LAIEN HELFEN DER KIRCHE
von
Theologieprofessor Dr. P. Severin Grill SOCist,
Stift Heiligenkreuz bei Wien
Wir lesen im Alten Testament, daß es nach der Rückkehr aus dem Exil in
die Heimat mancherlei Schwierigkeiten im Wiederaufbau gab, um Religion
und Kult wiederherzustellen. Besonders bangte man um die Stellung des
Hohen Priesters, der die Religionsgemeinde zusammenhalten und leiten
sollte. Man sah, wie die Disziplin allenthalben gelockert war und es an
der Kenntnis des Gesetzes und seiner Beobachtung fehlte. Da waren es
neben dem Hohen Priester Josue und dem Fürsten Zerobabel besonders
Männer aus dem Laienstand, die sich um die religiöse: Lage auf
organisatorischem und moralischem Gebiete annahmen.
Drei Männer: Heldai, Tobias und Jedaia veranstalteten eine Sammlung von
Silber und Gold in Babylonien und brachten das Ergebnis nach Jerusalem,
um mit dieser Summe eine Krone anfertigen zu lassen für den
Hohenpriester, der zugleich König sein sollte. Wahrscheinlich war diese
"Krone" nur das Stirnband des Hohenpriesters mit der Aufschrift:
"Heilig dem Herrn". Da aber diese Krone augenblicklich nicht verliehen
werden konnte, deponierten sie dieselbe im Tempel, bis Gott den Mann
bestimmen würde, dem sie gebührte.
Das allesklingt, auf unsere Zeit angewandt, wie eine Mahnung, die hohe
Bedeutung des Papsttums zu erkennen und zu fördern. Gerade
einsichtsvolle Laien sollten sich für die oberste Leitung der Kirche
durch ein Oberhaupt einsetzen, damit nicht durch ehrgeizige Bischöfe
die ganze Hierarchie in Gefahr komme. Der hl.Ephräm schreibt in seinem
Hymnus an Petrus: "Die anderen Apostel hielten Christus nur für einen
Propheten wie Elias oder einen Propheten." Petrus ärgerte sich über sie
und sagte: "ER ist der Sohn Gottes." Deshalb hat ihm der HERR die
Schlüssel des Himmelreiches gegeben, d.h. die Gewalt zu binden und zu
lösen. Von diesem Tage an wurde Petrus das Haupt aller Apostel und er
nahm den Platz unseres Herrn ein in der Stadt Rom. Er ist gestellt über
alle Fürsten der Welt, die Patriarchen, Metropoliten, Bischöfe,
Priester und Diakone und die ganze Priesterschaft (Lamy IV, S.682). Ja,
sogar Nestorius hat den Primat des Papstes anerkannt bei der
Verurteilung der Synode von Ephesus, Nr.2. Er sagt im Heraklides: "Es
war dort bei dieser Räubersynode zu Ephesus (449) nicht die
apostolische Autorität, der Bischof von Rom. Der hl.Bernhard bemerkt in
seiner Schrift von den Sitten und dem Amt der Bischöfe: "Daß ihr (=die
Bischöfe) gesichert vorstehen könnet, verschmäht es nicht, dem untertan
zu sein, dem es gebührt. Je höher du stebst, desto mehr sollst du dich
verdemütigen." (Sir 8,20)
Das ist allen jenen ins Gedächtnis zu rufen, die so sehr für die Kollegialität zwischen Papst und Bischöfen sind.
Beim Propheten Zacharias wird auch berichtet, daß ein höherer
Finanzbeamter des Königs, dessen Name aber nicht genannt ist*), sich um
die moralische Disziplin sorgte. D.h. der Schatzmeister und Beamte des
Königs ließ eine Anfrage stellen an die Priesterschaft Gottes (Tempel),
ob ein anläßlich der Zerstörung Jerusalems eingeführter Fasttag wie
früher auch jetzt noch wie nach der Rückkehr aus dem Exil zu halten
sei. Die Antwort gab der Prophet anstelle der Priester, die es nicht
wagten, hier eine Entscheidung zu fällen: "Ihr habt den Fasttag ohne
meinen Willen eingeführt, Er ist daher nicht mehr verpflichtend."
Wieder werden wir gedrängt, diese Erzählung auf unsere Zeit zu
beziehen. Jetzt haben manche Priester etwas eingeführt, was die Lehre
der Kirche nicht vorgeschrieben hat. Aber einsichtige Laien haben
erkannt, daß die Einführung der neuen Gebräuche nicht gut war und nicht
aufbaut, sondern zerstört. Das lobenswerte Interesse der Laien für das
Reich Gottes und ihr wahres sentire cum Ecclesia (Fühlen mit der
Kirche) veranschaulicht Gregor der Große im Bilde: vom Weinstock und
der Ulme. Die Ulme ist kein Fruchtbaum, der selbst Früchte
hervorbringt, aber er trägt die Weinrebe, welche die Trauben erzeugt.
So gibt es auch Laien, die besorgt über die Kirche wachen - und die
sind besonders notwendig, wenn sakrilegische Priester die Kirche
zerstören wollen. Es müssen freilich Laien sein, welche die Hierarchie
der Kirche achten und beachten. Wer da die Grenzen - z.B. der
Pfarr-Räte - nicht beachten wollte und sich selbst die Ehre nimmt (Hebr
5,4) erregt den Zorn Gottes und zieht sich Strafe zu.
Die Leviten im Alten Testament durften sich nicht Priesterdienste
anmaßen und die Priester sich nicht dem Hohen Priester gleichhalten.
Der Herr sprach zu Aaron: "Du und deine Söhne, ihr sollt das
Priesteramt ausüben. Euch gebe ich es zum Geschenk. Wenn ein Fremder
sich einmischt, so muß er sterben" (Nr 18,7). Als der König Ozias sich
das Priestertum anmaßte und den mahnenden Priester mit dem Rauchfaß
bedrohte, wurde er aussätzig. Die Hand des Königs Jeroboam verdorrte,
als er ein ungesetzliches Opfer darbrachte (2 Chr 26, 16-20). Als die
Söhne des Priesters Skevas den Exorzismus ausüben wollten, wurden sie
von den bösen Geistern gezüchtigt (Apg 19,15).
Es war ein Hauptanliegen des heiligen Bernhard, den Unterschied
zwischen Mönch und Priester und den einzelenen Graden der Hierarchie
immer wieder zu betonen.
Anmerkung:
*) Sarezer ist der Fürst des Schatzhauses und der Regemmelech ist der
Ro`em des Königs, das heißt wörtlich: der Donnerer des Königs, der auf
die Ablieferung der Steuern besteht.
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