IN MEMORIAM GEROLD MOSER
von
Eberhard Heller
Es gibt Ereignisse, die, weil unvorhersehbar, uns vehement daran
erinnern, wie sehr unser Schicksal in Gottes Hand ruht, wie unverfügbar
es für uns selbst ist und bleibt. Und sie zeigen uns, daß wir nur
trachten können, die uns geschenkte Zeit hier auf Erden dazu zu nutzen,
unser Tun in jedem Augenblick auf Gott auszurichten.
Zu solchen Ereignissen gehört für mich der unerwartete Tod unseres
langjährigen Bekannten und zeitweiligen Mitarbeiters Herrn Gerold Moser
am 2. Mai letzten Jahres. Noch voll Tatendrang und weitergehenden
Planungen in den U.S.A. wurde er um Weihnachten 1995 lebensbedrohend
krank. Nach einer sich anschließenden Operation, die eigentlich seinen
Gesundheitszustand stabilisieren sollte, traten unerwartete
Komplikationen auf, die schließlich zu dem dann absehbaren Tod führten.
Seine Familie und seine Verwandten wußten um sein nahes Ende. Jedoch
konnte er vorher noch von H.H. Kaplan Rissling versehen werden, der für
ihn auch das Requiem zelebrierte.
Herr Moser war am 25.12.1943 in Schramberg/Schwarzwald geboren worden.
Nach dem Besuch des dortigen Gymnasiums studierte er in München
Volkswirtschaftslehre und Soziologie. 1970 erlangte er sein Diplom mit
einer Arbeit über die Gewerkschaften in Venezuela, wozu er dort sehr
umfangreiches Material recherchierte. Venezuela sollte auch das Land
werden, in dem er ein weit gefächertes Arbeitsfeld fand: Ende 1971
siedelte er in die venezulanische Hauptstadt Caracas um, wo er in den
verschiedensten Stellungen sein Wissen als Berater und Organisator
politisch interessierten, konservativen Kreisen und Parteien
vermittelte. Seit 1984 war er Repräsentant der angesehenen
Hanns-Seidel-Stiftung für Venezuela und die Karibik.
Herr Moser war ein überzeugter Katholik, der sich recht bald mit den
Reformen kritisch auseinander setzte... und sie ablehnte. Wir lernten
ihn Mitte der 70iger Jahre bei den Gottesdiensten in den gerade
errichteten Zentren kennen, wenn er zu Besuch nach Deutschland kam oder
in seiner Heimat Wehrdienstübungen absolvierte. (1986 erhielt er
schließlich den Rang eines Oberstleutnant d.R.) Nach dem Besuch der
Messe saßen wir gelegentlich noch beisammen, um kirchliche Probleme zu
diskutieren, oder er erzählte recht locker und recht entspannt von
seinen Unternehmungen in Süd- und Mittelamerika, d.h. in Ländern, in
denen teilweise blutige Revolutionen im Gang waren, und manchmal
klangen dann seine Geschichten gar nicht so lustig.
Als es uns und dem Convent Pius VI. darum ging, feste und
vertrauensvolle Kontakte zu den mexikanischen Bischöfen, besonders zu
Mgr. Carmona, aber auch zu den dortigen Repräsentanten des katholischen
Widerstandes aufzubauen, waren es Herr Gerold Moser und sein Bruder,
die die Kontakte persönlich knüpften und die Resultate ihrer Gespräche
an uns weiterleiteten. Von Herrn Moser stammen auch die unbefangensten,
lebendigsten Schilderungen vom Leben des Bischofs in Acapulco, Bilder,
die mit viel heiterem Sinn gezeichnet waren und die recht genau die
Umstände und Verhältnisse dokumentierten, unter denen Mgr. Carmona
lebte und seine Seelsorge betrieb. Berichte von Begebenheiten aus der
Umgebung des Bischofs, die für deutsche Ohren recht schrill klangen,
konnte Herr Moser aufgrund seiner genauen Kenntnis der dortigen
Mentalität so interpretieren, daß man auch als normaler Mitteleuropäer
gewissen Verhaltensweisen gegenüber ein begrenztes Verständnis
aufbringen konnte. Gerade zu Bischof Carmona entwickelte sich dann auch
ein persönliches, ver-trauensvolles Verhältnis. Gelegentlich betätigte
sich Herr Moser für uns als Übersetzer.
Im Jahre 1990 ging Herrn Mosers Tochter, Maria Teresa, bei Bischof
Carmona zur Erstkommunion, denn in Venezuela selbst herrschte tiefe
Diaspora. Dem Ehepaar Moser erging es wie vielen anderen Eltern: sie
waren in der religiösen Erziehung ihrer Kinder meist auf sich gestellt.
Wie so ein Diaspora-Sonntag in Caracas aussah, schilderte Herr Moser in
einem Brief an mich so: "In dem Begleit-schreiben an mich fragt Mgr.
Carmona, ob es in Venezuela keine rechtgläubigen Priester mehr gebe.
Aber da ist leider Fehlanzeige, sonst wären wir letztes Jahr mit Maria
Teresa ja nicht nach Acapulco geflogen. (...) Kilian [der Sohn des
Ehepaars Moser] stöhnt gelegentlich sonntags [beim Beten der Messe]:
'nicht schon wieder das lange Gebet', aber dann steht er brav unsere
'Hausmesse' durch und betet viele Meßgebete aus dem Ordo auswendig mit
(...). Trotz der Mühe, die wir uns geben, ist es halt kein Ersatz für
eine Sonntagsmesse; wie sollte es auch. Wir Eltern leben in der
Erinnerung und zehren davon, aber für unsere Kinder wird es schwierig
werden und ist es schon so, da die Bekannten bei der Sonntagsgestaltung
Beten i.d.R. nicht eingeplant haben."
Beten wir für das Seelenheil des Verstorbenen, bitten wir aber auch,
daß Gott die Familie Moser, die nun ohne Ehemann, ohne die Fürsorge
eines Vaters dasteht, unter Seinen besonderen Schutz nimmt. |