Der schmerzliche 'Ehebruch' der "Braut Christi"
von Norbert Dlugai
1. Hinführende Gedanken
Viele Christen haben in erschreckendem Maße den Blick dafür verloren, wieviel an wesentlichen, glaubensbezogenen und heilsgeschichtlich relevanten Aussagen viele Textstellen der Heiligen Schrift (als authentischer Gottesoffenbarung) beinhalten. Daher mag es nicht verwundern, wenn auch das Schriftzeugnis über die Verbindung von Christus mit seiner Kirche, der 'Brautstatus', den Christen von heute weitgehend fremd ist und man sich somit nicht mehr der Mühe unterzieht, sich mit diesem Glaubensgeheimnis zu befassen. Der moderne Mensch dünkt sich darüber erhaben zu sein, wie über so vieles andere in gleicher Weise, was seinem Erkennen und Begreifen befremdlich oder inakzep-tabel erscheint.
Infolgedessen besitzt er längst kein Gespür mehr für die Macht des personifizierten Bösen, der ebenso den geheiligten Brautstatus der Kirche Christi verfinstert - und sich hierbei der sog. 'neuen Theologie' bedient, die alles hinterfragt oder leugnet, was angeblich nicht mehr überlebensfähig ist. - Und dies zugunsten von (neomodernistisch-synkretistisch unterwanderten) sog. 'Neuaufbrüchen', deren Ziel es ist, der Einzigartigkeit der katholischen Kirche als Christi Braut das Fundament abzugraben, um eine Nivellierung mit den anderen Religionen bzw. Religionsgemeinschaften herbeizuführen und zu verfestigen.
Von einer solchermaßen gleichgeschalteten 'Kirche' aber trennt sich der Heilige Geist, und auch diese 'Kirche' als solche fällt dann sehr tief in eine tödliche Blindheit und Taubheit des - hinter den sog. 'Neuaufbrüchen' stehenden - 'Vater der Lüge" (Jo. 8,44), "den Fürsten dieser Welt". Es erschließen sich uns in alledem wesentliche heilsgeschichtliche, den spirituellen Charakter der katholischen Kirche betreffende Phänomene, und mit ihnen müssen wir uns befassen. Denn die heutige - das tradierte katholische Glaubens-und Gedankengut immer häufiger zur Disposition stellende, sog. 'kirchliche Katechese' sieht keinen Anlaß und Bedarf mehr, das, was für uns ein Grundelement biblischer Offenbarung bildet, dem Volk Gottes zu vermitteln.
Glaube und Vernunft wissen längst um die progressive Dominanz des Bösen mit allen zerstöre-rischen Auswirkungen und Folgen für die konstitutive und normative Botschaft der Hl. Schrift, die heutzutage immer mehr einer subjektiv-kritischen Beliebigkeit unterworfen ist, ohne daß sich Gegenkräfte bilden und mobilisieren, welche der Wahrheit der Gottesoffenbarung in allen Bereichen katholischen Glaubenslebens zum Sieg verhelfen. Die Hauptsache aller oben genannten Verkeh-rungen aber hat einen Namen: das II. vatikanische Konzil... Höhepunkt jahrhundertelanger Verirrngen in der Kirche.
2. Zeichen wahrer Brautschaft der Kirche
Was ist das Charakteristikum wahrer Brautschaft der Kirche mit dem Gottessohn Jesus Christus? Die Kirche besitzt den Brautstatus, wenn in ihr der Heilige Geist wohnt. Er geht vom Vater und vom Sohn aus. In ihm muß die Kirche ihren Bräutigam vorbehalt- und einschränkungslos lieben und ihm die unverbrüchliche Treue bis zum Ende bewahren.
Diese den Charakter der Unlösbarkeit in sich tragende Verbindung zwischen der Kirche und Christus wird somit zum geheimnisvollen Zeichen des auf Lebenszeit ausgerichteten Bündnisses zwischen Mann und Frau immenschlichen Bereich, ein Bündnis, welches Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben hat, und somit zu einer heiligen Gnadenquelle werden ließ.
In der heiligen Schrift wird der Brautstatus der Kirche belegt in 2 Kor.11,2; Offb .21,2 u. 22,17.
Brautschaft in der Fülle unbefleckter Reinheit, Hingabe und Stetigkeit - ist das nach wie vor ein leuchtendes geistiges Wesensmerkmal der 'Konzils-Kirche'? besiegelt durch die Gnadengaben des Heiligen Geistes?
3. Die treulos gewordene Braut Christi als Mißgeburt einer 'Neuen Kirche'
Wenn von Treue und Untreue die Rede ist, sei gestattet, auf Statistiken zu verweisen, wonach dem bundes-republikanischen Scheidungstrend nahezu 50 % aller Ehen zum Opfer fallen. Hat da auch das Sakrament der Ehe überhaupt noch Zukunft? Es ist nicht vermessen, sich insoweit nicht in Optimismus zu ergehen.
Doch in einen solchen Optimismus wird der heutige Christ unentwegt eingetaucht - durch eine (sich immer noch im Brautstatus wähnende) 'Neue Kirche', die Konzilskirche (wie sie Kardinal Benelli nannte), im Gefolge mit einer 'Neuen Theologie des Aggiornamento', dem berühmt-berüchtigten Schlagwort des II. Vatikanischen Konzils, das sich als ein sich nach allen Seiten hin öffnendes sog. 'Pastoralkonzil'in die anderen vorangegangenen Konzilien einreihen wollte.
Was allerdings verbarg sich da wirklich hinter besagtem 'Pastoral-Konzil'? - Der bekannte Kirchen-rechtler Georg May deckt in seinem Buch "II. Vatikanum, echte und unechte Reform" die Hinter-gründe auf, wenn er schreibt (S. 51): "Als Ausfluß des Konzilsgeistes gilt die unaufhörliche Wiederholung des Prinzips, alles in der Kirche müsse 'pastoral' sein, worunter gewöhnlich Nachgiebigkeit gegenüber beinahe allen Wünschen, die der Zeitgeist an die Kirche stellt, verstanden wird. Dem Konzil schreibt man zu, es habe alles Lästige und Beschwerliche im Leben des Christen und zumal des Priesters abbauen und den Menschen ein bequemes und leichtes Leben verschaffen wollen".
Ein darauf aufbauender geistloser Zeit- und Weltoptimismus der Kirche entfaltete konsequenterweise eine Hauptstoßrichtung auf eine hochgezüchtete Allheilsdoktrin hin, welche die anderen nicht-katholischen Kirchen und religiösen Gemeinschaften einbezog und einbezieht. Mit der Folge, daß die sog. katholische Kirche ihren Alleinanspruch missionarischen Bemühens relativiert oder gar gänzlich leugnet. Diesen Trend verglich der frühere Regensburger Bischof Rudolf Graber - wegen der gigantischen Umwälzungen - mit der französischen Revolution von 1789.
Ein aufschlußreiches Indiz für die zuvor erwähnte Relativierung oder gar Leugnung der Rolle der katholischen Kirche, alleinige und ausschließliche Hüterin der göttlichen Wahrheiten zu sein, ergibt sich aus der auf dem Konzil beschlossenen sog. "Dogmatischen Konstitution über die Kirche". Es handelt sich um die augenscheinlich ambivalent gewählte Formel, daß die christliche Kirche in der katholischen Kirche 'subsistiert' (subsistit) anstelle der einzig und allein richtigen Definition, "daß die katholische Kirche die von Christus gestiftete Kirche ist (est)".
In dem Maße, wie diese 'Kirche' auf einer solchen Position des Sich-selbst-infragestellens - im Zuge einer dem anthropozentrischen Zeitgeist huldigenden Allheilserwartung - ihre missionarischen Anstrengungen mehr oder weniger als deplaciert betrachtet - dabei bewußt den strengen Missions-befehl Jesu Christi ignorierend - und ein solches Denken in alle Bereiche des katholischen Glaubens hineinprojiziert, - verdrängt sie den Heiligen Geist aus seiner Wohnstatt und zerreißt das Band der Brautschaft mit ihrem Stifter Jesus Christus.
Der solchermaßen in der 'Konzilskirche' 'heimatlos' gewordene Heilige Geist aber überläßt uns dann dem Verwirr- und Intrigenspiel der widergöttlichen Mächte, die es vor allem darauf absehen, die blasphemische Wahnidee am Leben zu erhalten, sein 'Wehen' - das Wehen des Heiligen Geistes! - sei auch in den anderen Religionen und religiösen Gemeinschaften wahrnehmbar.
Damit gewinnt das Bild einer 'Neuen Kirche' immer schärfere Konturen, einer das Heilswirken des Heiligen Geistes offenkundig verkennenden, und damit einer den Brautstatus mißachtenden und so Verrat am Kirchenstifter Jesus Christus begehenden Kirche. Eine treulos gewordene Braut als Mißgeburt der 'Neuen Kirche' vergißt, daß nur ein ihr innewohnender wahrer Heiliger Geist eine innige liebende Verbindung im Sinne einer Brautschaft mit Christus bewirkt und begründet, ein Heiliger Geist, der sich niemals in einem Götzentempel niederläßt (s. 2 Kor. 6,16).
In diesem Zusammenhang verdient eine grundlegende Studie von Prof. Dörmann zu der von Ratzinger verfaßten, fragwürdigen Declaratio "Dominus Jesus" v. 6.8.2000 Beachtung, in welcher die Tatsache herausgestellt wird, daß die Ausgießung des Heiligen Geistes durch Christus unzweifelhaft nur über die Jünger und die Kirche des gläubigen Gottesvolkes erfolgen sollte, aber nicht einfachhin über die Welt und die Menschheit, soweit sie noch im Dunkel des Unglaubens verharrt. "Insofern", so gibt Dörmann zu bedenken, "erscheint die Sicht der anderen Religionen in der Declaration weltfremd abgehoben von der geschichtlichen Realität. Denn in Wirklichkeit sind die anderen Religionen Ganzheiten mit einer eigenen Lebensmitte, die alle einzelnen Aussagen auf ihre Lebens-mitte hin beziehen und von dort aus auch zu verstehen sind. Sie sind also von sich aus keineswegs auf Christus hin orientiert, sondern auf ihre eigene Lebensmitte".
Die echte, das wahre zeitliche und ewige Heil verbürgende Lebensmitte ist für den treugläubigen Christen jedoch nur der Erlöser und Messias Jesus Christus und seine Kirche, die katholische und apostolische Kirche, auserwählt als einzige Braut Christi.
Wie sehr hier aber der Heilige Geist und der Brautstatus der katholischen Kirche eine von der Natur der Sache her gesehen unlösbare Einheit bilden, sozusagen eine geistige Symbiose, die das Rückgrat der Kirche darstellt, wird dem Katholiken eindringlich bewußt durch eine Schrift des bekannten Schweizer Prälaten Robert Mäder (1875-1945), betitelt "Der heilige Geist - der dämonische Geist". Robert Näder schreibt (s.a.a.O., S.8O, 53-56): "Katholisch sein heißt leben von und durch und mit und für Bräutigam und Braut, Heiligen Geist und Kirche (...) Wer also das eigentliche Wesen des Katholizismus richtig erfassen will, muß in ihm einen Organismus sehen, der das, was er ist, durch die Wirksamkeit des auf besondere Weise in ihm wohnenden Heiligen Geistes ist. Die Kirche ist die Gesellschaft des Heiligen Geistes auf Erden, oder, wenn man einen in neuerer Zeit geprägten Ausdruck verwenden will, der auch die sakramentale Gegenwart Jesu berücksichtigt: Die Kirche ist der eucharistische Liebesbund (und Brautbund) im Heiligen Geiste (...) Was heißt also katholisch sein? An den Heiligen Geist als das innerste Lebensprinzip der Kirche glauben (...) Aber weil und sofern man den Heiligen Geist nicht will, zieht er sich zurück und überläßt uns der eigenen Ohnmacht."
Eine im Endeffekt herbeigeführte Gleichschaltung der wahren und einzigartigen Kirche Jesu mit anderen nicht-katholischen Gemeinschaften läßt eine 'Neue Kirche' entstehen samt einer Mißgeburt in Gestalt einer ungetreuen 'Braut'.
(Bei unseren Betrachtungen sollte auch das alttestamentliche "Hohe Lied" nicht unerwähnt bleiben. Mit Blick auf die biblische Theologie ist neben der Hindeutung auf die gottgewollte eheliche Gemeinschaft in gleicher Weise die Auslegung zu rechtfertigen, das "Hohe Lied" beziehe sich ebenso auf das bräutliche Zugehörigsein von Christus zu seiner Kirche im Heiligen Geist. Dafür spricht vor allem die eindeutige Gewichtigkeit der Tradition.)
4. Weitere kritische Gedanken und Ausblicke
All jene, die - ob im geistlichen oder Laienstand - als Verfechter des 'neuen (Konzils)Geistes' ihr Zerstörungswerk am katholischen Glauben und an der Kirche betreiben, müßten von einem tiefen Schock befallen werden, wenn sie sich mit dem auseinandersetzen würden, was der bereits genannte Theologe Georg May in seinem Buch "Die Wahrheit verteidigen" sehr dezidiert anmahnt: "Müssen wir nicht lernen, Gott, seine Heiligkeit, das Gericht und die Ewigkeit wieder ernst zu nehmen? Müssen wir nicht wieder zutiefst von der Überzeugung durchdrungen werden, daß das ewige Leben nur mit Einsatz aller Kräfte errungen werden kann, ohne dadurch aufzuhören, Gottes unverdientes Gnadengeschenk zu bleiben? Für den Himmel ist nichts genug, aber auch nichts zuviel. Wir müssen durchdrungen sein, daß wir für jede Stunde, für jedes Wort und für jeden Pfennig einmal Rechen-schaft ablegen müssen. Zu meinen, Gott werde uns die ewige Seligkeit auch ohne Anstrengung geben, ist nicht christliche Hoffnung, sondern Vermessenheit". (S. 157)
Vermessenheit: Sie äußert sich in vielen düsteren Erscheinungsformen, und das nicht weniger in der katholischen Kirche, Menetekel auf den Wegen, welche die 'Kirche' nach dem II. Vatiksnischen Konzil beschreitet. Vermessenheit, mit der man etwa dem Verlust der Brautschaft mit Jesus Christus begegnet vor dem Hintergrund einer sich immer doktrinärer gebenden Allheilsphilosophie. Daher zögerte man nicht, die Lehre der katholischen Kirche vom Alleinbesitz des Heiligen Geistes zu vernebeln, theologisch gesagt zu entdogmatisieren, indem man dem Heiligen Geist ein 'pastoral-konziliares Gewand' überstülpte, mit dem man ihn in der christus- und christenfremden Lebensmitte anderer Religionen präsent sehen wollte oder glaubte. Denn gemäß des vatikanischen "Dekrets über den Ökumenismus" habe es "der Heilige Geist nicht abgelehnt, die getrennten Gemeinschaften als Mittel des Heiles zu gebrauchen". D.h. die katholische Kirche ist nicht mehr die einzige Heilsanstalt sei, sondern es gibt deren viele, womit Christus mit seiner messianischen Reich-Gottes-Botschaft-und Heilslehre Lügen gestraft wird. Damit setzt man sich zugleich über den für alle Zeiten gültigen Missionsbefehl des Gottessohnes Jesus Christus hinweg.
Das aber deuten die modernen subversiven Denkausrichtungen und Weltanschauungsmodelle vor allem heutzutage ganz anders. Mit triumphalen Enthusiasmus propagieren sie einen weltweiten religiösen Relativismus. Der der Macht des Bösen hörige Relativismus hat viele Gesichter. Er zeigt sich unter Namen und Bezeichnungen wie (Neo)-Modernismus, kritischer Historizismus, Subjektivismus udgl.
"Heilswirksam sein". - Kann das eine Kirche, die nicht mehr in einer echten Brautschaft mit Christus lebt? Sie kann und vermag es nicht. Denn es gebricht ihr an dem, was Jesus in Lk. 19,41-44 bei seinem Klageruf über Jerusalem als die Voraussetzung für das enge Verbundensein mit ihm nennt: die Erkenntnis dessen, "was zum Frieden (mit Gott) dient". Und das bedeutet, die ungebrochene bräutliche Treue zu seiner ungeschmälerten Lehre, und seiner einzigartigen, für immer und ewig gestifteten Kirche, in der alles Heil geborgen ist.
Die daraus erwachsende Treue zum göttlichen Bräutigam Christus ist eine solche im Heiligen Geist, "den man", um mit Robert Näder zu sprechen, "durch nichts und niemals aus seiner eigenen Wohnstatt, der Kirche Jesu, aus menschlicher Vermessenheit verdrängen darf, will man sich nicht der eigenen Ohnmacht preisgeben".
Dann würde in einem übertragenem Sinn Realität - und diese Realität beherrscht schon längst unser gesamtes christlich, abendländisches Szenarium - was Jesus in Lk. 19,41-44 dem verstockten Volk von Jerusalem androhte. Und d.h. auf die heutigen Krisensituationen bezogen: das geistig-anti-geistige, vom Widersacher geplante und bewirkte Einschließen, Bedrängen und Unterhöhlen der Kirche von allen Seiten. Eine giftige Frucht dessen ist bereits das - dem Heiligen Geist unterstellte!!! - Wohlwollen anderen christus-fremden 'Kirchen' und Religionsgemeinschaften gegenüber - im Sinne einer Allheils-Pseudodogmatik.
Über Jerusalem brach das Strafgericht herein, weil es den Messias Jesus Christus nicht angenommen hat. Der 'Konzils-Kirche' von heute droht der Zusammenbruch, weil sie in immer tiefere Ungnade bei dem fällt (oder schon total gefallen ist), der von Christus zu ihr gesandt und über sie ausgegossen wurde: dem Hl. Geist. Eine Vermessenheit, die nicht weniger den Gottessohn Jesus Christus verletzt, ja ihn gewissermaßen erneut ans Kreuz schlägt.
Wir sollten nach allem, womit wir uns auseinandersetzen, nicht scheuen, das an die Grundsubstanz gehende heutige Chaos innerhalb der Kirche uns stets zu vergegenwärtigen, wobei wir die Hauptursache erneut beim Namen nennen und ins Visier nehmen: das II. vat. Konzil - als geistige Schubkraft eines sich wieder neu belebenden und ausbreitenden Relativismus, gepaart mit anderen doktrinären Irrungen und einem euphorischen überbordenden Anthropozentrismus.
Doch der heutige Mensch hat es meisterhaft und gründlich fertiggebracht, sich gegen das alles zu immunisieren. Diese Unbekümmertheit scheint in der Tat ihre 'Rechtfertigung' in dem die gesunde Vernunft verengenden Wahn zu finden, alles Heil in der irdischen Zeitlichkeit, und später (sofern man noch daran glaubt) in einer neuen überirdischen Seinsweise - ohne Mühe und Anstrengung - zu finden und zu erhalten, selbst wenn man nach wie vor sich (gedankenlos) einer Kirche zugehörig fühlt, die nicht mehr aus der wahren bräutlichen Heilsfülle im Heiligen Geist lebt und infolgedessen eine fehlgeleitete Lehrverkündigung praktiziert.
Welcher Kontrast wird da deutlich bei einer solchen impertinent-blasphemischen inneren Einstellung dem wahren Heil gegenüber, wenn wir z.B. vernehmen, was Georg May in seinem Buch "Echte und unechte Reform" dem Christen beschwörend ans Herz legt: "den schonungslosen Einsatz für die Gewinnung der eigen Seligkeit zu wagen, Eifer in der Buße, Entsagung und Verzicht, Strenge gegen sich selbst und Abtötung schlechter Neigungen. Dies alles aus Liebe zu Gott und den Menschen, in heutiger Zeit mehr denn je."(s.a.a.O., S.12). Eine breit ausgreifende Initiative der Erneuerung - vor allem des tradierten katholischen Glaubens - kann und wird nicht von einer Kirche ausgehen, die, von einem ihre heilsgeschichtliche Absolutheit hinterfragenden allheilsgläubigen Kirchenverständnis geprägt, sich nicht mehr dessen bewußt ist, daß ihr allein, und nicht anderen religiösen Gemeinschaften die Unantastbarkeit göttlicher Brautschaft im Heiligen Geist zum Geschenk gemacht wurde.
In dem Maße, wie die einst katholische Welt schuldhaft nicht mehr erkennen will, daß eine vom Hl. Geist losgelöste 'Kirche' als Fehlgeburt des zerrissenen Brautbandes zu Christus zu werten ist, gewinnt das Schicksal, ewige Verdammnis zu erleiden, an stetig wachsender Aktualität. Hierbei ginge die Argumentation fehl, der Christ wäre den falschen Ideologien heil- und hilflos ausgeliefert. Gott werde daher nur die Urheber der Irrlehren zur Rechenschaft ziehen. Solches fehlorientiertes Schlußfolgern verkennt, daß eine ernste, echte Gewissensanspannung es dem Christen ermöglicht, ihn befähigt, alles im Licht der gottgegëbenen gesunden Vernunft zu beurteilen und zu durchschauen. Das Unwahre und Böse, in welchen Erscheinungsformen immer, hat vor Gott keinen Bestand. Es lastet darauf der Fluch der Ungnade, ohne Rücksicht und Ansehen von Person oder Institution.
Romano Guardini (1885-1968) schreibt in seiner Abhandlung "Die letzten Dinge" sehr eindringlich über das sich hier ins Bewußtsein drängende und alles menschliche Dasein auf's Intensivste tangierende Phänomen eines "Tuns-Ergehens-Zusammenhanges" folgendes (s.a.a.O., S.92 u.99): "Das Unwahre und Böse wird nicht etwa nur bestraft, sondern durch die Allgewalt der Heiligkeit aus dem Sein gedrängt werden, ohne doch im Nichts verschwinden zu können, und das wird die Verdammnis sein... und dieses Hinausgedrängtwerden aus dem Sein umfaßt auch den Nenschen, nicht nur seinen Geist, sondern seine konkrete leib-seelische Wirklichkeit".
Eine der schmerzlichsten Folgen ist zweifellos der zerstörte "Brautstatus" zwischen der 'Konzils-Kirche' und Jesus Christus, dem bräutlichen Stifter und Gründer der Kirche. Das dadurch ausgelöste Entstehen eines neuen (theologischen) Glaubens- und Kirchenverständnisses, verbunden mit dem Eindringen von Häresien und Anti-Wahrheiten in das Gottesvolk könnte dazu führen, daß mehr und mehr der absolut widergöttliche Gegensatz zur Fülle der vollkommensten Wirklichkeit bitter ernste Realität wird - die Verdammnis: das ewige Verworfensein und Hinausgedrängtwerden aus allem zur Vollendung gelangtem göttlichen Sein und Leben. Es wäre das ein Verwerfen der göttlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit überall da, wo der eine wahre einzig und allein der Kirche Christi geschenkte Geist Gottes in schuldhafter vermessener menschlicher Selbstüberschätzung aus dem Blickfeld und damit in Vergessenheit gerät, bzw. zum Objekt unheilvoller Beliebigkeit degradiert wird.
Mit ungeschminkter Eindeutigkeit wird das vom schon erwähnten früheren Bischof Rudolf Graber in seiner Schrift "Athanasius und die Kirche unserer Zeit" angesprochen. R. Graber, welcher das Konzil mit der Französischen Revolution von 1789 verglich, analysiert die konkrete Situation wie folgt: "Der Satan versteht es wunderbar, sich als 'Engel des Lichtes' (2 Kor. 11,14) zu tarnen, indem er die Gottesgabe der Vernunft in die Waagschale wirft: Alles, was heute an Reformen in der Kirche geschieht, läßt sich vernünftig begründen." (a.a.O., S.73). Die Befürchtung wächst, daß blinde Leichtgläubigkeit und Sorglosigkeit vieler, ob im geweihten geistlichen Stand oder Laienstand, welche der Entscheidung "Himmel oder Hölle' ausweichen, dem "Engel des Lichtes" zu Schrecken einflößender Mächtigkeit verhilft, die unzählige Gottesgeschöpfe ins ewige Verderben reißt. -
Heilige Maria, Mutter Gottes, erflehe uns in dieser Bedrängnis die unverdiente Barmherzigkeit des allmächtigen, heiligen und gerechten Gottes! |