DIE FÜNFTE POSAUNE
von
Walter W.E. Dettmann
Die sieben Posaunen, deren Schall im siebenfach versiegelten Buch der
Geheimen Offenbarung beschrieben wird, wurden tatsächlich vom Apostel
Johannes in der Vision gehört. Sie wurden nur von ihm allein gehört. Es
ist nicht so, daß einzelne Abschnitte der Weltgeschichte von
Posaunentönen eingeleitet würden, so daß jedermann genau sehen könnte,
wie weit der Zeiger der Weltenuhr gegangen ist.
Und dennoch gibt es außer dem Seher von Patmos noch andere Menschen,
die die Posaunenstöße der Geheimen Offenbarung vernehmen. Sie hören
zwar nicht mehr dieselben Töne wie Johannes auf Patmos. Aber für sie
werden die Worte des Apostels Johannes zu Posaunen. Die seit dem
Zweiten Vatikanischen Konzil offenkundig gewordene Gleichgültigkeit der
gesamten Kirchenführung in Glaubenssachen zwingt zur ernsten Besinnung,
wo wir eigentlich stehen.
Das zuverlässigste Buch in solcher Lage ist und bleibt die Geheime
Offenbarung des Apostels Johannes. Es spricht am Anfang des 11.Kapitels
von einer Messung des Tempels, das heißt von einer Untersuchung des
Zustandes der Kirche. Diese Untersuchung findet statt nach dem fünften
und sechsten Posaunenstoß
Was über die Zeiten der einzelnen Posaunenstöße zu sagen ist, leuchtet
dem Leser umso eherein, je mehr er die beschämende Oberflächlichkeit
und Verworrenheit der theologischen Vorarbeiter des Zweiten
Vatikanischen Konzils an diesem Punkt erkannt hat. Die Beschreibung der
fünften Posaune wird deshalb herausgegriffen, weil die Schilderung
dieses Abschnittes jeden heutigen Leser, der am Wege der Kirche Jesu
Christi Anteil nimmt, interessieren muß.
Die Ereignisse beim fünften Posaunenschall sind im 9.Kapitel der
Geheimen Offenbarung, Vers 1 bis 12 beschrieben Der Text lautet: "Und
der fünfte Engel blies die Posaune. Da sah ich einen Stern, der vom
Himmel auf die Erde gefallen war. Ihm wurde der Schlüssel zum Brunnen
des Abgrundes gegeben. Er öffnete den Brunnen des Abgrunds, und der
Rauch des Brunnens stieg empor, wie der Rauch eines großen Ofens. Die
Sonne und die Luft wurden vom Rauch des Brunnens verfinstert, und
Heuschrecken kamen aus dem Rauch des Brunnens über die Erde. Ihnen
wurde die Fähigheit gegeben, wie sie die Skorpionen der Erde besitzen.
Es wurde ihnen geboten, das Gras der Erde nicht zu verletzen und auch
nicht irgend etwas Grünes und nicht einen einzigen Baum, sondern nur
jene Menschen, die das Siegel Gottes nicht auf ihrer Stirne tragen. Sie
durften sie nicht töten, aber fünf Monate lang quälen. Der Schmerz, den
sie zufügen, ist wie der Stich eines Skorpions. In jenen Tagen werden
die Menschen den Tod suchen und ihn nicht finden. Sie werden verlangen
zu sterben, und der Tod wird vor ihnen fliehen. Die Heuschrecken sahen
aus wie kriegsgerüstete Pferde. Auf ihren Köpfen hatten sie gleichsam
goldene Kronen. Ihr Gesicht war wie das Gesicht von Menschen. Ihre
Haare waren wie Frauenhaare, und ihre Zähne waren wie das Gebiß von
Löwen. Sie trugen eiserne Panzer, und der Lärm ihrer Flügel war wie der
Lärm von vielen Streitwagen im Kriege. Sie hatten Schwänze wie
Skorpione mit Stacheln daran und konnten den Menschen fünf Monate lang
schaden. Als König hatten sie den Engel des Abgrunds über sich, der
hebräisch Abbaddon heißt, griechisch Apollyon, lateinisch Exterminans
("der Vernichter"). Ein "Wehe" ist vorübergegangen, und siehe, es
kommen noch zwei "Wehe" nach".
Als Deutung der Ereignisse beim Schall der fünften Posaune bot der
Bonner Theologe Fritz Tillmann folgende sonderbare Erklärung. "Man
denkt sich die im Erdinnern befindliche Hölle durch einen
Brunnenschacht mit der Erdoberfläche verbunden. Jetzt nach der Öffnung
des Brunnens kann der Rauch aus der Hölle sich über die Erde
verbreiten, aus ihm kommen furchtbare Heuschrecken ..." (Bonner Bibel
1927, Seite 328 - Diese Erklärung wurde sogar noch im Jahre 1962 im
Kösel-Verlag gedruckt.)
Der Schweizer Richard Gutswiller schrieb über dieselbe Sache: "Luzifer,
der Lichtträger, von dem Christus sagt: "Ich sah den Satan wie einen
Blitz vom Himmel fahren" (Luk.10,18)7, fällt nach der Schilderung der
Apokalypse wie ein Stern vom Himmel. Durch diesen Sturz wird der
Abgrund der Hölle geöffnet. Damit beginnt die höllische Wirkung auf die
Menschen. Der dunkle rußige Rauch verdeckt das Licht von oben und
beschmutzt den Menschen und all seine Werke ..." ("Herr der Herrscher",
Benziger-Verlag 1951, Seite 127).
Der Kapuziner Konstantin Rösch, dessen Neues Testament eine Auflage von
vielen hundertausend Exemplaren hatte, sagte folgendes: "Der Stern ist
wohl ein Himmelsfürst, der den Abgrund der Hölle öffnete, dem dann ein
Heer heuschreckenähnlicher Geister entstieg". Professor Peter Ketter,
früherer Mitarbeiter an der "Herderbibel" schrieb: "Der Seher erblickt
einen Stern. Der fällt nicht erst jetzt vom Himmel, sondern, wie das
Perfekt deutlich zu verstehen gibt, gehört sein Sturz der Vergangenheit
an. Und da er handelnd auftritt, kann nur ein gefallenes Geistwesen
damit gemeint sein, und zwar ein böser Engel, also Luzifer oder Satan
..." (135)
"...Dem gefallenen Stern-Engel wird der Schlüssel zum Brunnen des
Abgrunds ausgehändigt. Gemeint ist der im Erdinnern gedachte Sitz der
Dämonen und Verdammten, das kerkerähnliche Verlies Satans und seines
Anhangs" (136). Über die Heuschrecken sagt Peter Ketter: "Die Bomber
und Jagdflugzeuge unserer Tage darin vorgebildet zu sehen, bedeutet
keine Exegese mehr" (140).
In ähnlicher Weise schreiben viele andere moderne und modernste
Erklärer und Erklärerinnen. Es ist nicht nötig, alle einzeln genau
wiederzugeben. Die sonderbaren Ansichten der heutigen Theologen über
den "Brunnen des Abgrunds" sind ein kleines nur ein kleines! - Beispiel
dafür, wie unzuverlässig das Versprechen des Zweiten Vatikanischen
Konzils ist, die "Schatzkammer des Wortes Gottes weiter zu öffnen"
(siehe Liturgiekonstitution Art. 51).
Die "Heuschrecken" haben zwar als "König" den "Engel des Abgrunds" über
sich. Aber dennoch ist der "Brunnen des Abgrunds" etwas ganz anderes
als die Hölle. Man muß sich darüber wundern, daß die modernen Theologen
hier plötzlich so rasch die Höllen-Erklärung zur Hand haben; während
sie sonst um die Hölle herum einen großen Bogen machen.
Wenn der Brunnen des Abgrunds die Hölle wäre, hätten die ungeheuer
großen und starken "Heuschrecken", die gemäß der Beschreibung wie
"kriegsgerüstete Pferde" aussehen, ein leichtes Spiel, die Menschen in
diesen Abgrund hineinzutreiben. Aber das tun sie nicht ein einziges Mal!
Der Brunnen des Abgrunds, der beim fünften Posaunenschall geöffnet
wird, ist nicht der See aus Feuer und Schwefel, in den der Drache am
Ende der Zeiten geworfen wird (Apokalypse 20,9-10). Würde es sich beim
Brunnen des Abgrunds um die Hölle handeln, dann wäre es wohl auch nicht
nötig, daß die gewaltigen Heuschrecken mit eisernen Panzern auf jene
Menschen losgehen, die ihnen ohnehin schon verfallen sind, weil sie das
Siegel Gottes nicht auf der Stirne tragen.
Die Heuschrecken, die aus dem "Qualm des großen Ofens" kommen, wie es
heißt, haben eiserne Panzer, und der Lärm ihrer Flügel ist wie der Lärm
von vielen Streitwagen im Kriege.
Mit diesen Dingen können keine geistig-moralischen Abwegigkeiten
beschrieben sein, sondern nur greifbare materille Sachen, die ebenso
wie das Eisen selbst aus der Tiefe der Erde kommen. Der Teufel und die
sämtlichen Laster der Hölle benötigen gegenüber den ohnehin schon
gottlosen Menschen, auf die sie losgehen, keine eisernen Panzer und
lärmenden Flügel. Hier sind die modernen Theologen mit Sicherheit auf
dem Holzweg.
Mit dem Brunnen des Abgrunds bei der fünften Posaune kann nur etwas
gemeint sein, das ursprünglich die tiefeten Bodenschätze der Erde
enthält, das aber ebenso wie alles andere von jenem Wort getroffen
wurde: "Verflucht sei die Erde um deinetwillen" (Gen. 3,17). Infolge
der Sünde Adams sind auch alle Bodenschätze im tiefsten Erdinnern
verflucht. Aus diesem Grunde wird in dem siebenfach versiegelten Buch,
das ja die Katastrophen rechtfertigt, die über die Menschen kommen, nur
die unheilvolle Seite der Förderung der Bodenschätze beschrieben.
Der vom Himmel gefallene Stern, der bei der fünften Posaune erwähnt
wird, ist in Wirklichkeit kein Engel, sondern es ist einfachhin der
Mensch. Schon der Prophet Isaias spricht über den König von Babylon:
"Wie bist du vom Himmel gefallene hellstrahlender Morgenstern! Wie bist
du zu Boden geschmettert, du Völkerbesieger!..." usw. (14,12-16)
So wie hier der König von Babylon als ein Stern gesehen wird, der vom
Himmel gefallen ist, so sind heute noch viel mehr die Menschen als vom
Himmel gefallene Sterne zu bezeichnen. Sie sind dadurch vom Himmel
gefallen, daß sie ihre eigene Erschaffung und die Erschaffung der
ganzen Natur durch Gott leugnen. Und diesen Menschen wird durch
göttliche Zulassung der Schlüssel zu den Bodenschätzen des Abgrunds
gegeben: zu ihrem Unheil.
Der Brunnen des Abgrunds ist die rätselhafte Lage der Erdölquellen, die
aus dreitausend bis viertauseud Metern Tiefe täglich, ja stündlich
viele Millionen Liter Erdöl heraufschicken. Viele der großen heutigen
Verkehrsflugzeuge haben einen Tankinhalt von achtzig bis hunderttausend
Litern Treibstoff. In einer Stunde verbrauchen sie oft mehr als
zehntausend Liter. Dazu kommen unübersehbar viele Militärflugzeuge und
Millionen von täglich fahrenden Automobilen.
Bei der Deutung der eigenartigen Heuschrecken ist es wie bei der
Deutung der sieben mageren Ähren und der sieben mageren Kühe im
Traumgesicht des ägyptischen Pharaos: Die sieben mageren Ähren fraßen
die sieben fetten Ähren, und die sieben mageren Kühe fraßen die sieben
fetten Kühe. In der Traumvision des Pharaos taten die Pflanzen und die
Tiere etwas, was gegen ihre Natur war, und so verschonen auch die
Heuschrecken der fünften Posaune ganz gegen ihre Natur das Gras: Die
Verkehrsflugzeuge haben ihre ganz bestimmten Start- und Landplätze und
knicken nicht einen einzigen Grashalm der übrigen Natur. Die
Heuschrecken der fünften Posaune beachten das Gesetz des Naturschutzes.
Die "Heuschrecken" haben eine bestimmte Fähigkeit, nicht eine "Macht"
oder eine "Gewalt", wie die modernen Theologen übersetzen. Diese
Fähigheit entspricht einer gewissen Fähigkeit der Skorpione. Von diesen
sagt man auch nicht, sie hätten eine "Macht" oder eine "Gewalt". Sie
haben einfach nur die Fähigheit, durch ihren Stich Schmerz zuzufügen.
Dies ist auch bei den "Heuschrecken" der Fall. Die Heuschrecken der
fünften Posaune, nämlich die Verkehrsflugzeuge, belästigen die Bewohner
in der Nähe von Flugplätzen durch ungeheuren Lärm bei Tag und Nacht,
ohne daß die menschliche Technik eine Abhilfe zu schaffen imstande ist.
Das Gesicht der "Heuschrecken" ist wie das von Menschen, das heißt, sie
werden von Menschen gelenkt. Die Frauenhaare der Heuschrecken weisen
darauf hin, daß Frauen eine große Rolle im Leben dieser Heuschrecken
spielen. Tatsächlich liegt bei allen modernen Verkehrsflugzeugen aller
Staaten die Betreunng der Fluggäste ganz in den Händen von Frauen,
nämlich der Stewardessen Dies soll der Beruhigung der Fluggäste dienen.
Die fünf Monate, die als Wirkungszeit der Heuschrecken angegeben
werden, deuten darauf hin, wie kurz die Zeit der Erdölförderung
gegenüber der gesamten Lebensdauer der Menschheit sein wird. Ob dies
auf die Begrenzung der Vorräte des Erdöls hindeutet oder auf eine
sonstige Änderung der Lage, ist noch nicht mit Sicherheit zu sagen. Die
Zeit der fünften Posaune ist gekennzeichnet als die Zeit der
Selbstmorde der Menschen: "In jenen Tagen werden die Menschen den Tod
suchen. Aber er wird vor ihnen fliehen". Jener Tod, der vor den
Menschen fliehen wird, ist die von den Menschen gewünschte völlige
Auslöschung ihrer Existenz. Die Menschen bilden sich ein, mit dem
Selbstmord werde ihr Dasein ein völliges Ende haben; aber sie werden
sich täuschen. Sie können dem Gerichte Gottes, vor dem sie sich
fürchten, nicht entfliehen.
Als "König" haben die "Heuschrecken" den "Engel des Abgrunds" über
sich. Denn die Katastrophen der Verkehreflügzeuge gehören zu den
furchtbarsten Ereignissen. Beim Absturz einer britischen Maschine über
der Stadt München im Dezember 1960 verbranuten nicht nur alle Insassen
des Flugzeugs, sondern auch die Fahrgäste eines Straßenbahnzuges und
mehrere Autos. -
Der "Brunnen des Abgrunds" hat sich in der Geschichte der Menschheit zu
einer ganz bestimmten Zeit geöffnet. Kohlen haben die Menschen schon in
der Vorzeit gekannt. Denn schon König Salomon sagte:
"Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot, - hat er Durst, so
tränke ihn mit Wasser. Dadurch sammelst du glühende Kohlen auf sein
Haupt, und der Herr wird es dir vergelten" (Sprüche, 25, 21-22). Auch
Bitumen? unser Teer und Asphalt, war schon in ältester Zeit bekannt.
Denn der Patriarch Noe mußte auf Anweisung Gottes die Ritzen seiner
Arche mit Bitumen verstreichen (Gen. 6,14).
Sogar Naphta, das Erdöl, kannten die alten Perser und Griechen, ohne es
richtig verwenden zu können. Erst dem Menschen des 19.Jahrhunderts
wurde der Schlüssel zu diesem Brunnen des Abgrunds gegeben.
Fritz Tillmann hatte gesagt; "Man denkt sich die im Erdinnern
befindliche Hölle durch einen Brunnenschacht mit der Erdoberfläche
verbunden ..." - Das ist eine sehr ungenügende Erklärung. Denn der
"Rauch der Hölle"' von dem Fritz Tillmann spricht, ist schon bei den
vier Reitern zu spüren, besonders beim Reiter des vierten Siegels, von
dem es heißt: "Hinter ihm folgt die Unterwelt".
Konstantin Rösch behauptete, ein "Himmelsfürst" habe den Abgrund der
Hölle geöffnet. Darauf ist zu sagen, daß der Mensch ja tatsächlich ein
Himmelsfürst ist oder sein könnte. Dadurch, daß der Sohn Gottes die
menschliche Natur annahm, wurde diese sogar noch über die Engel erhöht.
Gemaß dem Apostel Johannes heißen wir nicht nur Kinder Gottes, sondern
wir sind es auch (1.Joh, 3,1).
Peter Ketter behauptete, die Flugzeug-Deutung sei keine Exegese, das
heißt keine wissenschaftliche Schriftauslegung. Aber er sollte doch
sehen, daß in dem siebenfach versiegelten Buch unter der Rücksicht der
Katastrophen die gesamte Menschheitsgeschichte bis zum Weltgericht
zusammengefaßt ist. Also ist auch die Zeit der Flugzeuge dabei. Petter
Ketter hat es versäumt, eine genaue Deutung der "Heuschrecken" zu geben.
Zum Schluß darf und muß noch etwas über die Zeitrechnung in dem siebenfach versiegelten Buch gesagt werden.
Die Geheime Offenbarung des Apostels Johannes ist eigens dazu
geschrieben worden, um allen Gläubigen der gesamten Kirche Hinweise für
ihr Verhalten in den verschiedensten Zeiten zu geben. Diese Tatsache
wird schon durch die einleitenden Worte bewiesen: "Selig, wer die Worte
dieser Prophezeiung liest und hört und das bewahrt, was darin
geschrieben ist. Denn die Zeit ist nahe". Diese Seligpreisung geht alle
Gläubigen an, und es gilt darum, die Zeit so zu sehen und so zu
verstehen, wie der letzte Apostel sie in seinen Visionen geschaut hat.
In der Geheimen Offenbarung sieht es manchmal so aus, als ob es fast
gar keine oder wenigstens nicht mehr viel Zeit geben würde. Johannes
sagt nicht nur "Die Zeit ist nahe", sondern er schreibt sogar den Satz:
"Siehe, Er (nämlich Christus) kommt auf den Wolken." (1,7), als ob die
Wiederkunft Christi damals nur eine Frage allerkürzester Zeit gewesen
wäre.
Auf der anderen Seite geht aber aus den Visionen des Apostels klar
hervor, daß er Dinge hört und sieht, die sich - menschlich gemessen -
auf sehr lange Zeiträume beziehen.
So fragen z.B. beim fünften Siegel die Seelen der ungerecht Ermordeten
unter dem Altar und rufen mit lauter Stimme: "Wie lange noch , o Herr,
Du Heiliger und Wahrer, richtest du nicht und rächest unser Blut an den
Erdbewohnern?" (6,9-10).
Daß es sich nach menschlichen Begriffen um lange Zeiten handelt, geht
auch aus den Worten jenes großen Engels hervor, der nach dem sicher
nicht kurzen Aufmarsch der zweihundert Millionen Panzerreiter mit einem
Fuß auf dem Meer und mit dem anderen auf dem Lande steht und laut
verkündet: "Es wird keine Zeit mehr sein" (10,6). Johannes hebt hervor,
daß er die Zahl der zweihundert Millionen genau gehört hat. Zweihundert
Millionen konnten damals, als Johannes lebte, noch lange nicht so ohne
weiteres aufmarschieren. Auch die Zeit der Völkerwanderung hatte keinen
derartigen Aufmarsch erlebt. Nicht einmal Napoleon brachte so etwas
fertig. Erst unser 20.Jahrhundert läßt die zweihundert Millionen
Panzerreiter tatsächlich aufmarschieren.
Es ist somit überaus wichtig, die Worte des Lieblingsjüngers unseres
Herrn immer wieder aufmerksam zu lesen und stets nochmals von neuem
anzufangen, wenn man alle Ereignisse des Buches und alle Ereignisse der
Geschichte der Kirche und der Menschheit in Einklang bringen will.
Die einzelnen Reiter der vier ersten Siegel betreffen die gesamte
Menschheitsgeschichte: Die vier hauptsächlichsten Plagen bei jedem
Kriege, nämlich die überaus teure Kriegerüstung (der weiße Reiter in
Paradeuniform), ferner der gegenseitige Haß und die Feindschaft, die
Hungersnot und schließlich der Tod selbst mit der Unterwelt erstrecken
sich auf die Zeit der ganzen Menschheit, auch wenn es im griechischen
Text der Geheimen Offenbarung mißverständlich heißt: "über den vierten
Teile der Erde". Die Vulgata sagt: "Es wurde ihm Gewalt gegeben über
die vier Teile der Erde."
Auch in der Vision des fünften Siegels erstreckt sich die Zeit, um die
es sich handelt, über die gesamte Menschheitsgeschichte. Denn auch der
von seinem Bruder Kain erschlagene Abel wurde "wegen des Wortes Gottes
getötet"! Es heißt eigens, Gott habe den Kain getadelt, und dieser
Tadel erregte den Haß des Kain gegen seinen Bruder (Gen. 4,1-8).
Sogar das Erdbeben, das bei der Öffnung des sechsten Siegels entsteht,
vertritt die Stelle für alle Heimsuchungen dieser Art, die die Menschen
je betroffen haben und noch betreffen werden. Zwar scheinen nur die
nach Christi Geburt lebenden Menschen davon betroffen zu sein, weil sie
zu den Bergen und Felsen sprechen "Fallet über uns und verbergt uns vor
dem Angesicht dessen, der auf dem Throne sitzt und vor dem Zorne des
Lammes " (6,16). Die Menschen vor Christi Geburt wußten ja noch nichts
vom Lamme Gottes. Aber dennoch bezieht sich diese Stelle auf alle
Menschen. Denn die ganze Geheime Offenbarung des Apostels Johannes ist
unter der Rücksicht geschrieben, daß das Lamm Gottes vom Anbeginn der
Welt an geschlachtet ist" (13,8).
Infolgedessen werden auch die bereits vor Christi Geburt existierenden
Menschen so geschildert, als seien sie sich dessen bewußt, daß sie
einmal vom "Lamme" gerichtet werden. Es ist wie bei den Reitern der
ersten vier Siegel: Sie werden vom Lamme vorgeführt und gerechtfertigt
und sie beziehen sich auf die gesamte Menschheit vor und nach Christi
Geburt. Christus ist der Herr über die gesamte Weltgeschichte.
Die Kennzeichnung der Auserwählten vor der Öffnung des siebten Siegels,
nämlich die Kennzeichnung jener 144.000 aus dem Volke Israel und jener
übergroßen Schar aus allen Völkern und Sprachen bezieht sich ebenfalls
auf die gesamte Dauer des Volkes Israel und auf die ganze Dauer der
Weltgeschichte.
Somit beziehen sich die Katastrophen der ersten sechs Siegel auf die
ganze Dauer der Menschheit, und nicht nur auf eine beschränkte Zeit
derselben.
Bei der Öffnung des siebenten Siegels wird es plötzlich anders; das
halbstündige Schweigen im Himmel weist auf die letzte Katastrophe hin,
die das Lamm Gottes offenbaren und rechtfertigen wird. Die sieben
Posaunenstöße, die dieses Ereignis einleiten, beziehen sich auf eine
verhältnismäßig eng begrenzte Zeit. Diese Zeit ist nicht nur
dadurch begrenzt, daß es sich bei den sieben Posaunen um die Einleitung
zum Weltgericht handelt, sondern die Katastrophen der einzelnen
Posaunenstöße sind zeitlich sehr begrenzt. So heißt es z.B. beim ersten
Posaunenstoß, daß "alles grüne Gras verbrannte", während den
sonderbaren Heuschrecken bei der fünften Posaune eigens eingeschärft
wird, weder dem Gras der Erde, noch dem Grün, noch einem Baum zu
schaden"(9,4). Es gibt somit während der Zeit der sieben Posaunenstöße
einen Abschnitt, in dem alles Gras vernichtet wird, und einen anderen,
in dem gar kein Gras vernichtet werden darf. Es ist die Zeit des
Naturschutzes.
Um eine engbegrenzte Zeit handelt es sich auch bei dem Satz: "In jenen
Tagen werden die Menschen den Tod suchen, ihn aber nicht finden. Sie
werden zu sterben verlangen. Aber der Tod wird vor ihnen fliehen"
(9,6). Bei der Katastrophe des Erdbebens, hatten sich die Menschen vor
dem Tod zu verstecken gesucht. Jetzt, in dem Abschnitt der fünften
Posaune, ist es umgekehrt.
Die genaueste Zeitangabe erfolgt bei der sechsten Posaune. Es heißt
dort, daß vier Engel losgelassen werden, "die an dem großen Strom
Euphrat angebunden sind." Von diesen vier Engeln wird gesagt, daß sie
"auf Stunde und Tag und Monat und Jahr" bereit sind, den dritten Teil
der Menschheit zu töten (9,15). Diese Zeitangabe ist zwar nicht genau
genug für die Neugierde der Menschen. Aber sie genügt für die Erklärung
der Geheimen Offenbarung. Denn damit ist ein genaues Datum vor Gott
bezeichnet, dem gegenüber die Menschen trotz aller politischen
Sicherheitskonverenzen machtlos sind.
Aus den beiden Angaben bei der fünften und sechsten Posaune, nämlich:
"In jenen, Tagen werden die Menschen den Tod suchen" und: "auf Stunde
und Tag und Monat und Jahr" stehen vier Engel am Euphrat bereit, folgt
mit Sicherheit, daß Johannes zwei fest umrissene Zeitpunkte der
Menschheitsgeschichte vor Augen hatte, wovon der eine durch
"Heuschrecken" gekennzeichnet ist und der andere durch den Aufmarsch
der zweihundert Millionen Panzerreiter
Es hat somit keinen Sinn, jede zeitliche Deutung der Posaunenereignisse
abzulehnen, zumal sich die siebente Posaune mit Sicherheit auf den
Jüngsten Tag bezieht.
Die Ereignisse des fünften und sechsten Posaunenstoßes sind nicht nur
im Text der Geheimen Offenbarung, sondern auch in der tatsächlichen
Geschichte der Menschheit klar voneinander abgegrenzt. Denn wenn die
zweihundert Millionen Panzerreiter sich in Bewegung setzen, werden
keine Verkehrsflugzeuge mehr am Himmel sein. Die zivile Luftfahrt hört
dann plötzlich auf.
Es wäre viel besser gewesen, wenn sich die Bischöfe des Zweiten
Vatikanischen Konzils mit der Geheimen Offenbarung des Apostels
Johannes beschäftigt hätten anstatt mit der Zerstörung des heiligen
Meßopfers. Die Bischöfe des Zweiten Vatikanischen Konzils haben die
Zeichen der Zeit in keiner Weise erkannt.
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