EINE REFORM DER KONZILIAREN REFORMEN
MITTELS KONZILSPRINZIPIEN?
(aus: SCHWARZER BRIEF Nr.11, 1985)
Der frühere Bischof von Regensburg, H.H. Dr. Rudolf Graber, hat sich
gegenüber dem SB dafür eingesetzt, daß kirchliche Änderungen und
Entwicklungen nach dem Konzil von einem Gremium auf ihre Rechtmäßigkeit
hin geprüft werden müßten. Dabei müsse Artikel 3 der
Liturgiekonstitution als Grundlage dienen, wonach Neuerungen nur
eingeführt werden dürfen, wenn sie der Kirche nutzen und aus
bestehenden Formen "organisch herausgewachsen" sind. Bischof Graber,
der an einem Buch über die Lage der. Kirche nach dem Konzil arbeitet,
drückt seine Verwunderung darüber aus, daß in der Diskussion über die
"alte und neue Messe" ein Konzilstext nicht beachtet wird, "der zu den
wichtigsten gehört und geradezu ein Bewertungsmesser für alle
nachkonziliaren Veränderungen in der Kirche ist". Dies sei Artikel 3
der Liturgiekonstitution, wo es unter der Überschrift "Allgemeine
Regeln" heiß:: "Schließlich sollen keine Neuerungen eingeführt werden,
es sei denn, ein wirklicher und sicher zu erhoffender Nutzen der Kirche
verlange es. Dabei ist Sorge zu tragen, daß die neuen Formen aus den
schon bestehenden gewissermaßen organisch herauswachsen." Bischof
Graber las diesen Text einer hohen kirchlichen Persönlichkeit vor, die
erwiderte: "Dann müssen wir alles ändern!"
An einigen Beispielen macht Bischof Graber deutlich, was gemeint ist:
"Ist die Form 'für alle' in den Wandlungsworten aus dem 'für viele'
organisch herausgegangen? Wohl kaum. (Anm.d.Red.: Dabei war es H.H.
Graber selbst, der als einer der ersten das "für alle" in einer
Meßandacht einführen ließ - als Anhang zu einer Neuausgabe des
"Goldenen Buches" vom hl. Grignon von Montfort, die 1966 in Regensburg
erschien!) War die Streichung der Vorfastenzeit, der niederen Weihen
und des Subdiakonats ein wirklicher Nutzen für die Kirche? Und so
könnten wir weiter fragen und kämen an kein Ende. Angesichts dieser
Nr.3 der Liturgiekonstitution muß man sich fragen: Hat man geändert nur
um der Änderung willen oder wollte man mit der Änderung einer neuen
Theologie oder einer neuen Kirche den Weg bereiten? Das ist eine ernste
Frage und alle, die die Konstitution unterschrieben und damit anerkannt
haben, können mit Recht eine Antwort erwarten." Bischof Graber schlägt
darum vor, ein Gremium zu bilden, daß alle Änderungen unter Rücksicht
der Konzils-Regel überdenkt. "Es ist also nicht so - wie manche meinen
-, daß man das Konzil ablehnen müßte, sondern daß man mit dem Konzil,
wenigstens zunächst in diesen Fragen, gegen den nachkonziliaren Ungeist
vorgehen müßte, damit wieder Ruhe und Befriedung in die Kirche
einziehen." Es läßt sich voraussagen, daß Kardinal Ratzinger in Rom
über diesen Vorschlag ernsthaft nachdenken wird.
Kommentar :
1. Sämtliche Reformen gingen nicht aus dem nachkonziliaren 'Ungeist', sondern aus dem Konzil und seinen Ansätzen hervor.
2. Als Begründung für die Veränderungen bzw. Verfälschungen in der
Liturgie und den Sakramentsriten berief man sich ausdrücklich auf die
in Nr.3 enthaltenen Forderungen: Nutzen und organisches Hervorgehen.
3. Einmal abgesehen von der eventuellen Bereciiuigung oder
Nicht-Berechtigung des von H.H. Graber angegebenen Satzes in sich, muß
man festhalten, daß er Teil eines Programmes ist, mittels dessen die
Reformer (Montini, Wojtyla, Luciani) systematisch die Zerstörung der
Sakramente und des Glaubens - als auch der Kirche als Heilsinstitution
mit ihrer hierarchischen Ordnung - betrieben haben. Allein deshalb kann
er nicht als Richtschnur der Überprüfung der Reformen herangezogen
werden! Man macht den Dieb nicht zum Richter über den Hehler!
N.B. H.H. Prof. Ratzinger - weder gueltiger Bischof noch rechtmäßiger
Kardinal - hat sich schon früher Gedanken gemacht - nur nicht in der
Weise, wie es sich der Herausgeber des SCHWARZEN BRIEFES, Herr Clausen
wünscht. Eberhard Heller |