"VOX FIDEI":
"STIMME DES GLAUBENS" ODER ORGAN DES WUNSCHDENKENS? - UND DAS ELEND DER "TRADITIONALISTISCHEN" INKONSEQUENZ von Eberhard Heller
Nicht zuletzt wegen der laufenden Differenzen zwischen Erzbischof Lefebvre und Paul VI. wird der Streit um die Gültigkeit der "Neuen Messe" Pauls VI. immer häufiger in der Öffentlichkeit ausgefochten. So schreibt z.B. der Herausgeber von "Vox fidei", Dr. Küble in Heft 4, vom 11.2.1978, anläßlich einer Kontroverse zwischen Prof. Hacker und Prof. Siebel, Pater Pio hätte die "neue Messe für gültig" gehalten und sie "genau nach Vorschrift im Gehorsam" zelebriert. Außerdem zitiert Herr Dr. Küble auch Erzbischof Lefebvre als Autorität für die Gültigkeit der "neuen Messe". Wörtlich schreibt er: Erzbischof Lefebvre hält die neue Messe für gültig, nicht für häretisch, aber an manchen Stellen für doppeldeutig und häresiebegünstigend. Er meint, wenn er ein Jahr lang die neue Messe zelebrierte, könnte er für die Unversehrtheit seines Glaubens nicht mehr garantieren."
Die Behauptung, Pater Pio hätte die sog. "neue Messe" Pauls VI. angenommen, ist schlicht falsch. Pater Pio hat stets nur die durch das Konzil von Trient und Pius V. bestätigte Hl. Messe gefeiert. Wohl hat er im Gehorsam gegen seine Obern die Hl. Messe später versus populum gelesen (weil man ihn dazu zwang), aber erst, nachdem er seine Vorgesetzten auf die Unrechtmäßigkeit dieser Anordnung hingewiesen hatte, und dann tat er es nur mit zerrissenem Herzen. - Was nun die Stellung Mgr. Lefebvres zur sog. "neuen Messe" anbelangt, so muß man leider sagen, daß sie nicht eindeutig und darum nicht so leicht zu fixieren ist, auch nicht in der von Dr. Küble umrissenen Weise. Für den Fall jedoch, daß Mgr. falsch verstanden wurde, wäre es ihm ein leichtes, sich zu präzisieren.
Bei dieser Richtigstellung könnte man es bewenden lassen, wenn ein solches 'Abstützen' auf Autoritäten, bzw. die Möglichkeit, sich auf sie abstützen zu können, nicht Gelegenheit böte, unsere derzeitige Situation in mehrfacher Hinsicht schlaglichtartig zu durchleuchten. Dies soll hier geschehen.
Obwohl Herr Dr. Küble die Debatte um die sog. "neue Messe" noch nicht als abgeschlossen betrachtet, zeigt doch sein Versuch, für die liturgische Freveltat Pauls VI. bestätigende Autoritäten anzuführen, dieses Machwerk als gültig absegnen zu lassen. Es ist ja klar: wenn der heiligmäßige Pater Pio, der besonders wegen seines würdigen Zelebrierens der Hl. Messe viele Gläubige anzog und im Glauben an die Realpräsenz Christi stärkte, wenn also er, der übernatürlich begnadete Seher, diese Liturgie annimmt, dann kann sie ja nicht falsch sein.
Wenn dann noch der Kronzeuge gegen das II. Vat. Konzil, Mgr. Lefebvre, der wegen seiner bisherigen Orthopraxie in der Liturgie überall angegriffen wird von den Reformern, als zustimmende Autorität angeführt werden kann, scheinen alle dogmatischen und kirchenrechtlichen Bedenken seitens der Una voce Gruppe Maria, von Frau Dr. Gerstner oder Herrn Holzer gegen die massiven Verfälschungen beseitigt zu sein. - Und wenn die "neue Messe" gültig ist, so geht der Gedankengang weiter, kann man den "Hl. Vater" und die "Bischöfe", deren Verhalten man zwar noch als schwach und opportunistisch kritisieren muß, immer noch als legitime Amtsinhaber akzeptieren. Die "Haupt"-Gefahr, nämlich die wirkliche Einsicht in die heutigen Verhältnisse, die einen nötigen würden, das Tischtuch zu zerschneiden zwischen den Reformern und einem selbst, wäre gebannt: man könnte beruhigt beim alten Verein bleiben. Schwierigkeiten mit der Vereins-Zugehörigkeit gäbe es natürlich dann - und das wissen die meisten oder fühlen es dunpfwenn wirklich feststehen würde, daß der sog. "NOM" Pauls VI. seiner dogmatischen Form nach tatsächlich ungültig wäre. - Ja das wäre fatal! Man würde aber mit Erfolg nach neuen "Argumenten" Umschau halten, um das "Gewissen" zu beruhigen.
Damit wäre die Frage, ob "Vox fidei" "Stimme des Glaubens" oder Organ des Wunschdenkens ist, beantwortet.
Warum Dr. Küble irrigerweise Pater Pio als Zeugen für die Gültigkeit der "neuen Messe" heranzog, entzieht sich meiner Kenntnis. Daß er sich aber auf Erzbischof Lefebvre berief (und leider auch berufen konnte), dafür hatte er Grund genug. Es ist tatsächlich so, daß Lefebvre - abgesehen von seiner Praxis - in der Frage der Gültigkeit des sog. "NOM's" eine unklare Haltung bezieht. In seinem "Brief an dieFreunde und Wohltäter" Nr.14 sagt er zwar: "Die unheilvollste Frucht dieser Vermählung (d.i. der ökumenischen Vermählung von Wahrheit und Irrtum; Anm. d. Red.) ist die katholisch-protestantische Messe, von nun an eine vergiftete Quelle, die unberechenbare Verwüstungen hervorbringt: Abfall von der Kirche, Preisgabe des wahren Glaubens, Sakrilegien, Zerreißen der Einheit der Kirche, Wucherung aller Arten von Kulten, die der Kirche nicht würdig sind." Dann jedoch distanziert er sich wieder von Leuten, wie z.B. Herrn Anton Holzer, der in seinem Buch "Novus Ordo Missae oder die Zerstörung der heiligen "Messe" den Nachweis der Ungültigkeit erbracht hat. Wie soll man denn wissen, daß, wenn Lefebvre sagt: "Ich sage nicht, daß die neue Messe ungültig ist", er nicht nur meinen kann, daß die "neue Messe" ihrer dogmatischen Form nach tatsächlich noch gültig ist, sondern auch, daß er es nur nicht sagt, daß sie ungültig ist - vielleicht denkt er es insgeheim. Eine eindeutige Stellungnahme in der Meßfrage, in derrdiese als ungültig ablehnt, hat er bisher noch nicht abgegeben. Manchmal muß man sogar den Eindruck gewinnen, daß er der eindeutigen Beantwortung dieser Frage auch deshalb aus dem Wege geht, weil er die sich daraus ergebenden Konsequenzen scheut. Aus seinen bisherigen Äußerungen muß man darum leider eher annehmen, daß er sie nicht für ungültig hält. Und die Feinde können den Theologen Lefebvre gegen den Praktiker Lefebvre ausspielen!
Mgr. sagt zwar auch, daß heute viele Priester deswegen ungültig zelebrieren, weil sie den Opfercharakter der Messe, der in dem sog. "NOM" nicht mehr zum Ausdruck komme, ablehnen, weil sie also die notwendige Intention nicht aufbringen. Dieser Hinweis ist wichtig, reicht aber nicht aus, weil er an der entscheidenden Beurteilung der dogmatischen Form des "NOM" vorbeigeht. Die Verfälschung der Opferung und der Wandlungsworte werden überhaupt nicht erwähnt. Wegen intentionaler Fehlhaltungen der Priester konnte auch die 'alte' Hl. Messe ungültig gefeiert werden.
Mgr. Lefebvres Zweideutigkeiten wurden mehrfach entschuldigt (auch in "Vox fidei"): Der Erzbischof könnte eventuell aus pastoralen Gründen heraus so handeln, um etwa die armen Gläubigen nicht >zu überfordern, oder aus Vorsicht gegenüber seinen übermächtigen Gegnern etc. Ich prüfe hier nicht, ob solche "pastorale Vorsichtigkeit" (für den Fall, daß er von der Ungültigkeit überzeugt ist) überhaupt erlaubt ist. Ich sehe nur, daß er sich gegebenenfalls durch solches Taktieren den dogmatischen und rechtlichen Boden für sein von den Reformern gern als "rebellisch" apostrophiertes Handeln unter seinen eigenen Füßen entzieht.
Auch für den Fall, daß er die sog. "neue Messe" in ihrer Form für gültig hielte: welche Gründe könnte er für sein, dann als Starrsinn erscheinendes Verhalten anführen, durch das die (von seinem Standpunkt aus gesehen: noch legitime) Kirche einer ungeheuren Zerreißprobe ausgesetzt wird.
Eigenartigerweise ließ er nun, um alles noch mehr zu verwirren, verlauten: "Was die alten Formen angeht, so sind das Zweitrangigkeiten. Man muß die Dinge immer je nach den Zeitläuften und Entwicklungen neu fassen." (Gesagt in einem Interview, das die "Südwestpresse Tübingen am 12.4.1978 veröffentlichte.) Was heißt nun das wieder? Bisher galt als ausgemacht, daß Mgr. Lefebvre wenigstens in seiner Praxis konsequent an der durch das Konzil von Trient bestätigten und durch Pius V. kodifizierten Messe festhalten würde. Deswegen hat er sich als Bischof der Tradition einen Namen gemacht. Sollte er nun, wenigstens argumentativ zunächst, bereit sein, die Hl. Messe (die 'alte') als in ihrer Form überholt zu betrachten und eventuellen Änderungen zuzustimmen? Gilt die Bulle "Quo primum" nicht mehr? Welchen Schluß lassen solche, für die Öffentlichkeit abgegebene Erklärungen denn sonst zu?
Ahnliche Zweideutigkeiten und Inkonsequenzen gibt es bei Mgr. Lefebvre mehrere. Auf der einen Seite betrachtet er die abgefallenen Bischöfe noch als legitime Amtsinhaber, andererseits mischt er sich dann jedoch (von diesem Standpunkt aus gesehen: rechtswidrig) in den Kompetenzbereich und die Jurisdiktionsgewalt seiner "Brüder im Amt" ein: durch Firmung, Einweihung von Kapellen, Errichten von Seminarien und Prioraten. All das dürfte er erlaubterweise nur dann tun, wenn er sich auf einen allgemeinen Notstand der Kirche berufen würde, in dem das göttliche Recht Vorrang hätte vor dem (reinen) Kirchenrecht. Dieses Abstützen auf den Notstand schlösse aber dann die Anerkennung der abgefallenen Bischöfe als legitime Amtsinhaber aus. Diese zollt (bzw. zollte) er ihnen auch in den Fällen, wo er von Kandidaten, die in sein Seminar eintreten wollten, die Litterae dimissoriae (d.i. Schreiben des Ortsbischofes, in dem er sein Einverständnis für die Übernahme eines Seminaristen aus ssiner Diözese in eine andere gibt) verlangte. Natürlich stellte keiner der Reformbischöfe solche Schreiben aus!
Einerseits anerkennt Lefebvre Paul VI. als legitimen Papst. Er bat z.B. den "Hl. Vater"; seinen Glauben bewahren zu dürfen; mehr wolle er für sich und seine Anhänger nicht. Auf der andern Seite gehorcht er aber den von Paul VI. getroffenen Anordnungen in keiner Weise, wozu er von seinem Standpunkt der Anerkennung verpflichtet wäre. Lefebvres verklausulierte Vorbehalte bezüglich der Legitimität Pauls VI. versteht keiner. Zu welch grotesken Auffassungen es durch seine Zweideutigkeiten kommen kann, mag folgendes Beispiel erläutern. In die St. Michaelskirche in München kamen einmal zwei Damen, die erklärten, sie hätten gehört, wir seien gegen den "Hl. Vater Paul VI.". Das könnten sie gar nicht glauben; denn Erzbischof Lefebvre, der für den Hl. Vater sei, hätte sonst diese Kirche nicht benediziert. Nachdem sogar traditionalistische Priester in das Horn geblasen haben: "Der Hl. Vater Paul VI. ist für Erzbischof Lefebvre", blieb von diesem Unsinn kaum ein einfaches Gemüt verschont.
Diese offensichtlichen Früchte von Lefebvres Taktieren bezüglich der Legitimität Pauls VI. zeigen aber noch etwas ganz anderes: seine diplomatischen Finessen gehen an dem Verständnis der Gläubigen und der wahren kirchlichen Situation vorbei. Die Not der Gläubigen wird nicht ernst genommen und die Misere verharmlost.
Auf der einen Seite sagt zwar Mgr.: "Diejenigen, die die Kirche spalten, das sind jene, die innerhalb der Kirche die Bildung einer neuen Kirche (...) eingeleitet haben". Diesen wirft er zu Recht Protestantismus, Modernismus und Liberalismus vor, doch eine Trennung von dieser apostasierenden Organisation vollzieht er nicht. Im Gegenteil! Jüngsten Äußerungen zufolge gäbe er sich schon damit zufrieden, wenn die sog. "Amtskirche" den Dialog mit den Traditionalisten annähme. Man schüttelt den Kopf. Möchte Lefebvre in das weltweite "Dialogisieren" einsteigen? Sollen nun auch die letzten Zufluchtsorte des Glaubens Schwätzhallen werden? Gerade die Modernisten wissen ganz genau, was sie angerichtet haben. Wenn sie wollten, könnten sie umkehren. Zu reden gibt es vorher nichts.! Vielleicht möchte Mgr. den Tod Pauls VI. abwarten, um dann zu einem Arrangement mit den "deutschen Bischöfen" zu kommen. Die jüngsten Äußerungen deuten darauf hin. Aber wie soll z.B. ein solches mit Ratzinger ausschauen, der für die Anerkennung der Confessio Augustana, für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener plädiert, der sein Einverständnis zur Aufführung des blasphemischen Stückes "Ave Eva" gibt und der die Verfälschung der Wandlungsworte zwar für überflüssig, aber keinesfalls für häretisch hält {und natürlich damit "konsekriert"!)? Möglicherweise gibt er sich auch der Illusion einer allgemeinen Umkehr und Wende innerhalb der abgefallenen Organisation hin, die durch den nächsten Papst initiiert werden soll - wer soll jedoch einen solchen noch rechtmäßig wählen, und welcher Kandidat ist überhaupt noch wählbar ?
Einerseits lehnt Lefebvre es ab, die Führung der (Rest)Kirche zu übernehmen, andererseits möchte er (und bestimmte Personen seiner Bruderschaft) den traditionalistischen Widerstand an seine Person binden. Die Alternative in der Öffentlichkeit heißt nicht mehr: für oder gegen den wahren kath. Glauben, sondern für oder gegen die Person Lefebvres.
Auf dem Erzbischof lastet (so muß man es schon bezeichen) die Hoffnung vieler Gläubiger, in der Kirche für eine Klärung der derzeitigen Verhältnisse zu sorgen. Viele erhoffen von ihm als Bischof, daß er selbst wiederum Bischöfe weiht, um die apostolische Sukzession zu wahren. Seine Bedeutung als Person hängt zweifelsohne mit seinem Bischofsamt zusammen. Wäre er (nur) einfacher Priester, würde er kaum ein solches Interesse auf sich ziehen. Und man vertraut ihm, weil er als einziger Bischof in der tatsächlich gezeigten Weise Widerstand gegen die Reformen Pauls VI. geleistet hat. Doch angesichts dieses widersprüchlichen und inkonsequenten Verhaltens muß man sich unwillkürlich fragen: Was wollte bzw. was will er eigentlich erreichen?
Wenn man sein vordergründig gezeigtes Verhalten betrachtet, könnte man zu der Auffassung gelangen: Er will aus einem begründeten Unbehagen gegenüber den Neuerungen, denen er protestantische Tendenzen vorwirft, durch bloßes Festhalten an der tradierten Form Einhalt gebieten. Kennt man aber seine Position ein wenig genauer, dann weiß man, daß er weit besser im Bilde ist, als er meist vorgibt - man lese nur noch einmal den bei uns zitierten Brief Mgr.'s aus dem Jahre 1966 (!) in "Einsicht" VII(3)137 - dann stellt sich die Frage nach den Gründen für Lefebvres Handeln erneut. Für mich ist und bleibt es uneinsichtig, daß er da, wo er dogmatisch entscheiden könnte, wie im Fall des sog. "NOM", nur Argumente der bloßen Tradition und der Itttentron vorträgt, daßeresdort, wo er kirchenrechtlich argumentieren müßte, bei persönlichen Attacken bewenden läßt, wie im Falle des nötigen Prozesses gegen Paul VI.. Dadurch untergräbt er nur seine eigene Position und die der wahren Kirche.'
Unser heutiges Elend besteht in der Inkonsequenz. Man korrumpiert sich selbst. So handeln leider die meisten. Schaut man einmal umher, trifft man (abgesehen von tatsächlichem Nicht-Wissen bzw. offenkundigem Überfordertsein) häufig bloß Halbherzigkeit unter den angeblich glaubenstreuen Katholiken an; Geradheit, Offenheit und Kompromißlosigkeit im Handeln sind selten. Jeder kennt das Beispiel vom feindlichen Heer, dem man nur in gleicher Stärke begegnen könne. Warum kämpft man denn auf unserer Seite mit Zahnstochern und nicht mit den Waffen, die man wirklich hat! In meinen Augen kommt das einem Selbstmord gleich. Der wahre katholische Glaube geht hauptsächlich deshalb zugrunde, weil der Kampf für seine Bewahrung in der Öffentlichkeit nur mit tradtionalistischen, d.h. mit Argumenten der religiösen Konventiongeführt wird. Den meisten muß die "innerkirchliche" Auseinandersetzung als Rangeln um "zeitbedingte" Formen vorkommen. Und man kann denen, die die wahren Hintergründe nicht kennen, und auch nicht kennen können, weil sie möglichst von beiden Seiten verschleiert werden, nicht verübeln, wenn sie an diesem "Traditionalismus" kein Interesse mehr haben.
Was bei dem inkonsequenten, dafür aber an diplomatischer Rafinesse reichen Handeln Mgr. Lefebvres "herauskommt", möchte ich hier an zwei Beispielen zeigen. Dadurch, daß er auf der einen Seite Paul VI. noch als legitimen Papst anerkennt, andererseits sich aber seinen Anordnungen widersetzt bzw. ihnen entgegenhandelt, zerstört Lefebvre nach Stroije (USA) die Autorität nicht nur Pauls VI., sondern auch die des Papsttums überhaupt. Es ist klar: wenn ich die Befehle einer mit vorgesetzten Dienststelle mißachte und mache, was ich will, untergrabe ich deren Autorität. Anstatt darauf zu bestehen, desavouiert Mgr. sie. Uns macht man immer gerne den Vorwurf, wir seien die Papsthasser. Jedoch dadurch, daß wir den abgefallenen Paul VI. nicht mehr als Papst anerkennen, halten wir gerade die Würde und die Achtung für das Papsttum aufrecht.
Noch schlimmere Früchte reifen durch Lefebvres unentschiedenes Verhalten gegenüber der größtenteils abgefallenen Gesamtkirche. Er selbst wirft ihr Protestantismus und alle möglichen modernen Häresien vor; die innere Kluft der-scheinbar noch als Einheit dastehenden römischen Kirche ist nicht mehr zu überbrücken. Lefebvre sagt ja selbst: "Diejenigen, die die Kirche spalten, das sind jene, die innerhalb der Kirche die Bildung einer neuen Kirche ganz bestimmter Art eingeleitet haben." Also gibt er das Entstehen einer "neuen Kirche" zu. Wenn das der Fall ist, dann muß sich die wahre Kirche von dieser "Neukirche", die sicherlich nicht der Stiftung Christi entspricht, trennen. Wenn man aber, wie Lefebvre das in seiner Audienz bei Paul VI. getan hat, darum bittet, das Experiment der Treue und des wahren Glaubens innerhalb der abgefallenen "Neukirche" - und mit deren Erlaubnis! - weiterführen zu dürfen, und damit nur zeigt, daßt er "vereinstreu" ist, dann gibti er die Heiligkeit und die Einheit der Kirche auf, ganz besonders aber die Heiligkeit. Die Kirche als Stiftung Christi ist nämlich heilig, und kein Konglomerat aus Wahrheit und Lüge, aus Heiligkeit und Dreck! Das häufig vorgebrachte Argument, man wolle die Trennung vermeiden, um Seelen zu retten (das Schlagwort aller, die nichts tun wollen), ist nur irreführend. Wer nicht verloren gehen will, kann auf Gottes Führung rechnen. Wir sollen die Stadt auf dem Berge sein und denen, die ins Vaterhaus eintreten wollen, den Weg zeigen. Wenn man sich aber, wie das Mgr. Lefebvre nach jüngsten Äußerungen1! vorhat, mit dem Dialogisieren mit den "deutschen Bischöfen" zufrieden gibt, dann steigt man in Talniederungen und nimmt den Suchenden die wahre Orientierung.
In diesem Zusammenhang muß man sich auch grundsätzlich fragen, ob man denn im Normalfall bei Priestern die Sakramente empfangen darf, die bewußt der abgegefallenen "Amtskirche" weiter angehören wollen. Bekanntermaßen darf man die Sakramente bei den Schismatikern, z.B. bei den Orthodoxen nur im Extremfall, d.h. im Sterbefall empfangen. Die Soldaten im 2.Weltkrieg wurden auf diese erlaubte Möglichkeit des Sakramentenempfangs von der Kirche ausdrücklich hingewiesen, und ich möchte hiermit den Lesern diese Möglichkeit wieder mitteilen; denn die Sakramente der Ostkirche sind gültig. Wenn es schon im Normalfall nicht erlaubt ist, bei den schismatischen Orthodoxen, die sich 'bloß' von Rom, d.h. aus der Einheit mit dem Papst losgesagt haben, zu den Sakramenten zu gehen, dann erhebt sich doch die Frage, ob es erlaubt ist, in der Regel bei ausgesprochenen Montinianhängern, die um dessen Abfall und den der übrigen Amtskirche wissen, aber dennoch ein Zusammenbleiben bejahen, die in der Tat gültigen Sakramente mehr oder weniger zu rauben. Denn die Kluft zum abgefallenen Rom ist doch wesentlich größer als die zu den "uneinheitlichen" Orthodoxen.
Wenn man die aufgezeigten Tatbestände nüchtern überdenkt und sich am Schluß die Frage stellt, ob man Mgr. Lefebvre und sein Werk (vorbehaltlos) unterstützen darf, dann muß man vom Gesichtspunkt der Heiligkeit der Kirche diese Frage für den Fall verneinend beantworten - bei aller Sorge um bessere Zustände in der Kirche, und gerade deswegen -, daß er ausdrücklich bei dieser ungeklärten Position gegenüber dem abgefallenen Rom bleibt und seine Inkonsequenz zum Prinzip erhebt. Man könnte das mit Zurückhaltung nur dann tun, wenn man Grund zu der Hoffnung hat, daß Lefebvre wirklich auf eine umfassende Klärung der Situation (soweit es- in seinen Kräften steht) hinarbeitet, wobei das derzeitige Verhalten nur als Zwischenstadium eines nur mühsam zu erreichenden Standpunktes zu betrachten wäre. - Eine rückhaltlose Unterstützung verbietet sich übrigens allein schon deshalb, weil es Lefebvre nach wie vor ablehnt, verbindliche Verantwortung für die Gläubigen zu übernehmen.
Leider kann ich für meine Person heute jedoch nicht mehr umhin, an der Absicht einer umfassenden Klärung zu zweifeln. Seit Jahren geschieht in dieser Hinsicht nichts! Mgr. hat zwar den unrechtmäßigen Forderungen Pauls VI. nicht nachgegeben, aber selbst auch nichts getan, um von sich aus eine im Sinne der wahren Kirche geforderte Bereinigung in Gang zu setzen. Es entsteht sogar eher der Eindruck, daß der derzeitige Schwebezustand bewußt aufrecht erhalten wird. Man kann nur hoffen, daß es jemand aus Lefebvres Umgebung gelingt, ihn dazu zu bewegen, die erforderlichen Schritte zu unternehmen.
Abschließend gestatte man mir noch einige grundsätzliche Überlegungen. Das Elend der "Traditionalisten" besteht in ihrer Inkonsequenz, Beschränktheit und geistigen Faulheit. Anstatt, wie es die Kirche in ähnlichen Fällen getan hat, nämlich die anstehenden Probleme von Grund auf anzupacken und zu lösen, betreibt man nur alles weiter "wie vor dem Konzil". Man nagelt die Welt zwar nicht mit Brettern, sondern mit "vorkonziliaren Heiligenbildchen" zu, übersieht aber dabei geflissentlich, daß vor dem Konzil auch nicht alles in Ordnung gewesen sein kann; denn sonst hätte der gesamte Weltepiskopat nicht geschlossen diesen verhängnisvollen Reformen des sog. II. Vatikanums und all den unglaublichen Folgeerscheinungen, die øich auf den'Geist' dieses Konzils beriefen, zustimmen können. Mit dieser "Tradition", d.h. zusammen mit den Sünden, die gerade zum konziliaren Ruin geführt haben, können wir die Kirche nicht retten. Mit der Asche von gestern kann ich das Feuer von heute (und morgen) nicht neu entfachen. Die Kirche ist der mystische Leib Christi, der sich in Ihm durch die Verdienste seines Opfertodes immer wieder erneuern kann. Sie ist nicht gewachsen durch Spekulantentum und permanentes Rückversichern bei der öffentlichen Meinung, sondern durch Demut, Einfachheit, Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes und der Kirche, und durch Bekennermut. Man sollte meinen, daß gerade der derzeitige religiöse Zusammenbruch diejenigen, die der Kirche treu bleiben wollen, zu einer radikalen Umkehr veranlassen würde. Weit gefehlt: man geht in die 'alte' Messe und verharrt in den alten Sünden: im geistigen Hochmut und im Stolz. Wie unvollkommen jeder einzelne von uns Christi Forderung, Du sollst Deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus allen deinen Kräften, erfüllt , weiß jeder selbst am besten.
Bitten wir darum den Heiligen Geist, dessen Fest wir feiern, daß er den Irrenden die Gnade der Einsicht und Umkehr schenke, daß Er alle Wankelmütigen und Unentschlossenen stärke, daß Er seiner Kirche Priester und Bischöfe erweoke, die ihr in Seinem Geiste, im Geist der Wahrheit, neues Leben einhauchen, bitten wir Ihn auch inständig, daß Er uns führe und leite.
ÜBER DIE PRIESTER
Unser Herr zur hl. Brigitta:
Ich habe die Priester über alle Engel und Menschen auserwählt, Ich habe sie über alle geehrt. Ich gab ihnen die Macht, auf Erden und im Himmel zu binden und zu lösen, aus Feinden meine Freunde zu machen. Ich gab ihnen Macht, meinen Leib au konsekrieren und ihn zu berühren. Wenn Ich gewollt hätte, hätte ich Engel erwählen können zu diesem Amt, aber Ich liebe die Priester so sehr, daß Ich sie zu diesem Ehrenamt erhöhte. Ich habe sie eingesetzt damit sie, geduldig wie Lämmer, mutig und großmütig wie Soldaten, klug und vorsichtig wie Schlangen, liebeglühend und rein wie Engel vor mir dienen.
Unser Herr zur hl. Magdalena von Pazzi: Das Priestertum bringt höchste Verantwortung mit sich. Vom Priester - wird strengere Rechenschaft gefordert, denn zu seinem heiligen Stand gehören größere Gnaden und größere Erleuchtungen.
(aus: "Précieux Recueil")
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