54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Mitteilungen der Redaktion
2. Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
3. My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
4. Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
5. Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Zum Verhältnis von Kirche und Pastoral
 
Zum Verhältnis von Kirche und Pastoral

von
Eberhard Heller


Eines der Probleme, auf die in der gegebenen Situation nicht sachgerecht von den Gläubigen eingegangen wird, ist das Verhältnis von Kirche (als Heilsinstitution) und den Beziehungen der einzelnen Gläubigen zu Gott. Viele, sagen wir: die meisten versuchen, die fehlende kirchliche Autorität, die ihnen Richtschnur für ihr religiöses Leben geben sollte, durch die Dienste irgendwelcher, auch dubioser Kleriker, die keineswegs die wahre Kirche repräsentieren, zu überbrücken oder als zeitweise geistige Stütze zu gebrauchen.

Dieses Verhalten kann man recht gut nachempfinden, wenn man in Anschlag bringt, daß sich für die allermeisten keine Alternative anbietet und auch früher die religiös-theo-logische Erziehung durch Predigt und Katechese, die durch die kirchliche Institution erteilt wurde, die Gläubigen in einer gewissen Unmündigkeit beließ... ein Verhalten, welches von den Econeisten fleißig weiter betrieben wird. (Ich könnte von x Fällen berichten, wie kritische Fragen an deren klerikales Personal abgewürgt oder durch Ausschluß „bestraft“ werden.)

Welche Rolle sollte bzw. soll die Kirche denn gegenüber den Gläubigen wirklich spielen? Christus hat seine Kirche als Heilsinstitution dadurch gegründet, indem er vor seiner Himmelfahrt dem Petrus das Amt der Leitung übertragen hat: „Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche (als Gemeinschaft aller Gläubigen) gründen.“ Und weiter: „ die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen - „non praevalebunt“. (Matth. 16, 18) „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ (Matth. 16, 19)

 „Als sie nun gegessen hatten, sprach Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe! Da sagte er zu ihm: Weide meine Lämmer! Wiederum sprach er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Er spracht zu ihm: Weide meine Schafe! Und das dritte Mal fragt er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, daß er ihn das dritte Mal fragte: liebst du mich? und er sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge; du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sprach zu ihm: Weide meine Schafe!“ (Joh. 21, 15-17)

Um diese Aufträge gegenüber den „Schafen“  - gemeint sind die Gläubigen – zu erfüllen, waren mit diesen Pflichten auch die entsprechenden (priesterlichen) Vollmachten verbunden, die ihm, Petrus, aber auch den anderen Aposteln, vorher verliehen worden waren: das Feiern der hl. Messe (als Sühnopfer), die Vollmacht, Sünden zu vergeben, die Weitergabe der authentischen Lehre und die Aufgabe, die Gläubigen zu Gott zu führen. Das bedeutet, daß Christus seine Kirche als Heilsinstitution gegründet hat, also als eine fortdauernde Einrichtung, in der die christliche Heilsbotschaft verkündet und die (sakramentalen) Mittel, um dieses Heil zu erreichen, ausgeteilt werden. Ich habe darauf  schon mehrfach hingewiesen. Die Gründung als Heilsinstitution bedeutet, daß da eine Einrichtung – als Kontinuum durch die Zeit – entstanden ist, die für das Seelenheil der Gläubigen zuständig ist, die die Gnadenmittel, die Christus eingesetzt hat, d.s. die sieben Sakramente, verwaltet und an die Gläubigen weitergibt, wobei auf einen würdevollen Empfang zu achten ist. Diese Vollmachten hat aber Christus nur den Dienern seiner Kirche verliehen, weswegen auch nur die berechtigt sind, sie zu vollziehen. Ich betone diesen Sachverhalt ausdrücklich, um klar zu machen, daß Kleriker, die nicht zur wahren Kirche gehören bzw. dabei sind, sich diese Zugehörigkeit erst zuzuschreiben, keine Berechtigung für die Verwaltung und Austeilung der Sakramente besitzen, seien sie auch fraglos gültig geweiht. (Hier liegt auch der Grund, warum ich die Spendung der Sakramente durch die Econer oder ähnliche Gruppierungen für unerlaubt erkläre, weil sie diese abgefallene Hierarchie als legitime Vertretung der Kirche betrachten, wodurch sie sich selbst - trotz aller konservativen Attitüden – ins kirchliche „Aus“ gestellt haben.

In dieser geschilderten Hinsicht – die Kirche als Heilsinstitution – ist sie selbst nie Endzweck für die Gläubigen, sondern nur Mittlerin, den Gläubigen dabei zu helfen, ein persönliches Verhältnis zu Gott aufzubauen.  Denn Gott ist Mensch geworden, um den Menschen seine (göttliche) Liebe zu bringen, sie ihnen anzubieten, damit sie diese Liebe erwidern sollen. D.h. das unmittelbare Verhältnis zu Gott ist das von Gott intendierte Band zu und mit den Menschen.

An dieser Endzweckbestimmung ist auch festzuhalten, wenn man die Kirche als mit göttlicher Autorität ausgestattet sieht: sie bleibt Heilsvermittlerin, auch wenn Petrus als „Stellvertreter Gottes hier auf Erden“ eingesetzt wurde. Also auch wenn sich die Kirche als Autorität zeigen muß, heißt das nicht, daß sie sich nicht beschränken kann auf die Rolle als Mittlerin. Man hat das früher als „zu Gott hinführen“ genannt. Der Priester am Altar, der sich zu Gott im Tabernakel hinwendet versus Deum, und nicht versus populum (wie bei den Modernisten), gibt ein schönes Bild für diesen Sachverhalt der Vermittlung ab. Denn der ganze Sinn der Religion besteht darin, daß der Mensch in ein lebendiges Verhältnis zu Gott eintritt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzem Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen deinem ganzen Denken und aus deiner ganzen Kraft.“ (Mk. 12,30) Und aus dieser Liebe zu Gott resultiert dann auch die Liebe zum Nächsten: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Mk. 12, 31; vgl. auch Lk. 10, 25 ff.)

Donoso Cortes hat einmal gesagt: „Wenn man den Sozialismus bekämpfen will, dann muß man zu jener Religion Zuflucht nehmen, die die Reichen die Mildtätigkeit und die Armen die Geduld lehrt; die die Armen lehrt, sich zu begnügen, und die Reichen, barmherzig zu sein.“ („Der Abfall vom Abendland“ Wien 1948, S. 63)

Angesichts der dünnen Personaldecke im konservativen Lager und der latent sektiererischen Mentalität traditionalistischer Kleriker, die kein oder kaum Interesse zeigen, auf kirchlicher Ebene zusammenzuarbeiten, ist es verständlich, weswegen die in unseren Reihen ausgearbeiteten gründlichen, theologischen Positionen und klaren Programme auf praktischem Gebiet nicht zu einem Aufbau bzw. Ausbau der Gemeinden und einem größeren Zusammenschluß führten. (Zum anderen ist gerade der desolate Zustand im Bereich der praktischen Seelsorge schuld daran, daß viele Gläubige resigniert haben und in die innere Immigration gegangen sind.)

Der einzige Bischof, der trotz all dieser Querelen noch für das Gesamtwohl der Kirche Sorge trug und dafür arbeitete - trotz ständiger Bedrohung seines Lebens! - und überall konsequent unsere Position vertrat, war Mgr. Carmona, der leider schon Ende 1991 – vor über einem viertel Jahrhundert! - bei einem Autounfall ums Leben kam. Jemanden, der ihn hätte ersetzen können, sehe ich nicht.

Da sich die Kirche als Mittlerin zu Gott verabschiedet hat (durch Abfall) und die konservativen Kleriker durch Abstinenz im Handeln glänzen, sind wir der großen Gnadenvermittlerin Kirche beraubt. Aber das bedeutet, daß wir uns nun unmittelbar an Gott selbst wenden müssen und Ihn um all das bitten, was für unser Seelenheil notwendig ist. Er wird uns nicht verlassen. „Seht, ich bin bei euch, alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (Mt 28,20)

 
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