KLERIKALES SCHEINGEFECHT:
ZWEI BRIEFE VON MGR. DEGENHARDT UND FRANZ SCHMIDBERGER
Vorbemerkung:
Wir geben diese beiden Briefe (aus: "Mitteilungsblatt der
Priesterbruderschaft St. Pius X.", Okt. 1981,S.21 ff) hier ungekürzt
wieder, nicht weil in ihnen neue Argumente auftauchen, sondern weil sie
ein Muster-Beispiel dafür sind, auf welchem Niveau die religiöse
(Schein)Auseinandersetzung heute verläuft.
Der Erzbischof von Paderborn
Paderboren, den 16.6.1981;
An die Geistlichen in den Dekanaten Bigge-Medebach, Brilon-Marsberg und Waldeck.
Liebe Mitbrüder, seit dem 7. Dezember 1980 feiert an jedem Sonntag ein
zur Lefebvre- Priesterbruderschaft gehörender Priester in der Kapelle
des früheren Johannesstiftes in Brilon-Wald die heilige Messe im
tridentinischen Ritus. Das frühere Johannesstift in Brilon-Wald wurde
im Jahre 197o vom Caritasverband Münster weiterverkauft mit der
Auflage, die Kapelle "... dem jeweiligen katholischen Geistlichen der
zuständigen Ortsgemeinde in Obhut zu geben". Leider ist diese Auflage
jetzt nicht mehr aufrechterhalten. Es hat den Anschein, daß die
Lefebvre-Priesterbruderschaft das Hotel mitsamt Kapelle vom jetzigen
Besitzer käuflich erwerben will, um ein Zentrum der
Lefebvre-Priesterbruderschaft zu errichten (Wir haben das ehemalige
Johannesstift tatsächlich am Feste "Maria vom Loskauf der Gefangenen",
dem 24. September käuflich erworben.).
Ich schreibe Ihnen dies mit der Bitte um Mitsorge für die Einheit der
Kirche im Raum unserer Erzdiözese. Erzbischof Lefebvre, seine Priester
und seine Gemeinschaft haben sich durch ihr Verhalten von der
lebendigen Gemeinschaft der katholischen Kirche getrennt und die Gefahr
der Spaltung bewußt in Kauf genommen. So ist die Feier der Eucharistie,
die von Jesus Christus als Zeichen und Ausdruck der Einheit gestiftet
ist, auch in Brilon-Wald durch die Tätigkeit der Lefebvre-Priester zum
Streitgegenstand und zum Ausdruck der Trennung geworden.
Ich bitte Sie, liebe Mitbrüder, mit Ihren Gemeinden um die Einheit der
Kirche zu beten und darauf hinzuwirken, daß die Gläubigen in der
lebendigen Verbindung mit unserer katholischen Kirche bleiben.
Gläubige aus ihren Gemeinden, die an der Meßfeier eines
Lefebvre-Priesters in Brilon- Wald teilnehmen, müssen wissen, daß sie
damit ihre Sonntagspflicht nicht erfüllen. Sie sollten diese Gläubigen
auf geeignete Weise darauf aufmerksam machen, daß sie durch ihre
Teilnahme an einer solchen Meßfeier in der Gefahr stehen, sich selbst
aus der lebendigen Gemeinschaft der einen, heiligen, katholischen und
apostolischen Kirche auszuschließen. Wie den Aposteln und der ganzen
Tradition der Kirche geht es auch heute um den einen Leib Christi im
Heiligen Geist. Mit den Worten der deutschen Bischöfe möchte ich sagen:
"Einhellig und mit aller Leidenschaft lassen wir uns durch nichts
abbringen von der Treue zur einen Kirche." Es gibt nur den einen Papst,
nur das eine Kollegium der Bischöfe, nur einen Altar, nur eine heilige
Meßfeier. Folgen wir der Mahnung des Apostels: "Bemühet euch, die
Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält"
(Eph 4,3).
Es segne Sie und Ihre Gemeinden der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist!
+ Ihr Johannes Joachim, Erzbischof
Distrikt für Deutschland und Österreich der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Priorat St. Maria zu den Engeln, Saarbrücken Saarbrücken, den 24.7.81
An die katholischen Priester in den Dekanaten Bigge-Medebach, Brilon-Marsberg und Waldeck
Hochwürdige Herren, liebe Mitbrüder im priesterlichen Amt! Der
Erzbischof von Paderborn, Johannes Joachim Degenhardt, hat Ihnen mit
Datum vom 16. Juni 1981 einen Brief gesandt, in dem er auf das
Meßzentrum der Priesterbruderschaft St. Pius X. im früheren
Johannesstift in Brilon-Wald Bezug nimmt. Erlauben Sie mir bitte, daß
ich Ihnen als der Obere der Priesterbruderschaft für Deutschland und
Österreich einige Überlegungen zu den von Erzbischof Degenhardt
angeschnittenen Fragen vorlege:
Erzbischof Lefebvre und die von ihm gegründete Priesterbruderschaft
wollen in keiner Weise irgendwelche Auseinandersetzungen hervorrufen
oder zu einem Streit beitragen. Alles,was in ihrer Absicht liegt, ist
einzig und allein, die katholische Tradition, wie sie von den Aposteln
her auf uns gekommen ist, weiterzutragen, den überlieferten
katholischen Glauben zu vermitteln und das überlieferte heilige
Meßopfer darzubringen.
Bitte, glauben Sie uns, daß es uns in allem nur um die Ehre Gottes und
das Heil der Seelen geht. In dem Brief von Erzbischof Degenhardt sind
eine Anzahl von Behauptungen aufgestellt über unser Werk. Sind diese
aber wirklich begründet? So möchte ich Sie fragen:
Kann es wirkliche eine Trennung "von der lebendigen Gemeinschaft
katholischen Kirche" sein, wenn man nur das weiterführt, was die
katholische Kirche immer getan hat?
Und wird "eine Spaltung in Kauf genommen", wenn man bei dem bleibt, was die Kirche immer hochgeschätz hat?
Und können Sie mir erklären, wieso die Gläubigen, die in Brilon-Wald
der "tridentinischen" Messe beiwohnen, "ihre Sonntagspflicht nicht
erfüllen"? Schließlich: wie kann es denn geschehen, daß die Gläubigen,
die "an einer solchen Meßfeier" teilnehmen, "in der Gefahr stehen, sich
selbst aus der lebendigen Gemeinschaft der einen heiligen, katholischen
und apostolischen Kirche auszuschließen"? Hat denn die katholische
Kirche nicht stets verschiedene Riten gehabt, die miteinander lebten?
Und ist nicht der tridentinische Ritus der älteste Ritus der
katholischen Kirche?
Wenn viele Gläubige überzeugt sind, gerade damit ihren Glauben am
besten bewahren zu können, soll man es ihnen untersagen? Es besteht
doch kein Zweifel, daß der Glaube heute gefährdet ist. Ist er aber das
höchste Gut hier auf Erden für den Katholiken, dann muß er doch alles
tun, ihn zu erhalten - dies auch dann, wenn er als "ungehorsam"
gegenüber einzelnen Bischöfen erscheint. In erster Linie muß man doch
Gott und seinem Gewissen gehorchen.
Warum aber haben die deutschen Bischöfe die Zelebration der
überlieferten Riten verboten? In vielen Ländern, so in Polen, besteht
nach wie vor die Freiheit. Warum hat Deutschland diesen Zwang zu
erdulden, der in der Kirchengeschichte kein Beispiel hat? Nach einer
Umfrage des Instituts von Allensbach aus diesem Frühjahr wünschen 48 %
der deutschen Katholiken (57 % der praltLzierenden Katholiken) die
Wiedereinführung der überlieferten Messe. Ist es nicht eine
selteneLieblosigkeit, die Millionen von Katholiken, die diesen
berechtigten Wunsch äußern, immer wieder zurückstoßen? Ja, wird dieser
Wunsch überhaupt zur Kenntnis genommen.?
Erzbischof Degenhardt stellt in seinem Brief fest: Wir lassen "uns
durch nichts abbringen von der Treue zur einen Kirche". Das ist auch
unser Wille! Aber wie verbindet sich mit dieser Aussage folgender Satz:
"Wenn wir ernstlich beten: 'Dein Reich komme!', müssen wir bereit sein
uns in seinen Dienst zu stellen. Da dieses Reich Gott und Welt, Kirche
und Menschheit umfaßt, ist der Christ zum Diener aller berufen!"?
Dieser Satz ist vom Erzbischof Degenhardt persönlich unterzeichnet
worden (Hirtenwort der deutschen Bischöfe zu Beginn der Weltgebetsoktav
für die christliche Einheit vom 12.11.1979).
Ist es aber für einen Katholiken möglich zu sagen, das Reich Gottes
umfasse zugleich Gott und Welt? Hat Christus nicht gesagt: "Mein Reich
ist nicht von dieser Welt!"? Und kann es ein Reich Gottes geben, in dem
Kirche und Menschheit vereint sind? Ist es nicht die Kirche, die das
Gottesreich bildet, und in ihr die von Gott Auserwählten?
Wenn Erzbischof Degenhardt die Treue zur einen römisch-katholischen
Kirche ernst ist, wird er es sicher nicht verschmähen, den genannten
Satz im Hinblick auf seine Rechtgläubigkeit zu erklären oder ihn zu
verwerfen. Darauf warten wir. Mit der Bitte, uns in Ihr Gebet
einzuschließen, und in der Verbundenheit des Glaubens der einen,
heiligen, römisch-katholischen Kirche grüßt Sie
P. Franz Schmidberger
Anmerkung :
von Eberhard Heller
Dieses Scheingefecht ist einfach zu durchschauen: Degenhardt
argumentiert formal und beruft sich auf eine Autorität, die ihm
Schmidberger auf Grund der Weisung seines Oberen formal als auch
inhaltlich zugestehen muß, will er nicht - wie damals im Falle
Ratzingers - ähnlich wie Klaus Wodsack seines Postens enthoben und zum
'Kartoffelschälen' abkommandiert werden. Insofern befindet sich
Schmidberger gegenüber Degenhardt rein taktisch (oder: diplomatisch -
wie man will) in einem entscheidenden Nachteil. Es ist fast
überflüssig, auf die immanent schismatische Haltung von Econe
hinzuweisen: entweder ist der sog. N.O.M. in sich gültig - dann müßte
Econe ihn annehmen und praktizieren (und nicht bloß für gültig
erklären), oder aber er ist ungültig, dann muß es zusammen mit seiner
Ablehnung auch dessen Promulgator (samt seinen Nachfolgern) für
illegitim erklären und die kirchenrechtlichen Schritte, die wir in
unseren Veröffentlichungen immer wieder dargelegt haben, einleiten.
Vielleicht gibt's demnächst unter den Econern so eine Art Börse, an der
die alte und die neue Messe (bzw. 'Messe') gehandelt werden: eine alte
gegen zwei 'neue' vielleicht.
Was ich nicht verstehen kann ist dies: auf der einen Seite werden die
Gläubigen zu Spenden und Anstrengungen animiert, Zentren für die wahre
Messe einzurichten, auf der anderen wird der sog. N.O.M. für gültig
erklärt und von seinem Besuch nur bedingt abgeraten. Merken denn die
biederen Gemüter nicht, daß sie schlichtweg verhöhnt werden?
Soweit diese Variation über das bekannte alte Thema. Diese Anmerkungen
verdienen auch nur wegen der folgenden Passage gelesen zu werden, in
der blitzartig die ganze geistige Ungeheuerlichkeit dieses Vorganges
erhellt wird. Nach Leon Bloy kann der Bürger (d.h. derjenige, der Gott
nicht dienen will, der nicht dessen, sondern seine eigene Ehre sucht)
nicht umhin, durch das Herplappern seiner abgestandenen Weisheiten und
Redensarten jedesmal unfreiwillig an den Festen des Himmels zu rütteln.
Schmidbergers Brief ist an die "lieben Mitbrüder im priesterlichen Amt"
gerichtet. Man betrachte diese Phrase auf dem Hintergrund der nach dem
ungültigen neuen Ritus seit 1969 'Geweihten', auf dem Hintergrund der
offensichtlichen Ungesichertheit der Lefebvre-Weihen, besonders aber
auf dem Hintergrund der Äußerungen der 'lieben Mitbrüder im
priesterlichen Amt' aus Rottenburg und Umgebung, die die
protestantischen Ordinationen mit den ihrigen gleichstellen - und - das
Gewölbe des Himmels scheint zu stürzen! - in vielen Fällen zu Recht!
|