54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Hyopstatische Union
 
Hyopstatische Union
Teil 1

Dr. Ante Križić

Das Christentum ist die erste und einzige Religion, die behauptet, dass sie einerseits an einen Gott glaubt, aber dass dieser Gott zugleich dreieinig ist. Sie muss sich immer wie-der gegen den Vorwurf verteidigen, dass es ein Widerspruch in sich selbst sei und des-wegen schon im Ansatz einen Irrationalismus in sich trüge. Nun, wenn wir sagen, etwas ist eines, dann denkt man zuerst, es ist identisch mit sich selbst und die Identität besagt in erster Linie nichts anderes als Einheit mit sich selbst. Aber bei „Einheit“ erhebt sich sofort die Frage „Einheit wovon?“ Die Einheit selbst setzt also voraus, dass sie selbst in sich Differenzen enthält, sonst könnte sie nicht Einheit von etwas sein. Das stellte schon Platon in seinem Dialog „Parmenides“ fest: Die erste Hypothese, dass das Eine nur eines ist, ist nicht  haltbar.

Bevor wir philosophisch auf solche Probleme eingehen, betrachten wir ganz kurz die  Tatsache, auf die sich das Christentum beruft, dass nämlich die Dreieinigkeit Gottes nichts anders ist als die  Offenbarung Gottes selbst. Im Alten Testament gibt es viele Stel-len, die darauf hinweisen, und ich hebe nur einen einzigen Bericht hervor, der gerade das in einer sehr subtilen Weise veranschaulicht. Im Exodus (3,1ff) in der Szene vom brennenden Dornbusch heißt es, Mose „kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug… Der Dornbusch brannte und verbrannte doch nicht… Als der Herr sah, dass Mose näher kam, um sich das näher anzusehen, rief Gott ihm aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose. Er ant-wortete: Hier bin ich...“ (zitiert nach F. Dünzel). Im Dornbusch erscheint der Engel des Herrn, aber aus dem Dornbusch redet Gott selbst. Der Engel des Herrn war für die Chris-ten niemand anderes als einer, der Gottes Vollmacht erhalten hat, und genau diese Funk-tion lässt sich auf den Erlöser übertragen. Die Frage, wie der Erlöser als „Herr und Gott“ (Joh. 20,28) in den Monotheismus zu integrieren ist, war im 2. und 3. Jahrhundert ein großes Problem, zumal die Christen den Auftrag  hatten zu missionieren und deswegen nach Begründung für die  Dreifaltigkeit suchen mussten.

So haben sich zwei verschiedene Begründungstheorien herauskristallisiert. Der eine Entwurf entstand in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts von einem gewissen Noet von Smyrna, der Bischof in dieser Stadt war. Er behauptete, es gebe nur einen Gott, der in verschiedenen Seinsweisen (modi) erscheine. Die  Begriffe „Vater“ und „Sohn“ zeigen nach dieser Lehre keine reale Differenz an. Was Vater und Sohn genannt wird, ist in Wirklichkeit ein und dasselbe. Er ist immer er selbst aus sich selbst. Vater und Sohn sind nur die Namen, je nach der Handlungsweise und dem Wandel der Zeiten.

So versuchte also diese Richtung den Monotheismus dadurch zu retten, indem sie  be-hauptete, es gebe nur ein göttliches Wesen in drei verschiedenen Erscheinungsweisen (modi). Deswegen hat sich in der Dogmengeschichtsschreibung für diese Lehre der Be-griff „modalistischer Monarchianismus“ eingebürgert. Die Lehre des Noet brachte sein Diakon Epigonos nach Rom. Sein Schüler Kleomenes baute Anfang des 3. Jahrhunderts in Rom eine monarchianische Schule auf und wurde  durch den römischen Bischof Zephy-rinus unterstützt. Die wichtigste Gestalt unter ihnen war aber ein gewisser Sabellius, nach dem diese ganze modalistische Häresie „Sabellianismus“ genannt wurde. Wichtig für später zu wissen, dass die Monarchianer einen großen Einfluss gerade in Rom hat-ten. Die zweite Richtung, die sich der Lösung des Rätsels der Dreifaltigkeit annahm, war die sog. Logostheologie. Der Vorsokratiker Heraklit hat den Begriff Logos in die Philoso-phie eingeführt. Er sah, dass alles im Fluss ist, alles entsteht und vergeht, es herrscht ein dauernder „Krieg“ zwischen den Gegensätzen, aber hinter all dem Wechsel steht der Logos, der als Weltgesetz das alles Widersprüchliche zu einer harmonischen Einheit verbindet, ordnet und im Gleichgewicht hält. Den Menschen bleibt aber dieser Logos verborgen, obwohl seine Seele an ihm, d.h. an der Vernunft Anteil hat. Damit  fand der Begriff Logos Eingang in alle philosophischen Schulen der damaligen Zeit.

Eine enorme Verbreitung erfuhr er dann durch die Stoa. Nach der stoischen Lehre ist der ganze Kosmos ein lebendiger Organismus, der in all seinen Teilen vom  göttlichen Pneuma, d.h. Geist durchdrungen ist, der als feinster Stoff das All zusammenhält. Die Platoniker  mischten da auch mit, deren Lehre zufolge das höchste geistige Prinzip der Nous (Geist) ist. Er ist aber immateriell und in seiner absoluten Transzendenz völlig ab-gelöst von der Welt. Wirksam wird der Geist aber erst durch den Logos, der die tätige Energie  des Nous ist. So wurde also in der Spätantike dem Logos die Mittlerfunktion zwischen dem reinen Geist, der unberührt in sich selbst ruht und dem vielfältigen Kos-mos, zugeschrieben. Der Schlüsselbegriff Mittler wurde also in der Philosophie geboren.

Der jüdische Philosoph Philon von Alexandrien, ein Zeitgenosse Jesu, war der erste, der diese Mittlerfunktion des Logos in seiner Schule weiterentwickelte. Ihm ging es darum, eine genetische Verbindung zwischen der griechischen Philosophie und der jüdischen Religion herzustellen. Wichtig war es auch deswegen, weil die jüdische Gemeinde in Alexandrien ihrer eigenen Muttersprache nicht mehr mächtig war und die Gefahr be-stand, dass sie ihre Identität verliert. Für Philon ist der Logos „der Spross des Geistes“, er ist die Zuversicht, dass der gnädige Gott niemals sein Werk außer acht lässt. Der Lo-gos ist „einerseits der Fürsprecher des stets hilfsbedürftigen Sterblichen bei dem Unver-gänglichen, andererseits der Abgesandte des Herrschers an den Untertan...“  Er ist „we-der als ein Unerschaffener wie Gott noch wie ihr geschaffen, sondern in der Mitte zwi-schen zwei Extremen“ (Philon: Quis rerum divinarum heres est). Der Logos galt als die „Quelle“ der unsichtbaren Dinge. Um das Jahr 30 nach Christus stellte Philon auch die Frage, ob es möglich sei, dass dieser Logos Mensch wird, und er bejahte dies. Von Jesus hat er nie etwas gehört. Einigen unbestätigten Behauptungen zufolge sollen später eini-ge seiner Schüler zu den Aposteln übergegangen sein. Philon fand keine Rezeption im Judentum.

Ganz anders entwickelte sich die Logostheorie bei den christlichen Logostheologen.  Als Grundlage diente ihnen die stoische Lehre vom inneren „logos  endiathetos“ und dem ausgesprochenen und nach aussen wirkenden „logos prophorikos.“  So ähnlich, behaup-tete Justin der Märtyrer, ist es auch bei Gott. Er hat seinen Logos, seine Vernunft in sich und sie wird nicht weniger, wenn Gott den Logos hervorbringt. Dieser göttliche Logos vermittelt den Willen des Weltschöpfers in der Heilsgeschichte, ohne dass dadurch seine Transzendenz, seine Allmächtigkeit und seine Güte einen Verlust erleiden würden. In seinem fiktiven  „Dialog mit dem Juden Tryphon“ (um 160) schrieb er u.a. folgendes: „Als Anfang vor allen Geschöpfen  hat Gott aus sich selbst eine vernünftige Kraft gezeugt (dy-namis logike), Sohn oder Weisheit genannt, manchmal auch Engel, manchmal auch Gott oder Kyrios und Logos… Diese Beinamen kommen ihr zu, weil sie dem  väterlichen Plan   dient und aus dem Willen des Vaters gezeugt ist.“   Und weiter „wir sehen doch, dass so etwas auch bei uns Menschen geschieht: wenn wir einen Logos (= Wort, Rede) hervor-bringen, dann erzeugen wir einen Logos (= Sinngehalt), ohne dass bei diesem Hervor-bringen etwas von uns abgetrennt wird, so dass etwa der Logos in uns (= Vernunft) ver-ringert würde.“ Die christlichen Logostheologen führten damals auch einen erbitterten Kampf gegen die Gnosis, jene spätantike Bewegung, die die christliche Erlösungslehre in einen platonisierenden Dualismus übersetzte und den Erlöser nicht dem  Schöpfer die-ser materiellen Welt Jahwe zuordnete, sondern einem „deus absconditus“, der den in-nersten geistigen „Funken“ des Menschen durch die Gnosis aus der Verlorenheit und Unwissenheit und aus der  Gefangenschaft in der  Materie befreien soll. Der Schöpfer der materiellen Welt war, ihrer Meinung nach, ein böser Gott, den sie spöttisch Jaldabaoth oder Sakkas nannten. Dieser Kampf gegen die Gnosis dauerte Jahrhunderte lang, ja sogar in abgewandelter Form bis heute (s. dazu Hans Jonas, Michael Pauen etc…). Die Logos-theologen beriefen sich auch auf die biblische Prophetie der Inkarnation aus dem Alten Testament, wie z.B.: „Dieser ist unser Gott, neben ihm wird kein weiterer Gott gelten. Er hat jeden Weg der Weisheit erforscht und gab sie Jakob seinem Knechte und Israel, dem von ihm   Geliebten. Danach erschien er auf der Erde und wandelte unter den Menschen“ (Bar. 3,36-38)

Neben diesem Kampf gegen die Gnosis versuchten sie auch die göttliche  Trinität philo-sophisch zu begründen. Trotz der unterschiedlichen Auffassungen über die Herange-hensweise an die Letztbegründung der  geoffenbarten Wahrheit und trotz der sprachli-chen  Probleme, - die Begriffe waren unklar,  ungesättigt, man konnte z.B. so wichtige Begriffe wie „gezeugt“ (gennetos) und „geworden, gemacht“ (genetos) nicht leicht von-einander unterscheiden, - ist es ihnen gelungen ein christliches Wirklichkeitskonzept in das Römische Reich einzuführen. Darüber später noch mehr. Philosophische Probleme  traten auf mit dem Begriff „ousia“ auf, was üblicherweise mit Wesen übersetzt wird, und vor allem mit dem Begriff „homoousios“, das man  mit „dieselbe ousia haben, oder das-selbe Sein haben“ wiedergibt.  Aber, was  heißt das? Schon der Römer Marius Victorinus verwies auf diese  Zweideutigkeit bei homoousios: denn das Wort setzt sich aus „ho-mou“ und „ousia“ oder „homou“ und „einai.“ (einai bedeutet das „Sein“) zusammen,  so kann es die Bedeutung haben: zugleich sein oder zugleich koexistieren („simul substan-tialis“ oder „consubstantialis“; griechisch „homou einai“ oder „homou ousian ehon“, d.h. sind sie dasselbe Sein oder haben sie dasselbe Wesen? Wenn sie eines Wesens sind, dann sind sie identisch und  im selben Sein verortet.  Aber wenn sie das gemeinsame Wesen haben, dann kann dasselbe auch das gleiche bedeuten und das heißt eben „Ähn-lichkeit“ haben. Dann sind sie nicht „homoousios“ sondern „homoiousios.“ Darüber wird in der weiteren Entwicklung noch ein erbitterter Streit  entstehen mit massiven politi-schen Folgen, was wir noch sehen werden.

Hier sind einige begriffliche Hintergrunderklärungen vonnöten: Die Rätselhaftigkeit des Rätsels besteht darin, dass die griechische Philosophie nicht bis zur Seinserkenntnis vorgedrungen ist. Das höchste Sein war für sie die ousia, also das Wesen, obwohl  Platon Andeutungen machte, dass es auch etwas jenseits des Wesens  gibt (epekeina tes ousi-as). Die griechische Philosophie ist also eine Wesensphilosophie. Die Seinsphilosophie wurde im wesentlichen von Thomas von Aquin erschlossen. Das Sein ist nach ihm „das Erste von allem Geschaffenen“ (prima rerum creatarum), es ist „Vollkommenheit aller Vollkommenheiten“(perfectio omnium perfectionum) und „Wirklichkeit aller Wirklich-keiten“ (actualitas omnium actuum) und als solches enthält es alles in sich im voraus (praehabens in se omnia). Aus dem Sein geht das Wesen (ousia)  hervor, und auch die Materie. Aber andererseits sagt der Aquinate „das Sein  resultiert aus den Prinzipien des Wesens.“ Das bedeutet im Klartext: das Wesen und die Materie sind zwei Ermögli-chungsgründe für die Konkretisierung, Verwirklichung des Seins. Thomas ist hier ein-deutig und klar. Noch eine Unterscheidung: im geschöpflichen Sein besteht eine reale Differenz (distinctio realis), auch ontologische Differenz genannt, zwischen Sein und Wesen. Für unseren Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass das Sein und das We-sen in Gott in eins zusammenfallen, sie sind identisch.

In der Philosophiegeschichte wurde ousia mit Wesen übersetzt, oder auch mit Natur. Es wird auch mit essentia oder substantia übersetzt. „Substanz“ und „essentia“ (= Wesen) sind der Sache nach identisch, jedoch verschieden in der Rücksicht der Betrachtung. „Wesen“ meint das „Was“ im Unterschied zum „Dass“ der Existenz. „Substanz“ meint das „Was“ im Unterschied zum „Wie“ der Akzidenzien: Das „Was“, sofern es seinen eigenen Selbststand hat, im Gegensatz zu Akzidenzien, die ihr Sein in einem anderen haben.
Um diese heillose  Sprachverwirrung zu vermeiden, benutze ich im weiteren für das „Wesen“ nur das griechische Wort ousia.

Ein Streit wegen homoousios ist schon Mitte des 3. Jahrhunderts ausgebrochen. Wäh-rend im Westen die Einheit in der Gottheit, - „una substantia“, wie Tertullian sagte, - be-tont wurde, hat Origenes, der führende Logostheologe des Ostens die Dreiheit in den Vordergrund gestellt, allerdings in einem  Subordinationsverhältnis, d.h.: Der Sohn und der Hl. Geist sind dem  Vater untergeordnet. Origenes beschreibt die Einheit in der Gott-heit als Einheit des Denkens und Wollens und das Wort ousia ausschließlich in der  indi-viduellen Bedeutung, also praktisch gleichbedeutend mit dem Wort hypostasis. Die westlich orientierten Väter witterten dahinter eine Drei-Götter-Lehre, also Tritheismus. Der  Osten dagegen beschuldigte den Westen des „Sabellianismus.“

Es begab sich nun, dass die Kleriker in der libyschen Pentapolis, die westlich orientiert waren, Dionys, den Bischof von Alexandrien, nach mehreren Interventionen, bei seinem  Namensvetter Dionys von Rom des Tritheismus beschuldigten. Was die Ankläger beson-ders störte war nicht nur die origenistisch aufgefasste Dreiheit, sondern vor allem die Subordinationslehre, sowie die Tatsache, dass Dionys von Alexandrien nie das Wort homoousios benutzt hat. Das ist in die Geschichte eingegangen als der „Streit der zwei Dionyse.“ Der römische Dionys war aber sehr vorsichtig in der Beurteilung seines Amts-bruders und Namensvetters. Interessant ist vor allem wie sich Dionys von Alexandrien verteidigte: Er benutzte homoousios deswegen nicht, weil so etwas nicht in der Bibel steht, aber sinngemäß meint er dasselbe wie homoousios, weil er das allegorisch ausge-drückt  hat mit den Beispielen Eltern-Kind, Quelle-Fluss, Wurzel-Pflanze etc. Er hat an der  origenistischen Lehre von drei Hypostasen  festgehalten, hat jedoch zugleich das  Missverständnis abgewehrt, dass drei getrennte Wesenheiten gemeint sind. Die Ho-moousie von Vater und Sohn war für ihn eine ungetrennte Einheit. Er lehrte auch die ewige Zeugung des Sohnes, so dass die Homoousie von Vater und Logos als Erzeuger und Erzeugnis zu verstehen ist. Dieser Streit schien harmlos gewesen zu sein, aber er führte trotzdem dazu, dass das Konzil von Antiochien im Jahre 268 homoousios verwarf und Paul von Samosata verurteilte, der allem Anschein nach eine einzige ousia im Sinne des modalistischen  Monarchianismus vertreten hat. Basilius von Cäsarea zu der Ver-werfung von homoousios: Die Väter von Antiochien  hätten am materialistischen Klang der Formel homoousios Anstoß genommen, sie suggeriere die Vorstellung von einer Substanz, die zweigeteilt sei.

Einen echte Schock hat aber sowohl die Ost- als auch die Westkirche bekommen. Ein Presbyter in Alexandrien, der sich durch seine Gelehrsamkeit und tadellosen Lebens-wandel auszeichnete, versetzte alle Geister in Panik, als er 318 seine Thesen vortrug. Er hieß Arius. Er ging vom 8. Kapitel im Buch der Sprichwörter Salomons aus (Prov. 8,22-25), wo der Weisheit, d.h. dem Logos folgende Worte in den Mund gelegt werden: „Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken….“ etc. Daraus zog  Arius den Schluss, dass der präexistente Sohn Gottes einen Anfang hatte, es gab ihn nicht, bevor er gezeugt, geschaffen, gegründet wurde. Vor der Erschaffung und Grundlegung des Sohnes existierte nur Gott allein. Nur er ist wahrer Gott. Der Sohn ist durch den Willen Gottes aus dem Nichts entstanden als Gottes Abbild. Der Sohn Gottes ist nicht wahrer Gott, er trägt nur den Gottestitel. Trotz seine Sonderstellung als Schöpfungsmittler steht der Lo-gos den übrigen Geschöpfen viel näher als dem Vater. Der Logos ist auch keine Emanati-on Gottes, wie es der Gnostiker Valentin lehrte und auch kein wesensgleicher Teil (ho-moousion meros) wie es die gnostisch-manichäische Irrlehre des Persers Mani behaup-tet. Dass der Logos nur ein Geschöpf ist, provozierte die meisten christlichen Gemein-den, so dass Arius  mitsamt seinem Anhang 319 exkommuniziert wurde. Er fand jedoch  die Unterstützung bei Eusebius, dem Bischof von Nikomedien und auch bei dem Bischof und Kirchenhistoriker Eusebius von Cäsarea Maritima in Palästina. Im Jahre 320 traten in der Provinz Bithynien und in Palästina zwei Synoden unter der Leitung der zwei Ge-nannten zusammen, die Arius wieder rehabilitierten.

Nun das hatte auch politische Auswirkungen. Der Kaiser Konstantin hatte sei 324 die Alleinherrschaft im römischen Reich und er wollte den Streit zwischen Arius und seinem Kontrahenten Alexander, dem Ortsbischof von Alexandrien,  beilegen. Dem Kaiser ging es um die Einheit des Reiches. So hatte er im Juni 325 eine „Reichssynode“ in seiner kai-serlichen Residenz im  kleinasiatischen  Nizäa einberufen. Die Zahl der westlichen Teil-nehmer blieb gering. Bischof Silvester von Rom sagte unter Berufung auf sein hohes Al-ter eine Teilnahme an der Synode ab und sandte stattdessen zwei Legaten.

Der ganze theologische Streit wurde  auf Griechisch ausgetragen. Die arianische Seite vertrat Eusebius von Cäsarea. Er war ein geschickter Dialektiker, der es verstand einige überspitzte Aussagen etwas abzumildern. So berief er sich auf Joh. 1,18, wo es heißt Christus ist der „eingeborene Sohn“, und andererseits auf Kol. 1, 15, wo  steht Christus ist der „Erstgeborene der ganzen  Schöpfung“. Daraus schloss Eusebius, dass vom  Vater aus gesehen Christus der eingeborene Sohn, aber von der Seite der Geschöpfe her gese-hen, ist er der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. Er hat also die Mittlerstellung.
Darüber hinaus behauptete Eusebius, dass Vater, Sohn und Geist drei und nicht nur ei-ner sind. Damit  steht er in der  Tradition  der origenistischen Hypostasenlehre, er ist Logostheologe wie Origenes selbst und daher ein Gegner der monarchianischen Theolo-gie. Der Kaiser war damit hochzufrieden, aber die  Konzilsväter haben andere Kernaus-sagen des Arius  nicht übersehen, die Eusebius ausblendete. Deswegen fassten sie fol-genden Beschluss, das bekannte nizänische Glaubensbekenntnis (griechisch symbolon), das so lautet :
„Wir glauben an einen Gott Vater, den Allherrscher, den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren; und an einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der ala Eingeborener aus dem Vater gezeugt wurde, das heißt aus dem Wesen des  Vaters, Gott von Gott,  Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht gemacht, wesensgleich dem Vater, durch den alles geworden ist, was es im Himmel und auf der Erde gibt; der wegen uns Menschen und unseres Heiles willen herabgekommen ist,  Fleisch wurde und im Menschen weilte, gelitten hat und auferstanden ist am  dritten Tag, aufgefahren ist in die Himmel und kommt, zu richten die Lebenden und die Toten; und an den Heiligen Geist.
Diejenigen aber, die sagen: „Es war einst, da war er (der Logos) nicht“, und  „Bevor er geboren wurde, war er  nicht“, und er sei aus dem Nicht-Seienden geworden oder aus einer anderen Hypostase oder einem anderen Wesen, und behaupten, der Sohn Gottes sei entweder geschaffen oder wandelbar oder veränderlich, diese belegt die katholische und apostolische Kirche mit dem  Anathem.“
Die Kernaussagen des Symbolons von Nizäa verurteilten die arianische Lehre, aber ein-deutig ist einiges doch nicht. Homoousios gehört zwar zum  antarianischen Grundsatz des Konzils, aber dieses Konzil hat die    Bedeutung des homoousios nicht erklärt. Strittig blieb deswegen die Kernfrage der  Trinitätstheologie: Sind Vater, Sohn und Geist nun drei verschiedene oder nur einer. Wie wir das bereits gesehen haben, kann das Adjektiv homoousios mit wesenseins oder wesensgleich übersetzt werden. Wenn der Sohn mit dem Vater wesenseins ist, dann heißt es, dass er mit der ousia des Vaters identisch ist. Zu Ende gedacht läuft es dann auf die monarchianische Lösung hinaus, die für origeni-stisch  eingestellte Theologen des Ostens völlig unannehmbar war. Wenn aber homoou-sios mit wesensgleich übersetzt wird, dann kann es auch anders interpretiert werden, und deswegen hat Eusebius das Bekenntnis von Nizäa auch  unterschrieben. Diese Zweideutigkeit wurde zum Stoff, aus dem in der folgenden Zeit die meisten  Streitigkei-ten hervorgegangen sind.

Nun, Nizäa hat theologisch den Sieg davongetragen, aber ca. 20 Bischöfe haben trotzdem ihre Zustimmung verweigert. Der Kaiser reagierte mit aller Schärfe. Politische Zwangs-maßnahmen wie die Absetzung und Exilierung von unliebsamen Bischöfen waren auf der Tagesordnung. Arius selbst, mit den beiden erwähnten libyschen Bischöfen, wider-stand aber dem kaiserlichen Druck. Der Kaiser schickte sie alle in die Verbannung.

Dann plötzlich vollzog der Kaiser Konstantin im Jahre 326 eine totale Kehrtwende sei-ner Religionspolitik. Um den Osten für sich zu gewinnen und um sein Friedenswerk zu  krönen, rehabilitierte er Arius und seine Gefährten, während er gleichzeitig die nizäni-schen Bischöfe abgesetzt und  ins Exil geschickt hatte. Das Konzil von Nizäa wurde aber vom Kaiser nicht in Frage  gestellt. Deswegen, um einen Ausgleich zu schaffen, bestand er darauf, dass die Arianer das nizänische  Glaubensbekenntnis  unterschreiben. Auf die Aufforderung des Kaisers hin  übersandten Arius und sein Diakon Euzoius, der später eine wichtige Rolle spielen wird, aus ihrem Exil in Illyrien ein schriftliches Symbolum, das ihre Übereinstimmung mit dem kirchlichen Glauben dokumentieren sollte, und ba-ten zugleich um die Wiederaufnahme in die Kirche. Der für den Kaiser bestimmte Text blendete aber jede antiarianische Präzisierung aus, etwa dass der Sohn wahrer Gott ist, aus dem  Wesen des  Vaters gezeugt und nicht gemacht ist. Athanasius, der Bischof von Alexandrien, Nachfolger von Alexander, wehrte sich hartnäckig gegen die Rehabilitie-rung von Arius, so dass sie offiziell erst 335 erfolgte, nachdem Athanasius auf einer Sy-node in Tyros wegen eines „Sakrilegs“ abgesetzt und nach Trier verbannt wurde.

Durch den Einsatz der beiden arianischen Bischöfe, Eusebius von Cäsarea und Eusebius von Nikomedien,  setzte sich nun der Arianismus durch und wurde zur führenden Theo-logie. Die Arianer fingen dann mit ihren  Intrigen an. Um das Konzil in Nizäa im Nach-hinein wirkungslos zu machen, ließen sie sich nicht auf theologische Fragen ein, sondern klagten einzelne nizänische Bischöfe wegen ihres „Fehlverhaltens“an, so dass sie einer nach dem anderen abgesetzt wurden. Markell, der Bischof von Ankyra (heute Ankara), ein glühender Verfechter des Symbolums von Nizäa, durchschaute dieses Spiel und ver-suchte den Streit wieder auf das theologische Feld zu verlagern. Das aber verärgerte den Kaiser, zumal sich massiv die Gegenstimmen gegen Markell meldeten.  Auf einer Synode 336 in Konstantinopel wurde Markell verurteilt und auf Befehl des Kaisers musste er in die Verbannung gehen. Allerdings muss man  hinzufügen, dass Markell später zum Stol-perstein für die Trinitätstheologie wurde. Er wandte sich gegen die Drei-Hypostasen-Lehre des Origenes: Nach Markell kann man nicht von drei Hypostasen ausgehen, son-dern nur von der Monas, d.h. der göttlichen Einheit. Die Monas „verbreitet“ sich zur Tri-as. Was diese  „Verbreitung“ bedeutet, konnte er nicht erklären. So kann man sagen, dass diese Auffassung eine Art Neuauflage der monarchianischen Theologie ist. Die Theolo-gen des Ostens  konnten das nicht hinnehmen.

An diesem Punkt angelangt, war das Reich theologisch gespalten. Da Athanasius und  Markell im Osten verurteilt wurden, hat man 341 eine Synode in Rom abgehalten, auf der ihre Rehabilitation erfolgte. Diese Synode bezichtigte zugleich die Theologen des  Ostens des  Arianismus. Den Vorwurf, Arianer zu sein, konnte der Osten nicht über sich ergehen lassen, so beriefen ihre Theologen im gleichen Jahr eine Synode in Antiochien, auf der sie sich entschieden dagegen zur Wehr setzten, irgendetwas gemeinsames mit dem Arianismus zu tun zu haben. Dabei haben sie ihre Theologie in den sog. vier antio-chenischen Formeln zusammengefasst, die im wesentlichen darauf hinauslaufen, dass der  Vater einer ist, und der vom ihm gezeugte Sohn ist ebenso einer. Damit war die Ei-genexistenz  von Vater und Sohn als zwei Hypostasen   bestätigt. Aber die Hypostase des Vaters hat einen höheren Rang und Herrlichkeit, als die des Sohnes, während die Hypos-tase des Hl. Geistes an Rang und Herrlichkeit noch geringer ist als die des Sohnes. Damit wurde praktisch die Lehre des Origenes, die er schon vor hundert Jahren entwickelt hat-te, noch einmal in Erinnerung gerufen: Drei-Hypostasen-Lehre und Subordinationismus. Dies lehrte übrigens auch Eusebius von  Cäsarea.

Mit dem Symbolum von Nizäa hat es nichts zu tun, obwohl diese Synode mit dem An-spruch angetreten war, das Bekenntnis von Nizäa, das durch die Lehre von Markell dis-kreditiert war, zu ersetzen. Zu allen Ungereimtheiten kamen noch die sprachlichen Probleme dazu. Im Westen war kaum jemand wirklich des Griechischen mächtig. So, wenn die wortwörtlichen Übersetzungen auch korrekt waren, haben sie nicht immer den gemeinten Inhalt vermittelt. Hypostasis im Osten und substantia im Westen bei-spielsweise wurden als gleichbedeutend wiedergegeben, obwohl sie etwas ganz anderes bedeuteten.

Die Situation war so verfahren, dass die  Bischöfe  Julius von Rom und Athanasius von Alexandrien den Kaiser Konstans, den neuen  Herrscher der westlichen Reichshälfte, um die politische Intervention baten. So wurde 342 ein Reichskonzil in Serdica (heute Sofia, die Hauptstadt von Bulgarien). Es kamen zahlreiche Bischöfe aus Ost und West, Atha-nasius und Markell, die ein Jahr davor von Rom rehabilitiert wurden, waren auch dabei, was die Empörung der Ostbischöfe auslöste. Papst Julius von Rom kam nicht und schick-te nur Legaten nach Serdica. Es ging darum, all die Probleme, die das Konzil von Nizäa nicht einmal angesprochen hat, jetzt auszudiskutieren: Wie sind Einheit und Dreiheit in Gott zu fassen? Gibt es nur eine göttliche Hypostase, wie der Westen das lehrte, oder gibt es drei Hypostasen, worauf der Osten bestand. Der Westen sorgte noch für die Verwir-rung, weil es Hypostase, Substanz und ousia im gleichen Sinne benutze. Des weiteren: worin besteht genau die Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist? Elementare Wahr-heiten waren auf beiden  Seiten, aber wie soll man sie in axiomatische  Sätze übersetzen. Drei-Hypostasen-Lehre oder Ein-Hypostasen-Lehre ?

In Aussagen, in denen die eine Seite den Monotheismus zu verteidige suchte, besonders Markell, witterte die andere  sofort die Gefahr des modalistischen Sabellianismus. Um-gekehrt die Drei-Hypostasen-Lehre des Ostens rief bei der  Westseite den  Verdacht des Tritheismus  hervor. Das Konzil uferte in heillose  Streitigkeiten aus mit ins Minutiöse gehende gegenseitige  Verurteilungen. Die Ostbischöfe reisten mitten in den Verhand-lungen  frühzeitig ab, der Westen tagte weiter. Das Konzil war kläglich gescheitert. Aber kluge Köpfe auf beiden Seiten haben gesehen, dass dieser Zustand nicht haltbar ist. In den folgenden Jahren gingen Delegationen von Bischöfen hin und her. Der Osten hat ver-standen, dass der Westen Probleme mit den drei Hypostasen hatte, deswegen versuchte man dies in andere Begriffe zu fassen.  Statt Hypostase hieß es jetzt, Vater, Sohn und Geist sind drei Personen (prosopa). So wollten sie den Anschein vermeiden, dass sie von drei verschiedenen Göttern sprechen. Umgekehrt: um den Verdacht des Sabellianismus auszuräumen, beschlossen die Westbischöfe 345 und 347 in Mailand, einen Schüler von Markell, der noch radikaler war als sein Lehrer, zu verurteilen. Er hiess Photin und war Bischof in Sirmium  (heute Srijemska Mitrovica an der Save). Aber all das half nicht viel. Die Politik  musste wieder handeln.

Kaiser Konstans zwang seinen Bruder Konstantius, den Kaiser der Ostseite des römi-schen Reiches, Athanasius und andere verbannte Bischöfe zur Rückkehr auf ihre Bi-schofssitze aufzufordern. Athanasius bat Konstantius auch um seine volle Rehabilitie-rung, aber der Kaiser lehnte das ab. Trotzdem konnte Athanasius sein  Amt in Alexan-drien vollumfänglich ausüben. Im  Jahre 350 fiel Kaiser Konstans dem Usurpator Mag-nentius zum Opfer. Konstantius wurde, nachdem er nach drei Jahren Krieg den Usurpa-tor besiegt hatte, zum Kaiser des gesamten römischen Reiches ausgerufen. Er sah sich jetzt dazu berufen, wie sein Vater Konstantin, die Einheit der Religion im Reich wieder-herzustellen.

Die Ostbischöfe waren jetzt im Vormarsch. Im Jahre 351 setzte eine Synode in Sirmium in Gegenwart des Kaisers Photin, der hartnäckig bis dahin seinen Bischofssitz verteidigt hatte, endgültig ab. Dabei wurde auch eine Glaubensformel veröffentlicht im Sinne der antiochenischen Synode der Ostbischöfe, aber  mit noch härteren Verurteilungen, nicht nur gegen die arianische Lehre, sondern vor allem gegen Markell und Photin. So wurden ihre These, dass sich das Wesen Gottes „ verbreitere“ und wieder „zusammenziehe“, ebenso die These, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist eine Person (prosopon) sind,  ver-urteilt. (Nebenbei bemerkt: diese letzte These hat auch Karl Rahner vertreten).

Weil Kaiser Konstantius davon überzeugt war, dass Athanasius mit dem Usurpator Magnentius gemeinsame  Sache gemacht hat, zwang er auf zwei Synoden in Arles 353 und Mailand 355 die westlichen Bischöfe, Athanasius wieder zu verurteilen. Wer sich dem widersetzte, wurde verbannt, so z.B. Dionysius von Mailand und Lucifer von Calaris (auf Sardinien). Weil Papst Liberius sich  weigerte, Athanasius zu verurteilen, musste er ins Exil nach Thrakien gehen. Athanasius versteckte sich bei den Mönchen in der  ägyp-tischen Wüste. Ein weiteres Opfer dieser Kirchenpolitik wurde auch Bischof Hilarius von  Poitiers, der auf einer Synode in  Biterrae (Beziers) verurteilt wurde. In seinem Exil im Osten studierte er die östliche Theologie, um sie besser dem Westen zu vermitteln.
Durch diese kaiserliche Politik konnten die Ostbischöfe eine absolute Dominanz erlan-gen. Aber gerade auf dem Höhepunkt ihrer Macht zerfiel ihre Lehre von den drei Hypos-tasen und der Subordination des Logos unter den Vater in verschiedene sich gegenseitig bekämpfende Fraktionen.

Ein Diakon in Antiochien, namens  Aetius entwarf eine, sich auf den menschlichen Ver-stand berufend, rationalistische Theorie, die folgendes wissenschaftlich zu beweisen versuchte: Das Wesen der Dinge, behauptete er, könne genau durch den menschlichen Verstand erkannt und wiedergegeben werden. Soweit ist es  noch nachvollziehbar. Und weiter: Auch das Wesen Gottes könne erkannt und auf den Begriff gebracht werden, und dieser Begriff ist das des Ungezeugtseins (agennesia). Das und nichts anderes mache das Wesen des wahren Gottes aus. Der Sohn ist  nach der kirchlichen Lehre gezeugt, sein Wesen besteht folglich nicht im  Ungezeugtsein, sondern im Gezeugtsein. Daraus  folgt, dass das Wesen des einen und das des anderen nicht gleich sein können. Damit sei „wis-senschaftlich“ bewiesen, dass Vater und Sohn nicht homo-ousios, sondern hetero-ousios, also nicht wesensgleich, sondern wesensverschieden sind. Das Wesen des Sohnes ist somit dem Wesen des  Vaters unähnlich, griechisch anhomoios. Seine Anhänger nannte man deswegen Anhomöer. Der Sohn kann nicht aus dem Wesen des Vaters  gezeugt sein, denn das  Ungezeugtsein lässt sich auf natürliche Weise nicht weitergeben.  Er ist  somit ein  gemachtes Produkt des  Vaters. Das gerade behauptete auch Arius: Christus ist ein Geschöpf. Der Neo-Arianismus wurde dadurch wiederbelebt. Die Neo-Arianer nutzten den Begriff der Zeugung, um die Wesensverschiedenheit des ungezeugten Vaters und des gezeugten Sohnes auf den  Begriff zu bringen. Für die Ostbischöfe war das ein Schock und sie erwachten langsam aus ihrem Traum, Alleinbesitzer der Wahrheit zu sein. Schnell bildete sich ein Widerstand dagegen, dessen Wortführer die Bischöfe Basi-lius von Ankyra, ein Nachfolger des seit 336 abgesetzten Markell, und Georg von Laodi-cea  waren.

Ihre Argumentation war folgende: Die Metapher „Zeugung“ ist dem realen Leben ent-nommen. Ein Mensch zeugt einen Sohn, er hat ihm die gleiche menschliche Natur „ge-schenkt“, d.h. sie sind beide Menschen, haben das gleiche Menschsein, das gleiche We-sen, aber der Sohn hat seine eigene individuelle Substanz, oder modern gesprochen, er ist eine andere Person. Und das kann man metaphorisch auch auf Gott übertragen. So-weit die zwei  Bischöfe.

Die Antwort auf den Neo-Arianismus kann man dann so formulieren: Der Sohn ist dem  Vater dem Wesen nach gleich bzw. ähnlich (homoios kat` ousian). Und hier steckt gerade der Teufel im Detail: Man kann die Beziehung des Sohnes zum  Vater mit dem Adjektiv homoi-ousios, d.h. wesensgleich im Sinne von wesensähnlich auffassen. Die Vertreter dieser Lehre nennt man dann Homöousianer. Diese beiden  Adjektive, das nizäanische homoousios und homoiousios unterscheiden sich also nur in einem  Buchstaben: „ho-mo“ kann „gleich“ im Sinne von identisch heißen, „homoios“ dagegen „gleich“ im Sinne von ähnlich, weil zwei Dinge, die einander gleich sind, deswegen noch  nicht miteinan-der identisch sind. Und genau das ist der springende Punkt: Nach der östlichen Lehre können  Gott Vater und Sohn gerade nicht miteinander identisch sein, denn das wäre modalistisch gedacht. Sie sind zwei eigenständige Hypostasen, haben je ihr eigenes We-sen, eine individuelle Substanz. Deswegen kann man nur sagen. Das Wesen des Sohnes ist infolge seiner Zeugung dem Wesen des Vaters gleich, jedoch im Sinne der homoi-ousios. Mit dieser Bestimmung suchten die Homöousianer die Eigenständigkeit der Hy-postasen von Vater und Sohn mit der Gleichheit ihres jeweiligen Wesens zu verbinden.

Der Kaiser verstand das alles nicht. Er stand  unter dem Einfluss der illyrischen Bischöfe Valens von Mursa (heute Osijek),  Ursacius von Singidinum (heute  Belgrad) und Germi-nius von Sirmium (heute Srijemska Mitrovica) und so organisierte Konstantius 357 eine Synode in Sirmium. Die Rivalen auf dieser Synode waren jetzt die Homöousianer und Neo-Arianer. Dieses Konzil, genau unter die Lupe genommen, liest sich wie eine Anlei-tung zu Überwindung dieser Häresien. Die Frage ist bloß: Überwindung zugunsten wo-von?  Aber zuerst der Reihe nach.

Der Wortführer der Homöousianer war Bischof Basilius von Ankyra. Den Neo-Arianis-mus vertraten die drei Hofbischöfe, das „illyrische Trio“ (Markschies). In der 2. sirmi-schen Formel wird festgehalten, dass es nur einen Gott gibt und dessen einzigen Sohn Jesus Christus, nicht aber zwei Götter. Der  Vater ist größer als der Sohn und zwar an Ehre, Würde und Herrlichkeit. Damit wurde der Subordinationismus stark betont. Von diesen zwei Personen hat nur der Vater keinen Anfang. Aufgrund des Taufbefehls wird hervorgehoben, dass man an die Trinität glauben muss. Darüber hinaus verwerfen sie die Ausdrücke homo-ousios und homoi-ousios, weil sie in der Hl. Schrift nicht vorkom-men und sie sowieso das menschliche Erkenntnisvermögen überschreiten. Fachtermini wie „Wesen“, „drei Hypostasen“, „Logos“ etc. wurden dementsprechend überhaupt nicht erwähnt. Der Kaiser zwang alle zur Unterschrift, auch die Anwesenden aus dem Westen.  Unter ihnen unterschrieb auch Papst Liberius, durch die beiden Jahre des Exils ein ge-brochener und kranker Mann. Der Kaiser freute sich über seine Unterschrift, aber der Papst verlor bei den treuen Nizäanern sein ganzes Ansehen und sine ganze Würde. Die-ser Vorstoß des Kaisers und seiner Hofbischöfe stieß bei einigen westlichen Bischöfen und vor allem bei den Homöousianern,  auf Widerstand.  Aus der Sicht der Letzteren habe  man sich der Gefahr des Neo-Arianismus nicht entschieden entgegengesetzt. Sie schlugen dann ein besseres Konzept vor: Der kirchliche Glaube bekenne doch „Vater“ und „Sohn“ und verwende auch die Metapher „Zeugung“, die doch beweise, dass der Sohn kein Geschöpf sei.  Alles in allem bedeute, dass der Sohn dem Vater dem Wesen nach gleich, d.h. ähnlich, homoi-ousios sei. Damit weist man sowohl den Arianismus zu-rück, der eine Unähnlichkeit im Wesen zwischen Vater und Sohn  behauptet, gleichzeitig aber auch das nizänische homo-ousios, das auf die Wesensidentität (tauto-ousios) von  Vater und Sohn hinausläuft.

So war der Kaiser wieder gezwungen, die rivalisierenden Gruppe der Hofbischöfe und der Homöousianern in Sirmium an einen Tisch zu bringen. Sie mussten jetzt ein gemein-sames Glaubensbekenntnis ausarbeiten. Das ist dann in der 4. sirmischen Formel zu-sammengefasst, in der es heißt, dass der Sohn als Eingeborener, als einziger allein aus dem Vater gezeugt wurde, Gott von Gott, dem Vater gleich, d.h. ähnlich… Und dann  wei-ter: Weil der Begriff des Wesens (ousia) von den Vätern allzu einfältig verwendet wurde und Anstoß erregte und weil es beim Volk unbekannt war und auch in der Schrift nicht erwähnt wird,  soll es ganz getilgt werden und deswegen darf  in Zukunft das Wesen in bezug auf Gott überhaupt nicht gebraucht werden. Des weiteren betont diese Formel, dass der Sohn dem Vater gleich, d.h. ähnlich „in jeder Hinsicht“ ist. Die Homöousianer haben um des Frieden willen darauf verzichtet von einer Gleichheit / Ähnlichkeit im Wesen von Vater und Sohn zu sprechen. Aber dafür legten sie einen großen Wert darauf, dass zwischen Vater und Sohn eine „Übereinstimmung in jeder Hinsicht“ gelehrt wird.

Das hat aber die Neo-Arianer erbost. Sie hätten keine Schwierigkeit mit der  Behaup-tung, dass zwischen Vater und Sohn eine Ähnlichkeit im Wollen und Wirken besteht, aber eine Gleichheit „in jeder Hinsicht“, das wollten sie auf keinen Fall  akzeptieren. Ei-ner der Hofbischöfe hatte sogar bei der Unterzeichnung der Formel die Bemerkung ge-macht, dass er nur allgemein die Gleichheit / Ähnlichkeit des Sohnes mit dem  Vater be-kenne, ohne den Zusatz „in jeder Hinsicht“. Der Kaiser aber ließ das nicht zu…

Kaiser Konstantius erkannte allmählich, dass es unmöglich ist, ein gemeinsames Konzil mit östlichen und westlichen Bischöfen zu organisieren. Diese Einsicht hat er aus dem gescheiterten Konzil in Serdica vor 15 Jahren gewonnen. Deswegen ließ er zwei getrenn-te Synoden für Ost und West einberufen. Die beiden Teilsynoden von 359, die im  italie-nischen  Ariminum (Rimini) und im isaurischen Seleukia  tagten, wollten zuerst nicht auf die 4. sirmische Formel eingehen, aber die Delegation des Kaisers zwang sie auf diese vom Kaiser gewünschte Linie einzuschwenken. Die Vertreter aus Ariminum unterzeich-neten im thrakischen Nike ein Glaubensbekenntnis, das der sirmischen Formel sehr ähn-lich war und darüber hinaus noch die Position, die die westliche Lehre von der einen Hypostase  untersagte. Von der Gleichheit /.Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn wurde nur allgemein gesprochen, ohne den Zusatz „in jeder Hinsicht“. Verurteilt wurde  wei-terhin der Neo-Arianismus. Mit diesem Beschluss reisten sie dann an den Kaiserhof in Konstantinopel, wo sich auch die Vertreter der in der Zwischenzeit  völlig zerstrittenen Synode von Seleukia einfanden. In der Neujahrsnacht 359/360 unterzeichneten alle in Konstantinopel ein Symbolum, das gegenüber der 4. sirmischen Formel und dem Be-kenntnis von Nike nur wenig verändert wurde.

Nun, das war das gemeinsame Bekenntnis  von Neo-Arianern und Homöousianern. Be-zeugt wird dort u.a. , dass der Sohn als Eingeborener, als einziger aus dem  Vater, Gott von Gott, dem Vater gleich / ähnlich, der ihn gezeugt hat… Der Begriff des Wesens (ousi-a) wird, genau wie es in der 4. sirmischen Formel steht, getilgt. Darüber hinaus soll auch der Begriff der Hypostase in bezug auf  Vater, Sohn und Geist nicht mehr genannt wer-den. Es wird nur behauptet, dass der Sohn dem Vater gleich / ähnlich (homoios) ist, wie es die göttlichen Schriften darlegen und lehren. Dieser Text war der Triumph der Kom-promisspolitik des Kaisers und seiner Hofbischöfe. Dadurch, dass keine präzise Feststel-lung der Gleichheit / Ähnlichkeit getroffen zwischen Vater und Sohn getroffen wurde, war der letzte homöousianische Akzent aus dem  Bekenntnis getilgt. Auch der Zusatz „in jeder Hinsicht“ wurde gestrichen. Die umkämpften Begriffe ousia und hypostasis sollen in Zukunft nicht mehr verwendet werden. Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, heißt es jetzt nur, dass der Sohn dem Vater irgendwie gleich bzw. ähnlich (homoios) ist. Diese  Position bezeichnet man dann mit dem  Begriff homöisch und die Theologen, die diesen Kompromiss erzielten, die Homöer. Dieses Symbolum wurde dann auf einer er-neuten Synode in Konstantinopel durch kaiserlichen Erlass in Kraft gesetzt, während gleichzeitig alle früheren Glaubensbekenntnisse für ungültig erklärt wurden.

Das neue Symbolum war ab sofort verbindlich für die  gesamte Reichskirche und es trägt den Namen „homöisches Reichsdogma“. Die Homöousianer  hatten diese Kompromiss-formel auch unterschrieben, aber ab jetzt wurden sie von den siegreichen Homöern, unter verschiedenen Vorwänden von ihren Bischofssitzen entfernt und durch homöei-sche Theologen ersetzt. Kaiser Konstantius war auf dem Höhepunkt seines Triumphs. Was seinem  Vater  Konstantin nicht gelungen war, hat sein Sohn zuwege gebracht – die Einheit der Reichskirche. Aber im Februar 360 revoltierte sein Cousin Julian im fernen Gallien. Im Feldzug gegen den Usurpator starb der Kaiser plötzlich im November 361.

Sein Nachfolger Kaiser Julian (361-363) war christlich erzogen, wandte sich aber vom Christentum ab, und machte sich sogar zur Aufgabe, das Christentum zu vernichten. In der Annahme, Ost- und Westbischöfe werden durch ihre zerstörerischen Streitigkeiten diese Religion  zugrunde richten, erlaubte er allen Bischöfen, die unter  Konstantius ab-gesetzt oder verbannt waren, die Rückkehr auf ihre Bischofssitze. Aber seine Rechnung ging nicht auf. Die führende Persönlichkeit im weiteren Verlauf war Bischof Athanasius. Er sammelte die Alt- und Neunizäner um sich und mit seinen Gegnern ging er mit der größten Sensibilität um. Er wusste, dass die meisten, die den homöischen Kompromiss mitgetragen haben, gewöhnliche Mitläufer waren. Deswegen  hat er ihnen einfach alles verziehen. Nur eines verlangte er: das nizänische Glaubensbekenntnis zu akzeptieren und den Arianismus zu verwerfen. Alles andere sollte vergessen sein.

Ihm schloss sich auch Papst Liberius an, der früher mal Athanasius hat fallen lassen. In Antiochien gab es aber einen starken Widerstand gegen Athanasius, - dort residierte der homöische Bischof Euzois, der frühere Diakon von Arius, - deswegen wandte er sich an solche, die dem nizänischen Glauben näher standen und das waren die Bischöfe Pauli-nus und Meletius.  Der Altnizäner Paulinus, Meletius, der ein Anhänger der östlichen Theologie war, und Athanasius bildeten eine kirchliche Communio, die einen gemeinsa-men Nenner hatte: die Anerkennung des Nizänums, die Verdammung des Arianismus und die Verurteilung der Lehre, dass der Hl. Geist ein Geschöpf und vom Wesen Christi getrennt sei. Athanasius schwächte dabei die extreme  Position des  Altnizäners Markell ab, die östlichen Bischöfe auf der andern Seite konnten sich dem Nizänum deswegen anschließen, weil sie dadurch der Gefahr des Arianismus entkommen konnten.
Von diesen Grundpositionen ausgehend wurden alle anderen Fragen in gegenseitiger Achtung ausdiskutiert. Allerdings wirkte sich der theologische Konsens nicht gleich aus. Dem Bischof aus Sardinien, Lucifer von Calmaris, gelang es, die Bemühungen um Ver-söhnung zunichte zu machen. Die Kirchenspaltung, die theologisch schon überwunden war, hatte in Antiochien vor allem wegen der Rivalitäten um Bischofssitze ihre Domi-nanz.

Athanasius Erfolge bei der Bekehrung der Heiden riefen bei Kaiser Julian Erbitterung hervor, er verbannte Athanasius schon wieder. Das war im Jahre 362 seine vierte Ver-bannung. Aber im nächsten Jahr kam Julian bei einem Feldzug gegen die Perser ums Le-ben. Die Herrschaft übernahm wieder ein Christ, General  Jovian. Anasthasius legte Jovi-an das Symbolum von Nizäa als sein Glaubensbekenntnis vor und wurde dadurch als rechtmäßiger Bischof von Alexandrien anerkannt. Die Anziehungskraft dieses Glau-bensbekenntnisses lag in seiner Einfachheit: es hat nirgends ausdrücklich von einer göttlichen Hypostase gesprochen, aber ebenso wenig von dreien. Gerade weil das nizänische Glaubensbekenntnis die Frage der Hypostasen offen gelassen hat, konnte es als Basis zur Verständigung dienen.

Kaiser Jovian starb im Jahre 364, seine Nachfolge  trat das Bruderpaar Valentinian und Valens an. Während Valentinian im Westen weitgehend Toleranz walten ließ, kehrte Valens im Osten zur Religionspolitik des Kaisers Konstantius zurück. Er setzte im Jahr 365 das „homöische Reichsdogma“ wieder in Kraft. Gleichzeitig bestimmte er, dass alle abgesetzten  Bischöfe, die Kaiser Julian von Alexandrien hatte zurückkehren lassen, mussten erneut in die Verbannung gehen. Aus Furcht vor Unruhen in Ägypten durfte aber Athanasius schon ab 366  sein Bischofsamt in Alexandrien weiter unbehelligt bis zu seinem Tode 373  ausüben.

Die Fraktionen, die dem Nizänum aufgeschlossen gegenüberstanden, gewannen immer mehr die Oberhand. In diesem Zusammenhang sind drei Theologen von Bedeutung, die man „die drei Kappadokier“ nennt: Basilius von Cäsarea, sein jüngerer Bruder Gregor von Nyssa und ihr gemeinsamer Freund Gregor von Nazianz. Ihnen ist vor allem der Durchbruch zu der zukunftsweisenden trinitätstheologischen Lehre zu verdanken. Die wichtigste Arbeit leistete Basilius der Große, der im Jahre 370 Bischof von Cäsarea in Kappadokien wurde. Das Hauptproblem der Trinitätstheologie war immer gewesen, Einheit und Dreiheit in Gott adäquat auszusagen. Ihm ist es gelungen diese Begriffsdiffe-renzierung zu vollziehen.

Bislang hatten sowohl Befürworter, wie Gegner des Nizänums die Begriffe „Hypostase“ (hypostasis) und „Wesen“ (ousia) gleichbedeutend benutzt. Der Westen und die Altnizä-er um Athanasius waren stets von einem göttlichen Wesen und zugleich einer göttlichen Hypostase, d.h. einer eigenständigen Realität ausgegangen, um so den Monotheismus sicherzustellen. Der Osten dagegen sprach von drei göttlichen Hypostasen, also drei ei-genständigen Realitäten und jeder der drei Hypostasen wird ein eigenes Wesen (ousia) als individuelle Substanz zugedacht, wie gleich oder ähnlich man diese individuellen Substanzen auch immer  versteht. Nur so schien die reale Eigenständigkeit, bzw. Wirk-lichkeit von Vater, Sohn und Geist gewährleistet.

Basilius gehörte ursprünglich dem homöousianischen Lager an, deswegen wusste er, dass sich die Begriffe „Wesen“ und „Hypostase“ gegenseitig entsprechen. In der Ausei-nandersetzung mit den radikal-arianischen Anhomöern lernte Basilius jedoch, die bei-den Begriffe auseinanderzuhalten. Zur Erinnerung: Die Anhomöer um Aetius und Eunomius  hatten gelehrt, dass das Wesen (ousia) des Vaters mit dem Begriff des Unge-zeugtseins genau erfasst wäre. Das Wesen des Sohnes dagegen sei nicht Ungezeugtsein, sondern eben  Gezeugtsein und damit dem Wesen des Vaters ganz unähnlich (anho-moios). Basilius dagegen machte ihnen klar, dass sie von falschen Prämissen ausgegan-gen sind, denn einen Begriff, der das Wesen Gottes adäquat beschreiben könnte, gibt es eben nicht. Mit den Prädikaten „ungezeugt“, „unsterblich“, „unvergänglich“, oder auch „gut“, sagen wir nur aus, was Gott ist, aber nicht, was er seinem Wesen nach ist. Wir ha-ben eine Vorstellung vom ihm, aber damit ist nicht gesagt, dass wir sein Wesen erfassen. Das Wesen Gottes ist allen  Kreaturen, auch den Engeln, unzugänglich und unbegreifbar. Erkennbar ist es nur für den Vater, den Sohn und den Hl. Geist.

Die Begriffe „Ungezeugtsein“ und „Gezeugtsein“ beziehen sich, nach Basilius, nicht auf Gottes Wesen, sondern auf den Vater als Vater und den Sohn als Sohn. Im Klartext heißt es, diese Begriffe beziehen sich auf die jeweilige Hypostase, d.h. auf die eigenständige Person des Vaters und des Sohnes. Die Hypostase des Vaters ist also unerzeugt und sie besitzt das göttliche Wesen aus sich selbst. Die Hypostase des Sohnes ist dagegen ge-zeugt und besitzt das göttliche Wesen vom Vater, der es dem Sohn vollumfänglich  mit-geteilt und „geschenkt“ hat. Ungezeugtsein und Gezeugtsein sagen also etwas über die jeweilige Hypostase aus, denen das göttliche Wesen zugrunde liegt.

Damit ist ein wesentliches Problem für das Nizänum gelöst: Es gibt nur ein unfassbares göttliches Wesen, das in den drei  Hypostasen der Gottheit realisiert ist: MIA OUSIA - TREIS HYPOSTASEIS. Der  Vater besitzt das göttliche Wesen ohne Ursache aus sich selbst, der Sohn hingegen durch die Zeugung aus dem Vater, und, so Basilius,  der Geist geht aus dem  Vater hervor. Das Was des göttlichen Wesens, die göttliche Natur, ist bei  Vater, Sohn und Geist dieselbe, die Weise aber, wie diese drei dasselbe göttliche Wesen besitzen, unterscheidet sie. Sonst stimmen sie in jeder anderen Hinsicht überein, in ihrer Macht und Herrlichkeit, Größe, Güte, Herrlichkeit, Unendlichkeit, Grenzenlosigkeit, Un-begreiflichkeit etc. Deswegen gibt es innerhalb der Trinität kein Früher oder Später, kein Mehr oder Weniger, kein Größer oder Kleiner, kein Höher und Geringer. Durch die „Zeugung“ und „Hervorgang“ sind Sohn und Geist ewig mit dem Vater verbunden, so dass ein Getrenntsein unvorstellbar ist. Bei den Kappadokiern gibt es also keine Subor-dination, jede Rangordnung innerhalb der Trinität ist ausgeschlossen. Sie haben zugleich durch diese tiefen Erkenntnisse eine neue Seinsordnung erschlossen. Die  entscheidende ontologische Differenz trennt nicht mehr – wie bei Arius – den wahren Gott-Vater, der allein unverursacht  und ungezeugt ist von allem übrigen Seienden, einschließlich Sohn und Geist, die – wie auch immer – gezeugt, geschaffen, gemacht sind.

Die grundlegende ontologische Differenz liegt jetzt zwischen dem ewigen, unendlichen und unfassbaren göttlichen Wesen, das in den drei göttlichen Hypostasen realisiert ist und allem Geschaffenen, das zeitlich, endlich, vergänglich und begrenzt ist und darum mit dem menschlichen Erkenntnisvermögen erfasst werden kann. Beachtet man diese ontologische Differenz nicht, wird man in die Falle aller möglichen, - wie auch immer gearteten – Häresien gehen. Die Kappadokier haben nicht nur eine theologische, son-dern auch eine philosophische Revolution zuwege gebracht. Aber die kirchenpolitische Lage war nicht optimal für den trinitätstheologischen Durchbruch der  Kappadokier. Im Osten versuchte Kaiser Valens das „homöische Reichsdogma“ durchzusetzen. Deswegen suchten die Bischöfe des Ostens, die das Nizänum als Grundlage der Kirche anerkennen wollten, den Schulterschluss mit dem Westen. Im Jahre 366 wurde eine Delegation nach Rom geschickt, um die Unterstützung des Papstes zu gewinnen. Diese östliche  Delegati-on stimmte schriftlich dem  Konzil von Nizäa zu, bekannte sich auch zu homoousis,  ver-urteilte alle häretischen Richtungen, so auf der einen Seite die Anhomöer, die den radi-kalen Neo-Arianismus vertraten, auf der anderen Seite auch Markell von Ankyra und seinen Schüler Photin, die der Osten immer als modalistische Sabellianer  ansah. Papst Liberius akzeptierte dies alles. Das bedeutete jetzt einen Kurswechsel zwischen Ost und West. Leider, die Delegation der östlichen Bischöfe konnte sich in ihrer Heimat nicht durchsetzen, weil dort unüberschaubare Streitigkeiten ausbrachen.

Der Nachfolger von Liberius war Papst Damasus. Im Jahre 372 schickte er ein römisches Synodalschreiben nach Alexandrien, worin das homöische Reichsdogma verurteilt und das nizänische Symbolum von den östlichen Bischöfen als Grundlage  eingefordert wird.
Außerdem bekannte die römische Synode im Blick auf  Vater, Sohn und Geist eine Gott-heit (deitas), eine Kraft (virtus), eine  Gestalt (figura) und eine Substanz (substantia). Der Osten aber war nicht ganz zufrieden. Sie interpretierten das römische Schreiben als Versuch, auf der Basis des nizänischen Glaubensbekenntnisses die traditionelle westli-che Sicht durchzusetzen. Was bedeutet, bitte schön, eine göttliche Gestalt (una figura)? Bezieht sich una substantia nicht auf eine göttliche Hypostase? Die Bischöfe um Meletius von Antiochien antworteten zwar in pro-nizänischem Sinne, ohne den Hypostasebegriff zu erwähnen, hofften trotzdem auf die Zustimmung des  Westens.

Jetzt war Papst Damasus verärgert. Er bestand auf dem römischen Synodalschreiben und verlangte von den östlichen Bischöfen, dass sie es unterschreiben. Bischof Paulinus, Vorsteher einer kleineren Gemeinde in Antiochien, ging darauf ein und wurde deswegen  vom Papst in die Kirchengemeinschaft aufgenommen. Der Osten war dadurch noch mehr  gespalten, aber die politische Lage zwang ihn, sich Rom wieder anzunähern: Kai-ser  Valens wollte unbedingt das „homöische Dogma“ durchsetzen. Papst Damasus hat jetzt ihr Problem verstanden und korrigierte einige seiner Punkte: Jetzt spricht er in be-zug auf die Trinität von einer Kraft (virtus), einer Majestät (maiestas), einer Gottheit (divinitas) und einer unzertrennbaren Macht (potestas). Von einer Substanz und  Gestalt (figura) ist keine Rede mehr.  Stattdessen benutzt er jetzt das griechische Wort ousia für das Wesen der Trinität und dazu drei ewige Personen (tres personae). In einem weite-ren Schreiben  betont der Papst ausdrücklich, dass er der terminologischen Sensibilität des Ostens Rechnung tragen will. Er spricht nun von der Trinität eines gleichewigen und einzigen Wesens (trinitas coaeternae et unius essentiae). Das Wort essentia hat er hier für den griechischen Terminus ousia eingeführt und das hat sich später im Westen auch  durchgesetzt.

In den Jahren 378 und 382 versammelte Damasus in Rom Synoden, in denen ein be-rühmter Text unter dem Namen Tomus Damasi abgefasst wurde. Hier geht es um das Bekenntnis zur Synode von Nizäa und eine Auflistung zahlreicher Irrtümer in der  Trini-tätslehre, die alle namentlich verurteilt wurden. Des weiteren wurden alle Begriffe, die die Einheit Gottes betonen, noch mal aufgeführt, um damit den Monotheismus klar zum Ausdruck zu bringen, wie es immer das Anliegen des Westens war. Gleichzeitig wird der Sabellianismus verurteilt. Verworfen wird auch die Ansicht, dass der Sohn Gottes eine Ausdehnung des Vaters und ohne Substanz sei und ein Ende haben werde. Diese Klar-stellung richtete sich gegen Markell von Ankyra, mit dem Rom Jahrzehnte davor noch in  Gemeinschaft gestanden  hatte.

Darüber hinaus lehrt Tomus Damasi im Sinne der Theologie des Ostens, dass es drei wahre Personen (tres personae verae) des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes gibt. Das soll ihre wahre Existenz ausdrücken und es deckt sich mit dem östlichen Hyposta-sebegriff. Tomus Damasi hat nun den gleichen Stand  gehabt, den die drei Kappadokier im Osten erreicht haben. Theologisch war alles klar, aber jetzt ist die Politik gefragt. Das politische Klima war aber sehr ungünstig, denn das homöische Reichsdogma war im Osten  fast seit 20 Jahren fest im Rechtssystem des Reiches verankert. Dann plötzlich wendete sich das Blatt. Im Jahre 378 kam der homöische Kaiser Valens im Krieg gegen die Goten ums Leben. Der Herrscher des Westens Gratian -  er war der Sohn des ver-storbenen Valentinian – schickte den spanischen General Theodosius ins Krisengebiet und ernannte ihn nach ersten Erfolgen zum Kaiser des Ostens. Theodosius ließ sich im Herbst 380 taufen und noch vor seiner Taufe erließ er das berühmte Cunctos populos (Codex Theodosianus XVI 1,2). Darin wird bestimmt, dass alle Untertanen des Kaisers der Religion des Apostels Petrus folgen sollen, die er den Römern überliefert habe. Zu diesen Glauben bekennen sich auch der römische  Pontifex Damasus und der alexandri-nische Bischof Petrus, der Nachfolger von Athanasius. Glauben muss man an eine Gott-heit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bei gleicher Majestät und heiliger  Trinität. Wer diesem Gesetz nicht folgt, soll die Schande der Häresie tragen, und wird dann die Strafe  Gottes und des Kaisers über sich ergehen lassen.

Rom und Alexandrien haben das mit Wohlwollen aufgenommen. Der Bischof Meletius von Antiochien, der nach dem Untergang des Valens 378 in seine Bischofsstadt zurück-gekehrt war, hatte schon 379 eine große Synode von mehr als 150 neonizänischen Bi-schöfen um sich versammelt. Diese Synode unterschrieb alle römischen Schreiben, die in den letzten Jahren in den Osten  gelangt waren und allesamt den nizänischen Glauben vertraten. Diese Texte wurden dann nach Rom geschickt. Papst Damasus machte aber einen großen Fehler, da er an dem Altnizäner Paulinus, der nur eine kleine christliche Gemeinde betreute, als rechtmäßigen Bischof von Antiochien festhielt. So kam es wieder zu keiner Einigung mit Rom. Kaiser Theodosius war viel klüger,  er setzte sich über den Papst hinweg und vertraute dem Meletius die  Vorbereitung eines neuen Konzils in Kon-stantinopel an.

Auf diesem Konzil  soll auch die Frage nach dem Heiligen Geist gelöst werden, die bis jetzt so gut wie unberücksichtigt blieb. Für die Ausblendung des Geistes mag die Sprache eine Rolle gespielt haben, da das Äquivalent für „Geist“ im Griechischen Neutrum ist (to pneuma), also eher die  Vorstellung einer Gabe als die eines Subjektes suggeriert. Aber in den Entwürfen des christlichen Gottesbildes war der Geist immer berücksichtigt wor-den, weil er in der biblischen Überlieferung gemeinsam mit Vater und Sohn genannt wird. Irenäus von Lyon hatte Ende des 2. Jahrhunderts in heilsökonomischer Hinsicht von Sohn und Geist bildlich als den „beiden Händen“ Gottes gesprochen. Tertullian hatte Anfang des 3. Jahrhunderts den Heiligen Geist als eigene Person bestimmt und als deus et hominus. Origenes von Alexandrien hatte ihm, wie wir bereits gesehen haben, die ei-gene Hypostase zugeordnet. Das Konzil von Nizäa formulierte es aber nur so: „Wir glau-ben…. Auch an den Heiligen Geist.“

Aber den Anstoß für die pneumatologische Diskussion gaben die Homöousianer, die sich fragten, wenn der  Vater den Sohn „zeugt“, was geschieht dann mit dem Geist? Wenn auch er gezeugt wird, dann hat Gott zwei Söhne. Wenn er hingegen ungezeugt wäre wie der Vater, müsste man zwei Ungezeugte annehmen, dann gäbe es zwei Götter. Wegen dieser Verrücktheiten  bestimmte ein Teil der Homöousianer den Geist als Geschöpf. Sie beriefen sich auf Joh. 1,3 „durch den Logos ist alles geworden.“ Athanasius, der auf der Flucht vor der Verfolgung durch Kaiser Konstantius 356 in der ägyptischen Wüste un-tergetaucht war, widersetzte sich energisch dieser Ansicht. Er argumentierte so: Die heilige Dreiheit wäre keine echte Trias, wenn darin Schöpfer, Vater und Sohn mit einem Geschöpf, nämlich mit dem Geist zusammengefasst wären. Das wäre dann eine göttliche Zweiheit (dyas) auf der einen und Schöpfung auf der anderen Seite. Diejenigen, die den Heiligen Geist mit den auserwählten Engeln gleichsetzen, belehrte er, dass man ver-schiedene biblische Redefiguren nicht auf den Heiligen Geist beziehen kann. Er nannte diese Anhänger „Tropiker“ (von griechisch tropoi). Sein weiteres Argument war heilsge-schichtlich  ausgerichtet: Von der Schöpfung an ist der Geist am göttlichen Plan  beteiligt. Wie kann dann der Geist ein Geschöpf sein? Kann ein Geschöpf die Menschen erlösen? Er zog die Konsequenz: Der Heilige Geist ist dem einen Logos und dem einen Vater we-sensgleich (homoousios). Damit war der nizäanische Begriff der Wesensgleichheit (im Sinne des Wesenseinheit) auch auf den Geist ausgedehnt worden. So argumentierte auch der alexandrinische Theologe Didymus der Blinde.

Der Kappadokier Basilius von Cäsarea äußerte sich in seinem Werk „de spiritu sancto“ etwas zurückhaltender. Er nahm Rücksicht auf die Homöousianer und versuchte sie langsam auf den wahren Weg zu bringen. Dadurch entfremdete er sich geistig von sei-nem Lehrer Eusthatius von Sebaste. Sein Anliegen war vor allem die „Pneumatomachen“ (Gegner des Geistes) von ihrer Position abzubringen. Deswegen ging er nicht auf ho-moousios ein, sondern er  betonte die Gleichrangigkeit innerhalb der Trinität, also keine gestufte Rangordnung, sondern eine Gleichstellung von Vater, Sohn und Hl. Geist. Ihre Gemeinsamkeit ergibt sich auch aus dem gleiche Wirken in der Heilsgeschichte, so bei der Schöpfung, in der Zeit des  Alten Testaments, bei der Sendung Jesu, der Stiftung der Kirche und selbst noch im Gericht. Zu recht wird deswegen im Neuen Testament der Geist ebenso wie  Vater und Sohn „Herr“ genannt. Er ist also „von Natur göttlich“. Die  Pneumatomachen behaupteten nämlich, dass dem Vater die Ehre nur durch den Sohn im Heiligen Geist erwiesen werden  soll. Für Basilius kann von einer wie auch immer gear-teten Unterordnung des Heiligen Geistes  unter Gott Vater und Sohn keine Rede sein. Soviel zu der Diskussion über den Heiligen Geist vor dem Konzil in Konstantinopel 381, das den Vorgaben von Basilius folgte. Dieser verstarb  bereits 378.

Dieses zweite ökumenische Konzil in Konstantinopel 381 war eigentlich eine Synode der neu-nizänisch orientierten  Bischöfe des Ostens. Der Papst war nicht geladen und hatte auch keine Legaten entsandt. Nur der Bischof Acholius von Thessalonike ist als einziger westlicher Vertreter anwesend gewesen, wobei Makedonien erst seit 380 zur westlichen  Reichshälfte zählte. Der Leiter der Synode war Bischof Meletius von Antiochien, den Rom nicht anerkannte. Das Symbolon von Konstantinopel ging nur deswegen nicht ver-loren, weil es 70 Jahre später auf dem Konzil von Chalzedon (451) neben dem Nizänum als verbindlicher Text angesehen wurde. Die Konzilsväter führten zuerst mit Vertretern der „Pneumatomachen“ (früher Makedonianer genannt), die auf Betreiben des Kaisers zu den Beratungen hinzugezogen wurden, um die Einheit der Kirche zu vervollständi-gen. Die Verhandlungen scheiterten zwar, aber die Lehre über den Heiligen Geist wurde hier präzisiert. Der Inhalt des Konzils schloss hier zur Homousie auch den Geist ein, dar-über hinaus die vollkommene Menschheit des Inkarnierten, die Eigenexistenz von drei Hypostasen, d.h. Personen.

Der Text des Symbolums lautet: „ Wir glauben an einen Gott, den Allherrscher, den Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren; und an einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, den Eingeborenen, der aus dem Vater gezeugt wurde vor allen Äonen, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt nicht gemacht,  wesensgleich dem Vater, durch den alles geworden ist; der wegen uns Men-schen und um unseres Heiles willen herabkam aus den Himmeln, Fleisch wurde aus Hei-ligem Geist und Maria, der Jungfrau, und im Menschen weilte, der auch für uns gekreu-zigt wurde unter Pontius Pilatus,  gelitten hat, begraben wurde und auferstanden ist am dritten Tage gemäß der  Schrift, aufgestiegen ist in die Himmel, zur rechten des  Vaters sitzt und wiederum kommt mit Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten, dessen Reich kein Ende haben wird; und an den Heiligen Geist, der Herr ist und Leben spendet, der aus dem  Vater hervorgeht, der mit dem  Vater und dem Sohn mit angebetet und verherrlicht wird, der durch die Propheten gesprochen hat; und an eine heilige ka-tholische und apostolische Kirche; wir bekennen eine Taufe zur Vergebung der Sünden; wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben des kommenden Äons. Amen.“

 
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