Über das Papsttum der Römischen Bischöfe,
die Eigenart des Apostolischen Stuhles und eine Kirche ohne Papst
von
Prof. Dr. Diether Wendland
VIII. Fortsetzung
9.Kapitel: Das Problem der "apostolischen Sukzession"
Als nach dem Tode des von vielen hochverehrten Papstes Pius XII. 1)
(1939-1958) durch den sich als Häretiker entpuppenden Erzbischof von
Venedig, Roncalli, eine ungewöhnliche und außergewöhnliche Vakanz des
Apostolischen Stuhles eingetreten war, entstand auch bereits das
Problem der sog. "apostolischen Sukzession" der Bischöfe
und wurde zudem noch durch die Ankündigung eines allgemeinen Konzils
2), das die klerikalen Modernisten schon lange gefordert hatten, akut.
Doch nur wenigen Katholiken kam dies zum Bewußtsein, weil kaum jemand
damit gerechnet hatte, daß die "apostolische Sukzession" jemals
gefährdet und sogar zum Problem werden könnte, obwohl dieselbe doch
absolut keine Selbstverständlichkeit ist. Denn sie ist keine unmittelbare,
sondern nur eine durch den Primat Petri und das Papsttum des 'römischen
Petrus' vermittelte. Die spezifisch christlich religiösen Wörter
"apostolisch" und "apostolische Sukzession" sind in unserer Sprache,
ähnlich wie "Kirche", Fremdwörter, die man sich sachbezogen einmal
verdeutschen sollte, um sie nicht so oft falsch zu gebrauchen. So etwas
erschwert das Verstehen religiöser Dinge und Sachverhalte bis zum
Unverständnis.
Es war und ist nicht bloß eine Übertreibung, die Behauptung
aufzustellen, daß die Bischöfe "vere et plene in locum apostolorum
successerunt". Denn diese traten an ihre Stelle nur insoweit, als sie
das von ihnen an Macht- und Rechtsbefugnissen Vererbbare zu empfangen
und weiterzugeben vermochten 3). Dazu aber gehören weder die
persönliche Infalliblilität in den christlichen Glaubens- und
Sittenlehren noch die unmittelbare Sendung durch Jesus-Christus, den
Herrn der Kirche im absoluten Sinne. Wer dies vergißt oder nicht
beachtet oder daran 'herumdreht', wird zwangsläufig in seinem
religiösen Denken in die Irre gehen. Beispiele dafür gibt es genug. Die
persönlichen Privilegien der Apostel Christi waren weder vererbbar noch
übertragbar. Darum konnte und kann kein Bischof von sich selber sagen
(wie auch der Apostel Paulus): "Darum danken wir (die 'erwählten'
Apostel) auch Gott ohne Unterlaß dafür, daß ihr das Wort der von uns vernommenen Botschaft Gottes
aufgenommen habt, nicht als Menschenwort, sondern als das, was es
wahrhaft ist, als Gotteswort, das auch wirksam ist in euch, die ihr
gläubig (geworden) seid." (1 Thess 2,13). 4) Es gab immer schon
Bischöfe, Erzbischöfe und Patriarchen, die sich so etwas eingebildet
haben.
Das bischöfliche Amt (munus episcopale) ist eine spezifisch kirchliche "potestas spiritualis ordinaria",
eine ordentliche und regelmäßige Amtsgewalt. Derartige Gewalten
("munera") sind nicht einfachin 'Ämter und Funktionen', sondern
öffentliche Machts- und Rechts-Befugnisse zu bestimmten Zwecken im
Gesellschaftsgebilde der Kirche. Welches aber waren denn die
ordentlichen und gewöhnlichen "munera" der Apostel, die vererbt werden
konnten, wenn bestimmte Bedingungen des Erbberechtigten erfüllt waren?
5) Dadurch hinwiederum war die betreffende Person, die zuvor auch das
sakramentale Priestertum des Neuen Testamentes empfangen haben mußte,
noch lange nicht Bischof. Diese apostolischen "munera" sind geistliche
Machtvermögen
1. des Heiligens durch Applikation besonderer Sakramente,
2. des autoritativen Lehrens und
3. des jurisdiktionellen Leitens (oder Regierens).
Beim Träger des Episkopates verdichtet sich die "potestas spiritualis sanctificandi, docendi et regen-di" und wird konkret. Diese bischöflichen Wesensbestimmungen lassen sich nicht auseinanderreißen und verselbständigen. Dies
dürfte der schon erwähnte Erzbischof Ngô-dinh-Thuc sicherlich gewußt
haben, als er sich notgedrungen (necessitate imposita) entschloß,
'Bischöfe zu weihen' 6), damit infolge der langen und kontinuierlichen
Vakanz des Apostolischen Stuhles die "apostolische Sukzession" nicht
abbreche. Diese aber war nicht bloß 'gefährdet', denn ihr Abbruch hatte
sich ja schon lange angekündigt und auch gezeigt durch den 'feierlichen
Abschluß' des Vatikanums 2 und die Konstitution der "römischen
Konzilskirche", die bereits 1965/66 'in nuce' ex-istierte. Es verhält
sich beileibe nicht so (leider), daß sich alle sog. 'Sedisvakantisten'
darüber klar wären und am wenigsten diejenigen, welche immer noch von
einem falschen Traditionalismus angekränkelt sind.
Nun aber bedarf jeder Bischof, um sein Bischoftum (episcopatus) ausüben
zu können, einer gesellschaftlichen Vereinigung (oder Körperschaft) von
Christgläubigen (coetus socialis Christifidelium), die er entweder als
bereits existierend vorfindet und übernehmen kann oder, falls noch
nicht vorhanden, sich erst schaffen muß (con-sociare resp.
con-gregare), und zwar vermittels eines, viele Einzelmenschen
verbindenden, Bandes, das in der realen Einheit von "Religion und
Glaube" des nämlichen "coetus" besteht. Für dieses gesellschaftliche
Gebilde kann man auch "christliche Ge-meinde" sagen, weil dieses ja
nicht bloß eine "Gemeinschaft" (communitas) von Gläubigen ist, sondern
immer entweder 'in actu' oder 'in potentia' (als wirklich oder real
möglich) unter einem Bischof steht. Dieses gesellschaftliche Gebilde
darf man auch nicht mit einer "Pfarrgemeinde" (parochia oder paroecia)
verwechseln, da diese ein 'kirchlicher Sprengel' einer Diözese ist. 7)
Heutzutage leben römisch-katholische Diaspora-Katholiken, denen die
lange Vakanz des Apostolischen Stuhles mit ihren Folgen bewußt geworden
ist, weder in Diözesen noch in Pfarreien, sondern mehr oder weniger 'am
Rande der Gesellschaft' oder 'im Untergrund' derselben. Indes sollte
man dies nicht als Babylonische Gefangenschaft bezeichnen, da sie
niemand zu einem solchen Leben gezwungen hat. Es hat aber auch keinen
Sinn, über den Diasporazustand immer nur zu jammern ... und nichts
dagegen zu tun! Ein solcher Zustand kann nämlich auch eine Strafe sein
(aber keine Vergeltungsstrafe, sondern nur eine Medizinalstrafe). Auch
Christus läßt seiner nicht (mehr) spotten. Denn "der Vater richtet
niemand, sondern hat das ganze Gericht dem Sohne übergeben, damit alle
den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der
ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat." (Joh 5,22. 23.) Damit ist
aber auch klar, wohin die 'Welt von heute', d.h. das perfide
Menschengeschlecht, steuert und gesteuert wird.
Die heutige 'Spaßgesellschaft' in Staat und Gesellschaft aber hält sich
die Bäuche und lacht sich kaputt. Echte Sedisvakantisten leben nicht
über den Wolken, sondern auf der Erde und sehen manches, was andere
nicht sehen, und zwar sowohl im profanen als auch im religiösen
Bereich. Denn vieles an schwerwiegenden Übeln moralischer und
rechtlicher Natur läuft parallel und 'befruchtet' sich gegenseitig.
Zudem ist sehr vieles darauf ausgerichtet, die christliche Religion,
die eine göttliche Offenbarungsreligion ist, in ihren Fundamenten zu
zersetzen, also nicht bloß in ihrem Wesen zu verfälschen.
Nicht der christlich-religiöse Glaube wird heute angegriffen, da er für
subjektiv und unbedeutend gehalten wird, sondern die christliche
Religion als die einzig wahre. "Nachdem auf mannigfache Art und Weise
dereinst Gott zu unseren Vätern in den Propheten gesprochen hatte,
sprach er am Ende dieser Tage zu uns durch seinen Sohn, den er zum Erben über alles
(Erschaffene) gesetzt (hat) ..." (Hebr 1,1.2.). Indes sind nur die
wahrhaft Christgläubigen und durch Christus Getauften Seine und Seines
Reiches Erben. Wie viele 'Christen' haben ihr Erbe als Christen bereits
verspielt? 8)
Die "apostolische Sukzession", die sogar orthodoxen Katholiken zum
Problem geworden ist, nachdem sie die wirkliche Situation der
katholischen Kirche erfaßten, ist formell eine Nachfolge im Apostolat der Apostel.
Diese jedoch kann man nicht 'fortsetzen' (das ergibt keinen Sinn, weil
sie keine natürliche Sache ist), sondern nur empfangen, da sie apriori
im dynamischen Wesen der einen und apostolischen Kirche liegt und kein
Bischof sie von sich aus (de se) besitzt, weil er nur in ihr steht,
sofern er rechtmäßig Bischof ist; wohl aber kann man manches tun, um
sie nicht abbrechen zu lassen und dadurch in ihr etwas forterben oder
weitergeben (aliquid alii tradere), sofern dies vererbbar ist;
"apostolische Sukzession" ist auch keine zeitliche Aufeinanderfolge von
Personen in einem 'geistlichen Amt' (munus spirituale), sondern
Nachfolge in einem bestimmten kirchlichen Dienstamt (officium
ecclesiasticum), das es außerhalb der Kirche Jesu Christi überhaupt
nicht gibt, nämlich dem von Christus geschaffenen Apostolat, den der
Alte Bund nicht kennt.
Warum wird dies von Christen nicht mehr gewußt? Zudem leitet sich das
Begriffswort 'Apostolischer Stuhl' vom Apostolat her, was ebenfalls zu
beachten wäre, weil dieser Stuhl nicht die gleiche Bedeutung hat wie
'römischer Stuhl'. Hier gibt es nun einmal sachbezogene Unterschiede,
die nicht bloß logische sind.
Was aber ist der Apostolat 9), welcher der "apostolischen Sukzession"
zu Grunde liegt und von dem sie ihre Bedeutung hat? Nun, er ist, kurz
gesagt, vor allem eine von Christus stammende und getätigte unmittelbare Machtverleihung zu bestimmten Zwecken und zugleich eine intentionale 10) (zielgerichtete und zweckdienliche) Sendung (missio). Diese Machtverleihung und Sendung (zwei Akte in einem Vollzug) geschieht auf eine doppelte Weise:
1. unmittelbar und direkt
wie bei den (berufenen) Christusjüngern und insbesondere bei den aus
ihnen erwählten Aposteln, worüber wir schon gesprochen haben, und
2. mittelbar und indirekt durch die Apostel im Auftrag Christi wie bei ihren wirklichen Nachfolgern, den Bischöfen (nicht etwa den Presbytern).
Bischöfe (Episkopen) konnten, da sie keine Apostel waren, nur insoweit
ihre Nachfolge antreten, als sie an ihre Stelle traten und den
Apostolat ausübten, der in erster Linie ein autoritativer Lehr- und ein
jurisdiktioneller Leitungs-Apostolat ist.11) Dieser jedoch bezieht sich
nur auf eine Teilkirche (ecclesia particularis), nicht aber auf die
"una et apostolica Ecclesia", die eine universale ist. Bischöfe sind
auf einen begrenzten Apostolat verwiesen, der mancherlei
Einschränkungen erfährt. In diesem Zusammenhang lehrte der bedeutende
Dogmatiker J.M. Scheeben (a.a.O., Nr. 138): "An die Stelle des
Apostolates per excellentiam trat der Episkopat, d.h. die Gesamtheit
der ordentlichen, zur Vermittlung der Gnade und Wahrheit Christi an die
Glieder Seiner Kirche und zur Regierung derselben bestellten, Häupter
der kirchlichen Hierarchie", einschließlich ihres Oberhauptes, des
Römischen Bischofs.
Kraft "apostolischer Sukzession" (nicht jedoch einer anderen) gingen
nur die ordentlichen Dienstämter der Apostel, nicht aber deren
Privilegien, auf die Bischöfe über, also die des Heiligens durch
Erteilung der Sakramente und Sakramentalien, des autoritativen Lehrens
und des jurisdiktionellen Leitens oder Regierens, wie es wahren Hirten
in der Kirche zukommt. Darum besaßen die Bischöfe als Hierarchen, d.h.
als die Träger 'heiliger (sakraler) Herrschaft' in der Kirche, wahre
Autorität und echte Jursidiktion, indes nur über die ihnen von den
Aposteln anvertraute 'Herde' (ecclesia particularis sive singularis).
Diese Hierarchen waren aber keine Monarchen (weder 'Großkönige' noch
'Kleinkönige' noch so etwa wie 'Fürsten' 12); dies verbot bereits das
sakramentale Priestertum des Neuen Testamentes (Bundes), zu dem sie
ordiniert waren. Man darf der "apostolischen Sukzession" nicht etwas
zuschreiben, was nicht in ihr liegt, ihr aber auch nicht etwas nehmen,
was ihr doch zukommt. Es ist leicht, diese ganze Sache in Verwirrung zu
bringen und zu verderben, zumal da es sich nicht bloß um geistige Dinge
handelt, sondern um übernatürliche.
Schon bald nach dem Tode der Apostel zeigt es sich: nicht die einzelnen
Bischöfe als Einzelbischöfe stehen in der "apostolischen Nachfolge"
(sie sind eben keine Nachfolger der privilegierten Apostel in der einen
und apostolischen Kirche), sondern nur ihre Einheit und Gesamtheit
(episcopatus universus), die vor allem im kirchlichen "Lehrkörper"
(ecclesia docens) 13) zum Ausdruck kommt. In dieser Beziehung schreibt
der Dogmatiker M. J. Scheeben (a.a.O., Nr. 139) sehr lehrreich und
zunächst grundsätzlich: "Als Fortsetzung des ursprünglichen
apostolischen Lehrkörpers kann und muß der episkopale Lehrkörper
allerdings
A)
in seiner Organisation und Beschaffenheit von diesem als seinem
Fundamente, seiner Wurzel und Quelle teilweise verschieden sein;
aber aus der nämlichen Ursache kann und muß er
B) organisch aus dem
ursprünglichen Apostolate vermittelst direkter Ableitung auf dem Grunde
einer fortdauernden fundamentalen und wurzel- resp. stammhaften und
darum ebenfalls eminenten apostolischen Lehrmission hervorgehen, und
endlich
C) in einer Organisation und
Beschaffenheit dem ursprünglichen Apostolate homogen (nicht adäquat)
bleiben und so auch die ganze wesentliche (!) (nicht totale) Vollmacht
und Kraft desselben bewahren."
Bewahren aber kann er dies nur, wenn er davon im Sinne Christi auch
ständigen Gebrauch macht und sich nicht dem 'Sündenschlaf' ergibt. Denn
der Teufel schläft nicht. Das ganze Vatikanum 2 fiel in den
'Sündenschlaf' des Aggiornamento durch den erleuchteten 'Br. Angelo
Giuseppe Roncalli'.
Nun aber sind im Rahmen der "apostolischen Sukzession" für den
ständigen "Aufbau des (mystischen) Leibes Christi" (Eph 4,12 b) 'in
dieser Welt', also der Kirche, besonders geeignete Mittel erforderlich,
als da sind:
1. die Heilsworte Christi (genannt 'dogmata Christi'), verkündet und vorgelegt durch autoritative Lehren;
2. die Erteilung und der Gebrauch Seiner heiligenden Sakramente (Gnaden-Mittel) und nicht bloß des Altarssakramentes; und
3. die von Ihm geforderte
Erziehung und Zucht zur Heranbildung echter 'Christusjünger', die auf
irgendeine Weise auch Seine Nachfolge antreten, zumal da "die ganze
Welt im Bösen liegt" (1 Joh 5,19; 2,16).
Wenn eines von diesen drei Mitteln fehlt oder auch nur schwer
geschädigt ist, dann kommt ein Aufbau der Kirche, der in der Zeit
niemals abgeschlossen sein kann, erst gar nicht zustande. Dies gilt
auch für einen Wieder-aufbau (re-aedificatio) der Kirche aus ihren noch
vorhandenen Existenzgrundlagen, wozu heutzutage alle Sedisvakantisten
verpflichtet sind, gleichgültig ob es sich um Kleriker oder Laien
handelt. Letzteres wird oft gar nicht gesehen, weil man einen falschen
Begriff sowohl von der Kirche als auch vom Apostolat hat. Einheit und Apostolizität der Kirche lassen sich nicht trennen,
wohl aber schwer schädigen, was jedem echten Diaspora-Katholiken
schmerzlich bewußt ist. Diese Schädigung der Kirche wurde den
Sedisvakantisten schon ab 1965/66 mehr und mehr bewußt, so daß sie mit
großer Besorgnis in die Zukunft schauten, ohne einen Ausweg zu finden,
da die berüchtigte sog. 'Revolution von oben' munter fortschritt. Die
sich nur in der Kirche verwirklichende "successio apostolica" ist kein
Rechtsbegriff des kanonischen Rechts, sondern ein theologischer und
zugleich biblischer des Neuen Testamentes.
Nach allen diesen Überlegungen aber stellt sich die unvermeidliche
Frage: was eigentlich hatte der schon erwähnte ehemalige Erzbischof von
Hué, Mgr. Ngô-dinh-Thuc, mit seinen außerordentlichen
Bischofsweihen gewollt und bezweckt? Es besteht kein Zweifel darüber,
daß er dazu nicht bloß berechtigt, sonder auch verpflichtet war, auch
wenn sich der 'Kardinal' der "römischen Konzilskirche", J. Ratzinger,
das Gegenteil einbildete und Mgr. Thuc zu maßregeln versuchte (cf. sein
lächerliches Schreiben vom 1. Februar 1983 aus Rom).14) Dies ist jedoch
keine Antwort auf unsere Frage. Zudem wird hier oft manches als gegeben
behauptet, aber ohne dies auch zu beweisen, so daß vieles im Dunkeln
bleibt. Indes ist es gar nicht so problematisch (wie oft gemeint
wurde), daß er auch (zumindest) ungeeignete Priester zu Bischöfen
geweiht hat, die seine persönliche Notlage ausnutzten und ihn über ihre
wahren Absichten täuschen konnten. 15) Vielmehr schafften nun gerade
einige von den dem Anschein nach geeigneten Personen neue Probleme, so
daß man auch nicht einfachhin und pauschal von 'Bischöfen der
Thuc-Linie' sprechen kann. Dies lichtet nicht den über dieser ganzen
Angelegenheit liegenden Schleier einer Dunkelheit, die jedoch ebenfalls
nicht auf der schwierigen 'kirchlichen Situation' beruht, sondern
andere Ursachen hat.
Aber auch seine bekannte Münchener "Declaratio" (die sog.
'Sedisvakanz-Erklärung') vom 25. Fe-bruar 1982 hilft hier nicht weiter;
denn dort ist von der spezifisch "apostolischen Sukzession" der
Bischöfe überhaupt nicht die Rede. Vielmehr wird nur gesagt, daß es für
ihn (Thuc als Erzbischof) nunmehr nötig sei (oportet me), "alles zu
tun, damit die Katholische Kirche Roms (Ecclesia Catholica Romae) zum
ewigen Heil der Seelen fortdauere (perduret)", weil dieser Zweck eben
nicht mehr gewährleistet sei. Allein dies hat die 'konziliaren
Prälaten' in Rom (mit Ratzinger ander Spitze) aufgeregt, während andere
Mgr. Thuc gar nicht ernst nahmen. Man darf in die nämliche "Declaratio"
nicht Dinge hineinlesen, die inhaltlich nicht in ihr liegen und aus ihr
auch nicht ersichtlich sind. Es stellt sich auch die Frage: wer oder
was sind denn diese "sacerdotes" (in Anführungszeichen!), welche die
Häresien nicht verurteilen und die Häretiker (nicht aus der Kirche)
vertreiben (oder verban-nen) wollen"? Die 'einfachen Priester' und die
Gemeindepfarrer werden nicht gemeint sein, denn diese haben dazu keine
Befugnis. Aber hatte denn nicht schon der von 'einem hl. Geiste'
inspirierte Roncalli-'Papst' (damit 'Frieden auf Erden' sei) verkündet
und verheißen, daß sich durch die "neuen Lehren" alle Häresien, sowohl
die wieder zum Leben erwachten alten als auch die neuen, wie von selbst
auflösen und erledigen werden?! Welch' ein erstaunlicher Unsinn:
Vernichtung der Häresien durch Häresien, die wie giftige Pilze schon
seit Jahren aus dem Boden sprießten! Mit solchen schauerlichen
Meinungen aber wurde zudem noch behauptet, daß die frühere Art und
Weise des kirchlichen Lehrens der göttlichen Offenbarungs-Wahrheiten
verfehlt gewesen sei und versagt habe!! Dies war die Geburtsstunde der
neuen Häresie des weltweit geforderten religiösen und profanen sog.
"Dialoges" (auch mit dem Teufel und seinen 'Kreaturen') und zugleich
eine blanke Lästerung des Heiligen Geistes.!
Außerdem fragen wir: mit wem eigentlich hat Jesus der Christus
'Dialoge' geführt bzw. mit welchen Leuten hat Er wohl 'dialogisiert'?
Wir sind nicht so 'erleuchtet', dies zu wissen oder wissen zu können. -
Die "apostolische Sukzession" gründet im Apostolat der Apostel, und aus
demselben ging infolge einer Verheißung Christi zuerst das "magisterium
infallibile" der sich erhebenden Kirche hervor (was im Symbol einer
'heiligen Stadt auf dem Berge' zum Ausdruck kommt).
(Fortsetzung folgt)
* * *
Anmerkungen:
1) Ebenso viele aber haßten ihn und wobei ihr Haß sich sogar aus
Absurditäten oder blanken Unsinnigkeiten herleitete. Dies jedoch legte
die Vermutung nahe, daß es sich bei ihm um einen heiligmäßigen
Christusnachfolger handeln könn-te. Dieser Haß flammte auch nach seinem
Tode und bis heute immer wieder auf.
2) Diese vatikanische Synode wurde vorgestellt und angepriesen als ein
besonderes Konzil, bezeichnet als "Pastoral-konzil", um vor allem
katholischen Christen über seine Zwecke (Plural) zu täuschen und was
zunächst erstaunliche Er-folge zu verzeichnen hatte. Denn es konnte den
'Gläubigen' suggeriert werden, daß es nicht mehr darum ginge, Häre-sien
zu fixieren und abzuweisen (diese würden sich gleichsam wie von selbst
erledigen), sondern um die Ermöglichung einer "den 'modernen Menschen'
von heute angepaßten Hirten- und Seelsorge", damit deren 'religiöse
Bedürfnisse' be-friedigt werden. Dies alles sei angeblich vom Hl.
Geiste der Kirche 'inspiriert' worden, und dafür bürge schon die
Au-thentie des 'erleuchteten Roncalli', des 'guten Bruder Johannes
(XXIII.)'. Dieser ginge, so wurde verkündet, im Namen des Hl. Geistes
und ein "neues Pfingsten" erwartend (denn das 'alte Pfingsten' von
Jerusalem habe seine Wirkung ver-loren und sei gescheitert!) mit
ausgebreiteten Armen auf alle Menschen zu, also nicht bloß auf
Katholiken und andere Christen. 'Weht denn der Geist nicht überall und
wo er will', so tönte es 'urbi et orbi'? Doch schon Christus und
Seine Apostel hatten gewarnt vor den kommenden "falschen Propheten",
"falschen Messiassen", "Falschaposteln" und den "falschen Brüdern". Die
heutige 'moderne' "Natternbrut" kam auch nicht an den Jordan in
Palästina, sondern an den Ti-ber in Italien - indessen nicht, um
eventuell eine 'Bußtaufe' zu empfangen, o nein! Denn 'Erleuchtungen'
waren ange-kündigt sowie ein 'Neues Zeitalter' (New Age) und vor allem
ein "neues Pfingsten" auf einem besonderen Konzil, dem Vatikanum 2 in
Rom. Das war keine Fortsetzung des abgebrochenen Vatikanums I von
1869/70!
3) "Vererben" heißt: bestimmte Güter oder Wertgegenstände, die einem
gehören, einer anderen Person durch rechtmäßige Erbschaft hinterlassen
(hereditate relinquere alicui aliquid). Was konnte ein Bischof
(Episkope) von einem Apostel, der ihn für die ins Leben gerufene
Christusgemeinde bestellte, überhaupt und legitimerweise erben, das er
von sich aus (de se) nicht besaß?
4) Die einiges offenbarende Aussage des göttlichen Messias: "Wer euch
hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer
aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat" (Lk
10,16), bezieht sich nicht auf die damaligen Apostel mit Einschluß des
Judas Iskariot, sondern auf Seine Jünger (im Unterschied zu den
'Johannes-jüngern', den Schülern des Täufers). Bei den Kirchenvätern
war diese Sache noch gar nicht klar, weil bei der schnellen Ausbreitung
der Kirche anderes im Vordergrund stand, um bewältigt zu werden.
5) Wenn im späten Mittelalter pubertierende Jugendliche sogar zu
Kardinälen gemacht wurden, dann war so etwas nicht bloß illegitim und
absurd, sondern ein Skandal und bereits ein Zeichen von Irrsinn.
6) Daß sich die meisten von ihm zu Bischöfen konsekrierten Priester
darüber mitnichten im klaren waren, wurde schon bald offenkundig und
erzeugte neue Verwirrungen zum Schaden der 'Sedisvakanzposition'
orthodoxer katholischer Christen, gleichgültig ob sie Kleriker oder
Laien waren. Niemand sollte so tun, als sei dies nicht schwerwiegend.
7) Diözesanen waren nie "Untertanen" eines Bischofs (auch wenn man
ihnen so etwas mit Erfolg einreden konnte) und sind nicht dasselbe wie
Parochianen, und Parochianen wiederum nicht dasselbe wie 'unmündige
Pfarrkinder', die von ei-nem oder mehreren Klerikern 'betreut' oder
'verseelsorgt' werden. Es kam nicht von ungefähr, daß schon nach 1970
seltsame "clerici vagantes" (Wanderkleriker aus dem Welt- und
Ordensklerus) auftraten, die sich als "traditionelle Prie-ster" oder
"konservative Patres" ausgaben, in Wirklichkeit aber nur ihren
frömmelnden Egoismus zu konservieren be-müht waren, da sie anderswo
nicht mehr ernst genommen wurden. Dennoch fielen nicht wenige 'naive
Kirchengläubi-ge' auf diese 'lieben Patres' und 'hochwürdigen Herrn'
herein, die auch erstaunliche Märchen erzählten, so z.B. das Mär-chen
von einem Papst, der 'nicht mehr katholisch' wäre, als ob es zum Wesen
des Papsttums gehören würde, katholisch zu sein. Wir wollen, sagten
diese Kleriker mit ihren Nachbetern, nicht bloß ein 'römischen Papst'
haben, sondern auch einen 'katholischen'. Fürwahr, sie wußten nicht
mehr, wovon sie redeten. Jetzt brach sogar unter Katholiken überall ein
ekklesiologisches Tohuwabohu aus, das im übrigen auch das Sektierertum
förderte. Dies alles begann bereits lange vor 1980 und machte den
kirchlich gesinnten Laien, insbesondere den gebildeten, das Leben immer
schwerer, so daß nicht wenige resignierten.
8) Es sei kein Katholik daran gehindert, sich selbst zu prüfen
und sich auch einmal bei seiner 'katholischen Verwandt-schaft' kritisch
umzusehen. Denn die 'Verwandtschaft' fällt nicht unter den christlichen
Begriff des 'Nächsten'. Mit Recht wird populär von einer 'buckeligen
Verwandtschaft' gesprochen, die fast so schlimm ist wie 'falsche
Freunde'.
9) Der infallible Lehrapostolat der Apostel war eine unvererbbare
"potestas communicata" (eine von Christus mitgeteil-te und Ihn
vertretende Gewalt), im Unterschied zu einer nur verliehenen
(collocata) oder bloß übertragenen (delegata) zu bestimmten Zwecken. Es
gibt in der Kirche keine "apostolische Sukzession" ihrer Idee nach ohne
sachgemäße Unter-scheidungen; sonst wird aus ihr ein leeres Wort.
10) Die 'Intention' oder das Intentionale ist ein freier Akt des
Willens "praesupposita ordinatione rationis ordinandis aliquid in finem
(cognitum)" (Thomas v. Aquin, S.Th I.II., 12,1 ad 3). Nur so wird jede
Willkür ausgeschlossen und ein Subjektivismus vermieden (wozu das
deutsche Wort 'Absicht' leicht verführt).
11) Schon früher (1934) zeigte sich eine Vermengung von Wahrem und
Falschem, als der katholische Kirchenrechtler E. Eichmann (a.a.O.,
S.257) schrieb: "Den Aposteln ist von Christus unmittelbar (nicht erst
auf dem Wege über Petrus) Gewalt übertragen worden (welche Gewalt?). In
die Rechte und Stellung des Apostelkollegs (?) folgte der Episkopat
(Grundsatz der apostolischen Sukzession der Bischöfe), der sonach als
Fortführung des Apostelamtes auf göttlichem Recht beruht (...) und vom
Papst nicht aufgehoben oder ausgeschaltet werden kann. Die Gewalt des
Episkopats ist eine unmittelbar (?) von Gott stammende (...); sie ist
eine ordentliche, keine delegierte Gewalt, eine eigenberechtigte,
kei-ne stellvertretende Gewalt (...). Sie ist aber keine Vollgewalt;
(...) Ob die Jurisdiktion des einzelnen Diözesanbi-schofs unmittelbar
von Gott oder vom Papst abzuleiten sei, ist bestritten." Letzteres ist
ein Scheinproblem. Ein sol-ches entsteht hier dadurch, daß nur
juristisch gedacht wird, nicht jedoch theologisch und biblisch, ja
nicht einmal fun-damentaltheologisch.
Christus hat nach seiner Auferstehtung (nicht etwa vorher, denn dies
wäre sinnlos gewesen) im Missionsauftrag (Mt 28,16 f.) den 11 Aposteln
die geistliche Gewalt in der Kirche, die seine eigene Gewalt ist,
übertragen (demandavit oder detulit) und zugleich versprochen, daß Er
bis zum Ende Welt(zeit) "bei ihnen sei", was eine übernatürliche
Gegen-wart bedeutet. Dieses Mysterium darf man weder irrational
verspiritualisieren noch rationalistisch profanisieren. Der Episkopat
folgt nicht in die Rechte und Stellung des 'Apostelkollegiums' (das im
übrigen nie existiert hat), sondern er folgte in die Rechte und
Pflichten des Apostolates der Apostel, die von Christus auf eine
bestimmte Weise geeint wur-den, bevor sich die 'Himmelfahrt' im Anblick
vieler ereignete. Apostolat und Episkopat sind weder das-selbe noch
gleichgestellt. Die Apostel waren keine Bischöfe und die Bischöfe keine
Apostel, sondern Nach-folger derselben im Apostolat, insoweit dieser
vererbt werden kann. Nicht die 'Fortführung' (!) des 'Apostelamtes'
beruht auf göttlichem Recht, sondern: das von Christus geschaffene
Apostolat und seine rechtmäßige Ausübung ist göttlichen Rechts (und
also nicht menschlichen Rechts). Die Gewalt des Episkopates ist keine
"unmittelbar von Gott stammende"; denn sie stammt unmittelbar von den
'erwählten Aposteln' Christi und ist somit eine vermittelte durch
die Apostel. "Apostolische Nachfolge" ist ihrem Wesen nach "vermittelte
Sendung", aber nur in der Kirche, die eine und eine apostolische ist.
Der Protestantismus war von Anfang an eine in Denominationen
zerfallende 'Groß-sekte'.
12) Als sich Päpste zu italienischen Renaissancefürsten 'entwickelten',
waren sie bereits auf dem besten Wege, die Kirche Jesu Christi zu
verlassen. Doch sollte man jetzt nicht gleich an den machtbesessenen
und schlauen Alexander VI. (1492-1503), den 'Borgia-Papst' und seine
"Brut" denken, auch nicht an seinen Lieblingssohn Cesare Borgia, ein
in-telligentes und kaltblütiges Ungeheuer, das einmal Kardinal war und
dann zu einem erfolgreichen Condottiere wurde, der über Leichen ging.
Es gab schon lange Bischöfe und sogar Päpste, die in Wirklichkeit keine
waren und das reine Gegenteil von Hierarchen. Es führt zu nichts Gutem,
diese Kleriker immer 'weiß waschen' zu wollen. Denn Häresie ist nicht
die einzige Todsünde des Unglaubens, ganz abgesehen von der Todünde der
Apostasie vom wahren Glauben (der 'vera fides' im theologischen Sinne).
So manche Theologen scheinen es vergessen zu haben, daß die Träger des
Papsttums auch Römische Bischöfe sind und als Bischöfe keine Apostel,
die indes allein Nachfolger Jesu Christi, des Herrn der Kirche, waren.
13) Hier sei wenigstens darauf hingewiesen, daß nicht bloß die
"lehrende Kirche" infallibel ist, sondern auch die "hörende Kirche"
(ecclesia audiens), da beide aufeinander bezogen sind!
14) Hier sei daran erinnert, daß das Vatikanum 2 einen radikalen Bruch
mit der uralten und altehrwürdigen apostoli-schen Ecclesia Romana
herbeigeführt hatte und diese Perfidität sogar als "neuen Anfang"
ausgab und propagierte!
15) Anm. d. Red. EINSICHT: Es ist nicht einmal gesichert, ob sie ihn
wirklich täuschen wollten. Die Kandidaten, die von Mgr. geweiht werden
wollten, entstammten teilweise florierenden Kongregationen, die nach
außen hin einen ordent-lichen Eindruck vermittelten - Mgr. Thuc hatte
uns später - d.i. nach den Weihen (!) - Photos von ihnen gezeigt -, was
natürlich nichts über ihre religiöse Einstellung aussagte. Mgr. Thuc
hatte wohl gehofft, daß aus diesen Gruppen einmal ein Widerstand
entstehen könne. Unterstützung finanzieller Art hat er von denen nicht
erhalten. Also von "ausnutzen" und "täuschen" kann nicht direkt die
Rede sein. (N.b. es waren aber exakt diese Weihen, die die anderen
- die G. des L., Carmona, Zamora gespendeten - suspekt machten.)
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