"GEGENWART DER KIRCHE IN DER WELT"
von Lotte Meller
Das ist doch der Sinn des "Dekrets über die soz. Kommunikationsmittel", das in der 2. Konzilsperiode durchgepeitscht wurde. (Vorweg: wenn hier einfach von Kirche und nicht von kath. Kirche gesprochen wird, so deshalb, weil die Kirche immer katholisch ist.)
Das obige Ziel scheint verwirklicht zu sein. Wir brauchen nur irgendeine Zeitung, eine Zeitschrift etc. aufzuschlagen, schon springt uns eine Nachricht aus der kirchlichen Welt entgegen. Das könnte zu der Meinung verführen, die Kirche würde eine - ich will noch nicht einmal sagen: entscheidende - Rolle im Leben des Volkes oder der Völker spielen. Doch der Schein trügt. Es ist wie immer, wenn etwas überbetont wird, sei es eine Tugend, eine Haltung, ein Einsatz. Meist liegt es dann damit sehr im Argen. Ich denke da nur an die Parolen aus meiner Jugend: ein Volk, ein Führer, ein Reich.
Während des sog. Konzils meinte einmal ein Seelsorger aus einem damals sog. "Glasscherbenviertel" Münchens: "Waren das noch Zeiten, als man uns anspuckte und mit Steinen bewarf! Heute nimmt keiner mehr Notiz von uns." (Damals gingen die Geistlichen noch in Priesterkleidung.)
Ich selbst bin früher oft und oft von Leuten, die der Kirche ganz ferne standen, gefragt worden: Was sagt Ihr Pfarrer, Bischof, Papst dazu? Nicht, daß diese Leute sich danach richten wollten! - jedoch war die Auffassung der Kirche für sie eine Orientierungshilfe, ein Leuchtturm im Dunkel der Nacht. Und heute? Mit dem Bemühen, sich Welt und Gesellschaft gleichförmig zu machen - um besser "anzukommen" - hat die offizielle "Kirche" erreicht, daß sie bedeutungslos geworden ist. Wo wird denn diese "Kirche" von den Gläubigen gehört? Wo ist ihr Einfluß auf die "C"-Parteien? Abgesehen davon, daß mit den Stimmen der sog. "christl." Parteien die Änderung des Gesetzes über § 218 erfolgt ist (§ 218 "regelt" den Schwangerschaftsabbruch) - bis heute fehlt noch der Hirtenbrief, in dem wirkliche Bischöfe hätten klaren Tisch machen und Mord Mord nennen müssen. Im Gegenteil! Da wurde vor ungefähr Jahresfrist ein Geistlicher von einem "Bischof" gemaßregelt, weil er das Kind beim Namen nannte.
An wen soll sich nun die christliche Familie in ihrer Not wenden?
Es sieht manchmal so aus, als ob seit dem "Konzil" eine Teilung der "Kirche" erreicht wäre: eine "Kirche der Hierarchie" und eine "Kirche ohne Hierarchie", die sich evt. noch auf aufmüpfige Theologen stützt. Sonst könnte sich wohl auch nicht eine "Kath. Hochschulgemeinde" (KHG) als "Kirche an der Hochschule" verstehen und die "bischöfliche" Behörde ablehnen. Die SZ berichtet unter dem 23.1.78 "Kath. Hochschulgemeinde unter Kuratel", daß das Würzburger Ordinariat eine Podiumsdiskussion der JuSo mit dem Thema: "Duckmäusertum oder Berufsverbot" in den Räumen der schon seit zwei Jahren als linkslastig bekannten KHG untersagt habe. Die sog. KHG bezieht immerhin jährlich 20 000 (?) DM von der "bischöfl." Finanzkammer, d.h. aus Kirchensteuergeldern.
Hier wurde also einmal ein Riegel gegen die "Kirche an der Hochschule" ("ohne Hierarchie") vorgeschoben.
Die DT brachte ungekürzt die Silvesterpredigt von Kardinal Ratzinger. (Anm. v. E. Heller: Solange nicht durch eine eingehende theologische Erörterung das Gegenteil erbracht worden ist, gehe ich persönlich davon aus, daß auch der Weiheritus der Bischofsweihe verfälscht wurde - analog zu den andern Sakramenten. Für mich ist es also ganz und gar zweifelhaft, ob der "konservative" Ratzinger überhaupt wirklicher Bischof ist. Kardinal der wahren Kirche ist er auf keinen Fall, da alle Amtsakte eines Apostaten, in dem Fall: Paul VI. - vgl. die Bulle Pauls IV. "Cum ex apostolatus officio" vom 15.3.1559 - null und nichtig sind.) Es wurde von etlichen als Lichtblick empfunden, daß Ratzinger dich gegen gewisse Zeittendenzen wendete: "Im Grunde geht es um Probleme des Gottesglaubens''. Fast im gleichen Augenblick kommt jedoch die kalte Dusche: "ökumenischer Gottesdienst" (die brave DT brachte gleich auf der 1.Seite eine Schlagzeile: "Kardinal Ratzinger und Landesbischof Hanselmann im Frauendom" DT vom 1.2.78), der die "Probleme des Gottesglaubens" so darstellt, wie er sie wirklich meint: "katholisch" und nicht-katholisch zugleich. (Anm. d. Red.: da wird die Maske fallen gelassen: die vorgebliche Orthodoxieentpuppt sich als tatsächliche Häresie.) Dadurch wird konkret Ratzingers Auffassung unterstrichen, daß eine Anerkennung des "Augsburger Bekenntnisses" von der "kath. Kirche" (d.i. die nachkonziliare!) aus denkbar sei. (Anm. d. Red.: mit anderen Worten, die häretische Gleichstellung von kath. Priestertum und protestantischer Ordination, für die auch der Münchner Prof. Fries verantwortlich zeichnet - z.Zt. möchte er Prof. Pfeil durchaus beweisen, daß er noch katholisch ist; vgl. den Hickhack in der DT - ist beschlossene Sache. Der Appell der 180 Priester aus der Rottenburger Diözese wird hier direkt von Ratzinger unterstützt.)
Auf dieses Bekenntnis, das von Luther als "leisetreterisch" bezeichnet wurde, legen die protestantischen Pastoren ihr Amtsversprechen ab. Nach Ratzinger würde sich auf dieser Grundlage (Vortrag im Herbst 77 in Graz) eine Einheit bewirken lassen, in der "die Kirchen bleiben und doch eine Kirche werden", d.h. die beiden "Kirchen" wären als Schwesterkirchen" anzusehen, mit eigener, jeweils vom andern anerkannten Theologie, Frömmigkeit, Sakramenten: also durchaus austauschbar.
(Und durch diesen Abfall erreicht dann Ratzinger die Angleichung und "die Gegenwart der Kirche in der Welt", Anm.d.Red.)
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