Empfang der Taufe, (2) Bekenntnis des wahren Glaubens, (3) Unterordnung unter die rechtmäßige kirchliche Autorität und (4) Freiheit von schwer-sten Kirchenstrafen (DS 3802) müssen im Punkt (3) dahingehend modifiziert werden, daß wegen des Fehlens der rechtmäßigen kirchlichen Autorität vorläufig (d.h. bis zu ihrer vollständigen Wieder-herstellung) die Anstrengung zur Restitution der kirchlichen Autorität als Ersatz-Kriterium zu gelten hat.
Wir, die Unterzeichner, fordern alle Kleriker und Gläubigen eindringlich auf, an dieser für das Wohl der Kirche alles entscheidenden Aufgabe mitzuarbeiten, damit die Kirche zum ewigen Heil der Seelen fortbestehe.
München, den 25.2.2000
Eberhard Heller, Christian Jerrentrup, Fr. Courtney Edward Krier
(EINSICHT, 30. Jahrg, Nr. 3 vom Aug 2000)
|