IN MEMORIAM H.H. PFR. MOLITOR
von
Eberhard Heller
unter Mitarbeit von Mechthild Therstappen
Es war eher Überraschung, denn schmerzliche Trauer, die uns bewegte,
als wir vom Tode H.H. Pfr. Molitors erfuhren; Überraschung, weil alles
ganz schnell ging, vielleicht zu schnell: in den letzten Monaten war er
immer blasser geworden, fast durchsichtig; es folgte die Beendigung
seiner Pfarrtätigkeit in Königsbrunn, dann erhielten wir die
Mitteilung, er litte an Bauchspeicheldrüsen-krebs, aber er könne im
kleinen Kreis noch seelsorgerisch tätig sein, kurz darauf folgte die
Nachricht, er sei gestorben. Zeit, um Abschied zu nehmen, blieb vielen
nicht. Ja, und Trauer?... über seinen Tod, dem er mit tapferer Freude
entgegengeschritten war... hin auf das Tor zur Ewigkeit, das er nun
durchschritten hatte? Trauer: ja, Trauer über den Verlust eines der
wenigen Seelsorger, Trauer, aber ohne Schrecken, ohne Verzweiflung,
sondern in Hoffnung auf die ewige Rettung, auf das ewige Leben, auf die
Schönheit und die Herrlichkeit der Anschauung Gottes, auf deren
Erreichung Pfr. Molitor seine Pfarrkinder so eindringlich hingewiesen
hatte. Hatte er nicht immer wieder gepredigt: "Der Todestag ist der
schönste Tag im Leben." Nun hatte er ihn 'erlebt'.
Mit ihm ist ein Priester von uns gegangen, von dem man ohne
Einschränkung sagen darf: er war der gute Hirte, der seinem Herrn
nachgeeifert hatte - das kann man leider von nur sehr wenigen Klerikern
sagen. Er opferte sich für seine Gläubigen auf, stützte sie, richtete
sie wieder auf, wenn sie gestrauchelt waren, und führte sie zurück ins
Leben mit und aus Gott, in ein Leben, das er als Aufgabe zur Erfüllung
des göttlichen Willens sah und welches dann in der Ewigkeit die
unmittelbare Teilnahme an der göttlichen Herrlichkeit verhieß. Er wurde
nicht müde, davon zu predigen und zu erzählen. Wieviele hat er
buchstäblich aus der Gosse aufgelesen und sie zurück zu Gott geführt!
Säufer, Vagabunden, Männer, die ihre Familien verlassen hatten,
Kommunisten und Drogensüchtige. Er segnete die Mütter, die Kranken, die
Alten und Reisenden.
Seine besondere Fürsorge und Zuneigung galt aber den Kindern. Er gab
ihnen immer den Segen. Wenn er z.B. während des "Asperges" ein Kind in
einer Kirchenbank erspähte, hielt er an und gab ihm mit nassem Finger
ein Kreuz auf die Stirn... und nach der Messe auch ein paar
Gummibärchen - da waren die Hände wieder trocken.
Seiner eigenen Schwäche und Sündhaftigkeit bewußt, nahm er seine
Beichtkinder an im Wissen, daß wir alle auf Gottes Barmherzigkeit
angewiesen sind. Er nahm die Bedrückungen und Lasten an, die man ihm im
Beichtstuhl anvertraute und entließ seine Beichtkinder in eine neue
Freiheit. Er, der eigentlich Missionar werden wollte, hat seine Mission
im eigenen Land durchgeführt und sich dabei verzehrt. Viele seiner
Pfarrkinder werden ihn schmerzlich vermissen.
Pfr. Molitor wurde am 5. Juli 1923 in Ockenheim geboren. Er war 1985
von Kaplan Dettmann nach Augsburg geholt worden, weil dieser in der
Betreuung seines Zentrums Hilfe benötigt hatte. Nach dessen Tod hat er
das Zentrum in Königsbrunn weiter ausgebaut und viele neue
Gemeindemitglieder gewinnen können. Dort hielt er viele Sühnetage und
-nächte ab, führte Wallfahrten u.a. nach Spinges in Südtirol durch, wo
er dann auch seinen Konfrater, H.H. Pfr. v. Zieglauer besuchte. Er war
Präsens des "Bundes der Mutter vom großen Sieg". Dieser Bund war auf
eine Offenbarung Christi an die Mutter Vogel hin entstanden und zuletzt
von Pfarrer Molitor wiederbelebt und geleitet worden. Viele Gläubige
hat er durch seine Predigten aufgerüttelt, die sich eher durch ihr
ständiges Werben, denn durch theoretische Strenge auszeichneten.
Krankheitshalber mußte er in Königsbrunn am 20. August 2000 sein
Pfarramt niederlegen. Kurz darauf, am 13. September, an einem
Fatimatag, Punkt 12 Uhr mittags, verstarb er in Fischach.
Ich bin gelegentlich gefragt worden, warum die EINSICHT die Meßzeiten
von Pfr. Molitor veröffentlicht hat, da er doch in Verbindung zu Econe
stehen würde. Diese Beziehung bestand in der Tat. Er sah in Econe eine
Organisation, die Priestern, die sonst persönlich verlassen und
isoliert wären, Halt geben könne. Er hielt aber immer eine
bestimmte Distanz zu den Econern. Er teilte das theologische Programm
der Bruderschaft nicht, sondern zählte sich zu den Sedisvakantisten und
las die hl. Messe ohne "una cum" Wojtyla. Aber auch in pastoralen
Dingen ging er seine eigenen Wege. Daß sich aus dem Einnehmen der
sedisvakantistischen Position auch ein anderes Kirchenverständnis
begründete, welches eigentlich eine Verbindung zur Pius-Bruderschaft
ausschließen würde, hatte er sich nicht bewußt gemacht. R.i.p.
***
Brief an Freunde
- anläßlich meines 40jährigen Priesterjubiläums -
von
H.H. Philippjoseph Molitor
Anmerkung der Redaktion:
Zu seinem 40. Priesterjubiläum im Jahre 1992 hatte er für seine weit
verstreute Gemeinde einen Rundbrief verfaßt, in dem er sein Leben als
Priester Revue passieren läßt.
***
Liebe Freunde nah und fern!
Wird Er uns wohl einmal antworten? Ja, das tut er, aber Er braucht
Zeit. 40 Jahre Priester sein dürfen, ist eine sehr lange Zeit. Wenn es
auch nur eine Woche gewesen wäre, ja nur eine Stunde hier auf Erden:
SACERDOS IN AETERNUM! PRIESER IN EWIGKEIT!
Wo ich auch gewesen bin, ob als Kaplan oder Pfarrer oder auch zur
Aushilfe, nur als Priester wollte ich tätig sein. Viele eigene
Lebenserfahrungen, sei es die Nazizeit, in der Schule oder auch beim
Militär, sie haben mich geprägt. Auch der Bombentod meiner Angehörigen,
der Verlust meiner Habseligkeiten waren nicht ohne tiefen Einfluß auf
mein Leben und auch auf mein Verhalten.
Ich wollte Missionar werden, war im Noviziat bei den Missionaren von
der hl. Familie, mußte aber infolge meiner Bauchfell- und
Darm-Tbc-Geschichte am Karfreitag 1946 eine Mitteilung seitens der
Ordensgesellschaft entgegennehmen: Missionar können Sie nicht werden,
schauen Sie sich nach einem anderen Beruf um. Ich überließ es dem
Lieben Gott! Und in der Oktav des Fronleichnamsfestes, anläßlich einer
Nachuntersuchung im Hildegardis-Krankenhaus in Mainz, hörte ich die
Domglocken läuten. Meine Untersuchung war zu Ende, also eilte ich zum
Dom. Dort traf ich ehemalige Mitschüler, wir freuten uns über das
Wiedersehen, sie hörten von meinem Lebenswege, brachten mich zum Regens
Reus, dem späteren Weihbischof, und ich war aufgenommen in das
Mainzer-Priesterseminar, in der Hoffnung, daß alles gutgeht, und es
ging gut! Gott wollte mich als Weltpriester haben. Bischof Dr. Albert
Stohr weihte mich mit noch 6 Weihekandidaten zum Priester der Diözese
Mainz am 8. März 1952.
Die Gläubigkeit meines Elternhauses hat mich wohl am allermeisten
geprägt. Aus Überzeugung kann ich bis heute sagen: Die Theologie meiner
Eltern, ist auch die meine, die ich lebe und auch verkünde. Auch meine
Heimatgemeinde Ockenheim ist dabei nicht ohne Einfluß. Die Freuden und
Leiden meiner Kinderjahre - bis zum meinem 11. Lebensjahr - habe ich in
ihr verbringen dürfen: In der Kirche mit dem Kirchendiener Johann
Schmitt habe ich viele schöne Stunden meiner Jugendzeit verbracht, dann
noch mit dem jeweiligen Priester, Pfarrer Gord und Pfarrer Krämer. Auch
außerhalb des Gottesdienstes hatte ich zu tun: Prozessionen
vorbereiten, Turmuhr aufziehen. Ich habe den Glocken zugeschaut, wenn
sie über mir geläutet haben zur unsagbaren Freude meines Bubenherzens.
Noch heute kann ich voll Dank gegen Gott sagen: "Eine wunderschöne
Kinder- und Knabenzeit hast Du mir geschenkt und mit der Leidenschaft
eines Meßdieners habe ich Deine Erfahrung machen dürfen." Meßdiener
wurde ich bei H.H. Pfarrer Gord im ersten Schuljahr 1929.
Meine Schulkameraden und -innen gilt auch mein dankbares Gedenken. In
dieses frohe Ge-denken mit Dankbarkeit muß erwähnt werden meine
Freundschaft mit Philipp Gangluff, seinen El-tern und Geschwistern und
Freunden ... Nicht vergessen ist auch bei mir das Miteinander von
Al-terskameraden und -innen, die ich erleben durfte nach der Auflösung
der Klosterschule: wie wir zu-sammen nach Bingen zur Schule gefahren
sind in den Jahren von 1939 bis 1942. Gerade den Mäd-chen von damals,
die ich in ihrer edlen und sauberen Mädchenhaftigkeit erleben durfte -
keinerlei Anzüglichkeit, keinerlei Unzüchtigkeit im Worte - möchte ich
zurufen: habt Dank ihr Mädchen von damals, noch heute lebt in mir die
frohe und gute Erinnerung an die Begegnung mit euch. Auch ihr habt mir
in all den Jahren des Priestertums sehr geholfen.
Nach meiner Weihe war ich zunächst Kaplan von August 1952 bis Januar
1953 in Eppertshausen. Dann kam ich zunächst zur Aushilfe nach
Ingelheim, St. Remigius, wurde dann aber doch dorthin versetzt, wo ich
geblieben bin bis zum April 1955. Von hier ging es dann nach Ober-Roden
bis Frühjahr 1957. Es folgt meine letzte Kaplanstelle in Bodenheim. Von
mir aus kann ich sagen, es hat mir überall gut gefallen. Jugendarbeit
war mein Steckenpferd, aber auch die Alten und Kranken habe ich nie
vergessen. Das Unschöne habe ich immer schnell vergessen können, aber
alles Gute und Schöne habe ich mir in Erinnerung gehalten. So manches
Photo gibt frohe Augenblicke wieder.
Im März 1959 wurde ich Pfarrer in Wenings in Oberhessen. Auch hier war
ich sehr gerne und der Abschied ist mir schwer gefallen. Eine ungeheure
Diaspora-Erfahrung durfte ich dort machen. Auch hier war es wieder der
Religionsunterricht, dem ich mich ganz besonders widmete: Gymnasium
Oberstufe und Berufsschule in Büdingen. Am Nachmittag habe ich an 5
Stellen in der Woche unterrichtet; in der Pfarrei Wenings war
anschließend immer noch die Feier der hl. Messe.
Dann wurde ich gebraucht in Ilbenstadt. Das Heiligtum um den hl.
Gottfried von Kappenberg galt es zu erhalten und zu renovieren. Eine
Aufgabe, die ich von Juni 1962 bis 1975 im April erledigt habe. Mit
unvorstellbarer Härte habe ich Ilbenstadt verlassen. Weinend habe ich
mich ver-bschiedet am Grabe des heiligen Gottfried. Ich mußte gehen, da
mir die Auswirkungen des II. Vatikanum sehr zu schaffen machten. Zum
Priester hatte ich mich weihen lassen und alle andere Erwartungen -
Gemeindeleiter, Eucharistievorsteher, Handkommunion von Dauer etc. -
sie haben furcht-bar an mir genagt. Die Freude am Herrn ob bei der
heiligen Messe oder in der Andacht, sie ging mir über alles. So bat ich
also im Januar 1975 den Bischof von Mainz, Kardinal Volk, um meine
Versetzung nach Beerfelden im Odenwald. Mein priesterlicher Freund
Bardo Kmietsch bat mich auch, doch zu kommen. Also folgte ich seiner
Bitte, aber unser gemeinsames Arbeiten hat sich nicht verwirklicht. Als
ich die Pfarrei übernehmen wollte, war er bereits am Herzinfarkt
verstorben. Trotzdem ging ich nach Beerfelden (...) 10 Jahre war ich
nun in der Pfarrei Beerfelden-Heselbach tätig. Ich war gerne dort in
der Pfarrei und auch wieder besonders in der Schule. Dankbar nenne ich
meine Tätigkeit in der Gesamtschule und der Oberstufe von Beerfelden.
Anschuldigungen gegen mich, denen man höherenorts glaubte, nachgehen zu
müssen - eben wegen meiner Einstellung: keine ökumenische Trauung,
keine Handkommunion, fast tridentinische heilige Messe - ließen die
Dezernenten-Konferenz wegen meiner "Uneinsichtigkeit und
Unnachgiebigkeit" die Entscheidung treffen, mir die Pensionierung
anzutragen. Ich habe das Angebot angenommen, weil es dem Bischof
zusteht, die Besetzung einer Pfarrei zu bestimmen und auch auf keinen
Fall in den Medien vermarktet zu werden. Gott habe ich wieder meine
Zukunft überlassen, und so holte Er mich nach Bayern. Ich tue nun hier,
was ich als Priester wirken kann am Altare und auf der Kanzel, durch
Vorträge. Sehr oft sitze ich im Beichtstuhl. Auch Kranke und Alte
betreue ich und bereite sie auf die Ewigkeit vor. Langeweile kenne ich
nicht. "Pfarrer i.R.", so sagt ein Mitbruder, heißt: Pfarrer in
Reichweite. Das bin ich, und ich hoffe, ich darf es noch lange sein.
Mein Wort, das ich dem Herrn immer wieder sage: Wenn Du mich noch hier
brauchst, dann laß mich noch da; wenn Du mich aber im Himmel brauchst,
dann holst Du mich dorthin.
Meine beiden letzten MARIENBOTEN lege ich Ihnen bei, die monatlich
erscheinen. Die ewigen Wahrheiten und besonders ihre Vertiefung liegt
mir sehr am Herzen. Unser Leben in der Ewigkeit: "Gott teilt der Seele
übernatürlicherweise in solcher Fülle sein Leben mit, daß sie Gott
selbst zu sein scheint, daß sie hat, was Gott hat... Ja man könnte
sagen, die Seele scheint durch diese Anteilnahme mehr Gott als Seele zu
sein, obgleich es wahr ist, daß sie ihr Wesen bewahrt und dieses von
der göttlichen Wesenheit so verschieden bleibt wie das Glas vom
Sonnenstrahl, der es erleuchtet und durchdringt!!" so schreibt der
heilige Johannes vom Kreuz (2. Buch: "Aufstieg zum Berge Karmel", Kap.
4). Diese meine unmittelbare Erfahrung mit Gott und in Gott hat
Voraussetzungen: Meine Berufung von Gott durch das hl. Sakrament der
Taufe, der heiligen Firmung und auch der Priesterweihe. Wie lebe ich in
meinem Alltag diese hohe Auszeichnung der Berufung seitens Gottes für
die Ewigkeit. Darum gibt es auch für jeden Berufenen für die Ewigkeit
die Aufgabe für Verdienste zu sorgen:
1. Das Martyrium = Zeugnis abzulegen
für den Glauben für Christus. Wer mich vor den Menschen bekennt, den
werde ich auch bekennen vor meinem Vater der im Himmel ist!" Gott
schmeißt uns den Himmel nicht nach!! Was ich nicht verdient habe in der
Zeit, bekomme ich auch nicht in der Ewigkeit.
2. Die Jungfräulichkeit: Wir können nicht tun und lassen, was wir wollen: ob in der Ehe oder auch außerhalb der Ehe.
3. Mein Wissen über Gott und die Ewigkeit: Schriftlesung und religiöse
Unterweisung - ganz besonders gehört ein eifriges Gebetsleben dazu. Wie
steht es mit der Sonntagsheiligung - Sonntag ist die Einübung der
Ewigkeit.
Alle, die Ihr meiner gedacht habt oder immer noch meiner gedenkt, will
ich hiermit ein "Danke" sagen: Vergelte es Gott! In mein Beten und auch
bei der Feier des heiligen Opfers seid Ihr immer von mir
eingeschlossen. Die Christmette, als heilige Messe, werde ich in frohem
Gedenken für Euch alle feiern. Dies sei mein innigster Dank! So wünsche
ich Ihnen allen ein gottgesegnetes und gnadenreiches Weihnachtsfest:
Christ der Retter ist da! Möge auch Gott mit Seiner Liebe und Gnade
Euch führen aus dem Jahre 1992 und Euch begleiten durch das Jahr 1993.
So verbleibe ich Sie segnend und herzlich grüßend Ihr Priester des Herrn
gez.: Philippjoseph Molitor |