LEFEBVRE AM ZIEL SEINER WÜNSCHE ?
von
Eberhard Heller
Als das Zelebrieren der hl. Messe am 7.3.1976 offiziell verboten wurde,
bedauerte die FAZ - die sicherlich keinerlei wirklich religiösen Zwecke
verfolgt - diesen Schritt des deutschen 'Episkopates' als unüberlegt,
da durch dieses Verbot der Widerstand direkt provoziert würde, welche
Vermutung sich tatsächlich als richtig erwies. Der Rat der FAZ lautete:
die sog. 'Bischöfe' sollten doch das Zelebrieren des alten Ritus
weiterhin gestatten; in ca. l0 Jahren wären die alten Priester, die
noch das Latein beherrschten, längstens ausgestorben.
Einer der ersten prominenten Reformer, der den Wink der FAZ verstand,
war Ratzinger, dessen Thesen auf dem Konzil über den Primat des Papstes
selbst eine SZ (Süddeutsche Zeitung) als häretisch durchschauen konnte.
Vor dem internationalen Presseclub in München sagte Ratzinger Anfang
März 1978 folgendes (zitiert nach den NEUEN ZÜRCHER NACHRICHTEN vom
15.3.1978):
"Kardinal Ratzinger (...) äußerte
Zweifel an der Auffassung, daß es durch die Lefebvre-Bewegung zu einer
Kirchenspaltung kommen könne, doch handle es sich hierbei zweifellos um
eine dominierende Entwicklung. Ratzinger verteidigte die nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil durchgeführte Liturgiereform, die bei den
Lefebvre-Anhängern auf erbitterten Widerstand stößt, räumte aber ein,
daß es nicht klug gewesen sei, mit der Einführung des neuen Meßbuches
gleichzeitig das alte zu verbieten. Es sei von vornherein klar gewesen,
daß die Liturgiereform nicht 'unter dem Gesichtspunkt des Erfolges'
gesehen werden konnte. Die Grundausrichtung der Reform könne auch nicht
zur Debatte stehen. Er sei jedoch, so betonte Ratzinger, für eine
'große Toleranzbreite', damit die alte Liturgie 'auslaufen könne'. Eine
Reform der Liturgiereform könne er sich nicht vorstellen, wohl aber,
daß einige Bestandteile der alten (tridentinischen) Liturgie in die
neue Liturgie wieder integriert würden, um insofern die Kontinuität mit
der Vergangenheit herzustellen."
Wir druckten diese Erklärung in EINSICHT VII(7)284 vom April 1978 ab
mit der Bemerkung, zur gegebenen Zeit darauf zurückzukommen.
Etliche Anzeichen deuten darauf hin, daß mit Ratzingers Versetzung in
den Vatikan und unter seiner Ägide dieses Programm der großen
Toleranzbreite und des Auslaufenlassen endlich durchgeführt werden
wird.
Das Traditionalistenblatt VOX FIDEI veröffentlichte in Heft 1/82, S.3
folgende KNA-Nachricht vom 12.12.81, Nr.288: "Kardinal Ratzinger hat am
8. Dezember 1981 in Rolduc, im Bistum Roermond, der Diözese Bischof
Gijsens, einen Erweiterungsbau für ein Priesterseminar eingeweiht. Die
Priesterkandidaten sollen dort nach der traditionellen Disziplin, also
nach den Bestimmungen des Konzils von Trient, ausgebildet werden.
Angefangen hat Bischof Gijsen damit schon vor sieben Jahren in bewußter
Abgrenzung zu den nachkonziliaren Auflösungserscheinungen anderer
Diözesen. Die meisten Dozenten hat er sich aus Deutschland geholt."
(Man muß vielleicht anmerken, daß Gijsen von Paul VI. nach dem neuen
Ritus zum 'Bischof 'geweiht' wurde, d.h. er ist einfacher Priester
geblieben; außerdem wird dort natürlich der sog. N.O.M. gelesen, aber
ohne Sparifankerl - wie man in Bayern sagt; selbstverständlich wird
auch nicht die Autorität Joh. Pauls II. angezweifelt, der zu dieser
'Einweihung' ein Grußschreiben sandte.)
Unmittelbar auf die 'offizielle' Wiederzulassung der hl. Messe kommt F.
Schmidberger in dem MITTEILUNGSBLATT DER PRIESTERBRUDERSCHAFT ST. PIUS
X. vom Dez. 1981, S.3 zu sprechen:
"Natürlich dürfte dies die Gelegenheit
(d.i. ein geplanter Besuch von Lefebvre in Albano; Anm.d.Red.) zu einem
weiteren Kontakt mit den römischen Stellen sein, dies umso mehr, als
sich einige Kardinale dazu durchgerungen haben, eine Initiative zur
weltweiten Wiederzulassung der überlieferten heiligen Messe zu
unternehmen. Der neue Präfekt der Ritenkongregation, Monsignore
Casoria, ist angeblich diesem Ansinnen gegenüber verhältnismäßig
aufgeschlossen."
Somit wäre M. Lefebvre vielleicht bald am Ende seiner Wünsche. Am
17.9.1976 schrieb er an de Saventhem (alias Friedenau, alias . . . ) :
"Für die universelle Kirche wünsche ich wie Sie die friedliche
Co-existenz der vor- und nachkonziliaren Riten."
Aber - wird jemand einwerfen - die Wiederzulassung der alten Messe und
das Ratzinger-Programm vom Auslaufen-lassen sind doch nicht identisch!
- Doch! Denn auch M. Lefebvre hat für das "Auslaufen" durch die
Verpflichtung seiner Leute auf den sog. N.O.M. als gültiger Messe und
Joh. Paul II. als legitimem Papst - auch wenn selbst nach Prof.
Siebeis, Lefebvres Freund, Untersuchung die Enzyklika Redemptor hominis
keinen christlichen Glauben mehr vertritt - Sorge getragen. Denn jeder,
der nur bis "2" zählen kann, sagt sich doch: wenn sie gültig ist, die
sog. neue Messe, dann kann ich sie auch zelebrieren. Nur dauert das
"Auslaufen" vielleicht ein wenig länger.
Schließlich sind alle wieder froh und friedlich unter dem Dach der
Apostasie und Häresie vereint. Neben Kinder-, Jugend-, Ungarn-, Jazz-,
Taubstummen'messen' gibt es in Zukunft im gleichen Haus (nicht:
Gotteshaus) eine Lateiner'messe'! Welche Errungenschaft!
Um die Ungeheuerlichkeit, die hier von beiden Seiten beabsichtigt ist,
besser zu beleuchten, möchte ich einen Vergleich anstellen, der von der
Sache her noch harmlos ist: Ein Familienvater läßt Frau und Kinder im
Stich, geht in ein schlechtes Haus - ich möchte empfindliche Ohren
nicht verletzen - und hat dort Verkehr mit noch schlechteren Frauen.
Nach langen diplomatischen Verhandlungen (!) erklärt sich die Ehefrau
dazu bereit, mit ihren Kindern zu ihrem Mann (und seinem weiteren
weiblichen Anhang) in besagtes Haus umzuziehen. Alles ist darob
glücklich und zufrieden. - Man kann sich leicht vorstellen, wie sich
das Familienleben, wie sich die Kinderlein dort weiterentwickeln
werden.
... DIE UNS VOM PAPST TRENNEN WOLLEN ...
Bei der Vorstellung zweier seiner Leute für Wien schreibt M. Lefebvre
in einem Rundbrief an seine "lieben österreichischen Freunde und
Wohltäter" vom 24. Sept. 1981: "Die Patres Wodsack und Schmidberger
haben sich nach Wien begeben und die Vorsehung ließ sie einen
Verfechter des wahren Glaubens begegnen, dem Doktor Steinhart, der sich
der Bruderschaft mit unermüdlicher Hingabe zur Verfügung stellte, um
unser Werk bekannt zu machen (...). Er fand aufopfernde Mitarbeiter und
hatte mit mir persönlich immer engen Kontakt, um der römischen Kirche
treu zu bleiben und mit so viel Umsicht sowohl jene zu meiden, die uns
vom Papst (d.s. Paul VI., Joh. Paul I. und Joh. Paul II., Anm.d. Red.)
trennen wollen, als auch jene, die uns dazu bringen wollen, die
katholische Kirche, unsere Mutter (d.i. die 'Konzilskirche', von der
Lefebvre selbst gesagt hat, daß sie häretisch und schismatisch ist), zu
verlassen. (...) Von nun an sind es also unsere Priester, die die
Priesterbruderschaft St. Pius X. in Österreich repräsentieren und die
infolgedessen die Verantwortung für die Verwaltung der Vermögenswerte
tragen, die der Bruderschaft gegeben werden, wie der Geschenke und
Spenden für den Unterhalt und die Ausdehnung ihrer Werke."
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