DER GÖTTLICHE GNADENSTROM DES HL. MESSOPFERS
von
Walter W.E.Dettmann
Prof.J.A.Jungmann, der liturgische Sachverständige des Zweiten
Vatikanischen Konzils, hat jenes römische Meßbuch, das der heilige
Papst Pius V. im Jahre 1570 herausgab und das bis zum Zweiten
Vatikanischen Konzil in Kraft war, mit einem Staudamm verglichen, der
bewirkt habe, daß "das (einst) blühende Flußtal nun öde liegt". In
früheren Zeiten habe der jetzt gestaute Strom allerdings oft
"eigenwillige Um- und Seitenwege" gemacht, und es habe auch
"Überschwemmungen und Übermurungen" gegeben (Missarum Sollemnia, I. 179)
Diese Schilderung Jungmanns, die dem "Strom" der Meßfeier in
übertragenem Sinne Katastrophen zuschreibt, nämlich "Überschwemmungen
und Übermurungen", ist für einen katholischen Gläubigen unannehmbar.
Es ist auch verkehrt, von "eigenwilligen Um- und Seitenwegen" des
Stromes zu sprechen. Prof.Jungmann meint damit freilich die rein
menschliche Seite bei der Feier des hl.Meßopfers. Aber weil er nun
einmal den Vergleich mit einem Strom gewählt hat, sollte er sich bewußt
sein, daß bei diesem Strom, der ja nicht von Menschen stammt, die
göttliche Einsetzung durch Jesus Christus und die göttliche Führung
durch den Heiligen Geist die Hauptsache sind, und deshalb ist es sicher
verfehlt, von "eigenwilligen Um- und Seitenwegen" des Stromes zu
sprechen.
Ganz und gar verfehlt ist es schließlich, zu behaupten, nach der
Errichtung des "Staudammes", d.h. nach der Einführung des Meßbuches
durch Papst Pius V. im Jahre 1570, sei das bisher "blühende Flußtal"
öde geworden.
Jungmanns Vergleich ist schon deshalb unpassend und sogar naturwidrig
weil ein Flußtal, das ständigen Überschwemmungen und Übermurungen
ausgesetzt ist, niemals "blühend" im Sinne einer Kulturlandschaft sein
kann.
In einem alten Lied zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu heißt es:
"O, so laßt uns niederknien
an dem Strom, der Leben gibt, l
aßt uns eitle Freuden fliehen,
Jesu Herz alleinig liebt!"
Prof. Jungmann war kein Freund der Herz-Jesu-Andachten. Aber er hatte
noch das Bild vom göttlichen Gnadenstrom ganz verschwommen vor Augen
behalten. Wenn Prof.Jungmann sich daran erinnert hätte, daß dieses Bild
aus einer Vision des Propheten Ezechiel stammt, hätte er sicher die
oben erwähnten Fehler in seinem Vergleich vermieden.
Im 47.Kapitel seines Buches beschreibt der große Prophet Ezechiel folgende Vision:
"Dann führte er (nämlich jener Mann,"der glänzend wie Erz aussah" - Ezechiel 40,3)
mich an den Eingang des Tempels. Siehe, da floß Wasser unter der
Schwelle des Tempels hervor nach Osten hin. Die Front des Tempels
schaute nach Osten. Das Wasser floß unterhalb der rechten Seitenwand
des Tempels, südlich vom Brandopferaltar, hinab. Er führte mich durch
das Nordtor hinaus und draußen herum zum äußeren Osttor. Und siehe, das
Wasser floß von der rechten Seitenwand herab. Der Mann ging ostwärts
weiter und hatte die lvIeßschnur in der Hand. Er maß tausend Ellen ab
und führte mich durch das Wasser. Es ging bis an die Knöchel. Er maß
wieder tausend Ellen und führte mich durch das Wasser: Das Wasser ging
mir bis an die Knie. Er maß wiederum tausend Ellen und führte mich
hindurch: Das Wasser ging bis an die Hüften. Er maß wieder tausend
Ellen, da war es ein Fluß, den ich nicht mehr durchschreiten konnte.
Denn das Wasser war so gestiegen, daß man nicht mehr durchkam. Da sagte
er zu mir: "Du hast genau gesehen, Menschensohn", dann führte er mich
heraus und kehrte sich am Ufer des Flusses um. Als ich mich ich mich
umwandte, sah ich auf beiden Seiten des Flusses viele Bäume stehen. Da
sagte er zu mir: "Diese Wasser fließen in die östliche Sandwüste und
gehen hinunter in die ebene Steppe und ergießen sich ins Meer, und
dessen Wasser wird gesund, und alle Lebewesen, die sich regen, werden
überall, wohin der Fluß kommt, aufleben, und es wird viele Fische
geben, und alles wird gesund werden und genesen, wohin der Fluß kommt.
Und Fischer werden dastehen von Engaddi bis Engallim und werden ihre
Netze trocknen. Es wird überaus viele Arten von Fischen geben, wie im
großen Meer. Aber die Sümpfe und Tümpel in der Nähe des Flusses werden
nicht gesund werden. Sie bleiben salzig. An den Ufern des Flusses
werden alle Arten von Obstbäumen stehen, deren Laub nicht welk wird und
deren Früchte nicht abnehmen. Jeden Monat werden sie frische Früchte
tragen. Denn das Wasser kommt vom Heiliglum. Die Früchte dienen als
Speise und die Blätter als Arznei" (Ezechiel 47, 1 - 12).
Der Übersetzer Eugen Henne sagt als Erklärung zu dieser Vision:
"Ezechiel schaut eine Quelle, die im Tempel entspringt und sich ins
Tote Meer ergießt.... Der Strom ist ein Sinnbild der messianischen
Heilsgüter, die Gott der neutestamentlichen Kirche spendet".
Der Prophet Ezechiel beschreibt seinen Landsleuten in der Babylonischen
Gefangenschaft den künftigen neuen Tempel in Jerusalem. Zugleich
beschreibt er unter diesem Bild die Zeit des Messias, und zwar in
erster Linie den Erlöser Jesus Christus selbst. Jesus hat den Juden
gegenüber seinen eigenen Leib als einen Tempel bezeichnet ("Reißet
diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde ich ihn wieder
aufrichten" - Joh.2,19), und die christliche Kunst stellt den
Gekreuzigten stets mit dem Lanzenstich an seiner rechten Seite dar, um
auf diese Weise an die Vision des Propheten Ezechiel zu erinnern, daß
das Wasser aus der rechten Seite des Tempels kam.
Bei Ezechiel ist zuerst die Rede vom eigentlichen Tempelgebäude im
engeren Sinn, nämlich von jenem besonderen Gebäude, in dem sich die
Bundeslade befand. Bei diesem Bau bemerkte Ezechiel in seiner Vision,
wie unter der Türschwelle Wasser hervorkam.
Der Wasserlauf wandte sich sofort nach Süden, an der rechten Seite der
ostwärts gerichteten Tempelwand entlang. Ezechiel hatte aber nicht viel
Zeit zum Schauen und Überlegen. Denn der geheimnisvolle Mann, sicher
ein Engel, führte ihn von dem sonderbaren Wasserlauf weg in
entgegengesetzter Richtung zum nördlichen Tor des Tempelvorhofes
hinaus. Von dort aus wurde er außen herum an jene gewaltige
Umfassungsmauer geführt, die sich auch heute noch über dem Kedrontale
erhebt, gegenüber vom Garten Gethsemani und gegenüber dem Ölberg. Und
hier bemerkte Ezechiel plötzlich wieder den sonderbaren Wasserlauf, der
von der rechten Hälfte der östlichen Umfassungsmauer herabkam. Von hier
aus wurde der Wasserlauf zusehends größer; nach viermal tausend Ellen,
das heißt nach knapp anderthalb Kilometern, wenn man die Elle zu 35 cm
nimmt, konnte Ezechiel das Wasser gar nicht mehr zu Fuß überqueren.
Ohne jeden Zweifel ist mit der zusehends größer werdenden Quelle nicht
nur das Taufwasser allein sondern die gesamte Gnadenfülle unseres
Heilands gemeint, die in der jungen Kirche unvorstellbar rasch zunahm .
Besonders die Feier des hl.Meßopfers, die Feier des Brotbrechens, nahm
in der Urkirche in wunderbarer Weise zu.
Bemerkenswert ist, daß Ezechiel neben dem Lauf der Quelle und des
Flusses noch stehende Gewässer wahrnahm, die salzig und bitter blieben,
während das gesamte "Tote Meer" durch den wunderbaren Strom gesund
wurde. Es wird somit immer und zu allen Zeiten Menschen geben, die den
Glauben an die Erlösung und an die Gnade unseres Heilands Jesus
Christus ganz ablehnen. Sie behalten das Bittere ihrer
Hoffnungslosigkeit.
Es wird aber auch immer wieder Menschen geben, die die besonderen
Gnaden unseres Erlösers, wie z.B. das Altarssakrament, ablehnen. Diese
Menschen stellen sich auch abseits vom Gnadenstrom der heiligen Messe;
sie nennen sich Christen. Aber sie sträuben sich, unseren wunderbaren
Heiland, so wie er im hl. Sakrament zugegen ist, mit gebeugtem Knie
anzubeten.
Wenn Prof.Jungmann eine wirklich nützliche Darstellung der Meßliturgie
hätte geben wollen, hätte er nichts Besseres tun können, als zuerst den
Gnadenstrom zu betrachten, von dem der Prophet Ezechiel spricht.
Hier hätte er gesehen, woher der Strom kommt, wie er sich entwickelt und wohin er fließt und welche Wirkungen er hat.
Jungmann hätte gesehen, daß es bei diesem Strom keinen "Staudamm"
braucht, um die Kirche vor "Überschwemmungen und Übermurungen" zu
schützen. Ebenso hätte Jungmann sehen können, wie rechts und links von
diesem wunderbaren Strom herrlichste Kulturen stehen, an denen sich die
Menschen laben, ohne Angst vor Überschwemmungen zu haben.
Auch das Zweite Vatikanische Konzil hätte diesen Gnadenstrom betrachten
sollen, wenn es über die Liturgie spricht. Aber dieses Konzil wollte
die unaussprechlich wunderbare Tempelquelle "manipulieren", wie man
heute sagt.
Das Zweite Vatikanische Konzil wollte die salzigen Sümpfe und Tümpel in
der Umgebung des Gnadenstromes so mit diesem verbinden, daß der ganze
Gnadenstrom salzig und bitter geworden wäre. Dann wären alle herrlichen
Obstbäume rechts und links des Flusses rasch zugrunde gegangen.
Der Vergleich mit den salzigen Tümpeln neben dem Gnadenstrom ist keine
Beleidigung für die Nichtkatholiken. Denn wenn die Heilige Schrift die
gesagte Heidenwelt unter dem Bild des Toten Meeres zusammenfaßt, dann
dürfen auch wir jene, die das heiligste Altarssakrament ablehnen, mit
bitteren Gewässern vergleichen, zumal dies der eigentliche Sinn der
Heiligen Schrift ist.
Die wirklich bittere Sprache dieser Gegner des heiligsten
Altarssakramentes wollten Karl Rahner und seine hohen
Konzilsmoderatoren in die geheiligte Sprache der Kirche übernehmen.
In seiner Einleitung zur amtlichen deutschen Ausgabe der Liturgiekonstitution sagt Karl Rahner über deren II.Kapitel folgendes:
"Das II Kapitel spricht in zwölf Artikeln über das "heilige Geheimnis
der Eucharistie" ("Geheimnis" wurde hier gewählt, um in möglichst
ökumenischer Sprache Opfer und Sakrament in einem zu bezeichnen).
Artikel 47 enthält eine theologische Beschreibung der Eucharistie,
wobei zwei Elemente besonders bemerkenswert sind. Es ist von einem
"Fortdauern lassen" des Kreuzesopfers die Rede, während die Ausdrücke
"Vergegenwärtigen" (Konzil von Trient) und "Erneuern" (neuere
päpstliche Texte) absichtlich vermieden werden. Die Eucharistiefeier
wird mit einem in der jüngsten evangelischen Diskussion viel
verwendeten Wort als "Memoriale", "Gedächtnisfeier" des Todes und der
Auferstehung Jesu bezeichnet."
(Kleines Konzilskompendium? Seite 43)
Das Ziel und der Zweck der ganzen Liturgiekonstitution ist somit auch
eine möglichst "ökumenische Sprache". Das heißt auf deutsch eine
Sprache, die soweit wie möglich den unnachgiebigen Gegnern des
heiligsten Altarssakramentes angepaßt ist.
Das farblose Wort "Geheimnis" wird künftig die katholischen Begriffe
"Opfer" und" Sakrament" in Wirklichkeit nicht "bezeichnen", wie Karl
Rahner meint, sondern verdecken, vernebeln und sogar auslöschen .
Die Sprache des Konzils von Trient und die Sprache Papst Pius' XII. in
seinem Rundschreiben "Mediator Dei" wird "absichtlich vermieden", als
ob es so einfach und leicht wäre, unseren Glauben auch auf andere Weise
klar auszudrücken und abzugrenzen.
Man kann unter solchen Umständen nur an das Wort des Heilands erinnern:
"Jeder, der mich vor den Menschen bekennt, den werde auch ich vor
meinem Vater bekennen, der im Himmel ist. Wer mich aber vor den
Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater verleugnen,
der im Himmel ist" (Matth 10, 32).
Die Konzilsbischöfe wollten den göttlichen Gnadenstrom, die
unaussprechlich heilige Tempelquelle, in ganz verkehrter Weise
menschlich-technisch "regulieren".
Dieser Versuch wird aber noch viel schlimmere Verwüstungen,
Überschwemmungen und Übcermurungen zur Folge haben, als die
"Sachverständigen" in Rom sich vorstellen.
Denn die wunderbare Tempelquelle wird plötzlich aufhören zu fließen: es
wird keine heilige Wandlung mehr stattfinden, wenn die heutigen
Bischöfe, an ihrer Spitze Montini, alles das durchführen, was sie auf
dem Zweiten Vatikanischen Konzil geplant haben.
Es wird in der Kirche eine Überschwemmung und Übermurung von Aufruhr,
Gotteslästerung und Lastern aller Art geben, gegen die kein Staudamm
des Herrn Profossors Jungmann mehr gewachsen ist, und dann, wenn die
heilige Tempelquelle zu fließen aufhört, wird das einst blühende
Flußtal wirklich öde daliegen.
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