"Gott, von dem ich nicht einmal weiß, ob er überhaupt existiert"
- Anmerkungen zu einem Beitrag von H.H. Abbé Paul Schoonbroodt -
von
Eberhard Heller
In dem von KE und der SAKA gemeinsam herausgegebenen Heft 4, Okt.-Dez.
1997, S. 66-70, nimmt Abbé Schoonbroodt / Belgien unter der Überschrift
"Was glauben Jugendliche heute?" Stellung zu dem Resultat einer
Umfrage, welche unter Jugendlichen im deutschsprachigen Belgien
durchgeführt und in der Zeitung GRENZ-ECHO veröffentlicht wurde.
Schoonbroodt bringt darin seine Besorgnis über die Skepsis der Jugend
in Belgien gegenüber religiösen Positionen, insbesondere auch gegenüber
christlichen Glaubensinhalten, zum Ausdruck - ich darf ergänzen: diese
Einstellung begegnet uns nicht nur in Belgien, sondern fast überall.
Der Abbé versteht seinen Beitrag nicht nur als Kritik, sondern "als
grundsätzliche Antwort", wie diese Skepsis überwunden werden kann.
Hinsichtlich der traurigen Bestandsaufnahme ist er der Auffassung, daß
"viele Leute über die Antworten der befragten Jugendlichen zu Recht
empört" waren, man scheute sich z.B. nicht zu schreiben: "Gott,
von dem ich nicht einmal weiß, ob er überhaupt existiert". Über eine
solche Antwort kann nur jemand erstaunt sein, der blind war bzw. ist
gegenüber den modernen Ideen und ihren Auswirkungen, die von der
'Konzils-Kirche' jahrzehntelang propagiert werden - und andere
religiöse Positionen kannte man ja nicht. Selbst nach dem Urteil des
Präfekten der Glaubenskongregation dieser 'Konzils-Kirche', Kard.
Ratzinger, war das Resultat der sog. Liturgie-Reform "in seiner
konkreten Verwirklichung keine Neubelebung, sondern eine Verwüstung"
(Ratzinger im Vorwort zu Gamber; Klaus: "Die Liturgiereform" Le Barroux
199, S. 6). Allein die synkretistische Vorstellung, die Mgr. Wojtyla
nicht müde wird zu verbreiten, daß alle Offenbarungsreligionen -
Judentum, Christentum und Islam - gleich gültig seien ("wir beten alle
den gleichen Gott an"), provozierte geradezu die Entstehung des oben
gezeichneten Religionsskeptizismus. Denn kommt es nicht mehr auf die
objektive Wahrheit der behaupteten Offenbarung Gottes an, sondern
nur noch darauf, daß die Vorstellung eines sich offenbarenden Gottes
erzeugt wird, dann erhebt sich die Frage, ob diesem so vorgestelltem
"Gott" reale Existenz zukommt oder ob er nur bloße Projektion des
Vorstellens ist. Die oben angemerkte Skepsis ist Produkt einer
jahrzehntelangen Indoktrination eines religiösen Relativismus, und die
Antwort nach der Existenz Gottes ist - so gesehen - nur ehrlich.
Schauen wir nun, welche Lösungsvorschläge Pfr. Schoonbroodt zur
Behebung dieser Glaubensskepsis anbietet. Er kritisiert auf der einen
Seite zu Recht einen gewissen Subjektivismus in der Erziehung. Seiner
Meinung nach würde es deswegen genügen, "die Lehre und die Erfahrung
der 'Alten' auf direktem Wege kennenzulernen" (S. 68), d.h. den
Unterricht wie früher auf das Dozieren bzw. Rezipieren der
Katechismusparagraphen zu beschränken.
Das hat auch schon früher so nicht geklappt! Dieses Weitergeben durch
fideistische Methode, d.h. den "Alten" einfach zu glauben - ohne den
Erkenntnisakt eigener Einsicht -, führte und führt zu einem blinden
Glauben, dessen Annahme auf irrationaler Basis vollzogen wird. Dagegen
hatte sich schon der hl. Anselm von Canterbury vor knapp 1000 Jahren
gewehrt: der Glaube ist vernünftig! und seine Vernünftigkeit läßt sich
im Wissen nachvollziehen!
Was macht es zum anderen für einen Sinn, Jugendliche mit Wissensstoff
über Gott und Seine Offenbarung vollzustopfen, wenn die grundsätzlichen
Fragen dieser jungen Generation, ob dieser Gott auch existiert, wie man
Ihn erkennen kann, unbeantwortet bleiben? Bevor man heute sinnvoll mit
dem Religionsunterricht alter Art einsetzt, müssen zunächst die
grundsätzlichen Fragen nach der Existenz Gottes geklärt sein. Es muß
ein klarer Begriff des Absoluten erstellt und vermittelt werden. (N.b.
was man heute sicherlich nicht sollte: die sog. scholastischen
Gottesbeweise alter Art heranziehen, denn jeder Student der Philosophie
im zweiten Semester weiß, daß es sich dabei um Zirkelschlüsse handelt.)
Die viel schwierigere Frage, die sich dann erhebt, ist folgende: Wie
weiß ich (heute!!, d.h. ca 2000 Jahre nach der Zeit, in der Christus -
Gottes Sohn - auf Erden lebte, daß dieser Christus tatsächlich Gottes
Sohn war, daß sich Gott in ihm inkarniert hat. Denn auch wenn gewußt
wird, daß Gott existiert, ist damit noch lange nicht gesagt, daß sich
dieser Gott vor 2000 Jahren offenbart hat. Ein Theist ist noch lange
kein überzeugter Christ! Man verweist auf die Vermittlung der
Tradition. Aber was rechtfertigt die Annahme, daß dies die Tradition
der tatsächlichen Offenbarung Gottes ist? Ich gehe davon aus, daß sich
nur sehr wenige, selbst der sog. rechtgläubigen Religionspädagogen, mit
solch einem Problem beschäftigen und daß noch weniger es bewältigen
können. Es geht darum, die Erkenntnisbedingungen aufzuzeigen, durch die
man zu Recht an-nehmen kann, daß sich Gott in der Geschichte in
Christus offenbart hat, um tatsächlich eine christ-liche
Glaubensüberzeugung zu fundieren.
Man kann auch den modernen Glaubensabfall unter dem Aspekt mangelnder
Überzeugung sehen: Wie viele Kleriker alter Art waren tatsächlich davon
überzeugt, daß sich Gott in Christus offenbart hatte. Waren sie nicht
meist nur Theisten, denen die eigentliche christliche
Glaubensüberzeugung fehlte, denn anders ist die Annahme allein des
Ökumenismus (alle christlichen Konfessionen sind gleicherweise
berechtigte und beauftragte Kirchen) nicht zu verstehen. Und auch die
sog. Traditionalisten sollten sich prüfen, ob sie nur einen Theismus
mit konservativen Attitüden auf dem Niveau eines Trachtenvereins
vertreten oder ob sie in der Tat überzeugte Christen sind. Erst wenn
die beiden oben aufgeführten Themen fundamental-theologischer bzw.
religions-philosophischer Art geklärt sind, lassen sich auch die
spezifischen christlichen Glaubensinhalte vermitteln.
Was würde wohl der hl. Don Bosco sagen, wenn man ihm vorgeschlagen
hätte, zur Stärkung ihrer Gewissen an die verlausten Kinder, die er von
der Straße aufgelesen hatte, Katechismen zu verteilen, wie Pfr.
Schoonbroodt das in ähnlicher Weise für die modernen jugendlichen
Skeptiker vorsieht? Er hätte solch einen Vorschlag sicherlich
ignoriert. Die vielen Buchstaben in den Büchern müssen zu Leben erweckt
werden! Und Leben erhalten sie nur durch eigene überzeugte
Verwirklichung und Hingabe an das, was man vermitteln will, durch
eigenes Vorleben der propagierten Prinzipien. Und die heutige Jugend,
die eigentlich auf so vielfältige Weise betrogen wurde, ist mächtig
hellhörig auf die Dissonanzen von Sagen und Tun! Die Klagen über
mangelnde Vorbilder, die ihre Positionen überzeugend und konsequent
vertreten, sind unüberhörbar. Und wenn man nur ein wenig den heutigen
Schülern zuhört, erfährt man, daß gerade der Religionsunterricht - die
Konfession spielt da keinen Unterschied mehr - von Lehrern gehalten
wird, die selbst fast nichts mehr glaben und die keinerlei Autorität
besitzen.
Als damals Don Bosco die verwahrlosten Kinder von den Straßen Turins
aufsammelte, deren Familien durch die erste einsetzende
Industrialsierung in Not geraten waren, hat er sie in Milde und
Barmherzigkeit angenommen, für deren geistiges und körperliches Wohl er
sich bis zur Erschöpfung ein-etzte, und ihnen 1846 mit der Errichtung
eines Oratoriums ein Zuhause gegeben. So konnte er auch das Vertrauen
der Jugendlichen gewinnen, die bei ihm nicht nur eine religiöse
Erziehung, sondern häufig auch eine berufliche Ausbildung erhielten.
Wenn man die heutige Oberflächlichkeit, die demonstrierte Sinnlosigkeit
bei vielen Jugendlichen wahrnimmt, die über jede Ernsthaftigkeit
blasiert herziehen, dann kann man vor diesem Elend gründlicher
Enttäuschung und gelebter Gleichgültigkeit kaum die Augen verschließen.
Und es bedarf sicherlich einer unerschöpflichen Geduld, auf diese
Häupter "brennende Kohlen" zu sammeln. Aber das sollte doch die Aufgabe
von Seelsorgern sein: Seelen zu retten - und die Aufgabe ist schier
unendlich. Mit einmaligen Aktionen wird nichts erreicht, und es zeugt
von wenig Hingabe zu sagen, man habe seine Pflicht erfüllt. Ohne
wirkliche Annahme der Not in Güte wird die Person des Klerikers nur
noch fremder, seine Soutane, die ihn eigentlich als Kleriker, als
Seelsorger ausweisen sollte, wird zum Symbol einer Barriere, die in der
Tat den Seelsorger vor diesen Jugendlichen, denen man "nichts in die
Tasche gesteckt hat", hermetisch abschirmt. Wir alle aber sollen jene
sein, "die das Wort hören, es in gutem, in sehr gutem Herzen bewahren
und Frucht bringen in Geduld" (Lk. 8,15), um es auch in fremde Herzen
einzupflanzen.
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Hinweis:
Rev. Fr. Courtney Edward Krier ist dabei, in LAS VEGAS, USA / Nevada
eine Kirche zu bauen, weil die bisher angemieteten Räumlichkeiten zu
klein wurden und ungünstig gelegen waren. Der Erwerb eines
entsprechenden Grundstückes und der Bau selbst sind mit erheblichen
Kosten verbunden. Über eine finanzielle Unterstützung, auch aus
Deutschland, würde er sich sehr freuen. Hier seine Adresse: 4772 Morrow
Rd., Modesto, California 95356
Tel. 001/209-545-0443, Fax 001/209-545-1151 - hl. Messe in Modesto sonntags: 17:30 Uhr |