Rückkehr zur überlieferten Liturgie? Motu proprio für Traditionalisten
von Prof. Dr. Wigand Siebel
Wohltäter Benedikt XVI.
Am 7.7. dieses Jahres hat Ratzinger ein "Motu proprio", ein aus eigenem Antrieb verfasstes "Apostolisches Schreiben", mit Gesetzeskraft für die römisch-ökumenische Kirche erlassen und einen Begleitbrief hinzugefügt. Die überlieferte heilige Messe - nach dem Meßbuch von Johannes XXIII. von 1962 - soll dadurch einen besseren Platz im modernistischen Rom erlangen. Auch sollen das ältere Rituale und das ältere Brevier aufgewertet werden. Offen zugegebener Zweck ist es, wie in dem Begleitbrief ausgeführt, mit der von Erzbischof Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft St.Pius X., was "bislang. leider nicht geglückt"(S.17)1), nämlich "die Versöhnung" herzustellen. Dies hat begeisterte Zustimmungen bei der Bruderschaft hervorgerufen. Einige von diesen Äußerungen, die von den führenden Personen der Priesterbruderschaft stammen, und im Mittelungsblatt der Priesterbruderschaft von August 2007 abgedruckt sind, seien im folgenden wiedergegeben:
Das Motu Proprio "des Papstes... hat unsere Erwartungen fast übertroffen: die heilige Messe kann ohne jede Einschränkung privat von jedem Priester in ihrer altehrwürdigen Form zelebriert werden." "Die Bischöfe sind in ihrem Widerstand entmachtet. Auch die übrigen Sakramente haben in ihrer altehrwürdigen Form in der Kirche wieder Heimatrecht" (S.1). "Die mehr als zweieinhalb Millionen gebeteten Rosenkränze in diesem Anliegen sind fruchtbar geworden" (S.2).
"Papst Benedikt XVI. (hat) die tridentinische Messe wieder in ihre Rechte eingesetzt". Man "freut sich zu sehen, daß die Kirche so ihre liturgische Tradition wiederfindet". Es ist jetzt die "Möglichkeit des freien Zugangs zum Schatz der überlieferten hl. Messe gewährt". Für "diese große geistige Wohltat" wird "dem Obersten Hirten...innige Dankbarkeit" ausgedrückt (S:9).
"Die praktischen Verfügungen, die der Papst getroffen hat, räumen der überlieferten Liturgie - nicht nur der Messe, sondern auch den Sakramenten von Rechts wegen (de jure) die Möglichkeit ein, ganz normal zelebriert zu werden.. Es ist dies ein übergroßes geistiges Gut für die ganze Kirche" (S.20). Es sind jetzt die zwei Riten (überlieferte Messe und die modernistische Eucharistiefeier) "zwei Formen - gewöhnlich und außergewöhnlich - , dem Recht nach gleichgestellt". Die "ausschließliche Feier der überlieferten Liturgie" ist nicht mehr verworfen (S.21).
"Das Motu proprio ist ein Sieg der Tradition" für den "35 Jahre lang" gekämpft wurde. "Diese Freigabe ist ein unvorstellbarer Segen, da jetzt jeder Priester guten Willens wieder das wahre heilige Messopfer feiern kann, ohne Sanktionen hinnehmen zu müssen. Das ist für die Kirche ein unglaublicher Gnadenschatz." " Das Motu proprio löst aber nur die Frage der Liturgie - wichtige Glaubensfragen bedürfen jetzt dringend der Klärung" (S.22).
Die zitierten führenden Mitglieder der Priesterbruderschaft beanspruchen dabei, für die ganze Bruderschaft zu sprechen. Danach müßte jeder Traditionalist, ja jeder Katholik, überglücklich sein über die großmütige römische Raub-Rückgabe Ratzingers. Wurde die überlieferte heilige Messe einst von Paul VI. - in Deutschland in dessen Auftrag von Kardinal Joseph Höffner - den Gläubigen genommen, so erscheint sie nunmehr von der gleichen Instanz zurückgegeben zu sein. Kann man sich darauf verlassen? Das soll im einzelnen an sieben der vorgenannten Behauptungen geprüft werden.
1. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Die tridentinische Messe ist wieder in ihre Rechte eingesetzt worden.
Ratzingers Erlaß stellt ausdrücklich fest (Art.1, S.12): "Das von Paul VI. promulgierte Römische Messbuch ist die ordentliche Ausdrucksform der 'Lex orandi' (Gesetz des Betens) der katholischen Kirche des lateinischen Ritus. Das vom hl. Pius V. promulgierte und vom sel. Johannes XXIII: neu herausgegebene Römische Meßbuch hat hingegen als außerordentliche Ausdrucksform derselben Lex orandi der Kirche zu gelten."
Damit ist zwar die überlieferte Messe wenigstens zur Kenntnis genommen worden, von einer Einsetzung in ihre Rechte kann aber keine Rede sein. Vielmehr ist sie ausdrücklich als zweitrangig und als nur ausnahmsweise zugelassen charaktiert worden. Von einer Einsetzung in ihre Rechte könnte man nur dann sprechen, wenn sie ihre Stellung als einzige Meßform des lateinischen Ritus wieder erhalten hätte und die Eucharistiefeier Pauls VI. verschwunden wäre. Ohne das aber bleibt die unter Paul VI. erfundene neue Eucharistiefeier die Norm für falsche Verehrung und Unglauben.
Ratzinger bekräftigt die Zwei-Klassen-Regelung für die beiden Liturgien in seinem Begleitbrief ausdrücklich. Wegen der besonderen Anfoderungen, die der alte Ritus im Hinblick auf liturgische Bildung und Kenntnis der lateinischen Sprache verlange, sei schon rein tatsächlich der Vorrang des neuen Meßbuches gegeben. Darüberhinaus bleibe dieses "nicht nur von der rechtlichen Normierung, sondern auch von der tatsächlichen Situation der gläubigen Gemeinden her ganz von selbst die Forma ordinaria des Römischen Ritus."
Die Behauptung, daß beide Riten nur "zwei Anwendungsformen des einen römischen Ritus (Art.1, S.12) seien, ist in Anbetracht der tiefgreifenden Unterschiede nicht nur weit verfehlt, sondern auch von einer Sichtweise eingegeben, die sich nicht an der Wahrheit auszurichten gedenkt.
Im übrigen handelt es sich bei der überlieferten Messe, die auch noch in dem Meßbuch von 1962 deutlich zum Ausdruck kommt, nicht um eine Messe, die vom Konzil von Trient geschaffen oder verbessert worden sei. Vielmehr ist sie bis zu Paul VI. stets die stadtrömische, vom Papst gelesene Form gewesen. Sie ist im Kern apostolischen Ursprungs, da sie auf den in Rom residierenden Apostel Petrus zurückgeht. Zugleich stellt sie den ältesten kirchlichen Ritus unter allen heute noch existierenden Formen dar.
2. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Die überlieferte Messe kann jetzt ohne Einschränkung von jedem Priester privat zelebriert werden.
Tatsächlich wird für eine Zelebration nach Art. 2 des Erlasses keine Erlaubnis mehr verlangt, wenn ein Priester ohne anwesende Gläubige die überlieferte Messe lesen will. Was ist aber eine Privat-Messe? Es ist darunter früher eine Messe verstanden worden, zu der aus verschiedenen Umständen (Priester auf der Reise, räumliche Umstände) keine Gläubigen kommen konnten. Es durfte aber niemals dafür gesorgt werden, daß keine Gläubigen an der Messe teilnahmen. Die Messe ist nämlich keine Privat-Angelegenheit des Priesters, vielmehr hat sie grundsätzlich einen Öffentlichkeits-Anspruch. Ihr Zweck besteht ja darin, den Gläubigen die Teilnahme am Kreuzesopfer Jesu Christi zu gewähren. Insofern gibt es für einen Katholiken keine Privat-Messen. Ein Priester, der die Teilnahme von jedem Gläubigen an seiner Messe bewußt verhindert, handelt in der Regel schwer sündhaft. Was nun die "Messen ohne Volk" des Erlasses betrifft, so verlangen diese zwingend, niemand zur Messe zuzulassen. Das ergibt sich auch klar aus Art. 4, wo es heißt, daß als Ausnahme auch einmal Gläubige zu Messen ohne Volk zugelassen werden können, "wenn sie aus eigenem Antrieb darum bitten". Die Gestattung der Feier der Messe ohne Volk ist also eine Zulassung zur Sünde für die Zelebranten, die dafür sorgen müssen, daß kein Gläubiger dabei ist.
Im übrigen war, was hinter verschlossenen Türen geschieht, schon immer für jede Autorität schwer zu überprüfen und wurde auch tatsächlich nicht oder kaum geleistet. Insofern kann das Entgegenkommen Ratzingers als bloße Anpassung an die faktische Lage verstanden werden.
Darüberhinaus ist die Zulassung der Zelebration mit dem alten Ritus auch keineswegs bedingungslos gegeben. In Art.5 §4 (S.14) ist nämlich gefordert, daß Priester, die das Meßbuch von 1962 gebrauchen, "geeignet sein" müssen und nicht von Rechts wegen gehindert sein dürfen. In seinem Begleitbrief beruhigt Ratzinger die Bischöfe im Hinblick auf ihre Sorge, daß mit den neuen Bestimmungen, die alte Messe sich wieder ausbreiten könnte. So schreibt er: "Der Gebrauch des alten Missale setzt ein gewisses Maß an liturgischer Bildung und auch einen Zugang zur lateinischen Sprache voraus; das eine wie das andere ist nicht gerade häufig anzutreffen." Fehlt es daran nach Meinung des Oberen oder des zuständigen Pfarrers, so können diese die Zelebration untersagen.
3. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Jeder Priester kann wieder das wahre heilige Meßopfer feiern.
Das Dekret gewährt zwar ein Recht für geweihte Kleriker, das römische Brevier von 1962 zu beten (Art.9, §2, S.14), es gibt jedoch kein Recht für einen Priester, das Meßbuch von 1962 öffentlich, überall und an allen Tagen zu benutzen. Auch ein Zelebret des Bischofs gewährt keinen Zugang zur Meßfeier nach dem überlieferten Ritus in jeder Kirche wie das früher der Fall war. Priestern, die um eine Meßfeier nach dem Meßbuch von 1962 bitten (Art.5 §3, S.14), kann der Pfarrer oder Kirchenrektor nur zu besonderen Gelegenheiten entgegenkommen (so bei Trauung und Begräbnis). Notwendige Bedingung ist also stets Anfrage und amtliche Erlaubnis.
Eine dauerhafte Erlaubnis für eine bestimmte Pfarrei ist für einen Priester höchstens über eine Gruppe von Laien zu erreichen, die der früheren Liturgie anhängen" (Art.5 §1, S.14), wobei nicht der Priester, sondern die Gruppe dem Pfarrer die Bitte vortragen muß. Welcher Priester aber die überlieferte Messe für die Gruppe liest, das festzusetzen ist Sache des Pfarrers. Während die Gruppe sich bei Verweigerung ihres Wunsches an den Diözesanbischof wenden kann (Art.7, S.14), ist ein solches Recht für den Priester im Motu proprio nicht vorgesehen.
Der Ortsordinarius darf zwar, wenn er es für ratsam hält, eine Personalpfarrei nach dem alten Ritus errichten (Art.10, S.15) oder einen Kaplan dafür ernennen, eine irgendwie in diese Richtung führende faßbare Norm existiert im römischen Erlaß jedoch nicht.
Die Priesterweihe allein gewährt nicht den freien Zugang zur öffentlichen Meßfeier im überlieferten Ritus. Wenn den Gesuchen oder Bitten eines Priesters nicht entsprochen wird, hat er nach dem Motu proprio nur die Möglichkeit die "Messe ohne Volk" zu lesen und die Gläubigen, die teilnehmen wollen, von der Gnade des Meßbesuchs auszuschließen.
Der Priester darf aber auch nicht an allen Tagen privat die überlieferte Messe feiern. Verboten ist es, die Messe nach dem Meßbuch von 1962 am Sacrum Triduum (Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag) zu lesen (Art.2, S.12). Die Ursache dafür kann nur sein, daß an diesen Tagen nach der alten Ordnung für die Bekehrung der Juden gebetet wird. Das ist unter der von Ratzinger gepflegten Freundschaft mit den ungläubigen Juden nicht mehr möglich.
Es gibt also weder für einen Priester noch für einen Gläubigen einen "freien Zugang zum Schatz der überlieferten heiligen Messe". Die Aussage von der"Möglichkeit eines freien Zugangs" ist in sich widersprüchlich, denn wenn einer nur eine Möglichkeit zum Zugang besitzt, dann ist er im Zugang behindert und somit unfrei.
4. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Die Verfügungen räumen den Sakramenten die Möglichkeit ein, ganz normal zelebriert zu werden.
Der Pfarrer kann (Art. 9 §1, S.14) - nicht muß - "die Erlaubnis geben, daß bei der Spendung der Sakramente, der Taufe, der Ehe, der Buße und der Krankensalbung das ältere Rituale verwendet wird". Jeder Priester hat also keineswegs das Recht, die Sakramente in der überlieferten Form zu spenden, er muß zuvor um Erlaubnis bitten, wenn er kein Pfarrer ist. Mit der überlieferten Messe ist die Spendung des Altarssakramentes gegeben. Damit ist die Spendung von fünf der sieben Sakramenteim alten Ritus erlaubt. Es fehlen noch zwei. Was die Firmung betrifft, so haben die Bischöfe die Vollmacht erhalten, das Sakrament "nach dem alten Pontificale Romanum zu feiern" (Art. 9 §2, S.14).
Und wo bleibt das siebte Sakrament? Eines ist überhaupt nicht genannt. Es ist das Sakrament der Weihe (mit Diakons-, Priester- und Bischofsweihe), das hier mit vollem Bedacht ausgelassen worden ist. Denn die neue Bischofsweihe ist ohne Zweifel ungültig. Die Bischöfe in Ratzingers römisch-ökumenischer Kirche sind daher fast alle - Ratzinger selbst eingeschlossen - ohne Weihegewalt und die von Ihnen "geweihten" Religionsdiener sind nur der Neu-Kirche stärker eingereiht worden; ein Sakrament haben sie nicht empfangen. Hätte Ratzinger auch hier die überlieferten Riten als Möglichkeit zugelassen, dann könnten noch wirkliche Bischofsweihen zustande kommen, weil es in seiner Kirche noch eine Anzahl von gültig geweihten Priestern älterer Jahrgänge gibt. Das aber galt es für Ratzinger mit seinem modernistischen Umfeld unbedingt zu verhindern.
5. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Die Kirche hat ihre liturgische Tradition wiedergefunden.
Wenn es eine Kirche gibt, die ihre liturgische Tradition verloren und dann wiedergefunden hat, so kann es unmöglich die Katholische Kirche sein. Denn die liturgische Tradition gehört zu ihrem Wesen. Außerdem kann mit dem Glauben an die eine heilige katholische Kirche nicht ein so gewaltiges Schwanken verbunden werden. Da die Lex orandi (das Gesetz des Betens) Ausdruck und Festigung der Lex Credendi (des Gesetzes des Glaubens) ist, bedeutet eine Änderung der Lex orandi stets auch eine Änderung der Lex credendi. Ein Verlust der liturgischen Tradition schließt also eine Veränderung des Glaubens ein. Eine Wiedergewinnung der verlorenen Tradition kann nur scheinbar stattfinden und wird als neue Glaubensveränderung aufzufassen sein.
Im Falle von Ratzingers Kirche hat es aber keinen von allein eintretenden Verlust der liturgischen Tradition gegeben, sondern eine bewußte Unterdrückung der Tradition, also kann es sich bei der hier ins Auge gefaßten "Kirche" nur um eine Gegenkirche handeln, deren Ziel die Zerstörung des Glaubens und der Abfall der Gläubigen von der Wahrheit ist. Diese Erkenntnis ist bereits Erzbischof Lefebvre in seinen guten Tagen gekommen. Er stellte öffentlich fest, daß es sich bei dem neuen Rom nicht nur um eine neue Kirche , sondern um eine neue Religion handelt. Diese stimmt , wie er sagte, nicht mehr "der Herrschaft Unseres Herrn Jesus Christus über die Gesellschaft" zu. Weiter führte er aus: "Mit einer solchen Religion möchten wir nichts zu tun haben. Wir nehmen diese neue Religion nicht hin... Das ist nicht mehr die katholische Religion. Wir haben mit dieser liberalen, modernistischen Religion nichts zu tun, die ihren eigenen neuen Gottesdienst, ihre Priester, ihren Glauben...hat. Wir werden sie nicht anerkennen." Dieser Ausspruch ist im gleichen August-Heft des Mitteilungsblattes abgedruckt worden, das über das Motu proprio berichtet. Wie kann man, wenn man in Treue zu Erzbischof Lefebvre stehen will, behaupten, daß die neue römische Religion die Kirche sei, die ihre liturgische Tradition wiedergefunden habe, wenn einige unverbindliche Zugeständnisse von dem Hauptvertreter dieser neuen Religion gemacht werden? Kann denn aus einer neuen Religion wieder das Christentumhervorgehen?
6. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Die Bischöfe sind in ihrem Widerstand entmachtet.
Für diese Behauptung gibt es in dem römischen Erlaß und in dem Begleitbrief Ratzingers nicht den geringsten Beleg. Das Motu proprio ist selbstverständlich so zu verstehen, daß die grundlegenden Entscheidungen in ihren Sprengeln den Bischöfen überlassen bleiben. Am Schluß seines Begleitbriefes betont Ratzinger gegenüber seinen Bischöfen, daß "die neuen Bestimmungen in keiner Weise" deren "Autorität und Verantwortlichkeit schmälern, weder hinsichtlich der Liturgie noch was die Seelsorge ... anbelangt. In der Tat steht jedem Bischof das Recht zu in der eigenen Diözese die Liturgie zu ordnen" (S.19). Gewiß sind Bedenken einzelner Bischofskonferenzen zurückgedrängt oder beseitigt worden, die den Zustand so belassen wollten wie er war. Aber das bedeutet noch keine Entmachtung der modernistischen Bischöfe durch den Modernisten Ratzinger.
Ratzinger dürfte die kritischen Stimmen durch den Hinweis besänftigt haben, daß die früher erhoffte "biologische Lösung", nämlich das Aussterben der Traditionalisten bzw. der treuen Priester, wohl nicht von alleine eintreten werde. Deshalb müsse der Anschluß der Priesterbruderschaft an das neue Rom unbedingt gefördert werden. Denn da die Priesterbruderschaft St. Pius X. offiziell die Neu-Kirche als katholische Kirche anerkenne und somit ihn als Papst, und damit auch die neuen Weihen als gültig ansehe, fehle nur noch die Übernahme der neuen Weihen durch die Priesterbruderschaft, um das Priestertum in der Bruderschaft unter dem Schein der Erhaltung dauerhaft auszurotten. Das dürfte auch Karl Lehmann, der anerkannte Führer der deutschen Bischöfe in den Glaubensabfall, überzeugt haben.
7. Behauptung der Priesterbruderschaftsführung: Das Motu proprio löst nur die Frage der Liturgie, nicht die Glaubensfragen.
Das Motu proprio hat die Frage der Liturgie keinesfalls gelöst. Das kann nur jemand, der in der Träumerei oder in der aus der mangelnden Wahrheitsorientierung entstandenen Verblendung steht, behaupten. Was tatsächlich durch das Motu proprio gewährt wurde, ist allein die "Erlaubnis", die überlieferte heilige Messe sündhafter Weise in einer Privat-Messe hinter verschlossenen Türen ("Messen ohne Volk") "feiern" und das Brevier von 1982 lesen zu dürfen. Alles andere sind angedeutete Möglichkeiten, die man erbitten muß, und die abgelehnt werden können. Ein rechtlich oder sachlich durchsetzbarer Anspruch ist nicht nicht zu erkennen.
Dem könnte man entgegenhalten, daß doch "Gemeinschaften der Institute des geweihten Lebens und Gesellschaften des apostolischen Lebens" die Erlaubnis erhalten hätten, die Konvents- bzw. die Kommunitäts-Messe nach dem Meßbuch von 1962 zu feiern (Art.3, S.12). Auch könnten doch Ordensgemeinschaften insgesamt die Zustimmung erhalten, den überlieferten Ritus zu verwenden (Art.3, S.12), wie bereits geschehen (Priesterbruderschaft St. Petrus, die von Bischof Antonio de Castro Mayer2) in der Diözese Campos (Brasilien) gegründete Gemeinschaft, Benediktinerkloster Barroux, Institut Christus-König, Institut vom guten Hirten usw.). Dem ist zu entgegnen: Alle diese Institute müssen den von Paul VI. eingeführten ungültigen und Gott beleidigenden Ritus, der kein Opfer mehr ist und sakramental nichts bewirkt, anerkennen und zeitweise verwenden. Außerdem haben diese Institute durch die Anerkennung der neuen ungültigen "Bischofsweihe" keine andere Wahl als diese heute oder später für die "Priesterweihe" ihres Nachwuchses anzunehmen und damit nur stärker dämonisierte Laien zur Verfügung zu bekommen, sodaß das sakramentale Leben notwendig abstirbt.
Richtig ist, daß die Klärung der Glaubensfragen mit Rom für die Priesterbruderschaft noch offen steht. Erwähnt werden im Mitteilungsblatt "der irreführende Ökumenismus, die falsche Religionsfreiheit sowie die fehlende Verkündigung des Wahrheitsanspruches der katholischen Kirche, die allein seligmachende zu sein" (S.22).
Wieso stehen die Glaubensfragen aber nur an zweiter Stelle? Tatsächlich sind sie sogar an die dritte Stelle gerückt worden. Denn als nächstes wird verlangt, daß die von Rom ausgesprochene "Exkommunikation" der Bischöfe der Bruderschaft zurückgenommen werde. Der Glaube ist aber das höchste Gut auf Erden. Er muß vorab geklärt werden. Wäre die Priesterbruderschaft dieser grundlegenden katholischen Regel gefolgt, und hätte sie auch die anderen grundlegenden Fragen geklärt, wie z.B. die Frage nach dem Charakter des Neuen Roms, nach der Apostasie Ratzingers3) sowie der deutschen Bischöfe und nach der Gültigkeit des neuen Weiheritus für Bischöfe, so hätte sie sich viel Mühe, Irrtum und geistige Dunkelheit erspart. Ja, sie hätte zu einem entschiedenen Verteidiger der Kirche gegen die römischen Apostaten werden können. So aber erscheint sie nur als ein teilweise getarntes Anhängsel der römischen Kirche, das diesem kirchengeschichtlich einmaligen Monstrum die Gläubige zu deren Verderben zuführen will.
Es fehlt der Glaube an die eine HEILIGE katholische Kirche
Unter den Mängeln der Glaubenshaltung in der offiziellen Linie der Bruderschaft ragt eine besonders hervor. Es ist der mangelnde oder fehlende Glaube an die eine heilige katholische Kirche. Die Kirche ist unsere Mutter, sie ist das Gottesreich hier auf Erden. Sie ist die unbestechliche Hüterin der Wahrheit und der Tugend. Mit ihr ist in ihrer Heiligkeit nur die allerseligste Jungfrau Maria zu vergleichen. Sie ist in ihrer unübertrefflichen Tugend, zumal in ihrem Glauben und ihrer Jungfräulichkeit das Bild der Kirche. Wie die Kirche ist sie auch die Mutter der Gläubigen, wie aus dem Bild der Offenbarung des heiligen Johannes in aller Deutlichkeit hervorgeht (Offb.12,1) Die "Frau mit der Sonne umkleidet" ist die Kirche und zugleich ist sie die Gottesmutter. Wer der Kirche keine strahlende Heiligkeit zubilligt und meint, sie könne im Lauf der Geschichte die Unwahrheit lehren, den wahren Glauben und die wahren Sakramente bekämpfen und die Gläubigen in die Unmoral führen, der kann auch keine wahre Liebe zur Mutter des Heilands in seinem Herzen haben. Ohne ihre Unterstützung wird er die breite abschüssige Bahn, die zur Verwerfung führt, kaum verlassen können. Möge sich also die Liebe zur Kirche bei den Verantwortlichen der Bruderschaft zur Rettung der ihnen anvertrauten Seelen wieder ausbreiten! Sollte das nicht in genügendem Maß eintreten, so seien die Gläubigen, die mit der Bruderschaft verbunden sind, eindringlich gewarnt vor den Anschlägen des bösen Feindes der bisweilen als ein Engel der Güte und des Lichts erscheint.
Die von der Führungsmannschaft der Priesterbruderschaft zum Ausdruck gebrachte Welle des Wohlwollens, ja, der Begeisterung im Hinblick auf die Person Ratzingers und seine Stellungnahme, muß daher für jeden klarsichtigen Gläubigen ein Grund zu tiefer Sorge sein. Der Heiland hat die Gläubigen gewarnt: "Hütet euch vor den falschen Propheten! Sie kommen in Schafskleidern zu euch, innen aber sind sie reißende Wölfe." (Mt. 7,16). Das Motu proprio ist eine Lockspeise zur Verführung derjenigen, die nicht genügend Wachsamkeit aufbringen. St. Petrus ruft den Christen in diesem Kampf um die Seelen zu: "Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne. Widersteht ihm standhaft im Glauben!" (1.Petr.5,8 f.).
Mit zwei anderen vorzüglichen Analysen der beiden Dokumente unter dem Gesichtspunkt der Lage der Kirche ist auszurufen: "Wer sich nicht bekehren will, sondern nur so tut als ob, der ist überhaupt nicht an der (christlich-katholischen) Wahrheit interessiert, sondern treibt sein glaubensfeindliches Spiel nur noch weiter, ja sogar noch schlimmer als zuvor! Erkennen und durchschauen wir die gefährliche List des Vatikans unter Benedikt XVI. Und fallen wir doch bitte auf keinen Fall darauf herein!"4) "Falls Sie, lieber Leser, als ein treuer gläubiger Katholik angeekelt sind von dem Gedanken, mit der Häresie Kompromisse zu schließen, um eine weitere Farbe in den modernistischen liturgischen und glaubensmäßigen Regenbogen der Organisation Ratzingers einzufügen, haben Sie nur eine Wahl: Sagen Sie 'Nein!' zu dem Motu!"5)
Anmerkungen:
1. Alle Seitenangaben beziehen sich auf das Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft von August 2007. 2. Bischof Antonio de Castro Mayer war Mitkonsekrator von Erzbischof Lefebvre bei den Bischofsweihen 1988 in Econe. Er ist der einzige unter den emeritierten Diözesanbischöfen, der ein entschiedenes Bekenntnis zur Sedisvakanz des päpstlichen Stuhles abgab. Nach seinem Tode entschloß sich dennoch seine Gemeinschaft unter dem von Econe-Bischöfen geweihten Bischof Rangel, sich dem neuen Rom zu unterstellen. 3. Dazu W. Siebel (Hrsg.): Zur Philosophie und Theologie Joseph Ratzingers, SAKA-Verlag Saarbrücken 2005, 4. Auflage 2007. Ferner: W.Siebel, C. Angermayr: Ratzingers römische Apostasie-Symbolik 4. P Eugen Rissling: Zur "Einführung" der Tridentinischen Messe, in: Beiträge zur geistlichen Erneuerung aus dem katholischen Glauben, Ulm, August-September 2007. 5. Rev. Anthony Cekada: The Motu Mass Trap, www.traditionalmass.org. Juli 2007.
Saarbrücken, den 13. August 2007, Wigand Siebel
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