Hochwürdigster Herr Bischof Pivarunas,
auf Ihrer Hompage <http://www.cmri.org/yurchik.html> haben Sie
eine eigene Seite im Internet über die Konversion und die sog. Aufnahme
in die katholische Kirche von Bischof Yuri Yurchyk, Donetsk/Ukraine
("Reception into the Chatholic Church") eingerichtet. Zu gleicher Zeit
hat H.H. Rissling diesen Vorgang in den "Beiträgen" Nr. 47, S. 7 ff.,
dokumentiert. Abgesehen von den grundsätzlichen Problemen einer solchen
Aufnahme, die die erforderliche kanonische Autorität und die Existenz
der röm.-kath. Kirche als intakter Heilsinstitution voraussetzen -
beide Bedingungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt (auch wegen
Ihrer diesbezüglichen Untätigkeit!) -, ergeben sich auch weitere Fragen
im Zusammenhang mit dem angeblich aufgenommenen Bischof Yurchyk und
seinem, von Rissling in den "Beiträgen" (a.a.O.) angeführten
Konsekrator Filaret, einem überaus schillernden, Skandale
verursachenden Kleriker (man vgl. dazu die Ausführungen in der
"Internationalen Kirchlichen Zeitschrift" Heft 3 von 2003).
Leider haben Sie auf meine bisher an Sie gerichteten Briefe nicht
eindeutig und klar geantwortet bzw. wollten die umrissenen Probleme
nicht sehen. Nachdem Sie und H.H. Rissling jedoch eine weitere
Korrespondenz über dieses Problem verweigern, sehe ich mich veranlaßt,
die Angelegenheit öffentlich vorzutragen, damit auch die Gläubigen über
diesen Vorgang der angeblichen Aufnahme eines orthodoxen Bischofs in
die "kath. Kirche" informiert werden.
Am 27. Februar hatte ich Ihnen u.a geschrieben:
"Meine Anfrage an Sie (...) ist zu sehen im Zusammenhang mit unserer
Sorge um einen klaren und zielgerichteten Wiederaufbau der Kirche. Wir
sind von zwei Gefahren umringt:
a) von der Gefahr, durch Clerici vagantes mit dubiosen bzw. ungültigen Weihen unterwandert zu werden;
b) von der Gefahr, durch Vernachlässigung der Intention, den
Wiederaufbau der Kirche (als Heilsinstitution) zu betreiben, zum
Sektierertum zu mutieren; eine Gefahr, in der ich auch Sie und Rissling
sehe.
Meine Anfrage galt der Person von Bischof Yurchik. Wer ist dieser Kleriker, der
- sich von einem Bischof weihen läßt, welcher
- als Ökumeniker mit der 'Konzilskirche' in enger Verbindung steht,
- der seine Kirche wegen Machtmißbrauch gespalten hat,
- der in die schlimmsten Skandale verwickelt ist:
- Unterschlagung,
- Frauengeschichten,
- Kooperation mit dem KGB
- der 1992 laisiert und
- der 1997 exkommuniziert wurde,
-seine Weihen von einem solchermaßen zensierten und ausgeschlossenen
Bischof empfängt, die er nach seinem eigenen, orthodoxen theologischen
Selbstverständnis als ungültig ansehen muß (ich spreche nicht von der
Bewertung der Weihe der Orthodoxie aus unserer Sicht!);
-der inzwischen über Mittelspersonen Kontakt zu Linus II. aufgenommen haben soll, wie mir glaubhaft brieflich versichert wurde.
Aus den oben angeführten Punkten geht zumindest soviel hervor, daß
Bischof Yurchik keineswegs als unbelasteter Konversionsanwärter
anzusehen ist. Ich bat Sie und bitte Sie erneut, herauszufinden, wer
Yurchik wirklich ist und was er bei uns will. Falls Sie dies selbst
nicht können oder wollen, werde ich mich um eine solche Klärung bemühen
und mein Resultat gegebenenfalls publizieren."
Nun zur Klärung der eigentlichen Probleme:
1. In Ihrem Schreiben vom 11.2.04 setzen Sie die Aufnahme eines
Bischofs in die Kirche gleich mit einer Bischofskonsekration ohne
Mandat, weswegen Sie davon ausgehen, auch einen schismatischen Bischof
rekonziliieren zu dürfen ("a simultaneo"). Ein solcher Vergleich der
Bischofskonsekration ohne Mandat mit der von Ihnen vollzogenen sog.
Aufnahme in die "katholische Kirche" ("Reception into the Chatholic
Church" sic!) - in welche katholische Kirche? in die röm.-kath. Kirche?
- ist unhaltbar. Bei der Weihe eines Bischofs - auch ohne Mandat -
handelt es sich um eine sakramentale Handlung, bei der Aufnahme eines
Konvertiten um einen jurisdiktionellen Akt, zu dem Sie ebensowenig
legitimiert sind wie irgendein anderer traditionalistischer Bischof, da
Sie überhaupt keine Jurisdiktion besitzen. Was Sie gemacht haben, ist
schlichte Amtsanmaßung, da, wie Sie richtig schreiben, eine
Rekonziliation eines Bischofs dem Papst vorbehalten ist. (Um Ihnen
diese Anmaßung verständlich zu machen, möchte ich Sie fragen, wann Sie
demnächst Heiligsprechungen vornehmen oder neue Dogmen verkünden wollen
"während des gegenwärtigen Interregnums und der Vakanz des
apostolischen Stuhles" (sic!).
Als S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc 1981 die Patres des Lauriers, Zamora und
Carmona zu Bischöfen weihte, war allen Beteiligten klar, daß die
Erteilung der Weihen aus der damaligen Situation heraus nicht nur
erlaubt, sondern auch geboten waren, daß sie sich deshalb aber dennoch
wegen des fehlenden Mandats in einem rechtlichen Provisorium befinden
würden, weswegen die Weihen selbst nur erst von einer restituierten
höchsten Autorität legitimiert werden könnten. Falls Sie die
Niederschläge dieser Debatte, die zu diesem Problem weltweit geführt
wurde, haben wollen, kann ich sie Ihnen zukommen lassen.
2. Abgesehen von der angemaßten Jurisdiktion fand auch eine Aufnahme in
die "katholische Kirche" (ich gehe einmal davon aus, daß Sie die
röm.-kath. Kirche meinten) auch aus einem anderen Grund nicht statt: wo
soll denn diese röm.-kath. Kirche als Heilsinstitution mit Jurisdiktion
sein? Sie existiert (noch) nicht wieder! Und meine Anmahnungen, sie
wieder aufzubauen, sind meines Wissens gerade bei Ihnen bisher auf
keinen fruchtbaren Boden gefallen. Wie also wollen Sie jemand in eine
Institution aufnehmen, deren Wiederaufbau Sie nicht einmal deutlich
intendieren. Bischof Davila hat es bei seinem letzten Besuch
präzisiert: "Wir haben uns in den letzten 20 Jahren nur um pastorale
Aufgaben gekümmert." Das heißt auch, daß an der Restitution der Kirche
als Institution nicht gearbeitet wurde bzw. nicht an ihr gearbeitet
werden wollte. Das ist umso erstaunlicher, als es gerade im Interesse
der Kleriker liegen sollte, ihre eigene Situation hinsichtlich ihrer
Vollmachten und ihrer Legitimität zu klären. Denn ist dieser
Wiederaufbau nicht intentional vollzogen, handeln solche Kleriker nicht
mehr im Auftrag der Kirche. Und ich sehe die große Gefahr, daß der
Widerstand im katholisierenden Sektierertum endet. Es gibt Gläubige,
die zu bestimmten Priestern nicht mehr in die Messe gehen, weil sie in
diesen keine Priester der röm.-kath. Kirche mehr erkennen können.
Aus diesen Gründen - fehlende Autorität und (noch) inexistente Kirche
als Heils- und als Rechtsinstitution - ist die von Ihnen vollzogene
Aufnahme Yurchyks in die kath. Kirche - mag sie auch noch so gut
gemeint sein! - als Farce anzusehen, die unserem Anliegen weit mehr
schadet, als Sie sich das vorstellen können. Was würden Sie wohl sagen,
wenn ich Sie zum nächsten Präsidenten von Amerika ernennen würde? Unter
welchem Namen würden Sie diesen Akt auf Ihrer Homepage bekannt machen?
Vor einigen Jahren haben Fr. Krier, Herr Jerrentrrup und ich uns darum
bemüht, eine Erklärung zu formulieren, die an die DECLARATIO von S.E.
Mgr. Ngô-dinh-Thuc anschließt und in der dargelegt wird, wie die
theologischen Probleme, die sich bei diesem Wiederaufbau ergeben,
gelöst werden können. Mir ist allerdings bisher von Ihnen weder eine
Kritik noch eine Korrektur oder ein Kommentar zu dieser Erklärung
bekannt geworden.
3. Das Problem der Gültigkeit orthodoxer Weihen stand nicht zur
Debatte. Ich hatte die Weihen von Yurchyk aus katholischer Sicht nicht
angezweifelt. Möglicherweise handelte es sich auch um ein
Mißverständnis bezüglich der betreffenden Passage. Selbstverständlich
ist Ihre Darstellung der Bedingungen für die Gültigkeit einer Weihe
richtig, und ich teile sie voll und ganz.
4. Was aber die Weihen von Bischöfen angeht, bei denen der Konsekrator
die geforderte Intention möglicherweise nicht gehabt hatte, so ist das
Problem vielschichtiger als Sie es darstellen. Im Falle von Lefebvre
wurde von qualifizierten Theologen (S.E. Mgr. Peter Martin
Ngô-dinh-Thuc (Dr. can., Dr. theol. und Lic.), von H.H. Dr. theol.
Katzer, H.H. Bischof Carmona, Prof. Dr. Diether Wendland, H.H. Bischof
Vezelis, H.H. Bischof Zamora - ich zähle auch meine Abhandlung dazu,
auch wenn ich kein theologisches Examen vorweisen kann) Zweifel an der
Gültigkeit von Lefebvre's Weihen geäußert. Selbst Bischof Guerard des
Lauriers, Prof. der Theologie, der an der Gültigkeit von Mgr. Lefebvres
Weihen direkt nicht zweifelte, gab jedoch zu, daß moraltheologische
Bedenken schon vorgebracht werden könnten.
Es gab eine Abmachung zwischen den angeführten Bischöfen, Priester aus
der St.-Pius-Bruderschaft, die sich uns anschließen wollten, sub
conditione nachzuweihen. Sie, hochwürdigster Herr Pivarunas, haben sich
an diese Abmachung nicht gehalten, als Sie Dolan weihten, obwohl ich
Sie auf die Problematik und das Abkommen hingewiesen hatte. Sie haben
sich so nicht nur illoyal gegenüber diesen Bischöfen verhalten, denen
Sie Ihren geistlichen Stand verdanken, sondern auch deren Argumente
ignoriert. (N.b. sieht man einmal von dem kümmerlichen Statement nach
seiner Weihe ab, welches er Ihrer Zeitschrift gab, muß man fragen, was
Dolan, dessen Weihen bezüglich ihrer Gültigkeit problematisch bleiben,
bisher als vorgeblicher Bischof für den Wiederaufbau der Kirche als
Heilsinstitution getan hat? Mir ist nicht ein einziger Akt bekannt!)
5. Was aber Ihre Behauptung in Ihrem Brief vom 11.2. angeht, Yurchik
habe "selbstverständlich die angebliche Laisierung und Exkommunikation
Filarets von seiten dieser Kirche nicht anerkannt", so wirft eine
solche Haltung ein entscheidendes Licht auf sein fehlerhaftes,
orthodoxes Kirchenverständnis; denn die Verbrechen und die
Einstellungen Filarets waren notorisch bekannt und wurden vor Jahren
schon in der EINSICHT dargestellt. Sie dürfen sich aussuchen, ob Sie
Yurchik als Schismatiker (von der Orthodoxie) ansehen wollen oder ob
Sie ihm doch unterstellen müssen, er habe aus seiner Sicht ungültige
Weihen empfangen.
6. Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zum orthodoxen
Weiheverständnis. Wie bekannt, unterscheiden wir bei einer Weihe
zwischen Gültigkeit und Erlaubtheit, eine Unterscheidung, die die
Orthodoxie so nicht kennt. Bei ihr ist eine Weihe gültig, wenn sie nach
unserem Verständnis sowohl gültig als auch erlaubt stattfindet.
Dahinter steht folgende Situation: Was macht z.B. ein geweihter
Bischof, der keine Jurisdiktion über eine Diözese hat? Ein solcher
Bischof wäre zu vergleichen mit einem Präsidenten, der weder ein
Territorium besitzt noch über ein Volk herrscht, er wäre überflüssig.
Aus dem Grunde lehnen die Orthodoxen solche Weihen ab und qualifizieren
sie als ungültig.
N.b. genau aber diesen Status haben Sie und mit Ihnen alle Kleriker,
die sich nicht um die Restitution der Kirche bemühen: nämlich keine
Jurisdiktion, nicht einmal gegenüber Ihren eigenen Seminaristen. Und
wenn Sie nicht den Wiederaufbau der Kirche ins Auge fassen, verlieren
Sie selbstverständlich auch die Berechtigung, sich als Bischof der
röm.-kath. Kirche auszugeben.
In der Hoffnung, daß Sie diese Zeilen in Ruhe überdenken und zumindest
den Gläubigen eine sachdienliche Antwort geben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Eberhard Heller
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