BRIEF VON HERRN PROF. DR. D. WENDLAND AN DIE REDAKTION
Vorbemerkung:
Der Beitrag von Herrn Prof. Wendland in EINSICHT Okt. 1985, S.91 ff.,
"Es wäre zu bedenken..." hat neben weitgehender Zustimmung auch
(wieder) Probleme und Fragen angeschnitten, die von manchem Leser
verdrängt worden waren oder die in Vergessenheit geraten waren, die
deswegen einer weiteren Durchklärung bedürfen. Um also nähere
Aufschlüsse hinsichtlich der aufgezeigten Perspektiven zu erhalten,
veröffentlichen wir mit Zustimmung des Autors Passagen aus einem Brief,
in dem Herr Wendland auf ein Schreiben der Redaktion eingeht und
bestimmte Punkte der angeschnittenen Problematik wieder aufgreift und
erläutert. Ein besonderes Anliegen von Herrn Prof. Wendland ist, darauf
aufmerksam zu machen, daß infolge der verheerenden Folgen des sog.
Konzils selbst oder gerade in Kreisen der sog. Traditionalisten das
elementarste Glaubens-Wissen verschüttet ist und daß es darum geht, die
Fundamente wieder zu festigen, den Glauben wieder aufzubauen, damit wir
das sein können, was bei vielen nur noch als verschwommenes
Wunschdenken existiert, nämlich lebendige Christen.
E. Heller
Esslingen, den 29. lo. 1935
Sehr geehrter Herr Dr. Heller!
Vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 25. lo.. Inzwischen aber habe auch
ich durch Briefe von Lesern Ihrer Zeitschrift (aus Westfalen und
Österreich) erfahren, wie mein kleiner Artikel gewirkt hat. Und nun
kommen Fragen über Fragen, nachdem man deutlich erkannt hat, daß es
noch ganz andere Perspektiven gibt als die üblichen. Dabei habe ich
keineswegs eine "umfassende Analyse der religiösen Situation"
vorgelegt, sondern nur auf wenige Aspekte aufmerksam gemacht, die
übrigens schon während des Vatikanums II unter sachkundigen
Leuten diskutiert worden sind. Die meisten wachten ja erst auf nach der
Promulgation des NOM, d.h. jedoch zu einem Zeitpunkt, wo sozusagen der
Zug bereits abgefahren war - indessen ohne die Lehrtexte des Vatikanums
II studiert zu haben, und zwar in ihrer objektiven und sachlogischen
Ordnungseinheit, die auf bestimmten Prinzipien beruhte. Noch vor zehn
Jahren wäre es leichter gewesen, Auswege aus unserer desolaten
Situation aufzuweisen. Doch schon damals setzte dies zwei Dinge voraus:
1. eine wirklich zweckdienliche
Aufklärung hinsichtlich des Wesens und der Wesensmerkmale der
Konzilskirche in theologischer und rechtlicher Hinsicht; man hatte den
Feind unmittelbar vor der Tür sitzen, ohne ihn als Feind zu erkennen;
der "römische Bischof" hatte für sich gar nicht die Bedeutung, die man
ihm wie ein aufgeregter blinder "Papist" unterstellte;
2. ein radikales Umdenken in den sog. Traditionalistengruppen, um
dadurch zuerst einmal eine andere Disposition zu erreichen für ein
tragfähiges privates und öffentliches Leben von katholischen Christen
(im Gegensatz zu einem frucht- und wirkungslosen
"Gesinnungskatholizismus" frommer Leute, die nicht mehr wußten, was
eine Religionsgemeinschaft ist, die sich doch in erster Linie - wenn
sie eine christliche sein willdurch die "fides divina" und die "res
divinae" bestimmt, nicht aber durch ein dunkel gedachtes "sentire com
Ecclesia").
Sogar bei uns sind den meisten orthodoxen Katholiken heute nur noch
zwei Dinge geblieben, aus denen sie leben: 1. die "vera fides" und 2.
das Tauf-Sakrament (abgesehen vom Sakrament der Ehe ohne kirchliche
Assistenz). Ich besitze darüber erschütternde Berichte. Hier erscheint
und vollzieht sich ein Martyrium ganz eigener Art - wegen des harten
Zugriffs der Konzilskirche, dieser monströsen "societas perfecta", die
genau so wenig ein "Schein"-Gebilde ist wie das Vatikanum II ein
"Schein"-Konzil war (wie gewisse Meßzentrums-Priester hinter
vorgehaltener Hand behaupten). Die Konzilskirche hatte sich bei ihrer
Konstituierung aller vier Wesensmerkmale der Kirche des Credo
bemächtigt und diese zugleich bis in ihre Wurzeln hinein pervertiert,
indem sie sich kraft der in jedem Ordo liegenden determinatio ad unum
auf ein anderes Ziel hinordnete. Diese Sache ist nur aus dem Denken des
hl. Thomas erfaßbar und durchschaubar. Außerdem hatte das Vatikanum II
den Beweis geliefert, daß der (übrigens schon falsch tradierte) Satz
"ubi Papa (Episcopus) ibi Ecclesia" zwar nicht schlechthin falsch war,
wohl aber keine absolute Geltung besaß. Hier liegt eine von den
Hauptursachen für die Verwirrung derjenigen, die sich als
römisch-katholisch bezeichnen, ohne zu wissen, daß das "römisch" kein
Wesensmerkmal der Kirche ist, sondern nur historisch bedingt ist.
Auswege aus den bereits habituell gewordenen Verwirrungen sind nur dann
erkennbar, wenn die noch gläubigen Katholiken nicht nur ihre
sektiererische Gruppenmentalität aufgeben, die sich nach wie vor
innerhalb des Rahmens der Konzilskirche bewegt, sondern zuerst einmal
ganz nüchtern und real ihre eigene konkrete Lebenslage gegenüber der
Konzilskirche begreifen, die ständig auf sie einwirkt. Vulgär
ausgedrückt: man registriert in einer pathetischen Geisteshaltung jeden
Erguß der "geistlichen Gefäße" der Konzilskirche und ihrer Konsorten,
ohne die eigentlichen Ursachen des Gestanks zu erkennen, den diese
verbreiten. Und dann erschöpft sich bei vielen ihre ganze Weisheit in
einer vernunftwidrigen Apokalyptik, die die frommen Geister wie eine
Seuche befallen hat. Herr Ratzinger hatte völlig recht, als er darauf
hinwies, daß es weder eine vor- noch eine nachkonziliare Kirche gibt.
Den Beweis dafür hat sogar der neue Erwachsenenkatechismus geliefert,
der ohne jeden Zweifel das 'Credo' der Konzilskirche darstellt und
dieses auch zu begründen versucht, zugegebenermaßen recht geschickt, so
daß ich mich gar nicht wundere, daß dies gewisse Traditionalisten in
ihren Artikelchen und Leserbriefen bislang immer noch nicht erkannt
haben. Dieser Katechismus geht nämlich nicht "vom Glauben aus", sondern
von bestimmten Voraussetzungen und Grund-"Erkenntnissen", auf die alles
andere in den einzelnen Lehrstücken bezogen ist und bleibt. Ich habe
vor, dies in einer Broschüre aufzuweisen. Denn dieser Katechismus ist
nur durch immanente Kritik von seinem intellektiven Ansatz her ratione
objecti widerlegbar. Zudem täuscht er einen in sich unbegründeten
"trinitarischen Glauben" vor, was seine Gefährlichkeit noch erhöht. Es
gibt bereits Traditionalisten, Priester und Laien, die durch diesen
Katechismus, wie man so schön sagt, "verunsichert" sind. Man muß auch
die Bedeutung dessen erkennen, daß der Herausgeber dieses Meisterwerkes
die Deutsche (nationale) Bischofskonferenz ist in Abstimmung mit Rom.
Die Mitarbeiter und typisch deutschen Vordenker (bis hinein in manche
Formulierungen) sind ohne jede Bedeutung.
Wenn man bei Ihnen in München (wie auch anderswo) nach begehbaren
Auswegen fragt, dann setzt das doch voraus, daß die früher
eingeschlagenen Wege falsch waren. Ist man sich aber der Ursachen dafür
auch wirklich bewußt? Stellt man sich ernsthaft die Frage, was haben
wir falsch gemacht bzw. in unserem Denken übersehen? Ich könnte gewiß
einige Auswege aufweisen, aber das würde heute, nachdem sich die
Konzilskirche konsolidiert hat und bei uns die "kath. Öffentlichkeit"
voll beherrscht, wenig nützen, weil dafür die nötige Basisbreite fehlt,
die erst noch geschaffen werden müßte und die nicht Zustandekommen
kann, wenn man immer nur nach einem imaginären Bischof "gläubig
ausschaut" oder nach Leuten, die das Verhältnis von "missio" und
"sessio" nicht begriffen haben (wie z.B. auch Mgr. Storck). Die
"Meßzentren e.V." sind nicht repräsentativ für die (noch) gläubigen
Diaspora-Katholiken und werden in absehbarer Zeit an sich selbst
zugrunde gehen. Denn sie zogen nicht bloß die von Ihnen beklagten
Heilsegoisten an, sondern auch die katholisierenden Sektierer
verschiedenster Couleur (Priester eingeschlossen, was ein Kapitel für
sich ist). Hier liegt der Grund, warum sich nicht wenige Katholiken von
diesen "Zentren" zurückgezogen und dann die anderen "vor diesen Leuten"
gewarnt haben. Ihre erste Frage aber lautet in Anbetracht ihrer
Lebenslage: Wie schütze ich mich und meine Familie vor der
Konzilskirche in ihrer Machtausübung im öffentlichen Erziehungs- und
Bildungswesen, über das sie bis in den Privatbereich wirksam eingriff.
Das NOM-Theater, auf das sich viele fixieren ließen, war gar nicht
entscheidend, wohl aber das, was dahinter stand, und woraus auch dieser
"Ordo cum populo" hervorging, über dessen Wesen bis heute leider immer
noch sehr viel Unklarheit herrscht. Der NOM ist keine "Luthermesse" -
eine sinnlose Erfindung unbedarfter Theologen -, wohl aber eine echte
"Missa", weil die Konzilskirche eben eine 'Kirche' ist, und in diese
paßt er wie die Faust auf's Auge! Die erste Frage im Hhblick auf den
NOM ist nicht, ob er häretisch ist, sondern wodurch er apostatisch ist
bzw. worin sein apostatisches Element besteht. Denn wenn die
Konzilskirche ein apostatisches Phänomen ist, dann muß auch der NOM
ihrem Wesen entsprechen. Wo hat man aufgewiesen und die Katholiken
darüber aufgeklärt? Andre wiederum schrien mit dem Pseudo-Theologen
Lefebvre: wir wollen keine Protestanten werden! Wir wollen unsere alte
Messe wieder haben - von wem eigentlich? - denn der NOM ist nicht mehr
bzw. nicht mehr so ganz "katholisch". Nun, diese Leute hätten sich
beruhigen können, weil die Konzilskirche gar nicht die Absicht hatte
und hat, den Katholikenhaufen protestantisch zu machen, sondern etwas
ganz anderes bezweckt, woran auch Nicht-Katholiken partizipieren können
und was ihr inzwischen auch schon recht gut gelungen ist, besonders bei
uns und in den angrenzenden Ländern.
Ihr Aufsatz zum Thema "wie unter den gegebenen Umständen die Kirche als
Heilsinstitution zu retten sei" interessiert mich sehr. Sie gehen also
davon aus, daß diese noch existiert. Doch gerade das wird heute von
vielen bezweifelt, ohne daß man den Satz leugnet "Die Pforten der
Hölle...". Zudem wird heute immer öfters die Fragegestellt: Wo
existiert denn noch diese Heilsinstitution? Denn man hat ja nur die
"römisch-katholische" Konzilskirche vor Augen, die nur naive Leute mit
der "Amtskirche" eines Kirchensprengels verwechseln, einer partikulären
Körperschaft des öffentlichen Rechts, der ein Bischof vorsteht. Die
Kirche als Heilsinstitution muß jedoch für jedermann, der erwachsen und
gültig getauft ist, per fidem &t_ rationem erkennbar sein. Darum
wird sich die Frage erheben, wie man wohl diese Heilsinstitution wird
retten wollen, wenn man nicht weiß, wo oder ob dieselbe überhaupt noch
existiert? Bei uns und für uns ist diese Sache, so weit wir blicken
können, nirgendwo und trotz aller Bemühungen nicht erkennbar. Was wir
sehen und auch rational erfassen, das sind Kirchen, d.h. Gebilde im
Plural, die sich als Kirchen bezeichnen und allesamt das Heil verkünden
und anbieten, ja bisweilen sogar garantieren, wie z.B. auch die
Konzilskirche, wenn wir dem befreienden "Wagnis des (ihres) Glaubens"
zustimmen "auf Hoffnung hin" (wodurch allerdings der "Gott der
Hoffnung" - Rom. 15,13-vom Throne gestürzt wird). Darum die wachsende
Hoffnungslosigkeit so vieler Katholiken. Bitte berücksichtigen Sie bei
Ihrem Thema die konkrete Situation, wie sie bei uns generell
tatsächlich ist und der Mehrzahl der Katholiken unmittelbar vorgegeben
ist. Die gegebenen Umstände können sehr verschieden sein trotz gleicher
Vorgegebenheiten. Von letzteren aber geht die Gefahr aus und hat eine
allgemeine Lähmung des Tuns und eine Blockierung der Gedanken zur
Folge. Nicht wenige halten ihr reaktionäres Verhalten für Glaubenstreue
und verwechseln den "actus fidei", von dem sie im Grunde gar nichts
wissen, mit einer "actio voluntatis" (einer transzendentalen blinden
Setzung, wodurch die Wahrheit von vornherein verfehlt wird).
Es wäre schon viel gewonnen, wenn man auch bei Ihren Freunden in
München auf die Erkenntnisgrundlagen reflektieren würde, von denen man
früher ausgegangen ist und in denen sich gewisse Irrtümer verbargen,
die dann zu einer Fehlentwicklung führten. Wenn man diese mitschleppt,
dann verbaut man sich wieder mögliche Auswege aus der gegenwärtigen
Lebenslage sowohl für sich selbst als auch für andere, eine Situation,
die man selbst produziert hat, und zwar guten Glaubens, was niemand
bestreitet. Indessen ist die ganze Sache in erster Linie ein
Erkenntnisproblem, das die christliche Religion in ihren Fundamenten
zum Gegenstand hat, auf denen wiederum eine Religionsausübung beruht
und ruht, Diese jedoch ist keine Sache von einzelnen, sonder die einer
Gemeinschaft (im soziologischen Sinne). Darum entsteht die Frage (der
man gewöhnlich ausweicht), wie und mit welchen geeigneten Mitteln setzt
man sich von der Religionsgemeinschaft der Konzilskirche ab und ihr
entgegen? Die Einrichtung von Meßzentren war der falsche Weg, weil
diese aus bestimmten Gründen weder Glaubenszentren noch
Religionszentren sein konnten, was man heute nicht mehr beweisen
braucht. (Es gab Leute, die gegen mich die Verleumdung in die Welt
setzten, ich sei "gegen die hl. Messe" und hätte die Absicht, die
Meßzentren zu zerstören; indessen käme, so sagte ein Priester seinen
Gläubigen, niemand ohne die hl. Messe in den Himmel und selbst eine
ungültige Meßfeier sei immer noch besser als gar keine!!!) Die
Konzilskirche hat schon sehr früh den Weg einer Produktion ungültiger
Priesterweihen beschritten. Ist darüber in Ihrer Zeitschrift etwas
Grundsätzliches publiziert worden? Ich kenne nur die Auseinandersetzung
im Zusammenhang mit dem Fall Liénart - Lefebvre, den man leider nicht
genügend durchleuchtet hat und wobei man, was mich etwas verwunderte,
nun gerade an den eigentlichen Problemen vorbeiging. Denn bei Liénart
lag keine "bloße Zugehörigkeit zur Freimaurerei" vor und die berühmte
"intentio" ist weder ein "Mentalzustand" noch eine "intentionale
Einstellung". Wichtiger freilich sind für uns in Ansehung unserer
Sachlage die ungültigen Priesterweihen der Konzilskirche. Es gibt nicht
wenige Katholiken, die einen regelrechten Schock erhalten, wenn sie
davon erfahren (beweiskräftig). Denn die meisten wissen davon nichts.
Sobald sie aber darüber eine zureichende Kenntnis erhalten und dann
auch die Folgen begreifen, die eine solche Sache nach sich zieht, da
werden sie rebellisch und gehen auf Konfrontationskurs, und zwar
sozusagen "vor Ort". Es ist sehr interessant zu erfahren, was sich dann
dabei abspielt und daß sich dann plötzlich Mitstreiter einfinden, d.h.
Leute, von denen man nicht einmal wußte, daß sie katholisch sind. Die
in den Untergrund abgedrängte Ecclesia militans ist noch lange nicht
tot. Von dort aber kommen die ganz anders gelagerten Fragen, die man
aufgreifen muß. (...)"
Hinsichtlich des weit verbreiteten Unwissens auf religiösem Gebiet fügt
Herr Prof. Wendland in einem Brief vom 18.11.85 ergänzend hinzu:
"Das entspricht auch den Tatsachen, wie mir durch Briefe bekannt
geworden ist, so daß in dieser Richtung eine systematische Aufklärung
nötig wäre, die zudem noch und insbesondere unsere Problematik, d.h.
die der katholischen Laien bei uns gegenüber der Konzilskirche zu
berücksichtigen hätte. Denn es hat keinen Sinn, die Kirche des Credo
ohne ihre (auch) natürlichen Religionsfundamente in einem
Wolkenkuckucksheim anzusiedeln. So etwas steht im Widerspruch zum
"Reich Gottes", d.h! des göttlichen Menschensohnes, einer Reichts-Idee,
die sich nur in der Kirche auf dem Boden einer "Ecclesia militans et in
via" verwirklichen kann und jeweils bzw. immerdar verwirklicht.
Christus hat die Kirche niemals bezeichnet als irgendeine "Kirche
Gottes" oder "als ein internationales "Volk Gottes" - im Gegensatz zu
der nationalen Synagoge der Juden -, sondern präzise als Seine Kirche
(Ecclesia sua), deren HERR und dessen HAUPT nur ER ist - niemand sonst,
so daß auch niemand über sie, die Sein Eigentum ist, verfügen kann:
weder ein Papst noch ein Gesamtepiskopat noch irgendein
institutionalisierter Christenhaufen, der sich katholisch oder sonstwie
nennt.
Außerdem hat Christus Seine Kirche nicht bloß gegründet und ihr eine
Verfassung gegeben, sondern sie in allen ihren Gliedern und Trägern
gemäß der in ihr liegenden Sinn-Einheit und Zweckbestimmung gesendet,
und zwar in die Welt und für sie, aber auch gegen sie, zumal Er es
verboten hat, mit ihr gemeinsame Sache zu machen. Das gilt für jedes
mündige Glied der einzig-einen und apostolischen Kirche (primordial)
und wobei es allerdings nötig ist, zuerst einmal die lähmende
Menschenfurcht abzulegen, vor der Christus gewarnt hat, und sich daran
zu erinnern, daß und warum es angebrachter und auch heilsam ist, Gott
zu fürchten, nicht jedoch die Menschen und ihre Nichtswürdigkeit. Heute
freilich reden falsche Propheten und altbekannte "Lügen-Apostel" dem
Menschen, dieser "natura lapsa", eine Würde ein, die er gar nicht
besitzt, und dies nicht bloß deswegen, um ihm zu schmeicheln. Man
erinnere sich und schaue dann sich selbst und seine Mitmenschen an,
indem man überdenkt, was das wohl heißt: Und Satan, der Urgroßvater
aller "Hinterfrager", sprach zum Menschen, mit dem Weibe anfangend:
"Hat Gott wirklich gesagt...? - 0, nein, auf keinen Fall werdet ihr
sterben..." Heute sind fast alle für den Frieden und gegen den Krieg;
aber, wie merkwürdig, keiner von den Mächtigen in dieser Welt oder von
den Großschwätzern in der Öffentlichkeit ist gegen die Sünde, d.h.
gegen die Beleidigungen des trinitarischen Gottes und ihre
zwangsläufigen realen Folgen. Der menschenunwürdige "Dialog mit dem
Teufel" und seinen bevorzugten "Kindern der Finsternis" in der Welt,
groß angekündigt als "Heilsdialog", ist schon lange weltweit im Gange.
Indessen steht diesbezüglich der Sieger bereits fest und sollte auch
den Traditionalisten bekannt sein.
Wenn man heute Vorträge hält, z.B. zum gewünschten Thema "Kriterien des
wahren christlichen Glaubens", dann trifft man auch bei denen, die sich
Traditionalisten nennen, auf eine bodenlose Unwissenheit und Unkenntnis
der primitivsten Anfangsgründe in Sachen Offenbarungsglaube und
christlicher Religion, alles Dinge, die noch vor einem
Katechismuswissen liegen, so daß diese Katholiken ziemlich bestürzt
sind, wenn sie bemerken, wie ihnen plötzlich der Boden unter den Füßen
verschwindet. Darum ist es verständlich, wenn sie die wesentlichen
Grundlehren der Konzilskirche entweder überhaupt nicht erfassen oder
sie nicht beurteilen können, obwohl der ganze "neue Glaube" von dort
her geprägt ist. "Ökumenismus", "Religionsfreiheit" etc. sind nur
Folgen aus ihm. Ebenso ist die Vielzahl der Häresien als solche
gänzlich uninteressant, wenn man nicht weiß, aus welcher Urhäresie
diese hervorgehen, oder wenn man der irrigen Meinung ist, zwischen
Häresie und Apostasie bestehe nur ein gradueller Unterschied. Man darf
heute generell nichts mehr an katholischer Substanz voraussetzen, vor
allem nicht in den Wissensgrundlagen und bezüglich der
Glaubensrechtfertigung. Zudem besteht hier ein großer Unterschied zur
vorkonziliaren Situation. Denn es ist seit dem Vatikanum II die nächste
Regel des Glaubens, also die ständig lehrende (alte) Kirche,
ausgefallen, ja verschwunden, so daß sich die meisten nicht mehr an den
Satz halten konnten "Wer euch hört, der hört Mich!" Man hörte nicht nur
ständig etwas anderes, sondern man überhörte dabei sehr oft genau das,
was die Konzilskirche beabsichtigte bzw. was in ihrem Sinn-Ziel lag.
So etwas mußte reale Wirkungen zeitigen, so daß man heute nicht mehr so
einfachhin "auf früher" und gleichgültig auf was zurückgreifen kann.
Anders ausgedrückt: das Tridentinum und das Vatikanum I konnten noch
manches voraussetzen, was heute nicht mehr gegeben ist. Vor allem sind
die Fundamente des spezifisch christlichen Glaubens verschoben und
tiefgreifend pervertiert. Das kann man bereits an jedem Satz des Credo
beweisen, wie ich dies erst neulich wieder getan habe bei Katholiken,
die felsenfest davon überzeugt waren, Traditionalisten zu sein, ja
sogar "glaubenstreu". Andererseits aber mache ich bei diesen und
anderen Katholiken die Erfahrung, daß diese noch ansprechbar sind, wenn
man weder eine Art "Seelsorge" betreibt noch irgendwelche
"Traditions-Bekenntnisse" ablegt, gleichgültig zu wem oder was in den
letzten Jahrhunderten. Es empfiehlt sich auch, das Wort
"römisch-katholische Kirche" zu vermeiden, weil sich dann sofort ein
falsches Vorstellungsbild aktualisiert, das den Blick in die falsche
Richtung lenkt, anstatt auf die katholischen Christen hier und jetzt,
die zuerst Christen sein und werden müssen, d.h. von Christus her und
auf Ihn hin bezogene Menschen, bevor sie glauben, "katholisch"oder
"marianisch" zu sein.
Man muß ankämpfen gegen die eingefleischten Verwechslungen oder
Umkehrungen von Ursache und Wirkung oder Grund und Folge sowie gegen
einen falschen Glaubensbegriff, der von innen heraus die christliche
Religion und ihre Grund'akte zersetzt, wodurch und wonach die noch
gläubigen Katholiken ortlos werden, eine zerstreute Herde durcheinander
laufender Schafe, die nicht einmal mehr den Wolf erkennen, wenn er
unter ihnen ohne Schafspelz wandelt.
Mit freundlichen Grüßen
(gez.:) Ihr D. Wendland |