ÜBERLEGUNGEN ZUM VATIKAN-DOKUMENT ÜBER BIO-ETHIK
von
Ursula Oxfort
(aus: CHRISTIAN COUNTER-REVOLUTION, Nr.54, 1987; übers, v. Eugen Golla)
Vor mehreren Monaten wurden die Katholiken veranlaßt zu glauben, die
modernistischen Okkupanten des derzeitigen Vatikanischen Lehramtes
kämen mit einer schwungvollen Verurteilung "jeder Empfängnis mittels
künstlicher oder Ersatzmethoden voran. Große Schlagzeilen erschienen
auf der Titelseite des MIAMI HERALD (11. März 1987) mit der Meldung:
"Vatikan - Keine widernatürlichen Geburten." Joseph Kardinal Ratzinger,
der Leiter der Kongregation für die Glaubenslehre wurde in der NBC
Nightly News (Nachtnachrichten) gezeigt, wie er der modernen Welt ein
Dokument übergibt, das als "die wichtigste Erklärung des Vatikans über
die Zeugung seit Humanae vitae" (so der MIAMI HERALD) angesehen werde.
Wie bekannt, konnte Pauls VI. Enzyklika "Humanae vitae", die die
Empfängnisverhütung verurteilte, nicht durchgesetzt werden.
Dies trifft auch auf das Ratzinger-Dokument über die Bio-Ethik zu. Der
Grund hierfür ist in Vatikanum II und seiner Promulgation des
religiösen Liberalismus von "Humanae dignitatis" enthalten, wodurch das
Ex-Heilige Offizium offiziell auf seine ihm von Gott anbefohlene
Funktion "gelegen oder ungelegen" die natürliche und göttliche Ordnung
des Seins zu schützen, verzichtete. Sämtliche Mittel des gesetzlichen
Zwangs wurden auf die weltlichen Autoritäten übertragen. *)
Außerdem promulgierten die Bischöfe von Vatikanum II ein neues
Evangelium namens "Gaudium et spes", gemäß welchem der Mensch von dem
Elend des gegenwärtigen Lebens nicht durch Christi Gnade, sondern durch
den Fortschritt der Wissenschaften und der Technologie erlöst wird.
Hier folgen nun einige wenige Zeilen aus dem revolutionären Evangelium
"Gaudium et spes":
"Die heute zu beobachtende geistige Unruhe und die Änderung der
Lebensbedingungen sind Teile einer umfassenden Wandlung. (...) Die
Technik verändert nun das Antlitz der Erde und versucht, sich des
Weltraums zu bemächtigen. (...) Biologie, Psychologie sowie die
Sozialwissenschaften bringen dem Menschen nicht nur ein besseres Wissen
von sich selbst. In Verbindung mit technischen Methoden helfen sie ihm
auch, das Leben der sozialen Gruppen zu beeinflussen. Gleichzeitig
befaßt sich die Menschheit immer mehr mit der Vorausberechnung und
Steuerung ihrer wachsenden Bevölkerung." (Gaudium et spes, 5)
Der Aufruf des Konzils zugunsten technologischen Fortschritts auf dem
Gebiet der Bio-Medizin hatte unmittelbar zur Folge, daß die
Wissenschaftler sensationelle Resultate in Erzeugung von Nachwuchs bei
unfruchtbaren Paaren -mittels der Methoden der künstlichen Befruchtung,
der Erzeugung im Reagenzglas und der Ersatzmutterschaft vorlegten, die
sämtlich vom Heiligen Offizium in der Zeit vor dem Vatikanum II
geächtet worden waren. Nach zwanzig Jahren ungehinderter Praktiken der
künstlichen menschlichen Zeugung, entstand in den Vereinigten Staaten
ein hitzig debattierter Fall der Ersatzmutterschaft, bekannt unter dem
Namen "Baby M", der einen Aufschrei zugunsten einer schützenden
Gesetzgebung für die vor kurzem geschaffene wissenschaftliche
Mutterschaft veranlaßte. Der Vatikan konnte nicht mehr länger
schweigen. Daher veröffentlichte am letzten 10. März Kard. Ratzinger
das "längst erwartete Dokument über biologische Ethik", welches
"gewisse neue Techniken verurteilte, die erfunden wurden, um
unfruchtbaren Eheleuten Kinder zu schenken" (THE WANDERER vom
19.3.1987)
Es ist interessant, daß dieses lange erwartete Dokument mit dem Titel
"Instruktion über die Achtung von dem beginnenden menschlichen Leben
und über die Würde der Fortpflanzung" nicht von der höchsten Autorität,
Johannes Paul II., promulgiert wurde. Es hatte bloß die 'päpstliche
Approbation'. Das bedeutet, daß Wojtyla es vermied, seine Unterschrift
unter das 38 Seiten umfassende Dokument der moralischen Richtlinien zum
Schütze der Heiligkeit des menschlichen Lebens und der christlichen
Familie zu setzen. Der Grund hierfür ist einfach: er wußte, daß er
keine Mittel besaß, um diese Entscheidung auch in die Tat umzusetzen.
Indem er sich verpflichtet hatte, "Gaudium et spes" und den gottlosen
Liberalismus von "Humanae dignitatis" auszuführen, vermag er nicht
mehr, den Gesetzender heiligen Tradition Geltung zu verschaffen.
Wir haben daher konsequenterweise die ironische Situation, daß die
moralische Autorität des Vatikanischen Lehramtes die weltlichen
Autoritäten aufruft, die Methoden der künstlichen Befruchtung des
Menschen zu unterdrücken oder zu ächten, aber selbst nicht imstande
ist, dies in seinem eigenen Hohheitsbereich zu tun.
'Katholische' Krankenhäuser kündeten unmittelbar danach an, daß sie ihr
Programm der In-vitro-Fertilisation (d.i. Retorten-Zeugung) fortsetzen
werden, obwohl das Ratzinger-Dokument ihnen dies verbietet. Dennoch
verteidigte Ratzinger das Dokument in einem Interview, indem er sagte:
"Das einzige Urteil, das in diesem Dokument zum Ausdruck kommt, ist
moralischer Natur. Was seine rechtliche Anwendung betrifft, werden wir
später sehen." (THE WANDERER vom 9.4.87) Wir haben also Gesetze
"moralischer Natur", welche das eheliche Lebenrbetreffen und unter das
Gesetz der päpstlichen (bzw. 'päpstlichen'; Anm.d.Red.) Unfehlbarkeit
fallen, deren gesetzliche Anwendung aber entglitten ist.
Gesetzlosigkeit und Sünde werden also weiterhin zur Ordnung der
Konzilskirche gehören, und der Umsturz von Gottes Natur- und
Moralgesetz wird auch in Zukunft das Antlitz der Erde formen, indem er
scheußliche Gestalten der Entpersönlichung bildet.
Das sog. marianische 'Jahr' ist offensichtlich dazu bestimmt, eine
fromme Fassade zu errichten, um - wenn möglich - auch die "Auserwählten
zu täuschen", indem man glaubt, es bestehe noch immer das Heilige
Offizium und Vatikanum II könne "im Sinne der Tradition interpretiert"
werden.
Mit Gottvertrauen werden wir weiterhin zeigen, daß auch das Aufbieten
von aller Phantasie weder das marianische Jahr noch die Enzyklika "Die
Mutter des Erlösers" uns vor den apokalyptischen Betrügereien, von
Vatikanum II bewahren können.
Anmerkung:
*) Dieses Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muß in
der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, daß es
zum bürgerlichen Recht wird. ("Humanae dignitatis" Kap. 2.)
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