54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Mitteilungen der Redaktion
2. Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
3. My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
4. Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
5. Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Der Muezzin auf dem Alten Peter – eine „Vision“
 
Der Muezzin auf dem Alten Peter – eine „Vision“

von
Eberhard Heller

Hinweis für die Leser


Bei Visionen handelt es sich – abgesehen von wirklichen Offenbarungen – meist um den Versuch, von einer aktuellen Situation durch Interpolation auf einen Zustand X in der Zukunft zu verweisen. Wenn in der Gegenwart etwas so ist, kann ich auch voraussagen, daß es sich auch morgen so verhalten könnte. Wichtig bei diesen Prognosen ist, daß man nicht vergißt, daß die Voraussage einer zukünftigen Situation so sein kann, wie angekündigt, aber nicht so sein muß... und ich wollte einfach einmal einen Blick in die „Zukunft“ werfen.

Vorab noch eine Erklärung.

Der Alte Peter ist kein alter Mann, sondern eine der ältesten Kirchen im Zentrum von München, direkt am Marienplatz gelegen, im gotischen Stil 1278 erbaut und dem hl. Pe-trus dediziert. Man kann den Turm besteigen und hat dann in luftiger Höhe einen wunderbaren Rundumblick auf die Stadt, ja sogar die fernen Berge kann man sehen.

Jetzt wird es aber endlich visionär!


Wir schreiben das Jahr 2022. Die Corona-Krise 2020 hatte eines bewirkt: Die Angst vor dem Sterben hat bei den Menschen eine bleibende Unsicherheit hinterlassen. Die Wirtschaft wurde heruntergefahren und schleppt sich seit zwei Jahren so dahin. Doch eines ist geblieben: der Ruf des Muezzins. Um den Muslimen in Deutschland entgegenzukommen, um ihnen einen Gefallen zu tun, hatte man ihnen im Frühjahr vor zwei Jahren erlaubt, den Ruf des Muezzins erschallen zu lassen. Und weil der so etwas Freudiges, so etwas Friedliches ausstrahlte - im Gegensatz zu dem lauten Gescheppere der Kirchenglocken, die immer dann ihr abstoßendes Geplärre erschallen ließen, wenn man sie gerade nicht hören wollte, nämlich nachts um 6 Uhr früh. Dagegen die wundervollen Rufe: welche Rücksichtnahme des Muezzins, den man bald in allen deutschen Städten hören konnte, ja sogar in Berchtesgaden, wo clevere Leute aus Saudi-Arabien unterhalb des Watzmanns – für Nicht-Bayern: ein 2713 Meter hoher Berg - eine Moschee errichtet hatten, von dessen Minarett nun über den Königsee der Muezzin seine Stimme verlauten ließ… und das verbunden mit dem bekannten Echo vom Königssee! Die Leute waren begeistert. Findige Leute in den kath. [eigentlich: reform-kath., aber dieses Attribut will niemand akzeptieren] Ordinariaten kamen schließlich auf die Idee, den Muezzin auch für Nachrichten und Aufrufe im - nun bleiben wir dabei - kath. Bereich einzusetzen. Warum auch nicht? Hatte man doch den gleichen Gottes-Glauben! ... wie die Protestanten, die nun auch bei den Muezzinen mitmachten.

Die Idee wurde prompt vom Hl. Vater Franziskus aufgegriffen und in den Kirchen von Rom umgesetzt: Endlich Rufe vor dem Sturm, pardon: Glockengeläute. Die wenigen kritischen Stimmen, die auf die alten Traditionen pochten, wurden als Spielverderber bald ausfindig gemacht und isoliert. Das war nicht schwierig und ging glatt über die Bühne – sehr zum Ärger der (rechtsradikalen) Islamkritiker.

Anfangs sperrten sich die Muslime, für die Konkurrenz, sprich: kath. Kirche, zu arbeiten. So kam es zu der Praxis, daß kath. Muezzine von den wenigen Minaretts aus den Ruf erschallen ließen, um zu den kath. Festlichkeiten einzuladen. Aber diese Praxis bewährte sich nicht. Da halfen auch nicht die Kurse in der Türkei, auch wenn die Muezzin-Aspiranten bei ihrer Ankunft von Erdogan persönlich begrüßt wurden. Ihnen fehlte einfach die gesangliche Grundeinstellung. Es mußten schon echte, d.h. muslimische Muezzine her, denn die angelernten deutschen Muezzine waren nur zweite Wahl. Das klappte dann auch, als muslimische Muezzine die kath. Aufrufe übernahmen, nachdem Papst Franziskus mit dem Scheich von Abu Dhabi ein entsprechendes Abkommen getroffen hatte. Mit Zustimmung der DITIB Mehmet Akif Moschee von München und dem Placet von Erdogan wurden dann 112 türkische Muezzine importiert. Wie sich zeigte, wurden aber noch weitere benötigt.

In München bot sich der Alte Peter für die Arbeit des Muezzins an. Von der Turmplattform aus hatte er ganz München im Visier: ein idealer Platz für Verkündigungen, die die Welt bewegen sollten. Aber da gab es Anfangsschwierigkeiten. Die Turmplattform war in 56 Meter Höhe - ah, das hatte ich eingangs vergessen zu sagen - und man kam da nur hin über das Be- bzw. Ersteigen von vielen, vielen Treppenstufen. Da mußte nun der Muezzin hoch. Und als er endlich oben schweißgebadet ankam, blieb ihm die Puste weg. Da war außer einem Krächzen nichts zu hören.

 „Ah“, dachte da der clevere Generalvikar, „der Muezzin muß erst einmal ein Bergsteiger-Training absolvieren, damit er gescheit auf den Turm kommt, um von da aus seine Mission erfüllen zu können.“ Denn blamieren wollte man sich ja nicht. Und an Trainingsmöglichkeiten fehlte es in der Umgebung von München auch nicht. Derjenige hatte die Prüfung bestanden, der vom Jochberg herunter seine Stimme erschallen lassen konnte. Der Alpenverein, Sektion München, stellte dann auch ehrenamtlich den Probanden ein entsprechendes Zertifikat aus.

So kam es, daß auf dem Alten Peter nicht nur gut ausgebildete Muezzine tätig waren, sondern es gab auch unter ihnen einige, die die Ausbildung zum Bergführer begannen, als türkische Mitbewohner gleichsam, die sich der Alpenluft verschreiben wollten und die dann vom Gipfel nicht den Andachtsjodler sangen, sondern ihre Gebetsrufe erschallen ließen. Den Leuten gefiel es, denn so konnten sie ihren kulturellen Horizont erweitern.

Ich merke noch an: Diese Art der Ausbildung blieb auf München beschränkt. Anderswo war der Aufstieg auf die Türme nicht so schweißtreibend.

Aber wir sind abgeschweift. Inzwischen ging nämlich das normale Leben weiter. Fünfmal am Tag stand nun der Muezzin auf dem Alten Peter, um die muslimischen Rufe zu tätigen, und dreimal für das Ordinariat, wobei sich die Arbeitseinsätze auch variabel gestalten konnten. Mittlerweile war der Muezzin als Angestellter des Ordinariats auf dem Lohnzettel der Diözese, denn kleinlich wollte man nun auch nicht sein.

Die Menschenmengen, die täglich den Schefflertanz im Rathaus bestaunten, brauchten sich nur umdrehen, um den Rufen des Muezzins zu folgen. Er gehörte inzwischen zu den Münchner Attraktionen. Und so wurde die Installation eines Muezzins auf dem Alten Peter zu einem echten Win-Win-Erfolg für die muslimisch-kath. Allianz. Aber hier endet auch schon die Vision.

Bei solch laut schallenden Ereignissen verhallten die Schreie und Wehklagen der geschundenen und verfolgten Christen ungehört, die weltweit und millionenfach schutzlos ihrem Schicksal in den muslimischen Ländern ausgesetzt sind. Denn für sie ließ niemand seine Stimme erschallen, gerade nicht jene, deren Aufgabe es sein sollte, die Stimme Gottes erschallen zu lassen, sei „es gelegen oder ungelegen“.
 
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