NACHRICHTEN ZUM AKTUELLEN GESCHEHEN...
TAGEBUCH AUS DEM KONKLAVE - In
Rom kursieren Aufzeichnungen über Ratzingers Wahl - Zu Beginn einer
Papstwahl schwören die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle, "auf
ewig" Stillschweigen zu bewahren. Plauderern droht die Exkommunikation.
Doch auch Kardinäle sind Menschen, und so kamen immer wieder
Einzelheiten eines Konklaves an die Öffentlichkeit. Nun ist sogar eine
komplette Geschichte der Wahl Benedikts XVI. bekannt geworden mit
erstaunlichen Enthüllungen. Danach gestaltete sich das Konklave als ein
Zweikampf zwischen dem deutschen Kurienkardinal Joseph Ratzinger und
dem Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio. Der Mailänder
Carlo Maria Martini, den viele Beobachter als den großen Gegenspieler
Ratzingers ausgemacht hatten, spielte offenbar keine entscheidende
Rolle. Sonntag, 17. April: "Am Nachmittag habe ich mein Zimmer in der
Casa Santa Martá bezogen. Ich stellte das Gepäck ab und versuchte, die
Läden zu öffnen, weil der Raum dunkel war. Doch es gelang mir nicht.
Mir wurde erklärt, die Läden seien versiegelt. Die Klausur des
Konklave..." Mit diesen Worten beginnt ein Tagebuch, das einer der
Papstwähler geführt haben soll. Es wurde am Freitag von dem erfahrenen
Vatikan-Journalisten Lucio Brunelli in der Zeitschrift für Geopolitik
"Limes" veröffentlicht. Der Titel: "So wählten wir Papst Ratzinger".
Die Identität des Kardinals dürfe er nicht preisgeben, schreibt
Brunelli. Und natürlich stelle sich die Frage der Geheimhaltung. Eine
Indiskretion nach einer Papstwahl sei aber wohl nicht so schlimm. Die
Wahl: Sie beginnt am 18. April, einem Montag, mit dem Einzug der 115
Kardinäle in die Sistina. Dass Ratzinger als Chef der
Glaubenskongregation nach dem ersten Wahlgang mit 47 Stimmen führt,
überrascht nicht. Erstaunlich ist aber, wer laut Tagebuch Platz zwei
erreicht: Es ist, mit zehn Stimmen, der scheue Argentinier Bergoglio.
Der 69-Jährige gilt als asketischer Mann Gottes. Auf ihn, und nicht auf
den "liberalen" Mailänder Martini richteten sich nun die Hoffnungen
jener, die Ratzinger verhindern wollten. Im dritten Wahlgang einen Tag
später erhielt der Deutsche dem Tagebuch zufolge 72 Stimmen. Es fehlten
ihm nur noch fünf zur nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit. Doch auch
Bergoglio steigerte sich - auf 40. Damit stand eine Sperrminorität
hinter ihm, die die Wahl Ratzingers hätte gefährden können. Doch
Bergoglio verweigerte sich der Rolle des Gegenspielers. Sein Erfolg
soll ihn geradezu verschreckt haben. Er soll mit Mimik und Gestik
angedeutet haben, eine Wahl womöglich abzulehnen. Ein Versuch Martinis,
einen anderen Gegenkandidaten aufzubauen, kam offenbar zu spät. Am
Dienstagabend um halb sechs stieg weißer Rauch auf, und das Ergebnis
lautete: 84 Stimmen für Kardinal Ratzinger. "In der Sistina herrscht
einen Augenblick Stille", notierte der Tagebuchschreiber. "Dann folgt
ein langer, herzlicher Applaus." (Stefan Ulrich in der SZ vom
24./25.9.2005)
AUDIENZ FÜR REBELLEN -
Lefebvre-Jünger beim Papst - Rom - Bernard Fellay hat am Montag eine
Audienz beim Papst in dessen Sommerresidenz Castel Gandolfo. Das
Pikante daran: Der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X.
ist wie seine ganze Bewegung seit Ende der 80er Jahre exkommuniziert.
Die Priesterbruderschaft geht auf den französischen Bischof Marcel
Lefebvre zurück. Lefebvre lehnte die Ergebnisse des Zweiten
Vatikanischen Konzils ab und zog sich bereits 1970 nach Ecône im
Schweizer Kanton Wallis zurück. Dort gründete er ein Priesterseminar,
um seine traditionalistische Sicht zu verbreiten. Zum Bruch mit dem
Vatikan kam es aber erst, als er 1988 vier seiner Anhänger zu Bischöfen
weihte. Dazu gehörte auch Fellay. Der Vatikan reagierte mit der
Exkommunikation der Bewegung. Gegen Ende der Amtszeit von Johannes Paul
II. war es zu einer Annäherung beider Seiten gekommen. Im Jahr 2000
hatten 5000 Anhänger der Bewegung demonstrativ Rom besucht. Ein Jahr
später wurde Fellay vom Papst zu einer - allerdings sehr kurzen -
Audienz empfangen. Zu einem Gespräch kam es dabei laut Fellay aber
nicht. Fellay ging damals nach eigenen Angaben davon aus, dass Johannes
Paul II. noch vor seinem Tod die Priesterbruderschaft wieder in den
Schoß der Kirche zurückholen wolle. Dazu kam es nicht. Auf die Wahl des
konservativen Joseph Ratzinger zum Papst reagierte die Bruderschaft
erfreut. Sie sah darin einen "Hoffnungsschimmer für die Überwindung der
tiefen Krise, welche die Kirche erschüttert". Er werde für Benedikt
beten, erklärte Fellay im April. Nun haben die Gebete offensichtlich
Früchte getragen. Zu den Hindernissen der Annäherung gehört die
Exkommunikation selbst: Die Priester-bruderschaft fordert ihre
Aufhebung. Rom wiederum braucht ein Bekenntnis zum Zweiten
Vati-kanischen Konzil. Erschwert wird die Annäherung auch dadurch, dass
nicht alle Anhänger Lefebvres sie wünschen. So wurde das Treffen mit
Benedikt XVI. nur publik, weil sich einer der vier Bischöfe, der
Engländer Richard Williamson, öffentlich dagegen wandte. Der
Priesterbruderschaft gehören heute nach eigenen Angaben rund 450
Priester, 120 Brüder und Schwestern und 183 Seminaristen an. Sie
unterhält Seminare unter anderem in Schierling bei Regensburg, in
Frankreich, in den USA sowie in Australien. Ihren Sitz hat sie in
Menzingen in der Zentralschweiz. Fellay erhofft sich von einer Rückkehr
in den großen Schoß Roms mehr Einfluss. Die Bruderschaft solle in der
Katholischen Kirche die Rolle des Bremsers spielen können, hatte er
nach der Audienz bei Johannes Paul II. erklärt. (Stefen Klatt in den
STUTTGARTER NACHRICHTEN vom 26.8.05)
FELLAY BEI RATZINGER - Kurze
Audienz bei Benedikt XVI. in Castel Gandolfo am 29. August 2005 - Wie
man einige Tage zuvor erfahren konnte, war ein Treffen zwischen Bischof
B. Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. und
Benedikt XVI. vorgesehen. Das Gespräch dauerte nur 35 Minuten. Es waren
zusätzlich anwesend 'Kardinal' Hoyos, der die Priestergruppe von Campos
(Brasilien) in die Konzilskirche aufgenommen hatte - er ist kein
gültiger Bischof - und P. Schmidberger, erster Assistent der PB St.
Pius X.; er fördert seit Jahren die Kontakte mit dem modernistischen
Rom. Von der Anwesenheit der beiden letzteren war den Gläubigen nichts
gesagt worden. Aus diesen paar Angaben lassen sich ziemlich sichere
Schlüsse ziehen: nach Aussage von P. Schmidberger, dem früheren
Generaloberen, hat er die Initiative für dieses Treffen bereits vor 2
Monaten ergriffen und wohl auch den Gesprächsstoff im voraus definiert.
Er steht seit Jahren auf freundschaftlichem Fuß mit 'Kardinal'
Ratzinger. Ganz im Gegenteil zu Erzbischof Lefebvre, der nach einem
Gespräch mit 'abbé' Ratzinger sich wie folgt äußerte: "Kardinal
Ratzinger, der in der Presse als mehr oder weniger traditionell
betrachtet wird, ist in Wirklichkeit ein Modernist. Es reicht, wenn man
sein Buch "Grundsätze der katholischen Theologie" liest, um sein Denken
kennenzulernen. Er schätzt irgendwie die Theorie von Hegel, wenn er
schreibt: 'Seit Hegel durch-dringen die Begriffe Sein und Zeit mehr und
mehr das philosophische Denken. Das Sein steht von nun an im
Zusammenhang mit dem Begriff Zeit...' die Wahrheit hängt jetzt ab von
der Zeit; die Wahrheit besteht nicht als solche, denn sie gilt für eine
Zeit und wandelt sich mit ihr. Was sollen wir tun? Wieso könnten wir
mit jemand diskutieren, der solche Gedankengänge führt?... Wir müssen
feststellen, daß der Kardinal die Sicht der Geheimen Offenbarung über
den Kampf zwischen Wahrheit und Irrtum, zwischen Gut und Böse gänzlich
verloren hat." (...) (H.H. Pfr. Schoonroodt im PFARRBRIEF für
Steffeshausen & Auel, HERZ-JESU-KIRCHE vom 04.09.05)
ERKLÄRUNG - Albano Laziale, den
29. August 2005 - Pressecommuniqué S.E., Mgr. Bernard Fellay,
Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X., ist heute dem
Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI., in dessen Sommerresidenz in
Castelgandolfo begegnet. Im Anschluß daran gibt er folgende Erklärung
ab: "Die Audienz dauerte ungefähr 35 Minuten und verlief in einem guten
Klima. Das Treffen war für die Bruderschaft die Gelegenheit, aufs neue
zu bezeugen, daß sie immer mit dem Heiligen Stuhl, dem ewigen Rom,
verbunden gewesen ist und es immer sein will. Wir haben die großen,
schon bekannten Schwierigkeiten in einem Geist echter Liebe zur Kirche
erörtert. Man stimmte darin überein, schrittweise vorzugehen im
Versuch, die Probleme zu lösen. Die Bruderschaft St. Pius X. betet, daß
der Heilige Vater die Kraft finde, der Krise der Kirche ein Ende zu
setzen, indem er 'alles in Christus erneuert'. + Bernard Fellay,
Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X". (MITTEILUNGSBLATT
Nr. 321 vom Sept. 2005)
GESPRÄCHE MIT ROM - Muß sich
die Bruderschaft vor Rom fürchten? - Interview mit Pater Niklaus
Pfluger (Auszug aus MITTEILUNGSBLATT Nr. 321 vom Sept. 2005) -
Immer wieder gibt es in Bezug auf das Verhältnis zu Rom Fragen in der
Bruderschaft. Sollte man nicht lieber die Finger davon lassen? Hat es
überhaupt einen Sinn, mit einem modernistischen Rom Dialog zu führen?
Können diese Gespräche nicht die Bruderschaft spalten? Im nachfolgenden
Interview gibt Pater Niklaus Pfluger Antwort auf diese brisanten Fragen.
1. Frage: Warum hat die Priesterbruderschaft um eine Audienz in Rom nachgesucht, welches am 28. August 2005 stattfinden soll?
Antwort: Es geht bei diesem Treffen von S.E. Bischof Fellay und Pater
Franz Schmidberger mit Papst Benedikt XVI. von unserer Seite darum, in
irgendeiner Weise Einfluß auf Rom auszuüben und eventuell ein positives
Signal für die Tradition zu erreichen. Ein erstes Zeichen, daß Rom die
Tradition ernstlich am Herzen liegt, wäre die Freigabe der
römisch-katholischen Messe aller Zeiten. Dies hatten wir bereits bei
den Gesprächen von 2000/2001 als unverrückbare Vorleistung für eine
eventuelle Annäherung vorgelegt. Die zweite sogenannte Vorleistung, die
den guten Willen Roms offenbaren würde, wäre die Aufhebung der in
unseren Augen sowieso ungerechten und ungültigen Exkommunikation
Erzbischof Lefebvres und der vier von ihm geweihten Bischöfe. Sind
diese zwei Vorleistungen erfüllt, dann können Verhandlungen aufgenommen
werden, die im wesentlichen als Ziel die Korrektur der Neuen Theologie
des Konzils zum Ziele haben. Von unserer Seite besteht kein Grund, von
diesem Vorgehen abzuweichen. Es geht also bei der Audienz vom 29.
August nicht um eine "Lösung" mit der Bruderschaft, sondern darum, daß
die Stimme der Tradition in Rom gehört werde.
2. Frage: Sehen Sie irgendeine Wahrscheinlichkeit, daß eine dieser Vorleistungen erfüllt wird?
Antwort: Nein. Zur Zeit nicht. Die verantwortlichen Autoritäten in der
Kirche selber sind zu sehr in der modernistischen Haltung festgefahren,
als daß sie eine dieser Vorgaben erfüllen könnten. Auch ist die Haltung
des Papstes in bezug auf die Messe eher so geartet, daß er eine "Reform
der Reform" beabsichtigt und nicht eine Rückkehr zur alten und
überlieferten Messe anstrebt. Das erschwert die Sache ungemein. Was das
eigentliche Problem betrifft, die Kritik am Konzil, ist die
Verständigung noch viel schwieriger, ist doch Benedikt XVI. - zusammen
mit Hans Küng - der letzte Vertreter des Konzils, der daran aktiv
mitgearbeitet hat. Es ist darum verständlich, daß der Papst versucht,
bei jeder Gelegenheit das Konzil zu "retten" und auf den eigentlichen
"Geist des Konzils" hinweist.
3. Frage: Wenn Sie so skeptisch sind, warum suchen Sie dann überhaupt das Gespräch?
Antwort: Es geht hier um unsere Sorge um die römisch katholische
Kirche. Unser Handeln muß auch vor der Geschichte bestehen können.
Niemand soll sagen können, die Priesterbruderschaft hätte nicht alles
in ihrer Macht stehende versucht, um den überlieferten Glauben an alle
weiterzugeben, auch an diejenigen, die ihn einst über Bord geworfen
haben. Man könnte die Bruderschaft mit einem Rettungsboot vergleichen,
das noch viele Rettungsringe hat, während im Hintergrund die Titanic
versinkt: Wir werfen diese Rettungsringe denjenigen zu, die sie wollen.
(...)
SEDISVAKANTISTEN SIND CHARAKTERLICH SCHWACH
- In seinem Vorwort zum MITTEILUNGSBLATT Nr. 321 vom Sept. 2005 führt
der Distriktsobere Pfluger vor dem beginnenden Gespräch mit Benedikt
XVI. u.a. aus: "Gerade weil sich so viele Ansätze der Bekehrung auf
einer rein äußerlichen und emotionalen Ebene abspielen, dürfen wir uns
nicht ins Reduit zurückziehen und warten, bis die Krise vorbeigegangen
ist. Wer denn sonst, wenn nicht die Tradition, soll dem Papst sagen,
was zu tun sei, um eine wahre Neuevangelisierung und eine Erneuerung
des Glaubenslebens in Angriff zu nehmen? Darum hat der Generalobere der
Priesterbruderschaft St. Pius X. um eine Audienz beim Papst gebeten,
welche ihm am 29. August gewährt wird. Enge, kleine Geister verstehen
das nicht, sie geben vor, Angst zu haben, die Bruderschaft werde über
den Tisch gezogen oder die Verantwortlichen würden sogar das Werk des
Erzbischofs verraten. Sollte man nicht in Erinnerung rufen, daß gerade
der Erzbischof zwar mit dem Papst, aber nicht mehr mit den
Sedisvakantisten gesprochen hat. Denn bereits 1976 erkannte Erzbischof
Lefebvre klar, daß es sich bei den meisten Vertretern dieser
Vakanztheorie nicht um ein theologisches Anliegen handelt, sondern um
eine charakterliche Schwäche und eine geistige Enge in der
Argumentationsstruktur. Aber mit den Päpsten, die der Erzbischof mit
harten Worten als Liberale und Zerstörer des Glaubens tituliert und
deren Theologie er aufs schärfste verurteilt hat, mit ihnen hat er
gesprochen. Hätte er seine Stimme nicht auch in Rom erhoben, wie sollte
der Papst sie dann noch vernehmen? Heute, 29 und 17 Jahre später, ist
es nicht anders. Weihbischof Fellay geht als katholischer Bischof nach
Rom, um den Papst im Namen der Kirche zu bitten, seine päpstliche
Vollmacht zur Rettung des Glaubens einzusetzen. Ist es nicht gerade
mehr denn je jetzt Pflicht, für Papst und Bischöfe zu beten, damit sie
zurückkehren zur einen heiligen katholischen Kirche und ihrem
2000jährigen Glaubensgut. Mit naiver Gutgläubigkeit oder übertriebenen
und falschen Erwartungen hat das rundherum nichts zu tun."
PAPPST EMPFÄNGT DEN "ROM-REBELLEN" KÜNG
- Das Gespräch klammert aber Glaubensfragen aus - Rom. Papst Benedikt
XVI. hat überraschend ein Zeichen der Versöhnung gegenüber einem der
schärfsten Vatikan-Kritiker gesetzt: Joseph Ratzinger (78) empfing den
in Tübingen lebenden Schweizer Theologen Hans Küng (77), dem Rom vor
mehr als einem Vierteljahrhundert wegen theologischer Abweichungen die
kirchliche Lehrerlaubnis entzogen hatte. Eine Sensation, so
Vatikan-Kenner. Das Gespräch, sei "in freundschaftlicher Atmosphäre"
verlaufen, allerdings habe man keinerlei Glaubensfragen angesprochen,
so Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls gestern in Rom. Das Treffen
hatte am Samstag stattgefunden. Der Sprecher betonte auch den
persönlichen Charakter der Begegnung. Beide kennen sich bereits aus der
Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und arbeiteten in
Tübingen eine Zeit lang gemeinsam als Dogmatik-Professoren. Küng war
von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. am 18. Dezerqber 1979 die
Lehrerlaubnis entzogen worden. Küng hat in seinen Publikationen unter
anderem die von der Kirche zum Dogma erhobene Unfehlbarkeit des Papstes
in Glaubens- und Sittenfragen kritisiert. Später wandte er sich gegen
einen römischen Zentralismus etwa bei Bischofsernennungen oder das
Zölibat. Küng war auch ein scharfer Gegner der Positionen von Papst
Johannes Paul II. Im April bezeichnete Küng die Wahl Joseph Ratzingers
zum Papst als "Riesenenttäuschung" für alle Reformorientierten. Im
Vorfeld des 75. Geburtstags hatten nicht nur innerkirchliche
Reformkräfte eine Rehabilitierung Küngs gefordert. Sogar der römische
Kurienkardinal Walter Kasper sprach sich 2003 für eine "Versöhnung,"
zwischen dem Vatikan und Küng aus. Auf dem Katholikentag in Ulm 2004
diskutierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal
Karl Lehmann, mit seinem Duzfreund Küng über die Zukunft der Kirche -
und tausende Kirchentagsbesucher applaudierten. (dpa) (AACHENER ZEITUNG
vom 27.9.05)
DER PAPST AUF DEM ROTEN PLATZ -
Orthodoxe und Katholiken reden wieder miteinander - Protestanten
könnten die Leidtragenden sein - "Freundlich und höflich" sei er am
Wochenende von seinen orthodoxen Gesprächspartnern in Moskau empfangen
worden, hat Kardinal Walter Kasper gesagt, der" Ökumene-Minister" des
Vatikans. Von Warmherzigkeit berichtete er zwar nichts, aber immerhin:
Noch vor einem Jahr, zum 75. Geburtstag des Moskauer Patriarchen Alexij
II., war Kasper behandelt worden, als wolle er sich uneingeladen einen
Rausch antrinken. Über Jahre hinweg benahmen sich die Moskauer
Orthodoxen so, als hätte erst gestern und nicht am 16. Juli 1054
Kardinal Humbert von Silva Candida jene Bulle voller Beschimpfungen und
Unterstellungen auf den Altar der Hagia Sophia in Konstantinopel
gelegt, die endgültig das Schisma zwischen West- und Ostkirche
markierte. Doch nun taut das Eis: Am Donnerstag vor Kaspers
Moskau-Besuch überbrachte eine Delegation des Patriarchen Bartholomaios
I. Papst Benedikt XVI. den Beschluss der orthodoxen Kirchen, den 2003
abgebrochenen Dialog wieder aufzunehmen. Es ist der neue Papst, der vor
allem in Moskau das Eis schmelzen lässt. Benedikt ist, wofür er nichts
kann, Deutscher und kein Pole, das macht das Gespräch leichter. Die
jahrhundertealte Konkurrenz zwischen dem katholischen Polen und dem
orthodoxen Russland ist in Moskaus Kirche präsent, noch heute markiert
die Thronbesteigung des "falschen Dimitri" von 1605 mit polnischer
Hilfe den Beginn der "schrecklichen Jahre", die erst mit der
Zarendynastie der Romanows endeten. Dieses Erbe belastete Papst
Johannes Paul II. So sehr er sich bemühte, den Dialog mit den
Ostkirchen voranzubringen: Die Reise nach Moskau blieb ein Traum. Die
Chancen, dass Papst Benedikt einmal auf dem Roten Platz stehen wird,
sind da wesentlich größer, auch wenn es offiziell derzeit keine
Planungen für eine solche Reise gibt. Aber die orthodoxen Bischöfe
haben Ratzingers Bekenntnis zum Dialog genauso registriert wie die
Tatsache, dass in Joseph Ratzingers Papstwappen die Tiara fehlt, die
Dreierkrone als Zeichen der universalen Herrschaft über die
Christenheit. Von solchen Symbolen lebt derzeit der Dialog: Der
päpstliche Primatsanspruch ist das größte Hindernis zwischen den beiden
Kirchen. Der Weg zu einer Kircheneinheit, die, das betonen beide
Seiten, keine Fusion sein dürfe, ist noch lang. Zu unterschiedlich
haben sich die Kirchen entwickelt, zu heterogen ist die orthodoxe Welt
zwischen dem offenen Bartholomaios aus Istanbul und dem hartleibigen
Alexij aus Moskau. Noch immer sind die orthodoxen Kirchen meist Staats-
und Nationalkirchen mit manchmal nationalistischer Färbung, lange noch
wird der Vorwurf bleiben, die Katholiken würben den Orthodoxen Gläubige
ab. Aber es könnte das Bewusstsein wachsen, dass sich Katholiken und
Orthodoxe im Kirchenverständnis und der Sakramentenlehre ausgesprochen
nah sind. Die Kirchen der Reformation könnten Leidtragende dieser
Annäherung sein. Das Trennende zwischen Katholiken und Protestanten
wiegt aus katholischer Sicht schwerer als das, was Orthodoxe und
Katholiken scheidet. Warum also noch mühsam über die Frage streiten, ob
auch Lutheraner zur Kirche Jesu Christi gehören, ob Frauen ordiniert
werden können, wenn es mit den orthodoxen Kirchen schon so viel
Einigkeit gibt? Kölns Kardinal Joachim Meisner hat schon gesagt, in der
Ökumene mit den orthodoxen Kirchen seien "konkrete Gesten" möglich, im
Dialog mit den evangelischen Kirchen derzeit nicht. So könnte das Wort
Ökumene seine Bedeutung sehr ändern, wenn nicht mehr im ökumenischen
Rat der Kirchen liberale Protestanten mit konservativen Orthodoxen
streiten, sondern Katholiken und Orthodoxe in anti-evangelischer
Ökumene die Frauenpriesterweihe ablehnen und einträchtig über die
schlechte Welt klagen. Altgediente Ökumene-Experten dürften sich die
Augen reiben. (Matthias Drobinski in der SZ vom 5.7.05)
ROGER SCHUTZ WAR EIN "SONDERFALL"
- Der Kommunionempfang von Prior Roger Schutz aus Taize beim Requiem
für Johannes Paul II. auf dem Petersplatz war nach Angaben des Vatikans
ein Sonderfall. Daraus dürften keine Rückschlüsse fur die Haltung der
Kirche zur Interkommunion gezogen werden, heißt es in einer Erklärung
von Vatikansprecher Joaquin Navarro Valls vom 9. Juli. Schutz selbst
teile voll das katholische Eucharistieverständnis. In der von ihm
geleiteten ökumenischen Gemeinschaft werde grundsätzliche keine
Interkommunion praktiziert, der Prior selbst sei "entschieden dagegen".
Die Zulassung von Roger Schutz zum Kommunionempfang am 8. April auf dem
Peterspiatz sei nicht vorgesehen gewesen, heißt es in der Erklärung des
Vatikansprechers. Schutz habe sich auf Grund einiger Umstände in der
Personengruppe vor dem Zelebranten befunden, die die Kommunion
empfangen sollte. "In dieser Situation erschien es unmöglich, ihm das
Allerheiligste Sakrament zu verweigern, zumal sein katholischer Glaube
wohl bekannt ist." Schutz bejahe voll den Glauben der katholischen
Kirche an die Eucharistie, präzisierte Navarro: "Es handelt sich hier
um einen ganz besonderen Fall, der nicht verallgemeinert werden kann."
Die Austeilung der Kommunion bei der Totenmesse fur den verstorbenen
Papst durch den zelebrierenden Kardinal Ratzinger an den Taize-Prior
hatte zu manchen Spekulationen geführt. Es wurde vermutet, Schutz sei
formell zur katholischen Kirche konvertiert. (DER 13. vom
13.8.05, Nr. 7/8) Hinweis: Fernsehen und Presse hatten Ratzingers
Austeilung der 'Kommunion' (oder: Kommunion?) an den inzwischen
ermordeten Oberen von Taizé mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und
auf den Fall von Prof. Hasenhüttel hingewiesen, der wegen des gleichen
Deliktes suspendiert worden war.)
DER NIEDERGANG AM BEISPIEL ESSEN
- Der katholische Bischof von Essen im deutschen Ruhrgebiet will in den
nächsten drei Jahren bis zu 122 seiner 355 Kirchen schließen. Dadurch
kann die Diözese bis zu 50 Prozent der 30 Millionen Euro
Schlüsselzuweisungen pro Jahr einsparen. Nur ein Anfang vom Ende? Die
Diözese informiert in Dekanatskonferenzen über die bis 2008 geplanten
Schließungen. Die Dekanate könnten sich in den nächsten Wochen zu den
Plänen äußern und Alternativen vorschlagen. Bischof Felix Genn wird bis
Jahresende entscheiden, welche Kirchen kein Geld mehr erhalten. Im Zuge
der Neustrukturierung des Ruhrbistums werden die derzeit 263 Pfarreien
zu 35 bis 37 Einheiten zusammengefaßt. Diese sollten dann darüber
bestimmen, was mit den entbehrlichen Gotteshäusern geschieht. Sie
werden entweder abgerissen oder verkauft. Eine Umgestaltung der Gebäude
in Kneipen, Kaufhäuser oder Moscheen sei nicht möglich, sagt man. Eine
Kommission der Diözese hatte die Kirchen ausgewählt. Als Kriterien
galten unter anderem Bausubstanz, Unterhaltskosten und Nutzung der
Gebäude. Grund für die Schließungen sind nach Angaben der Diözese die
rückläufigen Katholikenzahlen und die sinkenden Kirchensteuereinnahmen.
Inzwischen wird die Diskussion auf einer anderen Ebene weitergeführt:
Christen beider Konfessionen wollen in Deutschland nach einem Bericht
des Bielefelder "Westfalen-Blatts" bundesweit ihre Gotteshäuser künftig
gemeinsam nutzen. Dadurch könnten nach Überzeugung der Deutschen
Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Schließung, Verkauf und Abriß überzähliger Kirchen verhindert werden.
Mehrere evangelische und katholische Gemeinden (unter anderem in Bochum
und Gelsenkirchen) (nutzen bereits gemeinsam Gotteshäuser) und
Gemeindezentren. In den Erzbistümern Paderborn und Münster werden dem
Vernehmen nach diese Möglichkeiten geprüft. Die Evangelische Kirche in
Deutschland besitzt nach Schätzungen rund 21.000 Gebäude, die
katholischen Kirche 20.000. (DER 13. vom 13.8.05) |