ZUR SOG. 'WIEDERZULASSUNG'
DER (TRIDENTINISCHEN) MESSE
Am 16. Okt. 1984 hat Mgr. Wojtyla durch einen Brief seines Propräfekten
der vatikanischen sog. 'Kongregation für den Gottesdienst', Mgr. A.
Mayer an die Präsidenten der 'Bischofskonferenzen' die Zelebration der
(trident.) Messe wieder gestatten Lassen. Eigentlich kann man zu diesem
Vorgang aus unserer Sicht nur das wiederholen, was wir schon früher
ausführten, als sich eine solche 'Wiederzulassung1 als Möglichkeit
vatikanischer Politik abzuzeichnen begann:
1.) Man kann weder etwas verbieten noch
wieder zulassen, was Christus schlechterdings von Seiner Kirche bis zum
Ende der Zeiten gefordert hat: die Feier der hl. Messe.
2.) Die jetzige sog. 'Kirchen'führung hat wegen ihres Glaubensabfalles bzw. wegen Häresie jegliche wahre Autorität verloren.
Da aber dennoch eine Reihe von Utopisten bzw. professionellen
Taktierern die Gläubigen zu verwirren und falsche Hoffnungen zu wecken
versuchen, gehen wir auf diesen Vorgang ein. Denn Parolen von der
'Bekehrung' des 'Hl. Vaters' oder der "völligen Wende" machen bereits
die Runde.
Im folgenden veröffentlichen wir a) den Brief von Mgr. Mayer an die
Präsidenten der sog. 'Bischofskonferenzen' und b) einige markante
Stellungnahmen aus den führenden deutschen Presseorganen, die sehr
deutlich die allgemeine Einschätzung der 'Wiederzulassung' der hl.
Messe wiederspiegeln, um so durch unvoreingenommene Zeugen (für unser
Anliegen!) zu zeigen, was mit dieser Aktion in Wirklichkeit
beabsichtigt werden soll.
Eberhard Heller
***
a) BRIEF VON MGR. MAYER AN DIE PRÄSIDENTEN DER SOG. 'BISCHOFSKONFERENZEN'
(zitiert nach DT vom 23.lo.84 - offizielle Übersetzung, von KNA verbreitet)
"An die Präsidenten der Bischofskonferenzen!
Vor vier Jahren wurden auf besonderen Wunsch des Heiligen Vaters die
Bischöfe der ganzen Kirche aufgefordert, über folgende Fragenkomplexe
Bericht zu erstatten:
- über die Art und Weise, wie Priester
und Gläubige ihrer Diözesen das Missale aufgenommen haben, welches
Papst Paul VI. im Jahre 197o gemäß den Beschlüssen des Zweiten
Vatikanischen Konzils promulgiert hat;
- über die Schwierigkeiten bei der Durchführung der Liturgiereform selbst;
- über eventuelle Widerstände, die es in diesem Zusammenhang gegeben hat.
Das Ergebnis dieser Umfrage wurde an alle Bischöfe gesandt (vgl.
Notitiae Nr.185, Dezember 1981). Aufgrund dieser Antworten schien sich
das Problem der Priester und Gläubigen fast vollständig gelöst zu
haben, die sich dem sogenannten Tridentinischen Ritus verbunden
fühlten. Nachdem das Problem aber weiterbesteht, bietet der Heilige
Vater in dem Wunsch, auch diesen Gruppen entgegenzukommen, den
Diözesanbischöfen die Möglichkeit an, Priestern und Gläubigen, die
namentlich darum einkommen, zu gestatten, die Messe nach dem Missale
Romanum in seiner Ausgabe von 1962 zu feiern, wenn sie sich dabei an
die folgenden Bestimmungen halten:
a) Mit aller Klarheit muß auch
öffentlich bekannt sein, daß diese Priester und die jeweiligen
Gläubigen in keiner Weise die Positionen derjenigen teilen, die die
Legitimität und Lehrgenauigkeit des Missale Romanum anzweifeln, welches
Papst Paul VI. 1970 promulgierte.
b) Die Feier wird ausschließlich den Gruppen vorbehalten, die danach
verlangen; in Kirchen und Oratorien, die der Bischof bestimmt (nicht
jedoch in Pfarrkirchen, es sei denn, daß der Bischof dies in besonderen
Fällen eigens erlaubt); an den Tagen und zu Bedingungen, die der
Bischof festsetzt, gewohnheitsmäßig oder in einzelnen Fällen.
c) Diese Feiern müssen gehalten werden nach dem Missale von 1962 und in lateinischer Sprache.
d) Es muß jede Vermischung zwischen Texten und Riten der beiden Missale vermieden werden.
e) Jeder Bischof soll diese Kongregation von den von ihm gegebenen
Erlaubnissen informieren und nach Ablauf eines Jahres nach Gewährung
des Induits über das Ergebnis seiner Anwendung berichten.
Diese Erlaubnis, die bezeichnend ist für das Bemühen des gemeinsamen
Vaters für alle seine Söhne, muß in einer Weise benutzt werden, die sie
nicht in Widerspruch zur treuen Beachtung der Liturgiereform im Leben
der jeweiligen kirchlichen Gemeinschaften stellt. Gerne benutze ich die
Gelegenheit, um Ihnen meine Hochschätzung auszusprechen."
Mit den besten Empfehlungen
Erzbischof Augustin Mayer, Pro-Präfekt
Virgilio Noe, Sekretär
***
b) PRESSESTIMMEN
aus FAZ vom 17.lo.84: "Die
neuerliche Erlaubnis zur Tridentinischen Messe kann schwerlich als
Rückschritt des Papstes in die vorkonziliare Zeit verstanden werden.
(...) Die Bedingungen der Gottesdienstkongregation unter Erzbischof
Mayer für eine Erlaubnis sind so restriktiv gefaßt, daß darin keine
Einschränkung des Konzils durch den Papst gesehen werden kann. Mit der
grundsätzlichen Möglichkeit wird jedoch die Entscheidung zum Verbot der
Tridentinischen Messe korrigiert, die seinerzeit viele Katholiken
befremdet hatte. Diese Gläubigen konnten - anders als extremistische
Traditionalisten - nicht verstehen, daß die Befürwortung des Zweiten
Vatikanums von einer Bejahung der Liturgiereform abhängig gemacht
werden sollte. Die Bischöfe ihrerseits hatten dafür wohl Gründe, weil
für sie der Durchbruch auf dem Konzil zu einer inneren Reform der
Kirche in der Liturgie erzielt worden war. In der Zwischenzeit hat sich
der Streit um die Tridentinische Messe so weit entschärft, daß man
diesen Ritus als Möglichkeit bestehen lassen kann; solange, bis kein
Katholik mehr in dieser Meßform aufgewachsen ist. Mit seiner Billigung
hat Johannes Paul II. einen Stein des Anstoßes kirchenrechtlich aus der
Welt geschafft, der in Wirklichkeit keiner mehr war."
aus DIE WELT vom 17.lo.84: "In
vatikanischen Kreisen verlautet, in der Kult- und
Sakramentenkongregation habe man über die - wenn auch stark begrenzte -
Wiederzulassung der lateinischen Messe lebhaft diskutiert. Bei der
Abstimmung in der Vollversammlung der Kongregation soll nur das
indirekte Eingreifen des Papstes den Befürwortern eine knappe Mehrheit
von zwei Stimmen verschafft haben. Kardinal Casoria als
Kongregationspräfekt habe den Text des Schreibens an die
Diözesanbischöfe nicht unterschrieben. Und sein Nachfolger, Erzbischof
Mayer, habe es nur auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes getan."
aus SZ vom 17.lo.84: "Nach
Indiskretionen aus Vatikankreisen soll die Entscheidung des Papstes
nicht ohne Widerstand auch in der Kurie getroffen worden sein; selbst
in der zuständigen Kongregation habe es Gegenstimmen gegeben. Die
italienische katholische Nachrichtenagentur zitierte einen hohen
Prälaten mit der Bemerkung: 'Es ist ein Schritt zurück. Der Text des
Papstes muß aber als ein Akt der Barmherzigkeit verstanden werden
gegenüber schmerzlichen Situationen in nostalgischen Kreisen. Die
wirkliche Gefahr besteht nicht in dem Brief des Papstes, sondern in dem
möglichen Mißbrauch, um rückschrittliche Ziele in der Kirche zu
erreichen.'"
Dr. Rudolf Hammerschmidt G.m MÜNCHNER MERKUR
vom 27.+28.lo.84), Pressedienst der deutschen, sog.
'Bischofskonferenz': "Der Hauptunterschied zwischen der vorkonziliaren
und der erneuerten Meßordnung kann vielleicht am einfachsten mit den
ersten Worten verdeutlicht werden, mit denen beide Ordnungen beginnen.
Die tridentinische Meßordnung beginnt mit den Worten 'Sacerdos
paratus', das heißt, 'wenn der Priester angekleidet ist'. Die erneuerte
Meßordnung beginnt mit den Worten 'Popolo congregato', das heißt, wenn
sich die Gemeinde versammelt hat. (...) Die Erlaubnis des Papstes,
unter bestimmten Voraussetzungen die Heilige Messe nach dem alten Ritus
zu feiern, ist Ausdruck der pastoralen Sorge 'des gemeinsamen Vaters',
die Herde der Gläubigen zu einen. Die Feier der Heiligen Messe ist die
grundlegende Darstellung der Einheit der Kirche." (Anm.d.Red.: genau
dieses Argument der Einheitsdarstellung wurde früher benutzt, um die
alte Messe zu verbieten!!! Man sieht, was man aus Argumenten machen
kann.)
"Streiflicht" aus SZ vom
17.lo.84: "In principio erat verbum - auf Deutsch: 'Im Anfang war das
Wort'. So beginnt das Johannesevangelium, das einstmals den Schluß der
katholischen Messe bildete, ehe es zum Segen und zu jenem 'Ite missa
est' kam, das auch Nicht-Lateiner stets kapierten und mit einem 'Gott
sei Dank!' sowie schleunigem Auszug aus der Kirche quittierten. Die
Frage, ob denn Gott, von dem da die Rede war, lateinisch gesprochen
habe, warum sich folglich die Liturgie ein für allemal an die Sprache
des römischen Altertums klammern müsse, kam höchstens Ministranten; und
denen gab der Pfarrer prompt Bescheid: der Einheitlichkeit und
Universalität der Meßfeier zuliebe - auch wenn (aber das gab er nicht
preis) die lateinische Tradition allmählich auf Kosten der
Allgemeinverständlichkeit, also einer Teilnahme ging, die doch das
Wesen des 'Abendmahls' ausmachen sollte. Es ist, im nachhinein
betrachtet, nur noch schwer zu begreifen, wie viele Jahrhunderte die
katholische Kirche darüber hinwegsah und es hinnahm, daß ein
ungebildetes Kirchenpublikum die 'stille Messe' oder aber, wenn schon,
Pontifikalämter bevorzugte, in denen man das vergessene Latein des
Gloria oder des Credo als Ohrenschmaus genoß, am genüßlichsten, wenn es
in Mozart-Klängen daherschwebte. Wie man weiß, hat erst das II.
Vatikanische Konzil der sechziger Jahre die Volkssprache im
Gottesdienst vollends aufgewertet und damit eine Konsequenz gezogen,
die spätestens zu Luthers Zeit fällig war. Das dreifache Konzil von
Trient, über das man noch heute streiten kann, ob es sich in Reaktion
und Gegenreformation erschöpfte oder bereits ein Stück katholischer
Reform war, hat noch einmal das Rad der Geschichte angehalten. Gab der
Reformator dem Volk das von ihm eingedeutschte Wort Gottes zum
Eigengebrauch in die Hand, so dekretierte das Tridentinum die
lateinische Vulgata - was (mitsamt anderen Dekreten) die Mauer zwischen
Klerus und Laien nur noch höher zog. Man wollte einfach nicht
wahrhaben, daß die Latinisierung der Papstkirche ein historischer
Prozeß, keine heilsgeschichtliche Notwendigkeit war. Heutzutage eine
Banalität, nachdem das zweite Vatikanum endlich die Dimension des
Historischen auch in der Kirchengeschichte erfaßt und so dem
Katholizismus zu einer Vergegenwärtigung verholfen hat. Insofern ist es
mitnichten eine Kleinigkeit, wenn Rom nun den tridentinischen Meßritus,
seit dem Konzil die Ausnahme von der Regel, wieder erlaubt - unter
gewissen Umständen und Bedingungen freilich; aber die lassen sich
bekanntlich schaffen. Als Schachzug gegen den rabiaten Traditionalisten
Lefebvre, der zusammen mit der Liturgiereform das ganze Reformkonzil
ablehnt, mag das päpstliche Rundschreiben eine gewisse Rechtfertigung
finden. Als Korrektur, wenn so gemeint, wäre es ein Anachronismus -
geschrieben darum in unverständlichen Latein."
***
Schlußbemerkung :
Es wird keinem schwerfallen herauszufinden, daß diese 'Wiederzulassung'
die Verwirklichung des alten Ratzinger-Programms darstellt, nämlich die
alte Messe "auslaufen" zu lassen: weil man keine Märtyrer haben möchte.
Hier einen Hoffnungsschimmer zu sehen hieße Herrn Prof. Ratzinger zu
unterschätzen.
Aber wie reagierten nun die sog. 'Traditionalisten', d.h. diejenigen,
die sich aus sekundären - und nicht primär aus religiösen - Gründen zu
Verfechtern der Tradition erklären? Was sagte Lefebvre dazu? Man lese,
damit man seine Antwort richtig einschätzen kann, noch einmal die fünf
Bedingungen, unter denen die alte Messe zelebriert werden darf. Nun -
Lefebvre ist über die tapstf-Entscheidung "sehr glücklich", wie er im
französischen Rundfunk erklärte (vgl. SZ und FAZ vom 17. lo.84). Über
diese Erklärung können nur diejenigen erstaunt sein, die vergessen
haben, was Lefebvre am 17.9.1976 an de Saventhem (alias Friedenau), den
Präsidenten der sog. Una Voce-Föderation schrieb: "Für die universale
Kirche sehe ich wie Sie, die friedliche Koexistenz der vor- und
nachkonziliaren Riten voraus." Und was meinte Lefebvres Adept
Schmidberger einige Wochen vor der sog. 'Wiederzulassung': "Wir wollen,
so sagte ich (in Rom), unsere Kräfte restlos für den Hl. Stuhl (d.i. in
personam: Wojtyla) verzehren, wie dies die Jesuiten im 16. Jahrhundert
getan haben." (NWZ-SÜDWESTPRESSE vom 12.10.84).
N.B. was macht z.B. eine Bügerinitiative, wenn ihrem Begehren statt gegeben worden ist? Sie löst sich auf.
Eberhard Heller |