Über das Ende der Zeiten
von
S.E. Bischof Martin Dávila Gándara
(Predigt, die der Bischof am 25. November während der Messe in München gehalten hat)
übersetzt von Alberto Ciria
"Qui legit, intelligat." (Wer es liest, möge es verstehen".)
Jesus Christus als liebevoller Vater warnt uns im voraus vor allem, was
sich am Ende der Zeiten ereignen wird, um uns eine heilsame Furcht
einzuprägen, damit wir unaufhörlich wachen und immer bereit sind, weil
niemand den Tag noch die Stunde kennt. "Selig jener Knecht, den sein
Herr bei seinem Kommen so am Werke findet" (Mt. 24,46).
I. Vorzeichen des Endes der Welt
Unser Herr sagt es weder hier noch wollte er den Jüngern sagen, wann
das Ende der Welt, die wir sehen, sein wird. Mgr. Boni sagt: "Die Welt
wird gewiß nicht immer dauern. Über diesen Punkt ist sogar die neue
Wissenschaft gezwungen, das alte Evangeliumswort zu bestätigen. Es wird
gestritten, ob die Welt eines natürlichen oder eines gewaltsamen Todes
sterben wird, ob sie durch eine Planetenkatastrophe vernichtet wird
oder ob sie allmählich erkalten wird, aber niemand sagt heute im Ernst
mehr, daß sie ewig bestehen werde. So sind Glaube und Vernunft darin
einig einzuräumen, wenn nicht die Zerstörung, doch zumindestens die
Verwandlung der aktuellen Welt." Sie wird so oder so enden. Unser Herr
spricht über die Vorzeichen dieses Phänomens.
1. Diese Zeichen werden unzählig und
furchtbar sein. Alle Kreaturen, sagt der Verfasser des Buches der
Weisheit, werden sich ausrüsten und um Gottes Gerechtigkeit gegen die
Sünder kämpfen, und werden deren Undankbarkeit bestrafen: "Er wird die
Geschöpfe zur Rache wider seine Feinde bewaffnen... und der Erdkreis
wird mit ihm kämpfen wider die Toren" (Weish. 5,18 und 21). Es wird
Kriege, Pest, Hunger, Erdbeben und Überschwemmungen geben. Sonne, Mond
und Sterne werden sich verdunkeln. So wird es in der ganzen Natur
Vorzeichen vom Tode oder von einer bevorstehenden Verwandlung geben.
Die Drangsale werden so groß sein, wie sie es seit Erschaffung der Welt
noch keine solchen gegeben hat: die Menschen werden vor Angst vergehen.
2. Jesus Christus hat sich auch gewürdigt, uns dieses Vorzeichen
anzugeben: das Evangelium wird überall gepredigt worden sein und so
werden alle Völker die Möglichkeit gehabt haben, sich in den Schoß der
Kirche zu begeben.
3. Am Ende der Zeiten wird der Antichrist auftauchen, der hochmütig
Christus und seine Kirche bekämpfen wird. Kraft seiner ungeheueren und
diabolischen Macht wird er erstaunliche Wundertaten wirken, er wird
sich göttliche Ehren zuteil werden lassen und diejenigen, die ihn nicht
verehren, grausam verfolgen. Daraus wird sich eine fast allgemeine
Apostasie ergeben.
4. Dann werden Henoch und Elias auf die Erde zurückkommen, um gegen den
Antichrist zu kämpfen: sie werden von ihm getötet werden, aber danach
werden sie wieder auferstehen. Das wird das Zeichen für die Bekehrung
der Juden sein, die endlich, ihre elende und verhängnisvolle Blindheit
bereuend, Jesus Christus loben werden. "Wenn Ihr seht, daß sich all
diese Sachen ereignen, werdet Ihr inne, daß das Ende der Zeiten vor der
Tür steht." Das "esse in januis" ("nahe sein vor der Tür") deutet einen
bevorstehenden und im Vollzug begriffenen Vorgang an, wie auch an
anderen Stellen der Heiligen Schrift steht (vgl. Gen. 4,7). Also:
Nachtwache und Gebet.
II. Allgemeine Auferstehung
1. Wenn die Stunde kommt, die Gott für
die Vollendung der Welt festgesetzt hat, wird Er Seine Engel schicken
"mit Posaunen und lauter Stimme" (Mt. 24,31). "Wie oft betrachte ich
den Tag des Gerichtes", sagte der heilige Hieronymus, "ich erzittere;
immer erscheint jene Tuba, die in meine Ohren dröhnt: Kommt zum
Gericht!"
2. Beim Klang dieser Posaune und beim großen Geläute der Engeln werden
die herrlichen Seele der Ausgewählten aus dem Himmel herabkommen und
ihre Körper wiederbeleben, mit denen sie in diesem Leben Gott gedient
hatten. Und diese Körper werden dann herrlich, unsterblich, leidlos,
glänzender als die Sonne auferstehen. "Alsdann werden die Gerechten
leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vaters" (Mt. 13,43). "Gesät wird
er in Verweslichkeit... auferstehen wird er in Herrlichkeit... Gibt es
einen animalischen Leib, so gibt es auch einen geistigen" (1 Kor. 15,
42-44). "O felix poenitentia" ("O glückliche Schuld"), werden sie
sagen, "die mir solch großen Ruhm beschert!" (Petrus von Alcantara)
3. Die Seelen der Verurteilten werden aus der Hölle herauskommen, um
sich mit ihren verdammten Körpern zu vereinigen, mit denen sie Gott
beleidigt und sich Seinen Zorn zugezogen hatten. Aber diese Körper,
furchtbar und von grausamer Dunkelheit umgegeben, werden ihrerseits
leidfähig, damit sie zusammen mit der Seele leiden können, und
unsterblich, um ewig restlos und endlos zu leiden.
4. Endlich "werden die Engel herausschreiten und die Bösen
überwältigen". Die Gerechten werden auf die rechte Seite gestellt
werden und sich freuen, aber die Verurteilten werden auf die linke
Seite verbannt werden und zittern: "Dann werden alle Geschlechter der
Erde wehklagen" (Mt. 24,30).
III. Schluß
Meine Brüder, auf welcher Seite werden wir sein? Wo werden die
Privilegierten dieser Welt sein, die nie einen einzigen Gedanken der
Erlösung ihrer Seele gewidmet haben? Ah!, werden sie verzweifelt haben,
"Wir Toren!.. So haben wir uns also verirrt... und sprachen zu den
Bergen und Felsen: Fallet über uns, und bedeckt uns vor dem Angesicht
dessen, der auf dem Throne sitzt, und vor dem Zorn des Lammes" (Sap. 5,
4 und 6; Apoc. 6,16). Die Auserwählten hingegen werden sich darüber
freuen, arm, erniedrigt, verlassen und verfolgt gelebt zu haben. Sie
werden ihre Leiden und ihre Prüfungen segnen, und werden bekennen, "daß
die Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen sind mit der zukünftigen
Herrlichkeit, die an uns offenbar werden wird" (Röm. 8,18). |