DER HL. DON BOSCO
Seelsorger und Erzieher der Arbeiterjugend
von
Eugen Golla
Er ist nicht der erste Heilige, der sich der gefährdeten Jugend annahm,
widmete doch schon Philipp Neri im sechzehnten Jahrhundert ihr einen
großen Teil seiner Wirksamkeit als der „II santo Roms“. Als Giovanni
Bosco geboren wurde, sammelte bereits Clemens Maria Hofbauer die Jugend
Wiens um sich - sowohl Arbeiterkinder als auch die Studenten -, um sie
vor den Gefahren der Großstadt zu schützen. Aber um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts, als durch das Elend der Ausbeutung und
Entwurzelung Klassenkampf und Religionsfeindschaft in Italien,
besonders in den Industriegebieten des Nordens, immer mehr
zunahmen, setzte das sozialpädagogische und fürsorgerische Wirken Don
Boscos ein. Er hatte intuitiv erfaßt, daß eine Lösung der sozialen
Frage nur durch eine neue Methode der Erziehung im christlichen Geiste
erfolgen könne. Diese verlangte allerdings die Errichtung
wohlorganisierter Heime und Schulen.
Becchi in Piemont, der Region am Oberlauf des Po, ist Boscos
Geburtsort, ein in einer fruchtbaren Hügellandschaft aus einigen
Bauernhöfen bestehender Weiler, etwa 40 Kilometer von der
Landeshauptstadt Turin entfernt. Sein Vater, Francesco Bosco zählte zu
den ärmsten Bewohnern, mußte er doch Land dazupachten, um den
Lebensunterhalt seiner Familie bestreiten zu können. Er hatte drei
Söhne: Antonio, Giuseppe und Giovanni, letzterer wurde am 16. August
1815 geboren.
Seine zweite Frau - Margherita Occhiena - war eine umsichtige Hausfrau
und eine tieffromme Mutter, die ihre Religiösität auch den Kindern
vermittelte. Ihr war es beschieden, Giovanni nicht nur zu erziehen,
sondern später als Helferin an dessen Lebenswerk mitwirken zu können.
Noch vor Giovannis zweitem Geburtstag starb sein Vater, so daß auf
seiner Mutter allein die schwere Aufgabe der Erziehung ihrer Kinder
lastete. Frühzeitig verlangte die junge Witwe die Verrichtung kleiner
Arbeiten von ihnen. So mußte ihr Jüngster schon mit vier Jahren
Hanfseile ausfasern, ehe er spielen durfte. So leicht zu erziehen wie
sein sanfter Bruder Giuseppe war er nicht. Giovanni war nicht nur
temperamentvoll, sondern auch trotzig und aggressiv, wenn ihm etwas
gegen den Strich ging. Auch blieb es ihm nicht erspart, sich schon im
Kindesalter immer wieder mit seinem um zwölf Jahre älteren Stiefbruder
Antonio auseinandersetzen zu müssen, der nicht nur geistig beschränkt,
sondern auch brutal sein konnte. Er ging davon aus, daß ihm als dem
Ältesten nach seines Vaters Tode Autorität über die Familie und ihren
Besitz zuständen.
Mama Margherita war zwar wie die Mutter Pius‘ X. Analphabetin, was sie
aber nicht hinderte, ihren Kindern Katechismusunterricht zu erteilen,
weil sie ihn auswendig wußte. Obwohl damals der Schulbesuch noch nicht
gesetzlich vorgeschrieben war, mußte der lernbegierige Giovanni ab
Allerheiligen 1824 die Pfarrschule im fünf Kilometer entfernten
Castelnuovo besuchen.
Wahrscheinlich hatte er in diesem Jahr auch den ersten seiner
prophetischen Träume. Wie alle folgenden war auch dieser logisch
aufgebaut: er sah sich auf einem Spielplatz bei einer Horde Kinder, die
zu fluchen und zu streiten begannen. Als er sie mit den Fäusten zur
Vernunft bringen wollte, erschien ein Mann in einem strahlenden Lichte,
der ihn ermahnte, mit Sanftmut und Güte die Jungen zu leiten. Als ihn
Giovanni mißtrauisch fragte, wieso er ihm einen solchen Befehl erteilen
könne, erwiderte die Erscheinung: „Ich bin der Sohn jener Frau, die du
nach deiner Mutter Geheiß täglich dreimal grüßen sollst.“ Als der Bub
um den Namen des Fremden bat, erhielt er zur Antwort: „Den erfrage von
meiner Mutter.“ Da zeigte sich in hellem Glanze eine mit einem
sternenbedeckten Mantel bekleidete Frau. Sobald sie den Verwirrten bei
der Hand genommen hatte, tummelten sich vor ihm statt der wilden Rangen
allerlei wilde Tiere, wobei die Dame sprach: „Tritt mutig unter sie.
Was den Tieren geschieht, wirst du später bei meinen Söhnen erleben.
Werde demütig, tapfer und stark!“ Und da verwandelten sich plötzlich
diese gefährlichen Tiere in sanfte Lämmer. Nach dieser nächtlichen
Vision fand in Giovanni eine seelische Verwandlung statt. Nicht nur,
daß er sich bemühte, seinen Zorn zu zügeln, er war nun sogar imstande,
Schläge seiner Spielkameraden geduldig zu ertragen, hatte sich doch
seiner das Gefühl bemächtigt, er werde einst als Priester Gott dienen
dürfen.
Ehe er das elfte Lebensjahr erreicht hatte, meldete ihn seine Mutter
zur Erstkommunion an. Da dies damals als sehr frühzeitig galt, mußte
sie den Pfarrer wiederholt bitten, ehe der Wunsch in Erfüllung ging und
Giovanni zu Ostern 1826 zum ersten Male den Leibe des Herrn empfangen
durfte.
Nicht mehr lange sollte aber dieses Leben zu Hause als Küchenhilfe,
Stallknecht und Wasserholer weitergehen. Ein alter Priester aus
Murialdo, Don Calosso, wurde auf ihn aufmerksam, weil Giovanni die
Predigten vorzüglich wiedergeben konnte. Sein Wunsch, Priester zu
werden, veranlaßte Don Calosso, ihn zu unterrichten, um ihn auf den
Besuch des Gymnasiums vorzubereiten. Allerdings vergällte ihm sein
Stiefbruder diese glückliche Zeit, indem er ihm immer wieder vorwarf,
die Familie habe keine Lust, Studienkosten zu bezahlen, er solle graben
und hacken wie die anderen Bewohner Becchis auch. Schließlich hielt
seine Mutter es für das beste, wenn er außer Haus gehe. In der Meierei
Moglia verdiente sich Giovanni nun in den Jahren 1828 und 1829 seinen
Lebensunterhalt: sei es im Stall oder auf der Weide oder im Weinberg,
er arbeitete wie ein Erwachsener. Die Gutsleute waren erstaunt über
seine Frömmigkeit. Die folgenden zwei Jahre absolvierte er den
Lateinkurs an der öffentlichen Schule von Castelnuovo. Unterkunft in
einer Dachkammer gewährte ihm ein Schneider, das nötige Geld verdiente
er als dessen Gehilfe, später arbeitete er bei einem Schmied. Die so
erworbenen handwerklichen Fertigkeiten waren für das weitere Leben Don
Boscos von großer Bedeutung, forderte doch sein späteres Werk einen
Mann, der mit praktischer Arbeit vertraut sein mußte.
Von 1831 bis 1834 besuchte Giovanni das Gymnasium zu Chieri bei Turin.
Hier gründete er seine erste Gemeinschaft, den „Bund der Fröhlichen“.
Der erste Satz der von ihm verfaßten Statuten lautete: „Jedes Mitglied
hat alle Gespräche und Handlungen zu meiden, die sich für einen guten
Christen nicht geziemen.“ Der Zweck dieser „Societa“ waren gemeinsame
Gebete, Lesungen, aber ebenso Spiele und Spaziergänge, auf denen meist
auch Kirchen besucht wurden.
Eiserner Fleiß, eifrige Aufmerksamkeit und ein erstaunliches Gedächtnis
bewirkten im Sommer 1835 eine glänzende Abschlußprüfung des Gymnasiums.
Im Oktober desselben Jahres unterzog er sich der Aufnahmeprüfung des
Seminars von Chieri, die ihn berechtigte, nunmehr die priesterliche
Kleidung - den italienischen Talar sowie den „Römerhut“ zu tragen und
sich „Don“ zu nennen, was etwa unserem „Hochwürden“ entspricht.
Giovanni - nun Don Bosco - arbeitete in den sechs Jahren seines
Theologiestudiums hart und mit äußerster Konzentration. Gerne half er
auch in der Seminarverwaltung aus, gerade da, wo man ihn brauchte, sei
es nun bei Aufräumarbeiten, Kleiderausbessern oder in der
Krankenpflege. Nach der Tonsur und der Erteilung der niederen Weihen
wurde er, wie damals üblich, bereits mit Seelsorgeaufgaben betraut,
insbesondere mußte er schon predigen.
Persönlichen Kontakt zum Rektor gab es allerdings in diesem Seminar
nicht, es herrschte ein Umgangston, der sich diametral von der später
von Don Bosco entwickelten Pädagogik unterschied. Dennoch fühlte er
sich nicht einsam oder unglücklich, denn er besaß seit Jahren einen
bewährten Freund, der ihm in allen schwierigen Situationen als Berater
und Helfer zur Seite stand: den um vier Jahre älteren, 1947
heiliggesprochenen Don Josef Cafasso. Nicht nur, daß dieser ihm
finanzielle Unterstützung verschaffen konnte, er nahm ihn auch als
Begleiter bei seinen Besuchen der Armenviertel und der Gefängnisse mit,
um ihn mit den sozialen Problemen der Städte bekanntzumachen. Die
industrielle Revolution der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts breitete
sich, wenn auch nicht so stark wie in England, auch im nördlichen
Italien aus. Durch den Zustrom von Arbeitern aus dem flachen Land und
der Lombardei nahm die Zahl verwahrloster Jugendlicher in
erschreckendem Ausmaße zu, die dazu neigten, Banden zu bilden. Das
Fehlen von Schutzgesetzen hatte nicht nur die Ausbeutung der Arbeiter,
sondern auch der kaum zehnjährigen Kinder zur Folge, die besonders als
Hilfsarbeiter beim Bauen herangezogen wurden.
Der 5. Juni 1841 war der Tag von Don Boscos Prieserweihe. Unvergeßlich
blieben ihm die Worte, die seine Mutter anläßlich seiner Primiz in der
Heimatgemeinde an ihn richtete: „Du bist nun Priester und feierst das
hl. Meßopfer, vergiß aber nicht, daß Messelesen heißt, anfangen, mit
Christus zu leiden.“ Bald kamen ihm Angebote zu. In der Nähe seiner
Heimat waren Benefiziantenstellen zu besetzen gewesen. Für einen
gebildeten und gewandten jungen Geistlichen war die Stelle eines
Erziehers bei einer reichen Familie in Genua ausgeschrieben worden. Don
Cafasso hielt es aber für wichtiger, wenn sich sein Freund noch weiter
für die Seelsorge ausbilden lassen sollte und empfahl ihm, das Turiner
Priesterhaus für drei Jahre zu besuchen, wo er selbst Moraltheologie
lehrte. Don Bosco folge diesem Vorschlag und zog anfangs November 1841
in die Landeshauptstadt.
***
"Ich liebe diese Jungen, und das spüren sie. Wer sich geliebt weiß, der
liebt wieder. Und wer geliebt wird, erreicht alles, besonders bei der
Jugend. Das ist das ganze Geheimnis."
***
In seiner Abhandlung über die Anfänge des von ihm gegründeten
Salesianerordens steht folgender Satz: „Die Gesellschaft nahm ihren
Anfang in einer Katechismusstunde.“ Als er sich am Feste der
Unbefleckten Empfängnis 1841 zum Messelesen vorbereitete, beobachtete
er, wie der Küster einen Jungen mit Schlägen aus dem Gotteshaus
verjagte. Zur Rede gestellt erwiderte dieser, der Bube sei ein
Taugenichts, denn er habe sich nur in der Kirche herumgetrieben. Der
Mesner mußte augenblicklich den Jungen zurückrufen und zu Don Bosco
bringen, der ihn gleich mit „Freund“ anredete. Aus der anschließenden
Unterredung erfuhr Don Bosco, daß dieser Sechzehnjährige namens
Bartolomeo Garelli ein Waisenknabe war, der als Maurer arbeitete. Mit
Erschütterung mußte er vernehmen, daß er wie viele seiner
Altersgenossen auf der Straße lebte, Analphabet war und weder den
Katechismus kannte noch zur ersten hl. Kommunion gegangen war. Nach
einem halbstündigen Unterricht - Bartolomeo kannte nicht einmal das
Kreuzzeichen - entließ er ihn. Bartolomeo versprach, am nächsten
Sonntag wiederzukommen und Freunde mitzubringen. Tatsächlich hielt er
Wort. In der folgenden Woche standen sechs weitere Straßenjungen vor
ihm, gleichfalls Hilfsarbeiter im Baugewerbe, deren er sich annahm. Zu
Weihnachten 1842 konnte er bereits fünfzig Jungen zur ersten hl.
Kommunion führen. Der enge Hof des Kollegs stand zwar den wilden Buben
zur Verfügung, da ihm zuliebe Don Cafasso sowie die anderen Priester
den Lärm der schließlich auf achtzig angewachsenen Schützlinge
ertrugen. Aber nicht nur, daß viele Kirchenbesuchter nicht bereit
waren, die gleiche Geduld aufzubringen, das Schlimmste war, er wußte
nicht, wo er sie unterbringen sollte, wenn er nach dem Ablauf der drei
Studienjahre das Kolleg verlassen mußte.
Da schien sich eine Lösung anzubahnen, als er durch Cafasso mit Turins
größter Wohltäterin, der tieffrommen Marchesa di Barolo bekannt wurde,
der Stifterin eines Rifugios (Zufluchtsortes) für gefallene Mädchen, in
dem ihm der Hausgeistliche ein Zimmer einräumte. Bosco machte diesen
Raum zu einem „Oratorium“, in welchem er seine Jugendlichen geistlich
betreute und in dem engen Hof spielen ließ. Als das von der Marchesa
errichtete „Kleine Spital der hl. Philomena“ beinahe fertig war,
erhielt er in ihm zwei Räume, wovon einer als dem hl. Franz von Sales
geweihte Kapelle diente. Aber die Buben blieben weiter ein Stein des
Anstoßes, so daß eines Tages die energische Marchesa von ihm verlangte,
er müsse sich von seinen Schützlingen trennen, wenn er wie bisher in
seiner schäbigen und geflickten Soutane bei ihr weiter die Stelle eines
geistlichen Betreuers der Schwestern und der untergebrachten Mädchen
behalten wolle. Natürlich bedurfte es keiner langen Überlegung! Er zog
es also vor, in geflickter Soutane mit seiner jungen Schar
herumzuziehen und vorerst mit der Pacht einer Wiese vorlieb nehmen zu
müssen, ehe es ihm gelang, in Valdocco, das damals noch außerhalb
Turins lag, von einem gewissen Pinardi ein Haus zu mieten, das erste
Oratorium, der Grundstock für den großen Gebäudekomplex des späteren
salesianischen Oratoriums.
Damals war die Zahl seiner Schützlinge, von denen viele gefährdet
waren, auf etwa sechshundert gestiegen. Hinzu kam, daß die
Nachbarschaft des Hauses keinen guten Ruf genoß. Um als Priester nicht
ins Gerede zu kommen, bat daher Don Bosco seine Mutter, zu ihm zu
ziehen. Sicherlich fiel es der armen Frau schwer, sich von ihrem
geliebten Becchi zu trennen, aber sie sah es als einen Ruf Gottes an,
als Hausmutter das Apostolat ihres Sohnes zu unterstützen. 1851 konnte
das Haus Pinardi gekauft werden, was das Herunterhandeln des Preises
als auch viele Spenden ermöglicht hatten. Zwei Jahre später errichtete
er auf dem Gelände einen großen Neubau für Schule, Speisesaal und
Schlafräume, so daß Platz für 75 Heimjugendliche, die sogenannten
Internen, geschaffen war. Ohne Zweifel war Don Bosco geschäftstüchtig,
aber alle die anwachsenden Spendenbeträge, die durch seine Hände
gingen, kamen nur seinem Missionswerk zugute. Er selbst liebte die
Armut, wovon nicht nur seine einfache Priesterkleidung, sondern auch
sein Zimmer, in welchem sich nur ganz schlichte, meist schon lange
gebrauchte Einrichtungsgegenstände befanden, Zeugnis ablegten.
1854 brach in Italien eine Cholera-Epidemie aus. Obwohl die Seuche in
Turin nicht besonders heftig wütete, gab es doch viele Todesfälle,
besonders in Valdocco, wo Don Bosco die zwei errichteten
Hilfskrankenhäuser nicht nur als Priester, sondern auch als
Krankenträger betreute. Insgesamt vierundvierzig seiner Zöglinge
meldeten sich freiwillig als Helfer; an einem Tag brachte er einst
sechzehn Buben, die durch die Cholera Waisen geworden waren in sein
Oratorium und sorgte für sie, bis sie ein Handwerk erlernt oder eine
höhere Schulbildung erworben hatten.
Im Königreich Sardinien 1) genoß die Geistlichkeit bis zum
Revolutionsjahr 1848 in reichem Maße Privilegien, die in anderen
Ländern bereits abgeschafft worden waren. In einer vom Klerikalismus
geprägten Atmosphäre aufgewachsen, verstanden daher nur sehr wenige
Priester Don Boscos Wirken, sowie sein Verhalten gegenüber einer
Jugend, die einem Milieu der Gefährdung entstammte, - und das, obwohl
bereits Marx mit seinem Kommunistischen Manifest die proletarisierte
Arbeiterschaft zum Klassenkampf aufgerufen hatte. Zwei Domherren
stellten ihm nach und wollten ihn im Irrenhaus der Stadt verschwinden
lassen. So hielt eines Abends eine Kutsche neben ihm an und zwei von
den Prälaten engagierte Priester, die ihn entführen wollten, bat ihn
einzusteigen. Don Bos-co verdankte es nur seiner Geistesgegenwart, daß
er dem Komplott entkam, denn er hatte nichts Gutes geahnt. Auf die
Bitte „Steigen Sie ein“, hatte er geantwortet, „Nach Ihnen“! und hatte
dann dem Kutscher zugerufen loszufahren. So landeten die beiden
Geistlichen im Irrenhaus, die Mühe hatten, sich über die beiden
Domherren wieder befreien zu lassen. Die Geschichte sprach sich bald
herum.
***
"Beten ist Freude. Die Jugendlichen müssen diese Freude ausstrahlen."
***
Die weltliche Macht mißtraute anfänglich Don Bosco und seiner
Jugendfürsorge. Sie fürchtete ein kirchliches Komplott. Don Bosco wurde
unter Polizeiaufsicht gestellt. Eine Hausdurchsuchung wurde angeordnet!
Doch die Polizei fand unter Don Boscos Papieren nur unbezahlte
Rechnungen von Milchhändlern, Bäckern, Metzgern und Schustern. Also
mußte man zu anderen Mitteln greifen: er wird stundenlang verhört, man
versuchte, ihm Geständnisse abzupressen, drohte ihm mit dem Gefängnis.
Ohne Erfolg. Aber seine Gegner gaben nicht auf. Als er in einer Kapelle
Religionsunterricht hielt, wurden Pistolenkugeln auf ihn abgefeuert.
Sie verfehlten ihn. Man versuchte, ihn zu vergiften, man überfiel ihn
mit Knüppeln - immer nachts, nachdem man ihn aus dem Haus gelockt hatte
mit der Bitte, einem Sterbenden die letzte Ölung zu geben oder einem
Todkranken die Beichte abzunehmen. Don Dosco weigert sich nie, auch
wenn er ahnte, daß man ihm nur eine Falle stellen würde. Es könnte ja
sein, daß wirklich jemand in Not war und seine Hilfe brauchte. Wie
durch ein Wunder entging er allen Mordanschlägen. Oft rettete ihn seine
körperliche Kraft und seine Wachsamkeit und - ein großer, grauer
Schäferhund. Eines Nachts, als gedingte Banditen ihn totschlagen
wollten, tauchte das Tier plötzlich neben ihm auf und jagte die
Angreifer in die Flucht. Von da an will man den Hund immer an seiner
Seite gesehen haben, wenn er im Dunkeln unterwegs war. Woher kam er
stets im rechten Augenblick? Wem gehörte er? Niemand wußte es. Und
ebenso geheimnisvoll, wie er als Beschützer des Priesters aufgetaucht
war, so verschwand er wieder, als Don Bosco sich in Sicherheit fühlen
durfte - nach vier Jahren ständiger Bedrohung. Langsam begann die
mißtrauische Obrigkeit einzusehen, daß Don Bosco es ehrlich mit seinem
Bekenntnis meinte, wenn er sagte: „Ich bin Priester und ein guter
Staatsbürger. Meine Politik ist das Vaterunser. Der Priester gehört
allen, er ist Priester am Altar, im Beichtstuhl, inmitten der Jugend,
in der Hütte der Armen wie im Palast des Königs und seiner Minister.
Indem ich Hunderte von Kindern aufnehme, arbeite ich für die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.“
Aber auch die Stadtverwaltung war anfänglich mißtrauisch. Man versuchte
ihn zu überreden, wenigstens die großen Jungen zu entlassen, und für
jeden Sonntag wurde eine Wache bestellt. Des Jugendapostels geniale
Fähigkeit als Erzieher wurde sogar das Stadtgespräch Turins, als er
einst als Gefängnisseelsorger unter großer Mühe die Erlaubnis erhalten
hatte, mit etwa dreihundert minderjährigen Strafgefangenen, die vor
Ostern musterhaft Exerzitien gemacht hatten, einen Ausflug in den
königlichen Park von Stupinigi zu unternehmen: entgegen allen düsteren
Prognosen kehrten nämlich am Abend alle in musterhafter Ordnung in ihre
Zellen zurück.
In den Fünfzigerjahren begannen für die Kirche Savoyens schwere Zeiten.
Die an die Macht gekommene freimaurerisch-liberale Regierung, deren
Fernziel die Einigung Italiens und damit auch die Vernichtung des
Kirchenstaates war, vollzog unter dem Schlagwort „eine freie Kirche in
einem freien Staat“ - harte Eingriffe in die Rechte und Freiheiten der
Kirche, insbesondere durch die Aufhebung sämtlicher Orden, die sich
nicht dem öffentlichen Unterricht oder der Krankenpflege widmeten. Der
Justizminister Urbano Rataszzi, einer der Initiatoren der
kirchenfeindlichen Gesetze, erkannte aber auch die sozialen Vorteile,
welche Don Boscos Werk für den Staat brachte, ja er, der sich wohl
bewußt war, welch gefährlicher Gegner dieser Priester für ihn, den
Freidenker, war, unterstützte ihn sogar in Geldnot.
Frühzeitig machte sich Don Bosco darüber Gedanken, daß sein Werk
untergehen oder zumindest seinen religiösen Charakter verlieren werde,
wenn es nicht auf die Grundlage eines religiösen Orden gestellt würde.
Zu seinem Vorbild wählte er einen der liebenswertesten Heiligen: Franz
von Sales. Nach ihm benannte er nicht nur sein erstes Gotteshaus,
sondern seine Anhänger erhielten bereits vor dem Bestehen des Ordens
den Namen Salesianer. Schon bei der ersten Audienz, die ihm Papst Pius
IX. gewährte, interessierte sich dieser lebhaft für die der
Jugendarbeit gewidmete Gründung und er gab Don Bosco den Auftrag,
dafür zu sorgen, daß jedes Mitglied in den Augen der Kirche ein ganzer
Ordensmann und vor der Welt ein freier Bürger sein solle. Obwohl 1862
zum ersten Male die feierlichen Ordensgelübde abgelegt worden waren,
mußte er dennoch Jahre hindurch um die päpstliche Anerkennung kämpfen,
die von der Empfehlung der Ordenskongregation abhing, die den
Salesianern nicht sehr wohlgesinnt war. Aber Don Bosco hatte schon
weitergehende Pläne: 1871 errichtete er unter dem Namen
„Maira-Hilf-Schwestern“ (auch Don Bosco-Schwestern genannt) eine
Frauenkongregation, die sich der Leitung von Kinderasylen, der
Mädchenfortbildung sowie der Krankenpflege zu widmen hat. Darüber
hinaus schuf er 1876 eine Art Dritten Orden, die „Salesianer draußen“,
eine Organisation von Laienhelfern aus allen Gesellschaftsklassen, die
bereits ein halbes Jahrhundert vor der „Katholischen Aktion“ Pius XI.
christliches Leben in den Alltag bringen sollte.
***
"Ohne Liebe kein Vertrauen, ohne Vertrauen keine Erziehung."
***
Seine faszinierende Fähigkeit, mit Menschen umzugehen, machte ihn auch
zum idealen Vermittler in den vorerwähnten religiösen Kämpfen. Infolge
Vertreibung und Tod vieler Bischöfe mußte eine große Anzahl von
Geistlichen, die beiden Seiten genehm waren, zu Bischöfen geweiht
werden. Mit Pius IX. war er sich bewußt, daß König Viktor Emanuel II.,
obwohl kein Mann fester religiöser Grundsätze, im Grunde genommen kein
Feind der Kirche war. Ja sogar dann noch, als er nach der 1870
erfolgten Besetzung Roms, die den Untergang des Kirchenstaates zur
Folge hatte, exkommuniziert wurde, stand der Papst mit ihm im geheimen
Briefwechsel - der Mittelsmann zwischen beiden war Don Bosco! Als der
König anfangs 1878 im Sterben lag, sandte ihm daher der Papst einen
Priester, der bevollmächtigt war, die kirchlichen Zensuren aufzuheben,
so daß der „Räuber des Kirchenstaates“ ein kirchliches Begräbnis
erhielt.
Seit der Gründung seines Ordens war es Don Boscos Wunsch, daß
wenigstens einige seiner Salesianer als Missionare wirken sollten. Wie
so oft in seinem Leben war auch hier eine Vision richtungsweisend: er
sah im Schlaf eine in einer Wildnis liegende Ebene, in welcher
außerordentlich große, mit Tierfellen bekleidete braune Menschen
Priester töteten und zerstückelten. Da zeigten sich plötzlich einige
Priester seines Ordens, um welche sich die Kannibalen unter Jubel
scharten. Vergebens grübelte er nach, um was für ein Land es sich
handeln könnte; da erhielt er an Silvester des Jahres 1874 einen Brief
des Erzbischofs von Buenos Aires, der die Bitte enthielt, ihm einige
seiner Patres zum südlichsten Teil des Kontinents, nach Patagonien und
das Feuerland, zu senden. Schon im folgenden Jahr landeten vier Patres
und sechs Laienbrüder unter Führung eines seiner ersten Zöglinge, des
Paters Giovanni Cagliero, an der Küste Argentiniens. Nach einigen
Jahren mühevoller Expeditionen gelang es den Missionaren, bis in das
Innere dieser Länder vorzudringen; 1883 erhielten diese Gebiete den
Status einer apostolischen Präfektur. P. Cagliero erhielt als erster
aus dem Salesianerorden die Bischofsweihe.
Auch wenn Don Bosco viele Gotteshäuser errichten ließ, erwartete ihn
auf dem Gebiet des Kirchenbaus eine sehr schwere Aufgabe, als er
anfangs der 80iger Jahre von Papst Leo XIII. den Auftrag erhielt, in
Rom eine große Herz-Jesu-Kirche bauen zu lassen, wobei ihn der Papst
gleichzeitig darauf aufmerksam machte, selbst keine finanzielle Hilfe
leisten zu können. Damals war Don Bosco infolge seines fast
übermenschlichen Einsatzes für die vielen Aufgaben im Dienste der
Kirche und im öffentlichen Bereich schon vorzeitig gealtert. Nicht nur,
daß ihm seine geschwollenen Beine beim Gehen und Treppensteigen große
Mühe verursachten: die Kräfte ließen nach, und seine Augen wurden
schwächer, auch wenn sie ihren Glanz noch nicht verloren hatten. Es war
für den älter gewordenen Don Bosco eine Genugtuung, daß Turin nach
langer Zeit einen den Salesianern wohlgesinnten Erzbischof bekommen
hatte, Kardinal Alimonda. Seine beiden Vorgänger hatten wiederholt die
dem Orden erteilten päpstlichen Vollmachten mißachtet und sich gerne in
Disziplin und Leitung eingemischt.
1883 war es ihm noch vergönnt, einen Triumph zu erleben, als er, um
Geld für seinen Kirchenneubau zu sammeln, eine Reise durch ganz
Frankreich unternahm. Seit 1804 Pius VII. zur Kaiserkrönung Napoleons
in Paris geweilt hatte, strömte dort keine so riesige Menschenmenge
mehr zusammen, um einen Priester jubelnd zu empfangen. Seine
charismatische Beredsamkeit vermochte, obwohl er sehr schlecht
französisch sprach, die Zuhörer seiner Predigten zu fesseln, so z.B.
als er den Reichen zurief: „Die Armen brauchen euch! Nehmt einmal an,
daß sie ihre Geduld verlieren. Ihr habt euer Heil in der Tasche!“
Obwohl sich sein Gesundheitszustand bedrohlich verschlechtert hatte,
konnte er 1887 noch an der Einweihung der Herz-Jesu-Kirche in Rom
teilnehmen; wenige Tage danach verließ er die Ewige Stadt, um sie nicht
mehr wiederzusehen.
Anfang Dezember las er seine letzte hl. Messe. Selbst zum Umwenden beim
„Dominus vobiscum“ war er nicht mehr imstande. Vierzehn Tage später
hörte er in seinem Zimmer zum letztenmal die Beichte einiger seiner
Schützlinge. Er starb am 31. Januar 1888. An seinem Sterbebett standen
zwei seiner Lieblingsschüler, treue Weggefährten aus der so schweren
Anfangszeit: Don Rua, sein Nachfolger in der Ordensleitung, dessen
Seligsprechung unter Pius XII. eingeleitet wurde, und Bischof Cagliero.
Am 2. Juni 1929 sprach ihn Papst Pius XI. selig, am Ostersonntag 1934,
dem 1. April, wurde er in Anwesenheit von hunderttausenden Gläubigen
von demselben Papst heiliggesprochen. Die Kirche feiert sein Fest am
26. April. Seine sterblichen Überreste ruhen in der von ihm erbauten
Maria-Hilf-Basilika in Turin.
Wie gut der heilige Jugendapostel dafür sorgte, daß sein Lebenswerk mit
seinem Tode nicht erlosch, sondern sich zur drittgrößten
Ordensgemeinschaft der Kirche entwickelte, davon legten die im Jahre
1955 vorhandenen 1213 Häuser mit ihren Schulen, Wohnheimen und
Werkstätten sowie die 16740 Professen Zeugnis ab. Dieser willensstarke,
im Umgang mit sämtlichen Gesellschaftsklassen gewandte, für das
praktische Leben und den Kampf geborene Mann muß zu den bedeutendsten
Sozialpädagogen der letzten beiden Jahrhunderte gerechnet werden.
Würden wir ihn, dessen gütiger und doch durchdringender Blick zu
erkennen gab, daß er ein Auserwählter Gottes war, gefragt haben,
welchem System er bei der Jugendführung und Heimerziehung folgte, hätte
er uns in etwa erwidert: „Das ist mir unbekannt; ich gehe meinen Weg
und nütze jeden Umstand aus. Und die Eingebung? Ja, die kommt vom
Herrn“.
Natürlich hat die wissenschaftliche Pädagogik bereits einen „terminus
technicus“ zur Kennzeichnung dieses so erfolgreichen, modernen
Erziehungssystems parat, das unter möglichster Entfaltung des Einzelnen
eine neue Jugend auf christlicher Grundlage schaffen wollte: das
Präventivsystem, d.h. Ablehnung von Zwang und körperlicher Strafe,
Erziehung zur freien Mitverantwortung, damit das so nötige
Vertrauensverhältnis zwischen Erzieher und Zögling zustandekommt. Mit
diesen nüchternen Worten wird aber das Wesentliche seines Erfolges nur
unzureichend beschrieben: vitale Freude unter Einbeziehung von Religion
und Gebet, häufigem Empfang der Sakramente, dem Erleben unserer
wunderbaren Liturgie, aber auch von Spiel und Sport.
***
"Willst du, daß man dir gehorcht, sorge dafür, daß man dich schätzt."
***
Don Boscos letzte Worte, die er an seinen Nachfolger Don Rua richtete,
lauteten: „Fati amare!“ („Sorge, daß du geliebt wirst!“) - dies ist
jedoch ohne die schenkende Liebe des Erziehers unmöglich. An einen neu
eingetretenen Buben pflegte er Worte zu richten wie „Willst du mein
Freund sein?“ und gerne nannte er sich im Gespräch dann statt „padre“
auch „amico“. Oft erkundigte er sich nach etwaigen Wünschen und
bisweilen bereitete er Freude durch ein kleines Geschenk. Den
„schwarzen Schafen“, die vielleicht ein Zehntel ausmachten, wandte er
seine besondere Sorge zu; er behandelte sie mit der Strenge eines
Vater. Nach Möglichkeit suchte er ohne Strafe auszukommen, war aber
eine solche nicht zu umgehen, half er, daß sie richtig aufgenommen
wurde und der Zögling durch ihre Anerkennung den Mut zur Demütigung
lernte. Allerdings konnte er gegenüber denen, die ein Ärgernis gaben,
unerbittlich sein, besonders wenn sie unverbesserlich waren. Er war
kein Freund von besonderer Buße, sagte er doch: „Hitze, Kälte,
Krankheiten, Menschen, Erlebnisse und Verhältnisse geben uns
ausreichende Gelegenheit zur Abtötung!“ Eine große Rolle spielten aber
die Freude und die Fröhlichkeit in den täglichen Arbeitspausen,
insbesondere bei Festen und Ausflügen. Er, der in seiner Jugend als
Seiltänzer aufgetreten war und sich überhaupt durch körperliche
Gewandtheit ausgezeichnet hatte, empfand keine Scheu vor
Ausgelassenheit, sofern sie nicht ausartete, und förderte
Bewegungsspiele aller Art. Mochte er noch so erschöpft sein, so ließ er
es sich dennoch nicht nehmen, am Abend an seine Schüler eine meist nur
zwei bis drei Minuten dauernde Ansprache zu richten, die teils eine
religiös-ethische Unterweisung bisweilen aber auch wichtige
Tagesereignisse betraf. Er nannte dieses „Abendwort“ sogar einen
Schlüssel zur Sittlichkeit und eine Garantie für einen guten
Tagesverlauf und Erziehungserfolg.
Auf dem Gebiete des Unterrichts hatte Don Bosco Ideen, die seiner Zeit
weit voraus waren: Zu Beginn seiner sozialen Tätigkeit konnte er den
Straßenkindern eine Berufsausbildung nur außerhalb des Oratoriums
geben. Sobald es ihm aber möglich war, eigene Werkstätten zu besitzen -
die erste war eine Schuhmacherei, die zweite eine Schneiderei - ließ er
in ihnen Handarbeiten mit theoretischer Unterweisung abwechseln, was um
1860 noch unbekannt war. 1862 richtete er eine Druckerei ein, die es
ihm ermöglichte, daß die „Letture cattoliche“ („Katholische Lektüre“) -
eine wichtige Kampfschrift gegen die Kirchenfeinde in Gestalt einer
zeitgemäßen Katechese - pünktlich erscheinen konnte. Da er sich nur
fünf Stunden Schlaf gönnte und Arbeit für ihn keine Mühe, sondern
Leidenschaft war, fand er auch noch die Zeit, über hundert Schriften
zur Jugenderziehung und Katechese zu verfassen.
Bereits 1855 hatte er an seinem ersten Oratorium ein eigenes Gymnasium
eröffnet. Aus dem Kreis seiner Schüler wuchsen vielfach Lehrer heran,
die weitere Zöglinge auszubilden hatten. Der Praktiker Bosco
kritisierte den teilweise vorgesetzten Lehrstoff, der zwar spitzfindige
Erkenntnisse vermittle, aber keine Anregung zur Ausübung christlicher
Nächstenliebe enthielt. Er war aber kein Feind humanistischer Bildung;
jedoch bemühte er sich, dem allein herrschenden Einfluß der antiken
Autoren ein Gegengewicht zu geben, indem er vorschrieb, daß wöchentlich
mindestens eine Stunde für die Lektüre christlicher Schriftsteller
aufgebracht werden mußte. Fühlte er sich von anstrengender Arbeit
überwältigt, nahm er ruhig und gesammelt Zuflucht zum Gebet. Besonders
groß war seine eucharistische Frömmigkeit, der Dienst am Altar war ihm
ein Bedürfnis. Bei der Darbringung des Opfers war er nicht nur
andächtig, bisweilen liefen ihm die Tränen über das Antlitz, und nicht
selten veränderte sich bei der Konsekration seine Gesichtsfarbe. Wie
großen Wert er auch auf das liturgische Beten legte, so schätzte er
dennoch echte Volksfrömmigkeit, insbesondere die Marienverehrung, das
Wallfahren und die Prozessionen.
***
„Tut, was ihr könnt, Gott tut das, was ihr nicht zustande bringt!“
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Als Beichtvater stand er dem Pfarrer von Ars kaum nach. Indem er nicht
als strenger Richter, sondern als Freund auftrat, gelang es ihm,
Pönitenten, die jahrzehntelang das Sakrament der Buße gemieden hatten,
zum Ablegen ihres Sündenbekenntnisses zu bewegen. Da kam es auch vor,
daß er sagte: „Willst du die Sünde bekennen oder soll ich es tun?“ -
und mittels der ihm verliehenen Gnadengaben sagte er das, was zu
beichten manche sich schämten oder vergaßen.
Charismen waren gleichsam Begleiter seines gesamten Lebens: Sein
Hellsehen, sein Vorauswissen, das Sehen und Hören aus weiter Ferne, das
ihn instandsetzte während seines Aufenthaltes in Rom seine Buben im
Oratorium zu beobachten. Am auffallendsten waren seine
Krankenheilungen, bei denen er zu sagen pflegte: „Daran habe ich keinen
Anteil; glaubt, alles übrige tut die Madonna!“
Mehr als hundert Jahre sind nun seit dem Tode Don Boscos vergangen.
Dieser Priester, der in einem unglaublichen Gottvertrauen sein
gewaltiges Werk zur Rettung der bedrohten Jugend aufgebaut hatte und
gleichzeitig der Kirche viele in seinem Geiste arbeitende Priester
schenkte, sucht heute unter den Priestern, die vorgeben, wahre
katholische Christen zu sein, nach Seelsorgern, die in dieser
unheilvollen Welt mit ihrer sichtlich verlassenen, aber auch
gelangweilten Jugend die Arbeit in seinem Geiste fortsetzen würden.
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Benutzte Literatur:
Bosco, H.: "Don Bosco, Ein Leben für die Jugend" München 1961.
Burg, C.: „Don Bosco und seine Pädagogik“ München 1948.
Hünermann, W.: „Der Apostel von Turin Johannes Don Bosco“ Innsbruck 1961.
Salotti, C.: „Der heilige Johannes Bosco“ München 1955. |