Die Wojtylanische Diktatur
von
S.E. Bischof M.L. Guérard des Lauriers OP
(übers. von Gladys Resch)
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher
Genehmigung von Herrn A. Eisele, Basel, aus den SAKA INFORMATIONEN, 8.
Jahrgang Nr.6, vom Juni 1983, S.1-4.
Der 'Kardinal-Erzbischof' von Paris und der 'Erzbischof' von Lyon haben
aus Europa vier Prälaten zu öffentlichen Vorträgen eingeladen, und zwar
in Notre-Dame des Fourvières an den vier letzten Samstagen und in
Notre-Dame de Paris an den vier letzten Sonntagen des Januar 1983.
Gemeinsames Thema dieser vier Gespräche: "Glaubensübermittlung in der
heutigen Zeit." *)
Mgr. Dernot J. Ryan, Erzbischof von Dublin, führte aus, auf welche Art
und Weise dies geschehen sollte: "Die überkommenen Lehren enträtseln
(zu verstehen suchen)" (Ps 78,2) Nicht ohne betont höfliche Hinweise
auf die in Frankreich und in Irland gleichen kirchlichen Gegebenheiten,
hebt der Erzbischof die Bedeutung hervor, die der Bezug auf das
Überlieferte in der Katechese einnehmen soll. Und er weist darauf hin,
daß dieses Anliegen von der Psychologie her bedingt, in der Natur der
streitenden Kirche selbst eingepflanzt ist, gleichzeitig zeitgebunden
und die Erfahrung überschreitend. In der Tat, der Kirche ist es von
ihrem göttlichen Stifter eingegeben, sich auf das Gedenken an Ihn zu
berufen ("in mei memoriam facietis"), um so ihre Hauptaufgabe und damit
auch alle weiteren religiösen Obliegenheiten zu vollziehen. Es ist sehr
bedauerlich,daß Mgr. ü.J.R. die Frage absichtlich beiseitegeschoben
hat, die sich auf die Auslegung dieser Formel bezieht, obwohl diese
Frage ebensolche Bedeutung hat wie jene nach der Gültigkeit der Messe.
Mgr. D.J.R. insistiert im Gegenteil auf die Tatsache des Widerstreites
zwischen der Katechese einer Offenbarungsreligion und der menschlichen
Natur, die gleichzeitig unverändert und schwer belastet ist. Hier wie
dort manifestiert er in einer eher aufdringlichen als diskreten Weise
den "authentischen Humanismus, den des totalen Menschen,auf den sich
der Hl. Vater ständig beruft" (S. 13).
Herr 'Kardinal' J. Ratzinger legte dar, wie das Verhältnis zwischen
"Glaubensvermittlung und Glaubensquellen" sein muß. Er bezieht sich -
wie er sagt - auf das Konzil von Trient, in Wirklichkeit aber auf die
Darlegungen im Katechismus, dessen Herausgabe das Konzil dekretiert
hatte (Römischer Katechismus: Red.). Es folgen nun die Gedankengänge,
mit welchen "Kardinal" Ratzinger seine Hörer und Gesprächspartner dazu
bringt, auf seine eigenen Ideen einzugehen.
Der erste Teil des Vortrages hat den Titel: "Die Krise der Katechese
und das Problem der Quellen." Es gibt zwei Gründe, die den
"Zusammenbruch der klassischen Katechese" verursacht haben. Die einen
entstammen der natürlichen Ordnung, die durch das Technokratische
zutiefst degradiert wurde. Hier begegnet der Mensch zunächst sich
selbst, weshalb er meist den Schöpfer vergißt. "Die Sprache und das
Gewissen werden nur noch von der Erfahrung einer Welt bestimmt, die ihr
eigener Schöpfer sein will" (S.2) "Die Heilsfrage stellt sich nicht
mehr von Gott her ... die Moral ist gleichbedeutend mit Geselligkeit
....; der Glaube scheint zum Schweigen verurteilt zu sein" (ibid.). Und
tatsächlich befolgt die neue Katechese "die allgemeine Entwicklung des
Unterrichtswesens und der Pädagogik, die sich selbst kennzeichnet durch
eine Hypertrophie der Methode im Vergleich zum Inhalt der Disziplinen"
(S.3). Das Alter der Unterrichteten zu einem Pseudo-Sittengesetz zu
erheben, das den Gegenstand des Lehrstoffes bestimmt, hat in der Tat
"die Wahrheit der Praxis", die Theologie der Anthropologie unterworfen,
was die Inhaltsentwertung ins Grenzenlose beschleunigt hat.
Der Zusammenbruch der klassischen Katechese hat auch Gründe im
übernatürlichen Bereich: ein gewisses Misstrauen der Gesamtheit
gegenüber (S.3), das heißt "des Glaubens als ein in sich bildendes
Ganzes". "Die Folge war, daß die Katechese im allgemeinen das Dogma
ausgelassen hat, und man versuchte, den Glauben direkt von der Bibel
her wieder aufzubauen" (S.3). Aber diese Bemühungen der historischen
Methode, ohne Dogma und ohne Kirche, haben das Werk gerade vernichtet,
das man aufwerten wollte, denn, das maßgebliche Kriterium des Glauben
mißachtend, hat sich die Katechese als unfähig dazu erwiesen, die
Kriterien ihrer eigenen Wahrhaftigkeit zu bestimmen.
Diese tiefschürfenden Analysen münden schließlich in diese zwei Fragen:
Wie ist die Beziehung zwischen dogmatischer Exegese und
historisch-kritischer? und: Wie ist die Beziehung zwischen Methode und
Inhalt, zwischen Erfahrung und Glaube? Der zweite Teil der Konferenz
"Wie wird die Krise überwunden?" ist der Lösung dieser Fragen gewidmet.
Sie zielt darauf hin, konstruktiv zu sein, und besteht aus drei Abschnitten:
1. Was ist der Glaube?
2. Welches sind "die Quellen"?
3. Die Struktur der Katechese.
In jedem dieser Abschnitte geht 'Kardinal' Ratzinger auf die gleiche
Weise vor. Er verfolgt dabei systematisch, auf gefällige Weise und
beharrlich einen Zweck, der durch den nachfolgenden Vergleich
aufgezeigt werden kann; natürlich bietet der Vergleich keine wirkliche
Analogie. Gute Ordnung in einer Küche oder in einer Apotheke erfordert,
daß Aufschriften auf Gefäßen und Behältern den entsprechenden Inhalt
erkennen lassen. Von Natur aus unterscheiden wir also drei verschiedene
Dinge: Das Sichtbarste ist das Gefäß, dann die Aufschrift und
schließlich der Inhalt. Die wahre Ordnung ist jedoch umgekehrt. Worauf
es ankommt, ist der Inhalt; dann kommt die Aufschrift, die
verständlicherweise im Verhältnis zum Inhalt stehen muß. Schließlich
muß natürlich das Gefäß sowohl für die Aufbewahrung des Inhaltes wie
auch zur Handhabung für die Benutzer geeignet sein; wenn diese beiden
Voraussetzungen bestehen, können die Form und Größe der Gefäße beliebig
sein.
Der Vergleich hat hier nun die folgende Bedeutung: Das "Gefäß" bedeutet
die Form, welche der Katechismus des Konzils von Trient darstellt, mit
der Absicht, die ganze christliche Lehre darzulegen. "Es ist also sehr
weise, daß unsere Väter die ganze Lehre und das ganze Wissen um das
Heil auf vier Hauptpunkte zurückführen: das apostolische
Glaubensbekenntnis, die Sakramente, die lo Gebote und das Vater-unser"
(Vorwort V in der Ausgabe von "itinéraires" Nr.135,S.13). "Daher sehen
wir uns veranlaßt, die Seelsorger darauf hinzuweisen, daß sie jedesmal,
wenn sie eine Stelle des Evangeliums oder irgendeinen Teil der Hl.
Schrift ergründen wollen, sie diese immer auf einen der Hauptpunkte
zurückführen können und dort - wie an der Quelle - die gewünschte
Erklärung herausfinden werden" (S.14).
Also das ist klar: die Benutzer sind darauf hingewiesen, daß sie in
einem der vier Gefäße alles finden können (es ist nur eine
Möglichkeit), was sie bei der Ausübung ihres Amtes bei Bedarf zu finden
wünschen.
Der "Inhalt" ist zunächst, im Kapitel I, die Erklärung, worin die
Tugend des Glaubens besteht: "die volle und ungeteilte Zustimmung zu
den von Gott geoffenbarten Wahrheiten ... daraus zweifelsfreie
Anerkennung dessen, daß wir alles für wahr halten, was unsere Mutter
die heilige Kirche, uns als von Gott geoffenbart vorstellt" (S.15).
"Inhalt" sind dann noch die 45 Kapitel, welche die Artikel des
Glaubensbekenntnisses, die Sakramente, die Bitten des Vater-unser, die
lo Gebote behandeln.
Schließlich ist die "Aufschrift" oder die verständliche Bezeichnung des
"Inhalts" das anvertraute Lehrgut, auf das Wesentliche zurückgeführt,
oder die Gesamtheit der zu glaubenden Wahrheiten mit Hinweis darauf,
worin der Glaubensakt besteht. So ist also der Katechismus des Konzils
von Trient, dessen Vorwort den Plan und die Absicht erklärt.
RATZINGERS EMPFEHLUNGEN
Und nun zur "Operation R (R = Ratzinger; Red.), die angeblich in
Anlehnung an den vorgenannten Katechismus durchgeführt wurde, in
Wirklichkeit aber und sachlich der im Katechismus dargelegten Lehre
widerspricht.
Die Gründe, die in der natürlichen Ordnung "den Zusammenbruch der
klassischen Katechese" nach sich gezogen haben, laufen darauf hinaus,
der Methode den Vorrang vor dem Inhalt gegeben zu haben. "Das
Überwinden der Krise" erfordert daher, den Inhalt dort wieder
herzustellen, wo sein Fehlen bemerkt wird.
Die nächstliegenden übernatürlichen Gründe der Krise sind genau gesagt
drei Mängel, die den Glauben betreffen: a) man lehnt ihn in seiner
"Gesamtheit" ab; b) man behauptet, ihn direkt von der Bibel aus "ad
placitum" (nach Belieben) zu erneuern, was den Offenbarungscharakter
vernichtet; c) durch diese Tatsache führt man eine unüberwindliche
Auseinandersetzung zwischen dogmatischer und historisch-kritischer
Exegese herbei, und diese dialektische Spannung macht den Glauben
unfruchtbar, wo er doch Leben sein soll. "Kardinal" R. appelliert
daher, und zwar mit Recht, an den Katechismus des Konzils von Trient.
Dabei preist er drei Dinge an.
Ein neues Glauben:
Erstens, man muß zur "Glaubens-Totalität" zurückfinden, zum "Glauben
als ein in sich organisches Ganzes" (S.3). Folgendes ist der Inhalt des
Abschnittes 1 "Was ist der Glaube?" (S.5-lo): Mit dem Zitat aus Joh.
17,3 auf den "Römischen Katechismus" hinweisend, "der unter Pius V.
veröffentlicht wurde" (S.9; Ratzinger ignoriert die Kanonisation des
hl. Pius V.), führt Ratzinger aus: "Der Glaube ist das Leben... Wie
auch der Glaube eine weitere Fähigkeit bezeichnet als nur die,
isolierte Handlungen zu vollziehen, nämlich die Fähigkeit zu leben, so
ist ihm gleicherweise ein anderes Gebiet eigen als dasjenige, isolierte
Gegebenheiten zu erkennen, nämlich das Gebiet der wesentlichen
Erkenntnis selbst, dank derer uns der eigene Existenzgrund bewußt wird"
(S.9). Dieses ist "der persönliche Charakter unseres Glaubens. Aber das
ist nur die Hälfte eines Ganzen... der Glaube ist also nicht nur ein
von Angesicht zu Angesicht mit Gott und Christus, er ist auch der
Kontakt, der die Gemeinschaft mit denen erschließt, welchen sich Gott
selbst mitgeteilt hat... Der Glaube ist daher nicht nur ein 'Ich' oder
ein 'Du', er ist auch 'Wir'... Wenn ich sage, 'ich glaube', dann
bedeutet dies, daß ich die Grenzen meiner Subjektivität überschreite,
um das 'Ich' der Kirche zu vervollständigen..." (S.10)
Nun, wenn man sich auf den Katechismus des Konzils von Trient bezieht,
und zwar auf den Katechismus selbst, und nicht nur auf das Vorwort,
liest man im Kapitel I den bereits zitierten Text: "Der Glaube ist die
völlige und ungeteilte Zustimmung zu den von Gott geoffenbarten
Wahrheiten." - Nein, Herr 'Kardinal', gemäß der Lehre der Kirche, wie
sie im Katechismus des Konzils von Trient, mit dem Sie sich brüsten und
über den Sie sich lustig machen, erklärt wird, ist der Glaube nicht
"ein von Angesicht zu Angesicht mit Gott und Christus". Das schließt
der hl. Paulus, wie Sie wissen, ausdrücklich aus: "Wir schauen jetzt
nur wie durch einen Spiegel. Aber dann (nach dem Tode, doch nicht
vorher) werden wir von Angesicht zu Angesicht schauen" (I.Kor. 13,12).
Der Glaube ist weder "Ich" noch "Du", noch "Wir"; denn das "von
Angesicht zu Angesicht", von dem Sie sprechen, ist nur ein betörendes
Produkt der Phantasie. Der Glaube ist eine demütige und gelehrige
Hinwendung zur Wahrheit, deren Licht frei geschenkt wird.
Nein, Herr 'Kardinal'. "Ich glaube" bedeutet nicht, daß "ich die
Grenzen meiner Subjektivität überschreite, um mich in das 'Ich' der
Kirche einzufügen." Erstens, weil es kein erschaffenes und
unpersönliches "ich" gibt, in welches sich das "Ich" einer Person
integrieren könnte, die durch sich selbst subsistiert; diese
grundsätzlich irrige Lehre ist im wesentlichen atheistischer Marxismus,
und es ist ein Sakrileg, ihn zum Mannequin heiliger Dinge zu erheben.
Zweitens, weil die Betätigung des Glaubens nicht zur Rechtfertigung
führt, wenn sie nicht persönlich ist, wie das gerade das Konzil von
Trient präzisiert: Sitzung VI, De justificatione (Kap. 3 und besonders
5). Nein, Herr 'Kardinal', alle Glaubenszeugen beteuern: "Wir berühren
nicht das Unberührbare, wir hören nicht das Lautlose und sehen nicht
das Unsichtbare". Jene, die wie Sie solche Wundertaten vorspiegeln,
sind, bewußt oder unbewußt, nur falsche Propheten oder Scharlatane.
Denn die wahren Zeugen bestätigen, daß "(auf Erden) niemand jemals Gott
geschaut hat" (Jo 1,18) und daß, "wenn sie geheimnisvolle Dinge hören,
es einem Sterblichen nicht erlaubt ist, sie wiederzugeben" (2 Kor 12,4)
Die wahren Zeugen haben den gleichen Glauben wie wir; sie haben ihn wie
wir vom "Urheber des Glaubens" (Hebr 12,2) und von "Der, die geglaubt
hat" (Lk 1,45) übernommen. Sie bezeugen ihn durch den unwiderstehlichen
Antrieb des Heiligen Geistes, von Dem sie die Überzeugung besitzen, daß
sie die Glaubensgnade erhalten sowie die Gewissheit, sich nicht zu
irren. Die wahren Zeugen werden aus dem Geist geboren, in jenem Lichte,
das neu macht (Jo 3,5) und vor welchem sie sich selbst in den Schatten
stellen (Jo 1,15; 3,3o). Und, genau gesagt, behaupten sie in keiner
Weise, "den Glauben zu übermitteln", wie es das Thema der vier Redner
war. Denn der Glaube ist ein Geschenk Gottes, das nicht beziehungslos
(librement) gewährt wird, sondern nur jedem persönlich.
Was die Zeugen vermitteln sollen, ist nicht der Glaube, sondern das
Glaubensgut; es ist nicht die Zustimmung - darin besteht der
Glaubensakt -, sondern die geoffenbarte Aussage, auf Grund derer sich
der Glaubende dem offenbarenden Gott zuwendet. Jene, die darauf aus
sind, "den Glauben zu vermitteln" und durch ein krankhaftes "alles
Nachmachenwollen" Zeugen hervorzubringen, vermitteln in Wirklichkeit
nur einen menschlichen Glauben, eine gotteslästerliche Parodie des
Glaubens; sie sind keine Hirten, sondern Mietlinge (Jo lo, 11-13), oder
sie sind "das Tier mit den zwei Hörnern, wie ein Widder, und das wie
ein Drache redet" (Apok 13,11).
Der "Glaube der Kirche" ist eine unaussprechliche Wirklichkeit, welche
die Theologie des 13. Jahrhunderts in vollkommener Weise dargestellt
hat, die von den Individualisten der Gegen-Reform durcheinander
gewürfelt wurde und die ihre Groß- Neffen zu Grabe getragen haben. Die
fides ecclesiae, der Glaube, der in Wirklichkeit der Gesamtheit der
Kirche eigen ist, dieser Glaube 9timmt ausdrücklich mit den
Wirklichkeiten, die der Kirche im eigentlichen zugehörig sind, überein:
die göttliche Glaubwürdigkeit des geoffenbarten, anvertrauten Gutes,
die Authentizität der Riten der von Gott eingesetzten Sakramente.
Den Glauben der Kirche wie eine Art transzendente Wolke darzubieten, in
welcher sich der einzelne Gläubige erhaben vorkommen soll, um das
Absolute berühren zu könnnen und um sich selbst zu finden, bedeutet
evensoviel, wie die Getreuen durch einen sehr gefährlichen Mythos zu
verwirren, selbst dann, wenn dieser Mythos schließlich nur eine
teilhardinische Posse eines Spaßmachers jenseits des Rheines
widerspiegelt.
Das war nun also die erste "Operation R.". Sie zeigte sich darin,
gleichzeitig und irgendwie zauberhaft zweierlei auszuführen. Als erstes
die Auslösung des Alarms: Tradition! Trient! Ob es sich um das Konzil,
oder um den vom Konzil veranlaßten Katechismus, oder vom Vorwort dieses
Katechismus handelt, diese Unterschiede werden zumeist von den
Angesprochenen nicht verifiziert."Der Papst verteidigt durch den
Kardinal des ex-'Heiligen Offiziums' die Tradition, und er beruft sich
sogar auf das Konzil von Trient!" So faßte es der 'durchschnittliche
Traditionalist' auf, der "Itinéraires" liest und die Priorate von Mgr.
Lefebvre aufsucht und so nun noch überzeugter und gefestigter ist in
der Verbundenheit und der Treue dem Papst gegenüber. Als Zweites - wir
wiederholen es gleichzeitig: den Angesprochenen, die vor Glück gerührt
und um so mehr begeistert sind, als sie nichts davon verstehen, eine
Lehre über die Natur des Glaubens vorzumachen, die dem Konzil von
Trient fremd ist (wie auch dem Katechismus und dem Vorwort), weil sie
ein Gemisch darstellt, die aus dem Marxismus und dem modernistischen
Teilhardismus hervorgegangen ist.
Die spektakuläre Vorführung des tridentinischen "Gefäßes" (von Luther
benutzt!) und die Einführung von Gift unter der Aufschrift "Tradition":
das ist also die erste "Operation R."
Neue Quellen:
Zweitens. Um "die Krise überwinden zu können", muß der Gebrauch und der
Ruf des auf die authentische Offenbarung abgestützten Glaubens
wiederhergestellt werden. Das geschieht mit dem Abschnitt 2 der
Konferenz: "Was sind die Quellen?" (S.10-12). Wir zitieren den
eigentlichen Text des 'Kardinals' R.: "Als ich vor ungefähr 30 Jahren
versucht habe, eine Studie über die Offenbarung in der Theologie des
13. Jahrhunderts anzustellen, stieß ich auf eine unerwartete
Feststellung. Zu jener Zeit dachte tatsächlich niemand daran, die
Bibel,'die Offenbarung1 zu nennen, auch wurde ihr nicht die Bezeichnung
'Quelle' gegeben." (a) "Daher wurde das Wort 'Offenbarung' einerseits
nur für die einzige, menschlich nicht aussprechbare Tat verwendet,
durch die Gott sich seiner Kreatur zu erkennen gibt (b) und anderseits
für die Annahme, durch die die göttliche Herablassung unter der Form
der Offenbarung dem Menschen wahrnehmbar wird (c). Alles, was in Worten
festgelegt sein soll, die Heilige Schrift also, zeugt von der
Offenbarung, ohne im genauen Sinn des Wortes diese Offenbarung selbst
zu sein (d) ..." "Die Bibel ist eine Zusammenfassung eines viel
größeren und unerschöpflichen Offenbarungsvorganges, durch die sich das
göttlich 'ich' und das menschliche 'Du' durch Christus dem Mittler in
dem 'Wir' der Kirche berühren." (e)(S.11)
Das sind verblüffende Aussagen, die höchstens einem begrenzten Kreis
instruierter Theologen hätten vorgelegt werden können, die aber, ins
Volk 'geworfen' äußerst skandalös sind, weil häretisch. Wir müssen uns
auf kurze Bemerkungen dazu beschränken.
Die Behauptung (a) ist nur scheinbar begründet und gerechtfertigt durch
die "Theologie des 13. Jahrhunderts", in Wirklichkeit ist sie
trügerisch. "Innititur enim fides nostra revelationi apostolis et
prophetis factae, qui canÛnicos libros scripserunt; non autem
revelationi, si qua fuit aliis doctoribus facta" (S.Thomas I, ql, a8,
ad 2) (Unser Glaube gründet sich auf die Offenbarung, die den Aposteln
und den Propheten, welche die kanonischen Bücher geschrieben haben,
gegeben wurde; also nicht auf eine Offenbarung, die andern Lehrern
gemacht wurde - (vorausgesetzt, daß es eine solche gäbe). Und der hl.
Thomas bezieht sich auf die Autorität des hl. Augustinus, der den Grund
für diese Einschränkung angibt: die göttliche Unfehlbarkeit ist nur für
die kanonischen Bücher garantiert.)
Man sieht also, daß in dem (zitierten) Abschnitt das Wort "Offenbarung"
soweit es den Glauben betrifft, den Inhalt der kanonischen Bücher
bezeichnet, also der Bibel (von der Kirche approbiert); daß anderseits
das Wort "Offenbarung" formell den Akt bezeichnet, durch den Gott
offenbart, was jegliche Zweideutigkeit ausschließt, zumindest für
diejenigen, die sich gläubig der Kirche verpflichtet fühlen.
Es ist also falsch, zu behaupten, daß "die Offenbarung, die den
Gegenstand des katholischen Glaubens ausmacht, nicht von den Aposteln
abgeschlossen ist" (S.Pius X, Decr. Lamentabili, prop. 21 **). Das
bedeutet, daß die göttliche Kommunikation, womit die Apostel bevorzugt
waren, mit dem letzten Apostel aufgehört hat. Es ist auch ferner zu
bedenken, daß die Entwicklung (développement) des Dogmas sich nur durch
den Übergang vom Impliziten zum Expliziten realisieren kann, in bezug
auf die geschriebenen Aussagen. Und es ist drittens vor allem zu
berücksichtigen, daß die eigentlichen Glaubenszeugen die Gläubigen
ausdrücklich aufgefordert haben, und zwar im Namen von Jesus Christus
selbst, nicht ihre eigenen Erleuchtungen aufzunehmen, sondern das, was
sie darüber in Worten ausgedrückt haben, also ihre Predigten (Mk
16,15/16; Jo 20,30/31). "Wie wird man an den glauben können, von dem
man nichts zu hören bekommen hat? ... Ergo fides ex auditu (Also kommt
der Glaube vom Hören)" (Rom 10,14/17). Man sieht also, daß entgegen der
Behauptung (a) mit dem Wort "Offenbarung", sofern es den Glauben
betrifft, immer der Inhalt der kanonischen Bücher, d.i. der Bibel, wie
sie durch das Magisterium der Kirche sanktioniert wurde, gemeint ist,
ganz gemäß der Lehre der Kirche, und dies schon sogar im 13.
Jahrhundert.
Die Behauptung (b) ist entweder eine allgemein erkannte Wahrheit oder
dann ein gefährlicher Trugschluß. Denn der Offenbarungsakt kann nur auf
zwei Arten betrachtet werden: entweder in Gott oder im Propheten, der
ihn empfängt. In Gott gesehen, ist der Offenbarungsakt Gott Selbst, und
er kann natürlich keinen anderen Ausdruck haben als das Wort Gottes
selbst. Im Propheten gesehen, selbst in Christus als Mensch, ist der
Offenbarungsakt in einem menschlichen Wort aufgenommen. Nur in patria
(im Himmel) und aufgrund des lumen gloriae (Glorienlicht) kann der
geschaffene Verstand in verbo, im Wort Gottes, sehen; aber dann wird
der Glaube "abgetan" sein (1 Kor 13,10); und gleichzeitig mit ihm die
Offenbarung, die ihn betrifft. Solange "wir noch im Glauben wandeln und
nicht im Schauen" (2 Kor 5,7), besteht das Mysterium der Offenbarung
(denn es ist ein Mysterium) darin: Gott Selbst - nur Er kann es
bewirken - drückt eine Wirklichkeit und eine Wahrheit aus, die sich auf
Ihn in einem erschaffenen Wort bezieht (von Menschen oder Engeln). Alle
wahren Gläubigen (die keine Erleuchteten waren) haben immer so gedacht,
daß weder der Prophet, noch nach ihm der Glaubende dieses geoffenbarte
Wort adäquat erfassen können, wie es in Wirklichkeit ist. Aber wenn
auch der Gläubige diese Wirklichkeit nicht völlig ex parte objecti
(gegenständlich) erfaßt, so hat er doch die Sicherheit ohne zu irren
alles zu erfassen, was ihm davon im geoffenbarten, erschaffenen
göttlichen Wort gegenständlich zu verstehen gegeben ist.
Man stelle sich eine Art 'Hyper-Offenbarung' vor, die nicht Gott selbst
wäre. Etwas, "was in menschlichen Worten unaussprechlich wäre", eine
erschaffene Offenbarung, die die Aussagen des Glaubens übermittelt. Das
ist einer der vom hl. Pius X verurteilten Irrtümer (("Die
Glaubensformulierungen seien in bezug auf das Ausgesagte inadäquat"
(Enzyklika Pascendi, 8. Spetember 19o7 ; impliziert aufgrund der
Promulgationsweise die Unfehlbarkeit)). Eine solche Auffassung scheint
von der deutschen "Transzendentalphilosophie" herzurühren, über die
'Kardinal' R., der ehemalige Erzbischof von München, sicherlich sehr
gut informiert ist; deren besonderes und fundamentales Postulat ist die
Annahme, es sei ein Mittelsystem (entité intermédiaire) zwischen Gott
selbst und der Erkenntnis, welche die erschaffene Intelligenz von Gott
haben kann. Demnach gäbe es eine Art offenbarende Offenbarung, "eine
Quelle, woraus die Schrift schöpft" (S.11), die "einzige Quelle, um es
klar auszusprechen": eine geschaffene Wesenheit, und trotzdem
unerreichbar für den geschaffenen Intellekt.
Anmerkungen:
*) Editions CERP; 8, rue de la Ville-1'EvÍque, F-75oo8 Paris. Die Hinweise beziehen sich auf die Seiten dieser Ausgabe.
**) Denzinger / Schönmetzer, Enchiridion Symbolorum, 23.Ausg., Freiburg
1965. Diese Ausgaben weist schwerwiegende und heimtückische Lücken auf,
weswegen wir auf Denzinger... von 1928 hinweisen.
(Fortsetzung folgt)
***
NACHRICHT:
AM SONNTAG, DEM 15. MAI 1983 HAT S.E. MGR. M.L. GUERARD DES LAURIERS OP
AUF EINLADUNG DER SAKA IN BASEL MEHREREN KINDERN DAS SAKRAMENT DER
FIRMUNG GESPENDET. (Wenn möglich, werden wir über dieses Ereignis
ausführlicher berichten.)
ROSENKRANZGEBET: AM 4.8. 1983 UM 18 UHR FÜR PRIESTERBERUFUNGEN.
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