Über das Papsttum der Römischen Bischöfe,
die Eigenart des Apostolischen Stuhles und eine Kirche ohne Papst
von
Prof. Dr. Diether Wendland
IX. Fortsetzung
9.Kapitel: Das Problem der "apostolischen Sukzession" (Fortführung)
Nun aber ist es nötig und notwendig, die "apostolische Sukzession" der
Bischöfe im allgemeinen 1) genau zu unterscheiden 2) von der besonderen
im Primat Petri, die nur dem Römischen Bischof oder Bischof zu Rom
zukommt, der zugleich auch, ähnlich wie Simon-Petrus, Christi
Stellvertreter (vicarius) ist, was die anderen Bischöfe nicht sind
(auch nicht in ihrer 'Gesamtheit', die neuerdings sogar als
'Kollegialität' ausgegeben wird und was einer üblen Profanisierung des
Episkopates gleichkommt). Durch die rechtmäßige Konsekration eines
katholischen Priesters zum Bischof wird diese (männliche) Person in die
von Christus gewollte "successio apostolica" aufgenommen und tritt in
sie ein. Darum die uralte und schon von Thomas von Aquin diskutierte
Frage: "Ob es wohl erlaubt sei, den Episkopat (das Bischoftum)
anzustreben?" (S.Th. II II q. 185 a. 1). (Darf man dies denn überhaupt?
Diese Frage wurde auch in der Kirche von 'Postenjägern' und von allen
nach öffentlichen Ämtern 'Süchtigen' schon lange nicht mehr
verstanden!) Und, fürwahr, Bischof werden zu wollen, ohne das in der
"apostolischen Sukzession" liegende Apostolat zu wollen und auszuüben,
dürfte doch wohl schlechthin absurd sein. Damit aber stellt sich die
Frage: waren sich Erzbischof Thuc und alle von ihm zu Bischöfen
konsekrierten Personen darüber überhaupt im klaren? Das wird
hoffentlich niemand behaupten wollen in Anbetracht dessen, was alles
nach den 'heiligen Weihen' in Erscheinung getreten ist. Es geht nicht
bloß um die Fragen: waren seine Bischofsweihen 'gültig' oder nicht oder
'gültig', aber 'unerlaubt, oder 'gültig und erlaubt' oder
'kanonisch-rechtlich gültig', aber 'theologisch ungültig'...?
'Kirchliche' Rechtspositivisten und Ritualisten, diese altbekannten
'Macher ohne Sinn und Verstand', sind für eine Lösung solcher Probleme
ungeeignet und inkompetent. Dies hat sich leider auch bei
Sedisvakantisten immer noch nicht herumgesprochen, da nicht wenige
ständig alte traditionalistische Irrtümer wiederholen (auch wenn sie
darauf aufmerksam gemacht werden).
Die durch Häresie und Apostasie (vom wahren Glauben) eingetretene
ungewöhnliche und außergewöhnliche Vakanz des Apostolischen Stuhles 3)
forderte außer-rdentliche Bischofsweihen 4), um die "apostolische
Sukzession" der Bischöfe nicht abbrechen zu lassen und fortzuvererben.
Die Bischofsweihen von Mgr. Thuc haben auch nur so von seiten des
Konsekrators ihre Berechtigung (...). Zwischen einer ordentlichen und
einer außer-ordentlichen Bischofsweihe besteht kein Wider-spruch, ja
nicht einmal ein konträrer Gegensatz, son-dern nur ein Unterschied im
Modus, ein 'modaler Unterschied' (distinctio modalis). (...) Auf diese
aber ist auch Can. 329 § 1 CIC (vom Jahre 1917) nicht anwendbar. Denn
dieser bezieht sich nur auf das bischöfliche Amt (ius et officium
episcopale), inso-fern es auf göttlicher Einrichtung (ex divina
institutione) beruht, also nicht auf kirchlicher oder gar menschlicher,
und die Bischöfe nur "peculiaribus ecclesiis praeficiuntur" (besonderen
Kirchen vorgesetzt sind), worunter das kanonische Recht jedoch Diözesen
versteht, nicht aber Teil-kirchen, die noch keine Diözese sind. Es gibt
keine "Diözesen in der Diözese", auch nicht 'gewissermaßen' (wie der
Kirchenrechtler E. Eichmann behauptete).
Die 'Konzilsväter' des Vatikanums 2 waren in Rom sich versammelnde und
tagende Bischöfe von und in Diözesen, die fast alle ihre Berater
(periti) im Schlepptau hatten. Im übrigen war von dieser "ökumenischen
Versammlung" hoher und niederer Kleriker ohne Papst, was zunächst und
ziemlich lange Zeit nur von theologisch gebildeten Laien erkannt wurde,
nichts Positives und schon gar nicht Gutes zu erhoffen, geschweige denn
zu erwarten. Es ist heutzutage mehr als angebracht, die katholischen
'Kirchengläubigen' daran zu erinnern, das sie auffällig an religiösem
Gedächtnisschwund leiden. 5)
Katholische Christen sollten beachten, daß im Rahmen der "apostolischen
Sukzession" die Bischöfe in ihrem Bischoftum (episcopatus) (nicht
Priestertum, sacerdotium), zumal da sie an die Stelle der Apostel in
deren autoritativem Lehr- und Hirtenapostolat getreten sind, eine
eigene kirchliche Gewalt , eine"potestas ordinaria propria" besitzen
und dadurch verpflichtet sind, von ihr auch einen, sich auf
tatsächliche Glieder der Kirche beziehenden, tatkräftigen Gebrauch zu
machen, um zunächst eine Vielheit derselben zu einen (coniungere) und
zu vereinen (consociare oder congregare). Diese strenge Pflicht besteht
vor allem bei einer besonderen Vakanz des Apostolischen Stuhles wie der
von heute, welche zudem noch und zu allem Übel als Folge des Vatikanums
2 die Vakanzen aller Bischofstühle nach sich zog. Die nachkonziliaren
'Traditionalisten' in ihren Gruppen und Grüppchen, die auch von einem
falschen Kirchenbegriff geprägt waren, haben dies alles nie begriffen,
ja zum großen Teil nicht einmal bemerkt. Diese Katholiken waren auch
unfähig, sich von den 'Mitraträgern' der "römischen Konzilskirche" in
den Diözesen wirklich zu lösen. Sie schimpften nur auf die sog.
'Amtskirche', blieben ihr jedoch mit erstaunlicher Blindheit verhaftet.
Es stellte sich aber auch bald die Frage: sind diejenigen, welche von
Mgr. Thuc berechtigterweise zu Bischöfen geweiht wurden, der o.g.
strengen Pflicht nachgekommen? Man kann manches tolerieren und auf üble
Umstände zurückführen, aber eben doch nicht alles und schon gar nicht
wesentliche Dinge. So konnte Mgr. Thuc z.B. auch niemanden zum
'Weihbischof' konsekrieren und ihn einem Ordinarius (Diözesanbischof)
zur Seite stellen. Auch manche Sedisvakantisten waren in dieser Sache
einem Irrtum erlegen. Was Mgr. Thuc darüber gedacht haben könnte, ist
uns (mir und anderen) unbekannt. 6)
Die "successio apostolica episcoporum" ist kein einfacher Sachverhalt
in der "una et apostolica Ecclesia", die im Credo der Kirche als wahr
bekannt wird, sondern ein höchst subtiler, der im Apostolat der
'erwählten' Apostel wurzelt, welcher, johanneisch formuliert, allein
durch Jesus den Christus, nicht jedoch durch den Hl. Geist,
konstituiert wurde. Dies kommt in jenen Worten Christi zum Ausdruck:
"Wie du (Vater) mich in die Welt gesandt hast, so habe ich auch sie in
die Welt gesandt. (...) Nicht für sie allein bitte ich dich, sondern
auch für jene, die durch ihr Wort an mich glauben werden; daß alle
(wahrhaft Gläubigen) eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir;
daß sie eins seien in uns, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt
hast." (Joh 17,18. 20. 21.) Wo vermag dies heutzutage 'die Welt' (= die
Menschen im allgemeinen) zu erkennen? Diese Frage ernsthaft zu stellen,
heißt schon, sie zu beantworten. Sogar den meisten Katholiken von heute
ist dies nicht mehr möglich, wie man leicht feststellen kann, und die
echten Sedisvakantisten 'sehen' hier mit Schauder etwas ganz anderes!
Wenn die apostolische Nachfolge keine Nachfolge in dem modifizierten
(abgewandelten) Apostolat der Apostel wäre, verlöre sie ihren Sinn, und
an ihre Stelle würden dann zwangsläufig andere 'Nachfolgen'
(successiones) treten und unvermeidlich zu 'christlichen
Sekten(bildungen)' führen, wie schon in der nachapostolischen Zeit
(z.B. bei den Gnostikern).
Von der in der "apostolischen Nachfolge" liegenden Sendung (missio
apostolica) ist die von Diözesanbischöfen erteilte sog. "missio
canonica" grundverschieden und somit gar nicht zu vergleichen, da sie
keine Sendung ist, auch nicht im uneigentlichen Sinne, sondern eine
Übertragung (delegatio) von bestimmten Befugnissen bzw. eine Erlaubnis
(licentia) zur Ausübung derselben im rechtli-chen Zuständigkeitsbereich
der Kirche als eines religiösen Gesellschaftsgebildes eigener Art
(societas sui generis). Diese Sache ist heutzutage wegen der
Diasporasituation der römisch-katholischen Kirche nicht und nirgendwo
verwirklichbar, wohl aber ein besonderes Laienapostolat, das sich vom
biblischen Begriff des "Jüngers Christi" herleitet und bestimmte
Bedingungen oder Voraussetzungen erfüllen muß, um tätig werden zu
können. Auch die 'Christusjünger' wurden, wie schon oben erwähnt, von
Christus gesendet. Es gehört zur Verfassung der Kirche, aus Klerikern
und Laien zu bestehen, nicht jedoch aus 'Priestern und Gläubigen'.
(Letzteres war immer schon häresieverdächtig.) Auch über diese
kirchlichen Sachverhalte, auf die wir hier jedoch nicht näher eingehen
können, herrschte schon lange vor dem Vatikanum 2 und sogar unter
gebildeten Katholiken sehr viel Unklarheit. Erst Pius XII. war bemüht,
das zuerst verdrängte und dann vergessene echte "Laienapostolat" wieder
zum Leben zu erwecken. Doch war dies leider bereits zu spät. Der
verheerende 'Klerikalismus' konnte nicht mehr aus der 'Kirche vor Ort'
vertrieben werden, geschweige denn aus einer Diözese. Auch daran
sollten sich die zelotischen (eifernden) 'Traditionalisten' erinnern,
denen die echten Sedisvakantisten ein Dorn im Auge sind; diesbezüglich
treffen sie sich sogar mit den 'Konziliaristen' (z.B. Ratzinger und
Genossen, die Lefebvreisten eingeschlossen).
Die öffentliche und veröffentlichte 'Sedisvakanz'-"Declaratio" von
Erzbischof Thuc, München 1982) enthält erstaunlicherweise keine
Beziehung ( auch nicht implicite) auf die "successio apostolica
episcoproum" 7) und ebenso keine Beziehung auf die schon so lange
andauernde (bereits seit 1958/-59) ungewöhnliche und außergewöhnliche
Vakanz (Verwaisung) des Apostolischen Stuhles, die nicht mehr allen
Katholiken verschwiegen werden konnte und deren Ende niemand absehen
kann. Die vom Traditionalismus angekränkelten nachkonzliaren
Sedisvakantisten (besser: Semi-sedisvakantisten) haben das Fehlen
dieser beiden Beziehungen in ihrem verschiedenen 'termi-nus ad quem'
(objektiven Beziehungs-Ziel) nicht einmal bemerkt, geschweige denn
erkannt, so daß ihr kirchlich-missionarisches Bemühen den Eindruck von
Ordnungslosigkeit machte und nicht zuletzt auch deswegen unfruchtbar
bleiben mußte.
Die Münchener 'Sedisvakanz'-"Declaratio" ist nun einmal problematisch,
und zwar in sich, nicht erst durch ihr Zustandekommen nach Zeit und
Umständen, wobei so manches nach wie vor im Dunkel liegt. (...)
Außerdem war es immer schon ein theologischer Irrtum, aus Mangel an
Unterscheidung eine Vakanz des Apostolischen Stuhles mit einer 'Vakanz
des römischen Stuhles' zu verwechseln und diese dann einfachhin
gleichzusetzen (zu identifizieren). Aber so einfach liegen die Dinge in
der Kirche nun einmal nicht, wie sich dies so manche Kanoniker und
Profanjuristen vorstellen. Diese Zeitgenossen erkannten auch nicht die
schauerliche Tatsache, einschließlich ihrer Folgen, daß ein Nicht-Papst
ein allgemeines Konzil nach Rom berief (berufen konnte)... 'und alle,
alle kamen', um ein großes und vor allem 'unheiliges Palaver' drei
Jahre lang zu veranstalten, das gleich mehrere Häresien gebar!
Dennoch gab es auch sog. 'einfache Katholiken', die fassungslos nach
Rom blickten. 8) Denn sie hörten von dort und auch 'vor Ort' einen
Haufen "neuer Lehren", die, wie sie beteuerten, gegen ihr 'katholisches
Gewissen' gingen und überhaupt nicht mir ihrem 'katholischen Glauben'
vereinbar waren. Von diesen verratenen und verkauften katholischen
Christen spricht heute niemand mehr. Doch ihre Namen werden wohl im
"Buch des Lebens" aufgeschrieben und nicht vergessen sein.
Die von Erzbischof Thuc erteilten außerordentlichen Bischofsweihen
setzen nicht bloß irgendeine, sondern eine besondere Vakanz des
Apostolischen Stuhles voraus, die durch Häresie und Apostasie entsteht
und deren Anfang mit Sicherheit erkannt und auch eindeutig deklariert
(festgestellt) werden konnte. Mgr. Thuc scheint diesbezüglich u.E. nur
eine dunkle Ahnung gehabt zu haben (bestenfalls), aber kein klares
Wissen bzw. keine eindeutige Erkenntnis, so daß sich daraus manches
erklärt, was sonst unverständlich bleibt.
Damit erhebt sich aber auch die Frage: waren sich darüber die von ihm
zu Bischöfen geweihten Kleriker im klaren? Nun, sicherlich nicht die
einem sektiererischen Illuminatentum und einem üblen 'Marianismus',
d.h. einer falschen Mariologie verfallenen "Palmarianer"; indes dies
ebenso nicht jener schon erwähnte und am 07.05 1981 in Toulon zum
Bischof geweihte Pater Guérard des Lauriers, O.P., ein typischer
Klerikalist und Ritualist französischer Couleur. Solche und ähnliche
Kle-riker waren schon lange für theologisch gebildete Laien ein großes
Ärgernis. Denn in ihrem Hochmut mißachteten sie die strenge Mahnung des
hl. Paulus: "Löscht den Geist nicht aus!" (1 Thess 5,18). Dieser
göttliche Geist aber 'weht' (wirkt) in der Kirche, wo und wie Er will,
nicht jedoch wo und wie es Klerikalisten und Ritualisten wollen.
Somit läßt sich nach reiflicher Überlegung der nämliche
Nachfolgesachverhalt kurz folgendermaßen bestimmen: die von Christus
gewollte und angeordnete "successio apostolica episcoporum" ist ihrem
Wesen nach eine durch das autoritative Lehrapostolat und das
jurisdiktionelle Leitungsapostolat der Apostel (der Legaten Christi)
vermittelte, insoweit ihr Apostolat vererbt werden konnte und insofern
sie sich distributiv auf die Einzelbischöfe in ihrer Einheit
untereinander bezog. 9) Diese Einheit untereinander beruht auf dem
wahren Glauben (vera fides) der Kirche (Ecclesiae), die eine
gesellschaftliche Gründung Jesu Christi ist, nicht jedoch des Hl.
Geistes. Durch dessen Sendung wurde sie nur vollendet, die Christus
verheißen hatte.
Das Vatikanum 2 ist mit allen seinen Anhängern von ihr abgefallen.
Dieser Abfall bezeichnet auch den Anfang der "römischen Konzilskirche".
Sie heißt 'römisch', weil sie in Rom entstanden ist, nicht jedoch
irgendwo oder über den Wolken.
Viele 'einfache Gläubige' (worunter aber auch Kleriker fallen) haben -
wie schon die Erfahrung lehrt - große Schwierigkeiten, folgende
kirchliche Sachverhalte reflex-rational 10) zu erfassen, sowohl in sich
selbst als auch in ihren Auswirkungen und nicht zuletzt in ihrem
inneren Zusammenhang:
1. die ungewöhnliche und außergewöhnliche wie auch kontinuierliche Vakanz des Apostolischen Stuhles (seit 1958);
2. die aufgrund des Vatikanums 2 schwindende apostolische Nachfolge der katholischen Bischöfe 11) im allgemeinen, und
3. das Hervortreten (bereits
nach 1965) einer Diaspora-Situation (Lebenslage) der
römisch-katholischen und apostolischen Kirche, der von Jesus-Christus
gewollten Ecclesia Romana.
Man muß diese Schwierigkeiten beachten und darf sie vor allem nicht
unterschätzen, denn sie belasten die religiöse Existenz gläubiger
Christen und gefährden ihr Seelenheil. Es wäre auch kein Nachteil, sich
jetzt einmal an die Erkenntnis- und Glaubensschwierigkeiten der Jünger
und Apostel zu erinnern, aber auch an das Versprechen Christi , ihnen
'zum Trost' den Heiligen Geist zu senden, den "Lebendigmacher" (So
zwopoidu, vivificator), der sie nicht 'erleuchten', sondern in ihrem
Geiste (in mente) stärken wird, damit sie nicht in die Irre gehen. Die
Sendung des Heiligen Geistes war in allem eine zielgerichtete
(intentionale) und zweckdienliche oder zweckgemäße (akkomodale). Diese
Sendung ist weder etwas Irrationales noch etwas 'Mystisches', sondern
etwas eminent Geistiges übernatürlichen Charakters. - Die apostolische
Nachfolge der Bischöfe, die eine homogene (nicht: adäquate) Nachfolge
im Apostolat der Apostel ist, der von Christus stammt, wurde immer
schon von zwei bzw. drei großen Übeln bedroht: zum einem durch eine
unangemessene und ungebührliche Einengung auf die Vermittlung
bestimmter sakramentaler Gnaden-Gaben (das autoritative Magisterium und
das jurisdiktionelle Hirtenamt der Bischöfe wurde herausgelöst und
regelrecht 'ausgegrenzt'; anders ausgedrückt: aus dem Bischof wurde ein
bloßer Verwaltungsvorsteher einer Diözese); zum anderen durch eine
rationalistische Profanisierung und ein Abhängigmachen derselben vom
Willen des Menschen. Darum schrieb der Apostel Paulus an die
hochmütigen Korinther zu ihrer Belehrung: "Alles aber tue ich um des
Evangeliums willen, damit ich teilhabe an ihm" (1 Kor 9,23). "Diese
Zuversicht aber haben wir (die Apostel) durch Christus vor Gott, nicht
weil wir aus uns selbst fähig wären, etwas als eigene Leistung
anzusehen, unsere Fähigkeit stammt vielmehr von Gott." (2 Kor 3,4.5.).
Dies gilt auch für die Einsetzung von Bischöfen. Die Apostel selbst
aber haben keinen "coetus stabilis" gebildet. Dies ist und war eine
Erfindung der Modernisten, um die Traditionalisten über ihre Absichten
zu täuschen.
Es war auch ein großer Irrtum, als nachkonziliare italienische,
französische und andere Traditionalisten schon 1981/82 behaupteten:
"Mgr. Thuc, ein Mitglied der katholischen Hierarchie, sei von der
Vakanz des Hl. Stuhles (= des päpstlichen Stuhles oder Holy see)
überzeugt gewesen und deshalb hatten seine Bischofsweihen nur einen
einzigen gleichbleibenden Zweck: die Fortdauer der 'traditionellen
Messe' zu gewährleisten." Andere Traditionalisten aber hatten nichts
Besseres zu tun, als den ehemaligen Erzbischof von Hué in verschiedener
Hinsicht zu diskriminieren (wie z.B. der 'Priesterling' Noel Barbara)
und was die Häupter der "römischen Konzilskirche" in Rom und 'vor Ort'
sicherlich erfreut hat. In Wirklichkeit jedoch verhielt es sich ganz
anders, wie sogar aus den wenigen Informationen ersichtlich ist, auch
wenn vieles dunkel bleibt.
Durch die öffentliche Münchener Sedisvakanz-"Declaratio" vollzog Mgr.
Thuc in Wirklichkeit seinen endgültigen Bruch mit der "römischen
Konzilskirche" und ihrer Hierarchie, um, wenn man so sagen will, die
apostolische Nachfolge der Bischöfe nicht abbrechen oder nicht weiter
zerstören zu lassen und so den Episkopat der römisch-katholischen
Kirche weiterzugeben bzw. am Leben zu erhalten (soweit dies an ihm
läge). Dabei jedoch hing jetzt fast alles von den zu Bischöfen
Konsekrierten ab, da Mgr. Thuc bereits 1984 in den U.S.A.(...)
verstarb. Was sich nach seinem Fortgang aus München (Mai 1982)
ereignete, gehört nicht mehr zu unserem Thema. Es sei hier nur noch
einmal daran erinnert, daß die apostolische Nachfolge des Römischen
Bischofs im Primat Petri, des Apostels, sich nicht zurückführen läßt
auf die "successio apostolocia episcoporum". Daraus hinwiederum
entsteht heutzutage ein neues Problem, das sich aber nicht auf
Bischofsweihen bezieht, sondern auf die künftige Wahl eines Bischofs
der römisch-katholischen Kirche zum Papst. Es hat jedoch keinen Sinn,
jetzt auf diese Sache einzugehen, da sie in einer kirchlichen
Diasporasituation noch lange nicht spruchreif ist. Dafür fehlen auch
sämtliche Voraussetzungen. Man sollte damit aufhören, sich in dieser
Sache wichtig zu machen, anstatt drängendere Probleme zu bewältigen.
Diese aber hängen zusammen mit der apostolischen Nachfolge der
Bischöfe, deren Bedeutung aus Mangel an Erkenntnis auf dreifache Weise
verfehlt werden kann: durch Übertreibung oder durch Untertreibung oder
durch eine (oft gar nicht bemerkte) irrige Auffassung. Von ihrer
bewußten Verfälschung wollen wir erst gar nicht reden. Deren Wurzeln
aber liegen schon vor dem Vatikanum 2, und man braucht auch nicht lange
nach ihnen zu suchen.
(Fortsetzung folgt)
Anmerkungen:
1) Dies hat mit den Bischöfen 'in ihrer Gesamtheit' oder
dem 'Gesamtepiskopat' (einem Unbegriff) überhaupt nichts zu tun, wohl
aber etwas mit ihrer Einheit untereinander (z.B. im wahren Glauben).
Denn die "apostolische Sukzession" ist keine kollektive, sondern eine
distributive, wie Pius XII. in seiner berühmten Enzyklika "Mystici
Corporis" (1943) ausdrücklich gelehrt hat: "Jeder einzelne (Bischof) in
seinem Sprengel weidet und leitet im Namen Christi als wahrer Hirte
seine eigene ihm anvertraute Herde (cf. Vatikanum I). Bei dieser
Tägigkeit sind sie (die Bischöfe) freilich nicht völlig eigenen Rechtes
(non plane sui iuris), sondern der geschuldeten Autorität des Römischen
Bischofs (Romani Pontificis) unterstellt, obwohl sie eine ordentliche
Jurisdiktionsgewalt besitzen, die ihnen unmittelbar gleichfalls vom
Papste erteilt wird. Deshalb müssen sie (insofern sie Bischöfe sind)
zufolge göttlicher Einsetzung (ex divina institutione - CIC can. 329 §
1) geehrt werden." - Die distributive Sukzession der Bischöfe hatte der
katholische Kirchenrechtler Hans Barion (gest. 1973) noch klar gesehen.
2) Diese Unterscheidung ist weder eine rein logische (die nur im Denken
besteht) noch irgendeine logische 'cum funda-mento in re', sondern eine
tiefgreifende "distinctio realis", die jedoch keine Trennung
(separatio) ist und be-deutet, auch nicht annähernd! Dies muß man im
einsichtigen Denken erfassen, um nicht (auch religiösen) Irrtümern zu
verfallen, die sich unbemerkt einschleichen. Bischöfe haben, wenn sie
wahre Bischöfe sind, eine eigene Jurisdik-tionsgewalt (potestas
iurisdictionis propria), da sie keine Vikare des Papstes sind und
Selbstverantwortung für ihre 'Herde' tragen, wofür sie auch
Rechenschaft ablegen müssen - vor Gott und den Menschen! Indes ist ihre
Jurisdiktion in der Kirche eine nur teilbereichliche; denn sie sind
eben keine von Christus "erwählten" und "gesendeten" Apostel, je-der
einzelne für die ganze Kirche (tota Ecclesia). - Nur der Papst macht
hier eine Ausnahme und nur er ist im eigentlichen Sinne ein "episcopus
catholicus ecclesiae". Ein nicht so klarer Ausdruck hierfür ist
"episcopus episcoporum", der schon im frühen 3. Jahrhundert zu finden
ist. Ohne das Begreifen der hier vorliegenden "distinctio realis"
verfehlt man die richtige Erfassung des Verhältnisses von Papsttum
(papatus) und Bischoftum (episcopatus) und verkennt desgleichen die
besondere und schon so lange andauernde außergewöhnliche und
ungewöhnliche Vakanz des Apostolischen Stuhles, der ein theologischer
(fundamentaltheologischer) Begriff und Sachverhalt ist. Dies aber war -
leider - auch bei Mgr. Ngô-dinh-Thuc der Fall. Im übrigen folgt dies
auch aus seiner Münchener "Sedisvakanz-Declaratio (= (öffentlichen)
Kundgebung)" vom Februar/März 1982. (...) Sie wurde sogar vom
'Kardinal' der "römischen Konzilskirche", Ratzinger, in einem
bestimmten Punkte mißverstanden. Aber das ist ja nicht weiter
verwunderlich. Zudem sei noch darauf hingewiesen, daß Kirchenrecht und
kanonisches Recht, obwohl sie innerlich zusammenhängen, nicht identisch
sind und was nur eingefleischte 'Legalisten' nicht verstehen. Alles,
was der Kirche Jesu Christi in ihrem Sinn und Zweck schadet,
gleichgültig ob von innen oder von außen, ist Unrecht und eine schwere
Sünde gegen ihren Gründer, der sie in seinem Blute geheiligt hat!
3) Diesen darf man nicht, wie es so oft geschieht, mit dem "Hl. Stuhl"
(englisch: 'Holy see') verwechseln, denn dieser be-zieht sich nicht auf
die höchstpersönliche Rechtsstellung des Papstes, sondern besteht in
der Einheit von Papst und Kurie und ist in der Sache gleichbedeutend
oder sachlich identisch mit "römischer Stuhl" (englisch: 'see of Rom').
Diese Unklarheit findet sich auch in der schon erwähnten Münchener
"Declaratio" von Mgr. Thuc. Es wirkt nur peinlich, wenn dies von
einigen 'Sedisvakantisten' geleugnet wird. (Es ist auch unmöglich, den
Apostolischen Stuhl in Anbetracht seiner übernatürlichen Herkunft und
Realität zu usurpieren und zu okkupieren; dies ist nur beim "rö-mischen
Stuhl" möglich, weil dieser nur vom "römischen Petrus" geschaffen
wurde.)
4) Indes nicht, wie irrtümlicherweise gemeint wurde und verbreitet
wird, "for Sedisvakantists" oder "für" irgendwelche andere 'Gruppen',
was doch absurd ist, sondern einzig und allein für die "catholica et
apostolica Ecclesia", die bereits nach dem häretischen und
apostatischen Vatikanum 2 mehr und mehr zu einer Diaspora-Kirche
geworden ist und sich in einem offenkundigen erbärmlichen Zustand
befindet.
5) Es entbehrte auch schon vor dem Vatikanum 2 der Wahrheit, wenn
Kleriker-Theologen in modernistischer Manier von einer "vertikalen" und
"horizontalen apostolischen Sukzession" redeten, die sie selbst
erfunden hatten und dann behaupteten (so oder ähnlich): "Die vertikale,
stets (!) aktuelle Christusherkunft des amtlichen Wirkens der Kirche
(Amtskirche!) wird in ihr dargestellt (!) und nach Christi
Stifterwillen (!) garantiert (!) durch die horizontale
Christus-herkunft des geistlichen Amtes." Es gibt aber nur eine
'Christusherkunft' des kirchlichen Amtes (officium ecclesiasticum), das
immer entweder 'in potentia' oder 'in actu' existiert - doch niemals
außerhalb der Kirche Jesu-Christi.
6) Es wurde auch die (allerdings irrige) Meinung geäußert, daß die
'Thuc-Bischöfe" L. Vezelis O.F.M. und G. Musey (beide in den U.S:A.)
"den Begriff der ordentlichen 'Jurisdiktion' überstrapaziert" hätten,
indem sie den (wohl gescheiterten?) "Versuch" machten, "ihre
bischöflichen Einflußsphären (!) gegeneinander abzugrenzen." Es kann
diesbezüglich jedoch weder von einer Strapazierung noch von einer
Überstrapazierung dieses Begriffs (Rechtsbegriffs) noch von
'Ein-flußsphären' die Rede sein, weil diese weder Herrschaftsgebiete
noch Verwaltungsbezirke sind. Der oft zu findende Fehler im Verstehen
und im Gebrach der "potestas ordinaria propria" liegt ganz anderswo,
nämlich in dem sogar auffälligen Versäumnis, in einer sich ausweitenden
Diaspora-Situation "Gemeinde-Gründungen" vorzuneh-men und mit der Hilfe
Christi ins Werk zu setzen, welches ein ganz großes Übel ist. Dieses
Übel spürt man doch schon sozusagen auf der Haut, nicht bloß in der
Seele. (...) Im übrigen ist ohne solche Gründung ein Wieder-Aufbau
(reaedificatio oder exstructio) der kathlischen Kirche aus ihren
Fundamenten un-möglich. Andernfalls wird man in Illusionen befangen
bleiben und sich dann (wie so oft) nur darüber 'wundern', warum vieles
immer wieder 'leer läuft'.
7) Diesbezüglich besteht, nebenbei bemerkt, die Häresie des Vatikanums
2 darin, die distributive Sukzession geleugnet und dann durch eine
kollektivistische 'ersetzt' und diese zugleich 'absolut gesetzt' zu
haben. Dies war allerdings konsequent nach dem vollzogenen Bruch mit
der römisch-katholischen und apostolischen Kirche.
8) Hier sei daran erinnert, daß die Kirche zwei Träger höchster Gewalt
und Autorität besitzt: den "Romanus Pontifex" (den Papst) und das
"Concilium Oecumenicum" (das allgemeine Konzil mit dem Papst). Der
"römische Stuhl" aber ist dem Apostolischen Stuhl und seinem Inhaber,
dem Bischof zu Rom, untergeordnet, welcher der Nachfolger Petri, des
Apostels, im Primat ist. - 1962 standen der Nicht-Papst Roncalli und
ein seltsames Vatikanum 2 in Korrelation!
9) Also sich weder auf ihre "Gesamtheit" (summa in toto) noch auf ein
fiktives "Gremium" von Bischöfen bezog. Hier treten
Begriffsverwirrungen in Erscheinung, die entweder einem Mangel an
sachbezogenem Denken oder auch purer Willkür entspringen. Außerdem darf
man im Apostolat nicht die Sendung allein durch Christus eliminieren
oder in Luft auf-lösen, sonst wird sie bald durch den "Bösen Geist" in
der Gestalt eines "Engel des Lichts" 'ersetzt' werden!
Wann wird man damit aufhören, spirituelle Dinge der christlichen
Religion zu rationalisieren und zu profanisieren ... in dem Irrglauben,
sie so 'verständlicher' machen zu können? Auch in der apostolischen
Nachfolge verwirklicht sich eine bestimmte Ordnung, die ihr vom Gründer
Kirche vorgegeben ist und die niemand durch geschickte Manipulation
verfälschen sollte.
10) Darum bleiben sie weitgehend auf einen natürlichen
Autoritätsglauben angewiesen, wie ein solcher z.B. bei Kin-dern
gegenüber ihren Eltern oder bei Schülern gegenüber ihren Lehrern
besteht, auch auf ethischem Gebiet, und was heutzutage in Auflösung
begriffen ist. Deshalb wird auch die 'religiöse Autortät' von einer
verwahrlosten Gesellschaft nicht mehr verstanden. Zudem war und ist es
mehr als erstaunlich, wofür nicht alles die Aussage Christi "An ihren
Früchten werdet ihr sie erkennen" (Mt 7,16) herhalten mußte z.B. bei
den Pseudo-Sedisvakantisten R. McKenna O.P., Vida Elmer, Oliver Oravec
etc.
11) Es ist ekklesiologisch auch nur von geringer Bedeutung, daß Mgr.
Thuc, wie von Traditionalisten zu hören war, kein einziges Dekret des
unheiligen Vatikanums 2 unterschrieben habe; denn er hatte es m.E. ja
nicht öffentlich abgelehnt und dann verlassen, wozu er doch rechtlich
befugt gewesen wäre; und war er denn dazu nicht auch moralisch
verpflichtet? Durch sein Bleiben aber erweckte er den Eindruck eines
'Mitläufers' der offen agierenden Modernisten. Andererseits jedoch muß
man wissen und vor allem beachten, daß zu dieser Zeit in Vietnam ein
schmutziger Revolu-tionskrieg begann und Mgr. Thuc's Bruder, der
Präsident von Südvietnam Ngô-dinh-Diem, heimtückisch in einer
Militärrevolte ermordet wurde (1963). Der Erzbischof Thuc hätte wohl
kaum nach Hué zurückkehren und sein Werk fortsetzen können. Indes
sollte sich niemand über die Person dieses Erzbischofs ein moralisches
Bewertungsurteil erlauben.
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