"Zur Theologie und Philosophie Joseph Ratzingers"
Der Glaubenshüter als Glaubenszerstörer
von
Werner Olles
Die "Einsicht" hat sich nicht erst seit dem Amtsantritt Bendedikt XVI.
sehr kritisch mit den philosophischen und theologischen Positionen
Kard. Ratzingers befaßt. Den von zahlreichen konservativen und
traditionalistischen Katholiken gehegten Hoffnungsschimmer, daß mit ihm
nun endlich die von den eigenen kirchlichen Autoritäten verursachte
katastrophale Glaubenskrise ein Ende haben könnte, der verheerende
Glaubensabfall gestoppt würde und die römische Konzilskirche wieder zur
wahren Glaubensfestigkeit zurückkehrte, haben die Sedisvakantisten -
ausgehend von einer realistischen Sicht der Dinge -, in dieser Form
nicht geteilt.
Eine hervorragende Bestätigung dieser richtigen Einschätzung liefert
nun die Lektüre des von Prof. Dr.Wigand Siebel herausgegebenen
Sammelbandes "Zur Philosophie und Theologie Joseph Ratzingers". Die
verschiedenen Beiträge des höchst empfehlenswerten Buches sind zumeist
der Zeitschrift SAKA-Informationen entnommen und datieren vom April
1988 bis September 1993. Weitere Texte der Aufsatzsammlung entstammen
dem "Rom-Kurier", dem "Most Holy Trinity Newsletter" und diversen
Internet-Seiten, erschienen zwischen 1993/94 und Mai 2005. Daß jedoch
gerade auch die älteren Beiträge nichts von ihrer brennenden Aktualität
verloren haben, wird der Leser allerdings schon bald feststellen können.
Gemeinsam ist sämtlichen Autoren, daß sie nicht in den Fehler
verfallen, die Intellektualität, Scharfsichtigkeit und Geschicklichkeit
Ratzingers in irgendeiner Weise zu unterschätzen. Den Widerspruch
zwischen seiner Scharfsichtigkeit und seinem eigenen Relativismus lotet
beispielsweise der Beitrag "Dialog der Religionen - Ratzingers
Relativismus" sehr genau aus, während ein anderer Text "Ratzingers
Lamentationen" über die schlimmen Folgen des Zweiten Vatikanischen
Konzils als folgenlose Klagelieder eines in hohem Maße Mitschuldigen
entlarvt. Der 1979 verstorbene Münsteraner Indologe Prof.Dr. Paul
Hacker, ein Konvertit, der im Kampf gegen die konziliaren Irrlehren und
nachkonziliaren Verheerungen entschieden die katholische Wahrheit
verteidigte, beschreibt in seinem Beitrag "Joseph Ratzinger und die
Zerstörung des Dogmas" den "furchtbaren Absturz der katholischen
Theologie nach dem Konzil", zu dem Ratzinger mit seinem 1965 in
Düsseldorf gehaltenen Vortrag "Das Problem der Dogmengeschichte..."
"wesentliche Vorarbeit" geleistet habe. Hacker bezeichnet Ratzingers
Darlegungen als "hochgradig protestantisierend, und zwar im Sinne eines
Neuprotestantismus", dies zeige sich unter anderem darin, daß "in ihnen
das Übernatürliche aus-falle". Der Autor würdigt durchaus Ratzingers
"subjektiven Willen" Katholik zu sein und lobt ausdrücklich dessen
teilweise "glänzende Formulierungen", dagegen stünden jedoch die
eigentlich theologischen, dogmatischen Aussagen und "manche
unbewiesenen und unkatholischen Phantasien, gegen die vom katholischen
Glauben aus "mit aller Energie Einspruch erhoben werden muß".
Über "Ratzingers Priesterbild" schreibt Dr. Carl Angermayr, daß diesem
ein "arianisches Christusbild" und "modernistisches
Priesterverständnis" zugrunde liege. Sein Priesterbegriff sei "flach
und unbestimmt", in ihm komme "die vom Vatikanum II aufgebrachte
modernistische Idee, die die Grenzen zur Welt aufheben will", klar und
eindeutig zum Vorschein. Wigand Siebel nimmt sich in dem Beitrag
"Ratzingers Lehre von den letzten Dingen" der von Johann Auer und
Joseph Ratzinger geschaffenen "Kleinen katholischen Dogmatik" an.
Letzterer behandelt in seiner Eschatologie die Themen: Tod und
Unsterblichkeit, Auferstehung der Toten, Wiederkunft Christi und
jüngstes Gericht, Hölle, Fegefeuer und Himmel. Katholische Positionen
suche man hier jedoch vergebens, so der Autor, es zeige sich vielmehr,
daß Ratzinger in seiner Eschatologie "alle zugehörigen wesentlichen
Punkte des christlichen Glaubens in einen Nebel von Unklarheiten und
Neuinterpretationen hineingehoben hat". Mit seiner Verleugnung der
Gottheit Christi zeige er sich als Arianer. Wie sein Lehrer Karl Rahner
sei auch Ratzinger vom Glauben abgefallen, weil er den Kern des
Christentums auszuhebeln suche und eine Vielzahl von Häresien und
Irrtümern verbreite, so zum Beispiel auch die Allerlösungslehre. Somit
stehe "an der Spitze der römisch-ökumenischen Kirche ein weiterer
Apostat".
Neben den Beiträgen "Ratzingers Kirchenbild", "Kirche als Communio. Zum
Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe",
"Durch die Waldenser reinigen lassen. Fortschritte der Ökumene" und
"Gloria Olivae. Joseph Ratzinger - Benedikt XVI." von Carl Angermayr
und dem Aufsatz eines ungenannten Autors (wohl Msgr. Francesco
Spadafora) "Ratzinger, ein Theologe ohne Glauben, Präfekt der
Kongregation für den Glauben" ist auch der Aufsatz von Rev. Donald J.
Sanborn "Eine kritische Analyse von Ratzingers Dominus Jesus" von
großer Bedeutung. Weder leiste Ratzinger in "Dominus Jesus" eine klare
Verurteilung des religiösen Indifferentismus und der häretischen und
schismatischen Sekten, noch halte er an der ewig gültigen Lehre fest,
wonach sowohl allen katholischen Dogmen zuzustimmen als auch dem
(rechtmäßigen! d.Verf.) Papst untergeordnet zu sein, als wesentliche
Bedingungen für die Mitgliedschaft in der Kirche Christi zu gelten
haben.
Des Herausgebers Beitrag "Ist Ratzinger ein Arianer?" konnten die
Bezieher der "Einsicht" bereits in der Oktober-Ausgabe dieser
Zeitschrift lesen. Seine Klarheit und Schärfe komplettiert die im Buch
versammelten Texte. Die Aussage des Autors, daß Kard. Ratzinger das
christliche Glaubensbekenntnis an seiner entscheidenden Stelle, wonach
Christus von Ewigkeit aus Gott Vater gezeugt wurde und so gleicher
Wesenheit wie der Vater ist, nicht annimmt, sondern von der "Zeugung
des Gottessohnes am Kreuz" spricht, stellt einen unwiderlegbaren Beweis
für den Arianismus Ratzingers dar.
„Zur Philosophie und Theologie Joseph Ratzingers“, herausgegeben von
Prof. Dr. Wigand Siebel, Saarbrücken 2005. 15 Beiträge verschiedener
Autoren. ISBN 3-928198-03-3, 144 S. DIN-A5, Preis 8,50 Euro,
SAKA-Verlag, Winterbergstr. 24, 66119 Saarbrücken
(www.oratorium-editor.de)
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Leseprobe, S. 12 f.:
Ratzingers Lamentationen
SAKA-Redaktion
Kardinal Ratzinger hat schon öfter die schlimmen Folgen des Vatikanum
II beklagt. Die Bischofsweihen von Ecône haben ihn erneut ein Klagelied
anstimmen lassen. So sagte er gemäß einem Bericht der Deutschen
Tagespost vom 30. Juli 1988 in einer Rede in Chile:
»Es gelte heute als Triumphalismus, wenn man sich als Träger der
Wahrheit bezeichne. Eine schlechte Lehre und eine schlechte Praxis
ließen heute die Lebensweisheit zu, 'außerhalb des Pluralismus gebe es
kein Heil'. Von dem faktischen Pluralismus unserer Gesellschaft sei man
so zu einem rechtmäßigen Pluralismus übergegangen. Das sei
gleichbedeutend mit der Behauptung, jede missionarische Tätigkeit sei
überflüssig, da alle Religionen gleichwertig seien. Hiervon ausgehend,
höre man nicht auf zu wiederholen, 'daß ein Muslim, um gerettet zu
werden, ein guter Muslim, und ein Hindu ein guter Hindu sein muß'.«
Was aber hat Ratzinger dagegen gebracht, was hat er dagegen
unternommen? Nichts, was der Rede wert ist. Er selbst, als »oberster
Glaubenshüter« eingesetzt, müßte doch tatkräftig gegen die »schlechte
Lehre« und gegen die »schlechte Praxis« mit geeigneten Maßnahmen
vorgehen. Statt dessen betreibt er nur den schwer sündhaften
Ökumenismus, der doch immer tiefer in die von ihm genannten Mißstände
hineinführt.
Eine weitere Klage Ratzingers bezieht sich auf die Liturgie. Er sprach
von der »Krise des Heiligen«. »Viele Gläubige denken, daß die alte
Liturgie die Würde des Heiligen besser respektierte. Seit dem Konzil
ist die Entheiligung ein Programm geworden, mit der Folge, daß man auf
sakralen Schmuck verzichte, die Liturgie auf Sprache und Gesten des
normalen Lebens reduziere, auf Gesten des Grußes oder der
Freundschaft.« So hält er es für nötig, »die heiligen Dimensionen der
Liturgie wiederzufinden«. »Sie ist kein Festival und sie soll nicht zur
Zerstreuung beitragen. Sie soll nicht Ideen mit suggestiver Wirkung
oder phantastischen Hirngespinsten hervorrufen. Sie versucht, den
>ganz Anderen< gegenwärtig zu machen, den Auferstandenen. Viele
Menschen verstehen das, weil sie wirklich glauben, daß die Hauptursache
der Liturgie der lebendige Gott ist, der zu den Menschen kommt, und
nicht der Priester oder gar ein liturgischer Animateur.«
Aber war es denn nicht Ratzinger, der die überlieferte Liturgie langsam
»auslaufen« lassen wollte? Und hat nicht auch Ratzinger Opfercharakter
der Messe und Realpräsenz bekämpft? Ja, der Text seiner Rede zeigt, daß
er immer noch nicht das Wesen der heiligen Messe begriffen hat. Denn
diese versucht nicht, den »ganz Anderen« gegenwärtig zu machen.
Vielmehr bringt Christus selbst das Opfer durch die Hand des Priesters
dar. Und insofern ist das Meßopfer eine Erneuerung oder Wiederholung
des Kreuzesopfers. Es ist also der Gekreuzigte als Opferpriester und
Opfergabe, zumal im Sakrament, wirklich anwesend. Für die Liturgie
Pauls VI. jedoch stimmt es, was Ratzinger sagte. Sie versucht, Gott
gegenwärtig zu machen. Aber es gelingt ihr nicht! Ratzinger ist mit
seinen Klagen ein Zeuge dafür, daß die treuen Katholiken recht haben
mit ihrer Beurteilung der römisch-ökumenischen Kirche. Doch sie klagen
auch ihn selber an, in hohem Maße mitschuldig zu sein.
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