S C H I S M A ?
von
Eberhard Heller
Im Zusammenhang mit den am 3o. Juni von Mgr. Lefebvre in Econe
gespendeten Bischofsweihen (oder 'Bischofsweihen') sind Probleme
aufgetaucht, die eine ganze Reihe von unseren Lesern bewegen und die
hier abgehandelt werden sollen. Unter anderem ist auch die Frage zu
beantworten, ob sich Mgr. Lefebvre durch diesen Schritt Zutritt in die
Gemeinschaft des wahren religiösen Widerstandes verschafft hat - wie
manche annehmen.
Die Ankündigung, Bischöfe zu weihen, falls sich Rom Verhandlungen mit
Econe entziehen würde, um eine kirchenrechtliche' Anerkennung für seine
Gemeinschaft zu erzielen, hatte Mgr. Lefebvre bereits mehrfach in den
letzten Jahren wiederholt. Doch blieb es, auch wenn die Verhandlungen
ergebnislos verlaufen waren, bei leeren Drohungen. Durch diese
Passivität wurde jedoch das für die Seminaristen in Econe
lebenswichtige Problem der Nachfolge des inzwischen 82jährigen Biscnofs
nicht gelöst. Vier sollte sie nach seinem Ableben einmal weihen? Diese
Frage wird Lefebvre in den letzten Jahren wohl immer häufiger gestellt
worden sein. Wie er selbst schreibt, hatte der Chef von Econe dem
Vatikan bereits am 29. Juni letzten Jahres mitgeteilt, daßeifür die
Sicherung der Priesterweihen und Firmungen Bischöfe weihen werde, wenn
sich 'Rom' nicht zu einer entsprechenden Abmachung zur Wahrung der
Tradition und zum Fortbestehen seines Werkes entschließen würde, die
also die Spendung der Priesterweihe garantieren würde. Daraufhin
inspizierte 'Kard.' Gagnon im letzten Winter im Auftrag 'Roms' die
econeistischen Seminare und Einrichtungen.
Bereits in der letzten Nummer der EINSICHT vom Mai dieses Jahres, S.21,
hatte ich auf die erneute Ankündigung, Bischöfe am 3o. Juni zu weihen,
falls Econe auch weiterhin die 'kirchliche' Anerkennung verweigert
werden sollte, hingewiesen. Mit der Leitung der von Johatiies Paul II.
initiierten neuen Verhandlungsrunde wurde seitens des 'Vatikans'
'Kard.' Ratzinger brieflich am 8.4.88 betraut, wobei es dem Chef der
All-Einheitsbewegung Wojtyla daran gelegen schien, diese Verhandlungen
'erfolgreich' abzuschließen. Sie fanden im April und im Mai statt, u.a.
am lo./l1.4. und 5.5. Mitte Mai erschien in der Presse die Nachricht,
es sei zu einer Einigung zwischen'Rom' und Econe gekommen. Wie Lefebvre
selbst bestätigt (im "Lettre aux anciens" Nr.5 vom Juni 1988, S.ll),
hatte er einen "doktrineilen Text", d.h. "etwas zur Liturgie
unterzeichnet" (DEUTSCHE TAGESPOST vom 25.5.88), ferner das neue
Kirchenrecht anerkannt und das Lesen des sog. 'N.O.M.' in St.
Nicolas-du-Chardonnet zugestanden, um im Gegenzug vom 'Vatikan' das
Einverständnis für die Weihe eines Bischofs zu erhalten. Wie sich
später herausstellte, hatte Lefebvre in diesem "doktrineilen Text"
bestätigt, daß die reformierten Sakramentsriten seiner Meinung nach
nicht ungültig noch häretisch seien!!
Damit gab der angeblich für den wahren Glauben kämpfende
"Alt-Erzbischof" seine - wieder angebliche - intransingente Haltung
gegenüber den Reformen des Vatikanums auf, auf Kosten der beanspruchten
Wahrheit (!), um sich, diese abschüttelnd, der institutionalisierten
Unwahrheit zu beugen, um seiner Gemeinschaft institutionellen Charakter
zu verleihen, und das innerhalb der institutionalisierten Unwahrheit!
Noch am 29. August 1987 hatte Lefebvre brieflich den von ihm für die
Bischofsweihe vorgesehenen Kandidaten, den Herrn Abbés Williamson,
Tissier de Mallerais, Fellay und de Galarette, die von ihm
beabsichtigten Konsekrationen damit begründet - die Terminologie des
ermordeten H.H. Pfr. Milchs gebrauchend -, daß "der Stuhl Petri und die
amtlichen Stellen im Rom von antichristlichen Kräften besetzt sind" und
"die Zerstörung der Herrschaft Unseres Herrn sogar innerhalb Seines
mystischen Leibes auf Erden" rasch voranschreite. Diesen
"antichristlichen Kräften" zahlte er am 5. Mai Tribut: Glaube gegen
Bischof.
'Kard.' Ratzinger, angesprochen auf die erneuten Vorgänge um Erzbischof
Lefebvre, konstatierte in einem längeren Interview, welches er der
Zeitung DIE WELT gab: "Lefebvre hat ohne Zweifel die am meisten
rechtlich und theologisch strukturierte Gestalt geschaffen, die sich
immer ihre Nüchternheit bewahrt hat (im Gegensatz zu "stark fanatischen
Gruppierungen, die dem Papst seine Rechtmäßigkeit bestreiten" - womit
er uns, die Sedesvakantisten meint - Anm.d.Red.) (...), sich an die
Theologie der Vorzeit hält und dadurch eine Konsistenz erlangt hat, die
auf fünf Kontinenten ein großes rechtliches und faktisches Gewicht
hat." (DIE WELT vom 3o.5.88) Eine günstigere Beurteilung seitens des
offiziellen 'Roms' hatte der Chef von Econe in all den Jahren davor
nicht mehr erhalten. Ratzinger zählt Lefebvre sicherlich zu den
"Insidern".
In der Folgezeit, d.h. in der zweiten Hälfte des Mai muß es wegen der
Terminierung der Konsekration und der vorgesehenen Kandidaten in den
Verhandlungen zu Differenzen gekommen sein. Am 2. Juni schreibt der
Chef von Econe einen Brief an den "Papst", in dem er den "Heiligsten
Vater" davon unterrichtet, daß er die Verhandlungen für gescheitert
ansieht "angesichts der Weigerung, unsere Ersuchen zu berücksichtigen,
und da es evident ist, daß das Ziel dieser Versöhnung keineswegs für
den Heiligen Stuhl dasselbe ist wie für uns". ("La Lettre aux anciens"
Nr.5, S.2) Sich auf einen Brief von 'Kard.' Ratzinger stützend, den
dieser am 3o. Mai geschrieben hatte, gehe er aber davon aus, daß die
beabsichtigten Weihen am 3o. Juni "dem Willen des Heiligen Stuhles
nicht entgegen sind, da sie für den 15. August gewährt" sind. (a.a.O.)
Der Presse teilt der Econer Abbé Lorans mit: Die Verhandlungen seien
"noch völlig offen". (DEUTSCHE TAGESPOST vom 4.6.88) Johannes Paul II.
reagiert prompt und ungewöhnlich eindeutig: am 9. Juni weist er
Lefebvre darauf hin, daß die Weihen ohne seine Zustimmung "einen
schismatischen Akt" darstellen würden, welcher "unvermeidbar
kirchenrechtliche Konsequenzen" habe. (DT vom 18.6.88) Mit den
angedrohten Konsequenzen ist die ipso facto 'Exkommunikation' gemeint.
Damit war das Stichwort gefallen. Plötzlich wußte alle Welt, daß, falls
die Konsekrationen stattfinden würden, es zu einem Schisma in der immer
noch für römisch-katholisch gehaltenen 'Kirche' kommen würde. Am 17.
Juni läßt der 'Vatikan' Lefebvre ein von 'Kard.' Gantin, dem Präfekten
der vatik. Bischofskongregation unterzeichnetes Monitum, eine sog.
brüderlich gemeinte Mahnung, zukommen: die Weihen würden die
Ipso-facto-Exkommunikation' nach sich ziehen.
Diese schroffe und unmißverständliche Reaktion Wojtylas und des
'Vatikans' kam für Lefebvre und seine Mannen wohl etwas unerwartet. Man
trat argumentative Rückzugsgefechte an, die recht schwach waren, da man
ja nie dogmatische, sondern immer nur taktische Konzepte servierte.
Plötzlich sprach man von einem "Notstand" und bemühte selbst den
Kirchenrechtler H.H. Prof. Dr. Georg May (!). Zu Recht läßt 'Rom' diese
Argumente nicht gelten. Um ihre Anhängerschaft zu beruhigen, versichern
die Econeisten immer wieder, man wolle dieses Schisma nicht. Nach einem
Bericht der DT vom 26. Juni konnte der Wiener 'Weihbischof' Krenn
bestätigen, "daß der Prior der traditionalistischen
Priesterbruderschaft 'Pius X.', Franz Schmidberger, mit ihm Kontakt
aufgenommen hat", just zu dem Zeitpunkt, an dem Johannes Paul II. in
Österreich weilte. "Mit dieser Geste habe Schmidberger dem Vatikan
mitteilen wollen, daß die Bruderschaft nicht die Absicht habe, mit Rom
zu 'brechen'." (DT a.a.O.) In einem bereits vorher gegebenen Interview
hatte der Generalobere -gefragt, warum er nicht zu den Weihekandidaten
gehöre - deutlich gemacht, daß der Vatikan sicTinn'leichter tun dürfte,
den Kontakt wieder aufzunehmen", da es "nur eine Frage der Zeit" sei,
"bis wir uns wieder zusammensetzen" (DIE WELT vom 29.6.88).
Die Bischofsweihen (oder: 'Bischofsweihen' - auf dieses Problem mit den
Weihen in Anführungszeichen komme ich am Schluß noch zu sprechen)
fanden trotz intensivsten Beschwörungen seitens Johannes Pauls II., sie
abzusetzen - noch am Abend zuvor hatte der Chef des modernen Rom
Lefebvre in einem eindringlichen Appell dazu aufgefordert - wie
angekündigt am 3o. Juni in Econe unter der Anteilnahme von ca. 8000
Anhängern aus aller Welt statt. (Die Presse und die Fernsehanstalten
berichteten ausführlich und kommentierten wenig sachgemäß. Eine
besonders stinkende Lauge goß die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus, sie war wohl
von einem besonderen Religionshasser gebraut worden -vgl. SZ vom
1.7.88.) Vor der Weihehandlung verlas Schmidberger ein in lateinischer
Sprache abgefaßtes Dokument, wonach die von 'Rom' verhängte ipso facto
Exkommunikation rechtlich unwirksam sein würde, da sie von den
Modernisten ausgesprochen worden sei.
An den Zeremonien der Konsekration, die den Abbés Tissier de Mallerais,
Williamson, de Galaretta und Fellay von Mgr. Lefebvre gespendet werden,
nimmt auch Mgr. Antonio de Castro Mayer, der 84jährige ehemalige
Bischof von Campos / Brasilien als Co-Konsekrator teil. (Dieser Umstand
ist im Hinblick auf die später zu behandelnden Probleme bedeutsam.)
Bereits wenige Stunden später reagiert die Führung der 'Konzilskirche'
mit einer offiziellen Erklärung, die ihr Pressesprecher, Navarro-Vals,
verliest: Lefebvre und die von ihm geweihten Bischöfe hätten formell
einen schismatischen Akt vollzogen und seien gemäß des sog. neuen
'Kirchenrechts' 'exkommuniziert' worden. Später wird auch über Mgr. de
Castro Mayer der 'Ausschluß' verhängt. In einem Fernsehinterview vom 4.
Juli erklärt 'Kard.' Ratzinger, Lefebvre und die übrigen seien nicht
nur aus disziplinären Gründen (wegen formalen Ungehorsams gegenüber
Johannes Paul II.), sondern auch wegenttieologischer Abweichungen
exkommuniziert worden, die darin bestünden, daß der Chef von Econe die
Glaubensinhalte ablehne, die "die Kirche jetzt lehrt und ist".
Aus dieser Ablehnung, die ein Erstarren in der Tradition bedeute,
resultiere auch sein Ungehorsam. Angesprochen auf eine mögliche
Versöhnung gibt Ratzinger die Bedingungen an, unter denen eine solche
möglich wäre. Wie am Wochenende nach den Weihen weiterhin aus dem
'Vatikan' verlautet, drohe die 'Exkommunikation' auch den Anhängern
Lefebvres, wenn sie sich nicht von ihm distanzieren würden. Der Chef
der Konzils-'Kirche' fordert sie in einem Motu proprio auf, "die
schwerwiegende Pflicht zu erfüllen, mit dem Stellvertreter Christi in
der Einheit der katholischen Kirche vereint zu bleiben". (DT vom
4.7.88) Zugleich kündigt er an, eine Kommission bilden zu wollen, in
der mit Anhängern Lefebvres eine Möglichkeit der 'Rückkehr' gesucht
werden solle. So bietet er u.a. ariden Gebrauch des Missales nach
Johannes XXIII. von 1962 respektieren zu wollen. Die Gläubigen
ihrerseits sollten jedoch ihr Gewissen erforschen und ihre Treue zur
'Kirche' und zum authentisch interpretierten 'kirchlichen Lehramt'
erneuern.
Soweit der Ablauf der Ereignisse. Im folgenden Teil sollen sie von
unserem Standpunkt aus interpretiert werden, um gewisse entstandene
Unsicherheiten auszuräumen und gewisse Hoffnungen, die geweckt wurden,
nüchtern abschätzen zu können. Zu betonen, daß Johannes Paul II-, der
den Stuhl Petri widerrechtlich besetzt hält, nicht rechtens
exkommunizieren kann, ist nur denjenigen gegenüber noch notwendig, die
als Leser neu zur EINSICHT gestoßen sind. Die Exkommunikation also ist
aus dem einfachen Grund unwirksam, weil der Chef der Konzils-'Kirche'
vom christlichen Glauben abgefallen ist. Als Apostat kann er unmöglich
legitimer Papst sein. Als Chef der neuen Großsekte muß er aber auch
nicht jeden aufnehmen, auch, wenn wie im Fall Lefebvres und seiner
Anhänger, diese partout dazu gehören wollen.
Auf dem Hintergrund dieser Feaststellung ist auch die Frage zu
beantworten, ob es durch die Bischofsweihen zu einem Schisma zwischen
der 'Konzilskirche' und den Econeisten gekommen ist. Zunächst eine
definitorische Klärung: Schismatiker wird man dadurch, daß man
a) den Papst als Oberhaupt der Kirche nicht anerkennt und
b) daß man sich weigert, mit den Gliedern der Kirche, die den Papst als
ihr Oberhaupt anerkennen, Gemeinschaft zu haben. (Vgl. CIC c.1325 §2)
Auch unter normalen Umständen d.h. unter der Voraussetzung, daß
Johannes Paul II. legitimer Papst wäre, hätten die unerlaubten
Bischofsweihen und der permanente Ungehorsam kein Schisma besiegelt, da
weder Lefebvre noch führende Mitglieder wie Abbé Schmidberger sich von
Johannes Paul II. lossagten, den sie nach wie vor als legitimen Papst
anerkennen. Bei den Weihezeremonien betonte Lefebvre
ausdrücklich: "Wir wollen um nichts in der Welt, daß diese Zeremonie
ein Schisma ist. Es ist nicht unsere Absicht, eine parallele Kirche zu
erbauen, die ihren Papst ernennen würde." (SÜDDEUTSCHE ZEITUN£ktyom
1.7.88) Die Weihen stellen jedoch - unter normalen Umständen einen
schismatischen Akt dar, da sie nur mit päpstlichen Mandat, mit der
Zustimmung und im Auftrag des Papstes gespendet werden dürfen (vgl. CIC
c.953). Daß der 'Vatikan' jedoch laufend von vollzogenem Schisma
spricht, was von der sensationslüsternen Presse gern übernommen wird,
dürfte deshalb als Propagandatrick zu werten sein, um Lefebvre von
seinen Anhängern zu isolieren. In diese Aktion passen auch die
angebotenen "Zuckerl" wie alte (von 1962 !) Messe etc. Wenn nicht alles
täuscht, dürfte der klevere Trommler für die Welt-Einheitsreligion auch
Erfolg haben, da der sog. Traditionalisten-Chef wider Willen
(wenigstens sagt er das offiziell, in Wirklichkeit hat er in der Tat
alles getan, um konsequente religiöse Widerstandsgruppen lächerlich zu
machen - ich denke da nur an die Attacken gegen S.E. Erzbischof
Ngo-dinh-Thuc, den er nach den von ihm gespendeten Bischofsweihen
"verrückt" nannte) seinen 'Ungehorsam gegenüber dem Papst' nie
stringent theologisch begründet hat.
Aber wir leben eben nicht in normalen Zeiten. Ausgehend von der ersten
Feststellung, daß wir z.Zt. Sedesvakanz haben, d.h. Johannes Paul II.
nicht legitimer Papst ist, kann kein wirkliches Schisma mit Rom
vorliegen.
Eine ganz andere Frage ist aber die, ob Lefebvre unter den gegebenen
Umständen hätte weihen dürfen. Vom objektiven Standpunkt her gesehen
fehlte Lefebvre die Berechtigung dazu. Er hätte sich nur dann auf einen
allgemeinen Notstand berufen können, wenn er wie wir die Sedesvakanz
deklariert hätte. Subjektiv, d.h. unter der Voraussetzung, daß Lefebvre
Wojtyla noch als Papst anerkennen würde - befangen in einem schweren
Irrtum -, stellen die Weihen einen schismatischen Akt dar, zu dem
Lefebvre nicht ermächtigt gewesen wäre und der einen ekklatanten
Verstoß gegen das geltende Kirchenrecht (auch das der Reformer)
darstellt. Objektiv fehlte Lefbvre also die Legitimation und subjektiv
betrachtet wurden die Weihen unerlaubt gespendet.
Wie ich verschiedenen Anfragen entnehmen konnte, sind etliche Gläubige
der Auffassung, Lefebvre und seine Anhänger hätten sich durch den
entschlossenen Schritt am 3o. Juni 1988 endgültig in die Reihen des
wahren Widerstandes eingereiht und man könne endlich einen
Schulterschluß mit ihnen im Kampf gegen den modernen Unglauben wagen.
Dieser Auffassung muß ich energisch widersprechen. An der
grundsätzlichen Haltung des Chefs von Econe hat sich nichts geändert.
Die Weihen erfolgten lediglich zu dem Zwecke, um seiner Gemeinschaft
nach seinem Ableben die Fortdauer zu gewährleisten. Selbst seine Kritik
am modernistischen Ökumenismus, die er in der Predigt während der
Weihezeremonien wiederholte, vermied eindeutige verurteilende
theologische Termini. Auch wenn man solchen Äußerungen,einmal
kirchenrechtlich gesehen, relevanten Charakter zumessen würde, stünden
sie mit zwei e i n d e u t i g e n Akten in direktem
Widerspruch, wodurch sie entwertet werden. Zum einen hat Lefebvre am 5.
Mai 1988 ein Dokument unterzeichnet - was er selbst bestätigt (!) -, in
dem er die neuen Riten von Vatikanum II als gültig anerkennt - n.b.
deren Ungültigkeit wir minutiös nachgewiesen haben, z.B. die des sog.
'N.O.M.' und die der neuen Weiheriten. Zum anderen betont er immer
wieder seine Unterwerfung unter seinen "Heiligen Vater", von dem wir
behaupten, er sei Apostat. Auch der Generalobere Schmidberger beeilt
sich, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Ergebenheitsadressen an den
"Papst" zu richten. Durch diese Erklärungen kommt eindeutig zum
Ausdruck, daß die Econe-Bewegung nach wie vor zur Konzils-'Kirche'
gehören will, wiewohl sie auch von dieser, pardon: ihr Chef und die
neuen Bischöfe zusammen mit Mgr. de Castro Mayer, 'exkommuniziert' ist.
(N.b. wenn jemand diesen Tatbestand nicht anerkennen will, mag er gerne
die Probe auf's Exempel haben. Dazu braucht er nur bei Econe
anzuklopfen, seine Sympathien bekunden und bekannt geben, er sei
Sedesvakantist...)
Vielleicht werden viele verwundert sein, wenn ich dennoch von einem
Schisma spreche. Das Kirchenrecht definiert den Tatbestand des Schismas
auf zweierlei Weise, nicht nur durch Nicht-Anerkennung des Papstes,
sondern auch durch die Weigerung, Gemeinschaft mit den Gliedern der
Kirche zu haben, die den Papst als Oberhaupt anerkennen. (CIC c. 1325 §
2) Ich behaupte, daß diese zweite Art, Schismatiker zu werden, bei
Lefebvre und seinen Anhängern vorliegt, und das seit 1976 (!), als
Lefebvre nämlich gegenüber de Saventhem, dem Präsidenten der
internationalen Una voce (die mit uns außer dem partiell
übereinstimmenden Namen nichts zu tun hat), äußerte, er wünsche wie
dieser die "friedliche Ko-Existenz der vor- und nachkonziliaren Riten".
Damit war der Bruch mit der Gemeinschaft der wahren Gläubigen
eigentlich besiegelt, mit jener Gruppe nämlich, die den Nachweis
erbracht hatte, daß der 'N.O.M.' in sich ungültig und Paul VI.
notwendigerweise Häretiker sei und die - wiewohl derzeit Sedesvakanz
herrscht (das ist n u r ein historisches Faktum)- dennoch am "Petrus
semper vivens" festhält und sich um eine Restitution der kirchlichen
Hierarchie bemüht.
Daß die Econeisten nichts mit den Sedesvakantisten zu tun haben wollen,
äußert sich nicht nur in den theologischen Differenzen, auch nicht in
dem allerorts geübten Futterneid, der über Verleumdung, Diebstahl, Raub
bis hin zu handgreiflichen Tätlichkeiten geht, ja bis zur Zerschlagung
der religiösen Einrichtungen - und das schon seit 1976 (!!!), sondern
juridisch relevant auch darin, daß Econes Chef alle aus seiner
Bruderschaft entläßt und ausschließt, die die neuen Riten als ungültig
verwerfen und Johannes Paul II. als Papst nicht anerkennen. Ein solch
endgültiges Exkludieren praktiziert nicht einmal das modernistische und
abgefallene Rom mit dem Chef von Econe!
Schließlich möchte ich auf die sakramentale Bedeutung der
Konsekrationszeremonien vom 3o. Juni in Econe eingehen. Ich hatte schon
erwähnt, daß dem Umstand der Mitwirkung von Mgr. de Castro Mayer
Beachtung beigemessen werden müsse. Es ist nämlich noch die Frage zu
beantworten, ob die Bischofsweihen, die Mgr. Lefebvre unter der
Mitwirkung von Bischof de Castro Mayer gültig sind, da ja der Status
der Weihen, die Lefebvre selbst empfangen hat - von 'Kard.' Lienart -
ungesichert ist.
Schon häufiger wurde dieses Thema in der EINSICHT angeschnitten. Die
Antworten, die man versucht hat zu geben, reichen über eine
unbedenkliche Anerkennung seiner Weihen als gültig und geäußerte
objektive Zweifel bis hin zur Erklärung, sie seien definitiv ungültig
(mit der Begründung: ein dezidierter Freimaurer und Satanist, was
Lienart bereits vor dem Empfang der eigenen Weihen war, könne nicht die
nötige Intention aufbringen, um die Weihen gültig zu empfangen bzw.
selbst zu erteilen. Das Konzil von Trient hat definiert: " Wenn jemand
sagt, es sei bei den Dienern der Kirche, wenn sie die Sakramente
vollbringen und ausspenden, nicht wenigstens die Intention
erforderlich, zu tun, was die Kirche tut, der sei im Bann." (Sessio 7,
vom 3.3.1547: de sacramentis in genere, canon 11 - n.b. wie H.H. P.
Groß, der in KYRIE ELEISON Nr.l / 1987, S. 13, diesen Text auch
zitiert, zu der Auffassung gelangt, es sei keine (innere) Intention des
Sakramentenspenders erforderlich, ist mir ein Rätsel!) Wir haben
unseren Standpunkt in dieser Frage nach langem Abwägen dahin gehend
formuliert, daß bei dieser mentalen Verfassung des Weihespenders
Lienart objektive Zweifel an der Gültigkeit der Weihen Lefebvres
erlaubt sind. (Lefebvre und die von ihm 'Geweihten' hätten schon längst
Gelegenheit gehabt, sich nachweihen zu lassen. Bei der
Sakramentenspendung muß Sicherheit herrschen ("tutior")! !
Auch der inzwischen verstorbene Mgr. Guerard des Lauriers hatte diese Ansicht vertreten.
Es ist klar, daß auch die von Lefebvre gespendeten Bischofsweihen unter
diesem Aspekt der Unsicherheit gesehen werden müssen; das bedeutet, daß
es unsicher ist, ob diese Bischöfe überhaupt gültig konsekriert sind.
Man könnte nun einwenden, es habe doch zumindest der Co-Konsekrator,
Bischof de Castro Mayer gültig konsekriert. Das ist sicherlich richtig,
was die Intention, Form und Materie des Spenders betrifft. Doch auch
unter dieser Voraussetzung müssen die Zweifel an der Gültigkeit der
Weihen aufrecht erhalten werden; denn gültig zum Bischof kann nur ein
gültig geweihter Priester werden. Die Priesterweihe ist für den Empfang
der Priesterweihe zwingend vorgeschrieben. Soweit mir bekannt, wurden
jedoch alle vier Kandidaten von Mgr. Lefebvre zu Priestern geweiht
(oder: 'geweiht'). Da es also nicht sicher ist, ob die betreffenden
Abbés die erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, werden die Zweifel
an der Gültigkeit ihrer Konsekration auch durch die Mitwirkung von Mgr.
de Castro Mayer nicht behoben.
N.b. diese Überlegungen sind für den Fall von Bedeutung, daß sich einer
der betreffenden Abbés darauf besinnen sollte, ins Lager des wahren
Widerstand, der wahren Gläubigen zurückzukehren.
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