"Erstanden ist der Herr vom Grab,
der an dem Kreuzesholz für uns gehangen"
(aus dem Alleluja vom Osterdienstag)
von
Rev. Fr. Courtney E. Krier
übersetzt von Christian Jerrentrup
Am Osterdienstag lautet die Lesung aus der Apostelgeschichte, in der
der hl. Paulus sich an die Juden wendet, wie folgt: "Nachdem sie alles
erfüllt hatten, was von ihnen geschrieben war, nahmen sie ihn vom Holze
und legten ihn ins Grab." (13, 29). Mit der Auferstehung kann das Kreuz
jetzt in die Ecke gestellt und vergessen werden, möchte man meinen.
Lebt denn Christus nicht in der himmlischen Herrlichkeit? Hat die
Erlösung nicht stattgefunden? Richtig ist das Gegenteil. Das Kreuz ist
jetzt erhöht. Das Bild eines gekreuzigten Gottes wird uns als einzige
Hoffnung vor Augen gestellt (O Crux, ave, Spes unica).
Fragen wir uns doch zuerst, warum die Apostel, die christliche
Spiritualität und die Liturgie darauf großen Wert legen und uns
beständig an diese Wirklichkeit erinnern. Einige Gründe:
Zunächst ist das Kreuz das Mittel, mit dem Christus uns erlöst hat, an
dem Er "gehorsam wurde bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz" (Philipp.
2, 8). Am Kreuz verlieh Jesus Christus seinen vollkommenen Gehorsam
gegenüber seinem himmlischen Vater sichtbaren Ausdruck. Als Er sagte:
"Es ist vollbracht" (Joh 19, 31) und dann einen lauten Schrei ausstieß:
"Vater, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist" (Luk 23, 46), zeigte
Er Seine innere Einstellung des Gehorsams und der Liebe. Als Er Sein
Haupt neigte und starb, vollendete Er das stellvertretende Opfer seines
Leibes und Blutes für die Sünden aller Menschen insofern, als sie
bereit waren und sein würden, Genugtuung zu leisten oder Gott Vater
gemeinsam mit ihm die Ehre zu erweisen. Sein stellvertretender Opfertod
gab Gott die größtmögliche Ehre, denn es war die Tat einer Göttlichen
Person, die aus freiem menschlichen Willen das opferte, was Ihr
gehörte, vor allem Ihren eigenen Leib und Ihr eigenes Blut.
Zum zweiten ist das Kreuz der angemessene Ausdruck dieser Wahl zwischen
Gottes Willen und unserem Willen. Als Simeon voraussagte, daß Christus
ein "Zeichen" sein werde, "dem widersprochen werden wird" (Luk 2, 34),
war darin das Kreuz angedeutet. Wie das? Wir wollen auf das Kreuz
blicken. Es besteht aus einer Vertikalen und einer Horizontalen, so daß
die eine die andere kreuzt. Das Kreuz besteht aus einer Linie, die
einer anderen entgegengesetzt ist. Das Kreuz des Schmerzes, des
Leidens, der Verleugnung, der Abtötung, des Opfers und des Todes
widerspricht dem des Glücks, der Freude, des Lebens, für das wir
geschaffen sind. Das Kreuz bringt also nicht den ewigen Tod, sondern
"ewiges Leben". Das Kreuz bringt Seligkeit.
Drittens ist durch das Kreuz aufs genaueste das Leben der "Söhne
Gottes" (Joh 1, 12) dargestellt, die dem Sohn Gottes in vollständiger
Unterwerfung unter den Willen des Vaters nachfolgen: "Durch das Gesetz
bin ich ja dem Gesetze abgestorben, damit ich Gott lebe; ich bin mit
Christus an das Kreuz geheftet; ich lebe, doch nicht mehr ich, sondern
Christus lebt in mir. Sofern ich aber jetzt im Fleische lebe, lebe ich
im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für
mich dahingegeben hat." (Gal 2, 19-20).
Um es schließlich mit den Worten von Francisco Jose Gonzales SJ zu
sagen: "Das Gute hat das Böse überwunden, Sünde, Schmerz und Tod, die
unerträglichsten Bürden der Menschheit, wurden durch das Kreuz
überwunden. Regnavit a Ligno Deus! (Gott herrschte vom Holz [des
Kreuzes]). Der Gottmensch, der für unsere Sünden stirbt, hat uns durch
seinen Tod und seine Auferstehung wiederbelebt und uns zur Rechten des
Vaters emporgehoben. Und so wie die Wunden auf Seinem verherrlichten
Leibe, so verbleiben Leiden und Tod bei der Kirche, Seinem mystischen
Leib. In Seiner Zerstörung des menschlichen Leids, besonders in dem,
was traurig und widerwärtig scheint, so z.B. Buße, Verleugnung und
Martyrertum, bleibt die christliche Lehre positiv und optimistisch. Sie
leugnet weder Übel noch Schmerz, weil sie die Kraft besitzt, diese ins
Gute zu verwandeln. Die Bedeutung des Leidens ist gewaltig, auch wenn
es vorübergehend und wesentlich akzidentell ist ... Die Menschheit
findet im Kreuz des Gekreuzigten sowohl das Zeichen als auch die
Möglichkeit der Glückseligkeit, von denen die Gelehrten der Antike
nicht geträumt hatten." (He reigns from the Cross, S. 21).
Christus hat uns das Kreuz angeboten: "Wer mir nachfolgen will, der
verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach."
(Mt 26, 24; Mk 8, 34; Luk 9, 23). Es steht nicht zur freien Wahl: "Als
sie aber hinausgingen, fanden sie einen Mann von Cyrene mit Namen
Simon. Diesen nötigten sie, Sein Kreuz zu tragen." (Mt 27, 32, vgl. Mk
15, 21; Luk. 23, 26). Es ist das Kreuz, das Christus nach Kalvaria
trug: "Und sich selbst das Kreuz tragend, ging er hinaus zu dem Ort,
den man Schädelstätte nennt, hebräisch aber Golgotha" (Joh 19, 17). Am
Fuße des Kreuzes finden wir die Allerseligste Jungfrau Maria: "Es
standen aber bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und die Schwester seiner
Mutter, Maria, die Frau des Kleophas, und Maria Magdalena" (Joh. 19,
25).
Es ist das Kreuz, dessen sich der hl. Paulus rühmt: "Von mir aber sei
es ferne mich zu rühmen außer im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus,
durch welche mir die Welt gekreuzigt ist, und ich der Welt." (Gal 6,
14). Es ist das Kreuz, das die frühe Christenheit und Katholiken seit
jeher getragen haben, dem sie nachgefolgt sind oder das sie als
Erkennungszeichen eingravierten. Es ist das Kreuz, in dem Kaiser
Konstantin das Mittel des Sieges sah: In hoc signo vinces
In diesem Zeichen wirst Du siegen. Es war das Kreuz, das die hl. Helena
die letzten Jahre ihres Lebens suchte. Es ist das Kreuz, dem die
mittelalterlichen Dichter ihre Hymnen singen und die immer noch Teil
der Liturgie sind: das Vexilla Regis (Vesper während der Passionszeit),
das Adoramus Te (Prozession am Karfreitag), das Crux fidelis (Liturgie
am Karfreitag), dessen Melodie trotz der Trauer des Tages lieblich ist;
das Pangue lingua faßt das besagte Geheimnis mit den Worten zusammen:
"Preise Zunge das Geheimnis, Dieses Leibs voll Herrlichkeit, Und des
unschätzbaren Blutes, Das, zum Heil der Welt geweiht, Jesus Christus
hat vergossen, Herr der Völker aller Zeit."
Im Zeichen des Kreuzes beginnt und endet die Heilige Mutter Kirche ihre
Gebete, und sie lädt uns ein, dasselbe zu tun. Im Zeichen des Kreuzes
sind wir getauft und gesalbt. Im Zeichen des Kreuzes werden wir von
Gott durch den Priester gesegnet. Nicht weniger als 51 Mal schlägt der
Priester während der hl. Messe das Kreuz. Vor einem Bildnis des
Gekreuzigten wird die hl. Messe dargebracht, auf einem Altar, in den
fünf Kreuze eingemeißelt sind.
Schlußendlich werden wir mit dem Zeichen des Kreuzes von unseren Sünden
losgesprochen, mit dem Zeichen des Kreuzes beerdigt. Und wir sind so
mutig zu sagen: mit diesem Zeichen werden wir auch auferstehen.
Wenn wir uns am Fest der Auferstehung über Christi Sieg freuen, dann
wollen wir nicht vergessen, daß der Sieg Christi durch das Kreuz
hindurch errungen wurde und deshalb unser Sieg auch nur durch das
Kreuz, das wir tragen, erreicht wird. Das Kreuz wegzuwerfen hieße, das
Mittel zum Heile zu verlieren. Die Messe wird vor einem Kruzifix
gefeiert, weil die Messe die Erneuerung des Opfers Christi ist und
unser Verlangen an diesem Akt der Erlösung teilzuhaben. Den
gekreuzigten und leidenden Christus vom Kreuz wegzunehmen hieße, das
Geheimnis der Erlösung völlig falsch zu verstehen. Wir können die
Auferstehung nur verstehen, wenn wir an der Kreuzigung teilnehmen. "Ich
bin mit Christus an das Kreuz geheftet. Ich lebe, aber doch nicht mehr
ich: sondern Christus lebt mit mir." (Gal 2, 19-20).
Allen treuen Katholiken werde ich in der hl. Messe am Ostersonntag
gedenken, besonders derer, die diesem großen Fest der Auferstehung
unseres Herrn nicht beiwohnen können.
Mit Gottes Segen für die Osterzeit
verbleibe ich im Dienste Christi
Father Courtney Edward Krier
* * *
Inniges Gebet zu Jesus Christus
Seele Christi, heilige mich.Verbirg in Deine Wunden mich.
Leib Christi, rette mich.
Von Dir laß nimmer scheiden mich.
Blut Christi, tränke mich.
Vor dem bösen Feinde beschirme mich.
Wasser der Seite Christi, wasche mich.
In meiner Todesstunde rufe mich
Leiden Christi, stärke mich
und heiße zu Dir kommen mich,
O gütiger Jesus, erhöre mich
mit Deinen Heiligen zu loben Dich
in Deinem Reiche ewiglich.
Amen
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