DIE KATHOLISCHE KIRCHE
von
Univ.-Prof. Dr.Reinhard Lauth, München
II. Teil
Ich möchte mich in dieser Fortsetzung nur noch an jene Gläubigen und
Priester wenden, die nach ernsthafter Gewissenserforschung von sich
sagen können, daß sie nicht zu den im ersten Teil (EINSICHT Nr.10, 1-5)
aufgeführten Kategorien von "Katholiken" gehören. Wie ist es diesen
möglich, noch in der fortbestehenden Kirchenorganisation, die ganz
offensichtlich zu einem Organ einer anderen Religion geworden ist, zu
verbleiben und dieser eine Rechtsbefugnis über sich zuzuerkennen?
Nach den Worten des Hebräerbriefes läßt sich derjenige, der einmal zum
Glauben gekommen ist "und das herrliche Gotteswort und die Kräfte der
zukünftigen Welt gekostet hat und dann abgefallen ist [...] unmöglich
wieder zur Umkehr bringen. Ein solcher schlägt aufs neue Gottes Sohn
ans Kreuz und gibt Ihn dem Gespött preis." (VI.5.6.) Daß Paul VI. und
seine Anhänger dies tun*), das wird wohl heute niemand mehr zu leugnen
wagen. Paul VI. ist aber dann ein "falscher Christus" (Marc. XIII,22),
der zwar die Hörner des Lammes hat aber wie ein Drache spricht und uns
das Tier anbeten machen will (Apoc. XIII,11-12.).
Kann unter diesen Umständen überhaupt eine Umkehr erfolgen? Ein Papst,
Bischöfe und Priester stehen unter dem besonderen Beistand des Heiligen
Geistes. Sie müssen diesem Beistande und der Gnadenwirkung Gottes
widerstehen und somit einen erheblich größeren Widerstand gegen Gott
leisten, wenn sie in ihrem Amt vom Glauben abfallen. Einer unserer
Priester sagte mir einmal: Sobald die Beziehung zum Himmel, die
Vertikale des Kreuzes, verrückt wird, kommt auch der horizontale
Kreuzesbalken in eine schiefe Stellung. Keine acht der Welt kann dann
den Priester, der sich auf dieser Horizontale befindet, davon abhalten,
daß er mit ständiger Beschleunigung in den Abgrund rollt. Geweihte
Priester können sich nicht in einer Restauration fangen. Es könnte
sein, daß die reformkatholische Kirchenorganisation so wie die
protestantischen "Kirchen" ohne geweihte Priester fortbestünde; sie
könnte sich dann jedenfalls zeitweilig irgendwo fangen. Aber es ist
numöglich, daß diese Kirchenorganisation anderswo als in der
entsetzlichsten teuflischsten Perversion endet. Das ständige Bewußtsein
am Altar, während der heiligen Messe, mit dem Heiligsten Schindluder zu
treiben, muß den apostatischen Priester vollends böse machen: corruptio
optimi pessima (Die Zersetzung des Besten ist die schlimmste!)
Wer die Kirche liebt und katholisch geblieben ist, der kann und wird
auf keinen Fall in der gegenwärtigen Kirchenorganisation verbleiben.
Denn er wird es im Gewissen nicht aushalten, an der abermaligen
Krenzigung Christi und seiner zugleich damit erfolgenden Verspottung
durch die Welt teilzunehmen. Die Gottesfurcht allein schon wird ihm das
verbieten. Der Priester, der also erkennt, daß Paul VI. und seine
Reformer das Evangelium an zentraler Stelle verfälschen und ein
Sakrileg und eine Blasphemie an die Stelle des heiligen
"Meßopfers gesetzt haben" daß sie damit zu Henkern Christi geworden
sind, die Seinen Leib abermals töten und - wenn es möglich wäre - Seine
Seele, jedenfalls aber die Seele Seiner Kirche zur Anbetung der
Sozialität pervertieren möchten, muß ihre disziplinären Ansprüche an
ihn nicht nur in dem, was unerlaubt und Sünde ist, sondern in allem
abweisen. Er ist verpflichtet, sich mit jenen Priestern und Bischöfen,
die wie er dem Glauben treu geblieben sind, zusammenzuschließen und die
Restkirche vor den Apostaten zu verschließen. Er handelt so auf jeden
Fall richtig. Denn sollten andere Bischöfe oder Priester noch zur
Umkehr gelangen (- es könnte dies nur da geschehen, wo sie lediglich
infolge unverschuldeten Irrtums abgewichen wären -), so werden sich
diese auch mit ihm wieder vereinigen. Denn ganz gewiß stößt der
rechtgläubige katholische Christ den rechtgläubigen Bruder nicht zurück.
Nur die weltweite erheblich fortgeschrittene Vergiftung und Verdunklung
unserer Atmosphäre macht es überhaupt begreiflich, daß das nicht jedem
rechtgläubigen Priester so klar vor Augen steht, wie es normalerweise
müßte. Wir haben uns alle, sei es auch nur in einem kleinen Sektor, an
das zum Normalen gewordene Unnormale in einem Maße gewöhnt, daß wir das
Horrende daran nicht mehr voll erfassen.
Wir können uns deshalb aber auch um so weniger auf unsere Gefühle und
konkreten Neigungen verlassen. Nur die Vernunft kann uns in dieser
Situation zeigen, was das Rechte ist, die Einbildungskraft ist längst
verwirrt und wie im Taumel. "Deshalb wundert es mich", sagt uns die
Vernunft durch den Mund des heiligen Apostels Paulus, "daß ihr so rasch
von Dem, Der euch zur Gnade Christi berufen hat, zu einem anderen
Evangelium abfallt. Das ist doch nichts anderes, als daß euch einige
nämlich die Apostaten mit Paul VI. an ihrer Spitze verwirren und das
Evangelium Christi ändern wollen. Wenn aber selbst wir oder ein Engel
vom Himmel euch ein Evangelium verkündeten, das anders wäre als
dasjenige, das wir euch verkündet haben, so sei er verflucht. Wie ich
soeben gesagt habe, so sage ich nocheinmal: Wenn euch jemand ein
anderes Evangelium verkündet als das, was ihr empfangen habt, so sei er
verflucht." (Gal.6-9).
Hat Paul VI. das getan oder nicht? Hat er die Wandlungsworte, durch die
die Inkarnation Christi nach Seinem Willen durch alle Zeiten hindurch
sich vollziehen soll, verfälscht oder nicht? Hat er damit das
Evangelium zu einem allgemeinen Fortschrittsglauben (- "für alle" -)
umgedeutet oder nicht? Hat er damit das heilige Meßopfer aufgehoben
oder nicht? Nimmt er damit dem Leibe Christi Seiner Kirche, das Leben
oder nicht? Kreuzigt er damit diesen Leib aufs Neue oder nicht? Gibt er
ineins damit Christus samt Seiner Kirche dem allgemeinen Gespötte preis
oder nicht? Ist er also Petrus - oder Kaiphas und Judas in einer
Person? Sind wir mit diesem - oder mit Christus?
Wir haben uns doch nicht zum Glauben bekehrt, wie wir irgendeiner
weltlichen Tendenz anhängen. Zumal diejenigen unter uns, die Priester
geworden sind, haben dieses mit schweren Opfern belastete Amt doch auf
sich genommen, um Gott ganz zu dienen und selig zu werden. Können wir
uns denn dann in dem Heiligsten und Wesentlichsten unserer gesamten
Existenz mit einer handgreiflichen Täuschung abfinden? Wenn wir auch
nicht, wie die verschiedenen Arten von Reformern und Revolutionären,
mit der Hand am PfIug wieder zu etwas anderem zurückblicken, so wollen
wir doch wohl auch nicht so vor uns hinblicken, daß wir wie die Toren
uns selbst den Blick verstellen und sodann wie Blinde durch bösartige
andere Blinde führen lassen! Wir haben nur eine Seele, und wenn wir die
verlieren, was nützt uns dann alles andere - zum Beispiel das
scheinbare Bißchen größerer Ruhe und Geborgenheit in einer
Organisation, ohne die wir uns allerdings alle - weil wir schwache
Menschen sind - für den ersten Augenblick wie verloren finden?
Kann Gott, Der dem Abraham aus Steinen Kinder erwecken kann, nicht auch
die zerstreuten Glieder Seines Leibes wieder zusammenfügen, auf
ähnliche Weise, wie es der Prophet Ezechiel vor zweieinhalb Tausend
Jahren schaute? Wir dürfen uns ebenso wie Abraham, Lot und Joseph nicht
fürchten, eilends alles zu verlassen und - weltlich gesprochen: in die
Wüste - übernatürlich gesprochen: ins Gebirge, auf die geistigen Gipfel
zu fliehen, wenn der Wille Gottes dies verlangt. Unser Vaterhaus ist
der geopferte und auferstandene Leib Christi, nicht ein Haus aus Stein
bzw. eine Organisation. Der Geist Gottes erbaut sich Seine Kirche,
nicht die Kirche den Geist Gottes.
Welche furchtbare Strafe erwartet notwendig den, "der das Bundesblut,
durch das er geheiligt ist, geringschätzt und dem Geist Gottes Schimpf
antut (oder antun läßt)"? "Furchtbar ist es, in die Hände des
lebendigen Gottes zu fallen!" (Hebr. X,29.30.) Aber der Herr selbst
begleitete die von den zweifelnden Aposteln ohne Hilfe gelassenen
Jünger auf ihrem Wege aus Jerusalem weg, das Gott gekreuzigt hatte, und
gab Sich ihnen zur Himmelsspeise.
Unser Leben muß ein Leben der Treue zu dem wahren Christus sein, dann
wird auch Er uns treu sein. "Auf Dich, O Herr, habe ich gehofft, ich
werde in Ewigkeit nicht zuschanden werden!"
Anmerkung:
*) Sollte Herr Montini nie den katholischen Glauben angenommen haben,
so würde auch das an der objektiven Sachlage nichts ändern.
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