Der Herr, der für uns ans Kreuz geheftet wurde, ist aus dem Grabe auferstanden
(Alleluja-Vers vom Osterdienstag).
Am Osterdienstag lautet die Lesung
der Kirche aus der Apostelgeschichte, in welcher der heilige Paulus zu
den Juden spricht, wie folgt: „Als sie alles ausgeführt hatten, was
über ihn geschrieben worden war, nahmen sie ihn vom Kreuze ab und
legten ihn in ein Grab“ (XIII; 29). Man könnte denken, dass das Kreuz
mit der Auferstehung nun beiseite geschoben und vergessen sei. Regiert
Christus nun nicht in Herrlichkeit? Hat die Erlösung nicht
stattgefunden? Stattdessen finden wir, dass das Gegenteil wahr ist. Das
Kreuz wird nun gepriesen. Das Bild eines gekreuzigten Gottes wird uns
als unsere eigene Hoffnung vorgestellt ("O Crux, ave, spes unica").
Fragen wir uns zuerst, warum die Apostel, die christliche Spiritualität
und die Liturgie dies betonen und uns beständig an diese Realität
erinnern.
Erstens ist dies das Mittel, das Christus gebrauchte, uns zu erlösen,
wo er „gehorsam“ wurde “bis zum Tode, ja bis zum Tode an einem Kreuz“
(Phil. II; 8). Am Kreuz brachte Jesus Christus Seine vollkommene
Unterwerfung unter Seinen himmlischen Vater sichtbar zum Ausdruck. Als
Er sagte: „Es ist vollbracht!“ (Joh. XIX; 31) und dann mit lauter
Stimme ausrief: „Vater, in Deine Hände empfehle Ich Meinen Geist!“ (Lk.
XXIII; 46), drückte Er Seine innere Disposition zu Gehorsam und Liebe
aus. Als Er Sein Haupt neigte und starb, vollendete Er die symbolische
Handlung, das Opfer Seines Fleisches und Blutes für die Sünden aller
Menschen, insofern sie willens waren oder sein würden, mit Ihm zusammen
dem Vater Genugtuung zu bereiten oder Ehre zu erweisen. Sein
stellvertretender Opfertod gab Gott die größtmögliche Ehre, denn er war
der Akt einer göttlichen Person, die nach der Wahl Ihres eigenen
menschlichen Willens das opferte, was Ihr gehörte, nämlich Ihren
eigenen Leib und Ihr eigenes Blut.
Zweitens ist das Kreuz der natürliche Ausdruck jener Wahl zwischen
Gottes Willen und unserem Willen. Als Simeon vorhersagte, Christus
werde ein „Zeichen“ sein, „dem widersprochen wird“ (Lukas II; 34), war
damit symbolisch das Kreuz gemeint. Wie kommt das? Betrachten wir das
Kreuz. Es besteht aus einer vertikalen und einer horizontalen Linie, so
dass die eine der anderen zuwiderläuft. Das Kreuz des Schmerzes, des
Leidens, der Entsagung, der Demütigung, des Opfers, des Todes läuft
demjenigen des Glücks, der Freude, des Lebens zuwider, für das wir
geschaffen wurden. Jedoch, das Kreuz bringt nicht ewigen Tod, sondern
„ewiges Leben“. Das Kreuz bringt Seligkeit.
Drittens wird hierdurch das Leben der „Söhne Gottes“ (Joh. I; 12)
vollkommen symbolisiert, die dem Sohne Gottes in vollkommener
Unterwerfung unter den Willen des Vaters nachfolgen, „denn ich bis
durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, auf dass ich für Gott lebe; mit
Christus bin ich ans Kreuz genagelt. Und ich lebe, doch nicht ich:
Christus lebt in mir. Und dass ich nun im Fleische lebe: Ich lebe im
Glauben an den Sohn Gottes, der mich liebte und sich selbst für mich
hingab“ (Gal. II; 19, 20).
Schließlich: Nach den Worten von Francisco José Gonzalez SJ „hat das
Gute das Böse überwunden. Sünde, Schmerz und Tod, die unerträglichsten
Lasten des Menschen, sind am Kreuze besiegt worden. Regnavit a Ligno
Deus! Der Gottmensch, der für unsere Sünden starb, hat uns durch Seinen
Tod und Seine Auferstehung das Leben wiedergegeben und uns zur Rechten
des Vaters erhoben.
Wie die Wunden an Seinem verherrlichten Leib blieben, so bleiben Seine
Leiden und Sein Tod bei der Kirche, Seinem Mystischen Leib. In der
Auflösung des menschlichen Leidens, besonders desjenigen, welches
düster und abstoßend erscheint, wie Strafe, Demütigung und Martyrium,
bleibt die christliche Lehre positiv und optimistisch. Sie leugnet
weder Übel noch Schmerz, weil sie die Kräfte besitzt, die sie in Gutes
verwandeln können. Die Bedeutung des Leidens ist immens, auch wenn es
vergänglich und im Wesentlichen zufällig ist…; die Menschheit findet im
Kreuze des Gekreuzigten sowohl Symbol als auch Wirklichkeit einer
Seligkeit, die sich die Gelehrten der früheren Welt nicht träumen
ließen“ (‚Er regiert vom Kreuze aus’, S. 21 ff.).
Es war das Kreuz, das Christus uns anbot: „Wenn jemand mir nachfolgen
will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge
mir nach“ (Mt. XVI, 24; Mk. VIII, 34; Lk. IX, 23). Es ist nicht bloße
Option: „Und als sie hinausgingen, fanden sie einen Mann aus Cyrene
namens Simon; ihn zwangen sie, sein Kreuz auf sich zu nehmen“ (Mt.
XXVII, 32; vgl. Mk. XV, 21; Lk. XXIII, 26). Es ist das Kreuz, das
Christus nach Kalvaria trug, „und er trug sein eigenes Kreuz und ging
zu der Stelle, welche Kalvaria genannt wird, auf hebräisch aber
Golgotha“ (Joh. XIX, 17). Am Fuße des Kreuzes finden wir die heilige
Jungfrau Maria: „Nun standen bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und die
Schwester seiner Mutter, Maria Cleophae, und Maria Magdalena“ (Joh.
XIX, 25).
Es ist das Kreuz, das der heilige Paulus so verherrlicht: „Aber Gott
bewahre, dass ich mich rühme, es sei denn im Kreuze unseres Herrn Jesus
Christus, durch den die Welt für mich gekreuzigt ist und ich für die
Welt“ Galather VI, 14). Es war das Kreuz, das Konstantin als
Siegesmittel sah: "In hoc signo vinces" ("In diesem Zeichen wirst du
siegen.")
Mit der Suche nach dem Kreuze verbrachte die heilige Helena ihre
letzten Jahre. Dem Kreuze sangen die mittelalterlichen Dichter ihre
Hymnen, die immer noch in der Liturgie enthalten sind: die Vexilla
Regis (Vespern in der Passionszeit), das "Adoramus te" (Prozession am
Karfreitag), "Crux fidelis" (Karfreitagsliturgie), deren Melodie immer
noch süß ist trotz der Düsternis des Tages, und das "Pange Lingua" mit
den Worten: „Berichte, meine Zunge, über den Sieg, der in glorreichem
Kampfe errungen wurde, und singe ein Triumphlied über das Siegeszeichen
des Kreuzes, das berichtet, wie der Erlöser der Menschen Sein Leben
hingab und so den Tag gewann“ fasst das Geheimnis zusammen, dessen
gedacht wird.
Es ist das Zeichen des Kreuzes, mit dem die Mutter Kirche ihre Gebete
beginnt und beendet und uns auffordert, dasselbe zu tun. Mit dem
Zeichen des Kreuzes werden wir getauft und gesalbt. Das Zeichen des
Kreuzes wird gemacht, wenn wir von den Priestern Gottes gesegnet
werden. Das Kreuz wird vom Priester nicht weniger als 51mal während der
heiligen Messe gemacht. Vor dem Kreuz wird das heilige Messopfer
dargebracht und es wird auf einem Altar dargebracht, auf dem fünf
Kreuze eingraviert sind.
Letztlich werden wir mit dem Zeichen des Kreuzes von unseren Sünden
losgesprochen, und mit dem Zeichen des Kreuzes werden wir begraben. Wir
dürfen so kühn sein zu sagen, dass wir auch mit diesem Zeichen selbst
auferstehen werden.
Wenn wir uns dann am Fest der Auferstehung am Sieg Christi erfreuen,
vergessen wir nicht, dass der Sieg Christi durch das Kreuz errungen
wurde und daher unser Sieg nur durch das Kreuz errungen werden wird,
das wir tragen. Das Kreuz hinauszuwerfen würde heißen, das Mittel
unserer Erlösung zu verlieren. Das Messopfer wird in Anwesenheit des
Kreuzes dargebracht, weil die Messe eine Erneuerung des Opfers Christi
und unseres Wunsches ist, an jenem Erlösungswerk teilzunehmen. Den
gekreuzigten und leidenden Christus vom Kreuz zu nehmen würde bedeuten,
das Geheimnis der Erlösung nicht verstehen zu können.
Wir können die Auferstehung nur feiern, wenn wir an der Kreuzigung
teilnehmen. „Mit Christus bin ich ans Kreuz genagelt. Ich lebe, doch
nicht ich, Christus lebt in mir“ (Gal. II; 19, 20).
Mit Gottes Segen in dieser Osterzeit verbleibe ich in Seinem Dienste
Fr. Courtney Edward Krier
***
Die Seele des Gebetes
"Es gibt drei Tätigkeiten, durch die der Glaube Festigkeit gewinnt,
die Hoffnung erstarkt und die Tugend sich bewährt:
das Gebet, das Fasten, die Barmherzigkeit...
Gebet, Barmherzigkeit und Fasten, diese drei bilden nur eines.
Sie geben einander das Leben.
Denn die Seele des Gebetes ist das Fasten.
Das Leben des Fastens ist die Barmherzigkeit.
Niemand reiße sie auseinander!"
Petrus Chrysologus, 5. Jahrh. |