NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
LEHMANN SIEHT KIRCHE IN GEFAHR
- Bischof: Grundlegender missionarischer Impuls nötig - Berlin (AP/epd)
- Die katholische Kirche stellt sich auf den Verlust ihrer
traditionellen Bedeutung in ganz Deutschland ein. Die Erfahrung in den
neuen Bundesländern, wo die Christen inder Minderheit seien, gebe eine
Vorahnung für die künftige Situation bundesweit, sagte der Vorsit-zende
der Bischofskonferenz, Karl Lehmann am Mittwoch in Berlin. Allerdings
wobei sich die Kirche mit der "Erosion der religiösen Überzeugung nicht
abfinden" sondern sich "in die Lebensorte und Milieus hineinwagen, in
denen die Menschen heute leben". Die extrem schwierige Situation der
katholischen Kirche in den neuen Ländern, der etwa 900 000 Menschen
angehören, ist nach Worten Lehmanns nach der Wende kaum besser
geworden. Sie sei nun zwar nicht mehr politisch unterdrückt, müsse sich
aber in einer pluralistischen Gesellschaft beweisen. Der rasante
Modernisierungsschub und das Misstrauen gegen Vereinnahmung trügen zur
Distanz zum Christentum bei, ergänzte der Erfurter Bischof Joachim
Wanke. Die dabei entstandene "neue Liberalität und die offene
Gesell-schaft" seien eine Herausforderung an die Kirche. Der
Katholizismus spiele in den neuen Ländern nur eine Rolle am Rande,
sagte Wanke. Lehmann nannte das Beispiel Wittenbergs, wo 850
Jugendliche an der nicht-kirchlichen Jugendweihe teilgenommen hätten
und 60 Jugendliche an der evangelischen Konfirmation. Die
Teilnehmerzahl an der katholischen Firmung sei erst gar nicht genannt
worden. Die zunehmende Konfessionslosigkeit verlange von der gesamten
Kirche in Deutschland einen "grundlegenden missionarischen Impuls",
sagte Lehmann. Er verwies darauf, dass die Kirche auch in den alten
Ländern nach neuen Allianzen jenseits der Gottesdienste suche,
beispielsweise mit Spitzensportlern, die viele junge Leute anzögen. "Da
gibt es auch Zugewinn", sagte Lehmann. "Das ist ein zartes Pflänzlein,
das muss man fördern. "Bundesweit gab es nach der amtlichen Statistik
1997 noch 27,4 Millionen Katholiken und etwa ebenso viele evangelische
Christen, jeweils etwa ein Drittel der Bevölkerung. (SZ vom 30.3.2000)
DER SUDAN WILL AN DER SCHARIA FESTHALTEN
- Khartoum (DT/KNA) Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir hat
bekräftigt, trotz der Annahme des Friedensplans am islamistischen Kurs
festhalten zu wollen. Er lehne die "Zerschlagung" seiner Regierung ab,
sagte der General vor jungen Rekruten in Khartum. Der unter ägyptischer
und syrischer Vermittlung zu Stande gekommene Friedensplan sieht unter
anderem die Bildung einer Übergangsregierung aus Vertretern von
Regierung und Opposition vor. Bereits am Wochenende hatte der Präsident
erklärt, er lehne jeden Zusammenhang zwischen dem Friedensprozess und
einer Regierungsumbildung ab. Er habe die Macht ergriffen, um die
Scharia, das islamische Strafrecht, einzuführen, und daran werde sich
nichts ändern, sagte al-Bashir. Es sei "illusorisch" zu glauben, die
Annahme des Friedensplans bedeute eine Abweichung vom Kurs seiner
"Regierung des Heils". (DIE TAGESPOST vom 28.7.01)
JEHOVAS ZEUGEN UND DER STAAT -
Karlsruhe setzt Kriterien für den öffentlichrechtlichen Status von
Glaubensgemeinschaften - Man darf es merkwürdig finden, dass die Zeugen
Jehovas, die den Staat schon mal als "Werkzeug des Satans" bezeichnen,
nun mit aller Macht die Staatsnähe samt der damit verbundenen
Privilegien suchen. Darüber aber wollte das Bundesverfassungsgericht
ausdrücklich nicht entscheiden: Der religiös neutrale Staat darf die
Vorstellungen der Zeugen Jehovas nicht beim Wort nehmen, betonen die
Richter. Ja: Eine Glaubensgemeinschaft muss den Staat nicht lieben, um
als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Dieser
Status ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit, kein
Gnadenakt des Staates. Zu Recht haben die Verfassungshüter deshalb das
Argument des Bundesverwaltungsgerichts zerpflückt, dass von einer
Körperschaft Loyalität zum Staat zu verlangen sei und die
Nichtteilnahme von Jehovas Zeugen an Wahlen deren Illoyalität belege.
Es kommt nicht auf die Haltung einer Religion gegenüber Gesellschaft
und Gesetzen an, sondern auf ihr tatsächliches Verhalten, sagt das
Urteil. Zu Recht führt es deshalb auch Kriterien für dieses äußere
Verhalten auf: Eine Glaubensgemeinschaft muss Recht und Gesetz genauso
achten wie Menschenleben und Menschenwürde, die körperliche
Unversehrtheit oder das Kindeswohl. Nun müssen die Gerichte prüfen, ob
die Zeugen Jehovas dies garantieren. Es gibt Anzeichen, dass sich deren
Feindseligkeit gegenüber dem Staat gemildert hat - allein das wäre ein
positives Ergebnis des Rechtsstreits. Kritiker vermuten jedoch dahinter
reine Taktik. Der Erfolg der "Bibelforscher" ist also zunächst nur eine
Teilantwort auf die Frage, ob sie im Land Berlin als Körperschaft des
öffentlichen Rechts anerkannt werden. Die Bedeutung des Urteils geht
aber weit über diesen Streit hinaus. Das 1919 formulierte deutsche
Staatskirchenrecht ging von einer übersichtlich geordneten
Religionslandschaft aus, die gibt es im Jahr 2000 nicht mehr. Wie aber
mit neuen Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften umgehen, wie mit
dem Islam, der mittlerweile drittgrößten Glaubensgemeinschaft in
Deutschland? Soll es einen kleinen Club christlicher Kirchen mit
staatlicher Approbation geben, aus dem alle anderen ausgeschlossen
bleiben - oder soll jeder den begehrten Status erhalten, der allein die
im Grundgesetz geforderte "Gewähr der Dauer" bietet? Beide Varianten
erschienen dem Verfassungsgericht nicht akzeptabel. Es hat einen
insgesamt klugen Mittelweg gewählt. Es ist nun leichter, Körperschaft
des öffentlichen Rechts zu werden - eine Ermutigung vor allem für die
gemäßigten muslimischen Gemeinschaften in Deutschland, die ebenfalls
die staatliche Anerkennung wollen. Es ist auch die Trennung von Staat
und Kirchen klarer geworden; der Staat ist kein Religionsaufseher, der
ihm angenehme Glaubenslehren belohnt und andere bestraft. Es gibt aber
trotzdem inhaltliche Kriterien für die Anerkennung als Körperschaft -
an ihnen werden sich die Zeugen Jehovas genauso messen lassen müssen
wie islamische Gruppen. Das Karlsruher Urteil hat die Diskussion nicht
beendet - sie hat gerade erst begonnen. (Matthias Drobinski in:
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 20.12.2000)
BRUTALE KINDERPORNOS IM INTERNET -
München - Eine " beängstigende und traurige" Bilanz musste Karlheinz
Moewes, Leiter der EDV-Beweismittelsicherung beim Polizeipräsidium
München, am Donnerstag ziehen: Die Verbreitung und Brutalität von
Kinderpornografie im Internet nehme zu, das Alter der Opfer ab. Der auf
die Verfolgung von sexueller Gewalt an Kindern spezialisierte
Kriminalbeamte beklagt vor allem die mangelnde Kompetenz vieler
Politiker, die die Dimension des Verbrechens nicht erkennen würden:
"Ein Abgeordneter sagte mal zu mir, Kinderpornografie bestehe darin,
dass drei nackte Jungs unter der Dusche stehen." Dabei gehe es aber
auch um grausamste Gewaltszenen, wie Vergewaltigungen von Säuglingen
oder gar Verstümmelungen von Kleinkindern. (...) Nach Moewes Angaben
sind die Möglichkeiten der Strafverfolgung zumindest in Bayern deutlich
besser als in allen anderen Bundesländern. (...) Im Rahmen des
Fachgesprächs des Arbeitskreises Kinderpolitik der SPD Landtagsfraktion
erneuerte der Abgeordnete Eberhard Irlinger die Forderung nach härteren
Maßnahmen gegen die Darstellung von sexueller Gewalt an Kindern im
Internet. (...) Außerdem sollten klare Fahndungskonzepte ausgearbeitet
und die Rechtsgrundlagen global vereinheitlicht werden.(...) Der Besitz
von Bildern, Filmen und Dateien, die brutalste Gewalt gegen Kinder
zeigen, müsse mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe statt nur
einem Jahr bedroht werden, fordert die Psychologin Monika
Gerstendörfer. Die fortschreitende Verbreitung per Internet eröffne
eine "neue Dimension der Opfer-Produktion", die nicht mehr
triebgesteuert, sondern auch finanziell motiviert sei. Nach
UNICEF-Angaben werden mit der sexuellen Misshandlung von Kindern
weltweit jährlich etwa zehn Milliarden Mark umgesetzt. Ein 30-minütiges
Video werde zum Beispiel für 300 bis 500 Mark gehandelt. Für besonders
brutale Videos böten "pädokriminelle" Menschen, wie Gerstendörfer sie
nennt, auch ein Mehrfaches dieser Summe. "Pädophil ist genau so
verharmlosend wie Sextourist, beide Wörter enthalten eine
verniedlichende Komponente." Das schlimme an der Verbreitung solcher
Bilder im Internet sei, dass sie auch nach langer Zeit wieder
auftauchen könnten. Dadurch würden junge Erwachsene, die sexuelle
Gewalt im Kindesalter körperlich überlebt hätten, erneut traumatisiert.
(Max Rößler in der SZ vom 28.7.2000)
HUNGER IN DER WELT -
Afghanistan von Hunger am stärksten betroffen - Berlin (dpa/-KNA) - In
Afghanistan so wie in den afrikanischen Staaten Eritrea, Niger und
Mosambik müssen die Menschen am meisten hungern. Hier leben die meisten
unterernährten Menschen und die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter
fünf Jahren ist am höchsten. Dies geht aus dem "Jahrbuch
Welthungerhilfe" hervor, das von der Deutschen Welthungerhilfe und
Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) in Berlin
vorgestellt wurde. Da nach werden bis zum Jahr 2020 weltweit etwa 133
Millionen Kinder unter sechs Jahren Untergewicht haben. Er erklärte,
dass heute 1,2 Milli-arden Menschen in absoluter Armut leben. Fast 800
Millionen Menschen in Entwicklungsländern seien chronisch unterernährt,
180 Millionen Kinder hungerten. Dies sei kein reines
Verteilungsproblem, sagte die Vorsitzende der Welthungerhilfe, Ingeborg
Schäuble. "Der Hunger lässt sich nur bekämpfen, wenn in den
Entwicklungsländern mehr Nahrungsmittel produziert werden." Die
Unterernährung könne auch in den nächsten 20 Jahren nicht beseitigt
werden. Optimistische Prognosen aus den siebziger Jahren hätten sich
nicht erfüllt. (SZ vom
30.3.2000)
UNTERDRÜCKUNG RELIGIÖSEN LEBENS - IGFM:
Keine Chance auf "Wandel durch Handel" in China - Frankfurt/Main (DT)
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hat aus
Anlass der jüngsten Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten
Nationen in Genf auf die forcierte Unterdrückung des religiösen Lebens
in der Volksrep. China hingewiesen.Walter Flick, Leiter des Referats
Religionsfreiheit kritisiert: "Dies steht im Gegensatz zu den gegenüber
westlichen Staaten vorgetäuschten ,Zeichen der Öffnung'!" Die
verschärfte Vorgehensweise des Staatsapparats habe Methode. Sie wurde
nach IGFM-Angaben am 12. Februar in Peking bei einem Treffen auf
höchster Führungsebene beschlossen, um eine "intensivierte Schlacht"
gegen Falun-Gong-Praktizierende vorzubereiten. Bei der Plenartagung des
Volkskongresses Anfang März erklärte Premierminister Zu Rongi den
Angaben zufolge, dass sich Religionen und religiöse Bewegungen der
sozialistischen Gesellschaft anpassen müssten. Betroffen sind nach den
Worten Flicks aber nicht allein Mitglieder der Falun Gong-Bewegung.
Vielmehr gingen die Behörden der Volksrepublik China in den vergangenen
Monaten rigoros gegen staatsunabhängig organisierte Christen und
Angehörige anderer unabhängiger Religionsgemeinschaften vor. Nach
Berichten von Menschenrechtlern in Hongkong wurden Ende vergangenen
Jahres in der Provinz Zhejiang 1200 religiösen Zwecken dienende Gebäude
wegen angeblicher Ungesetzlichkeit geschlossen oder zerstört. Hierzu
gehörten protestantische und katholische Kirchen ebenso wie
buddhistische oder taoistische Tempel. Im Februar 2001 war siebzig
katholischen Priesteramtskandidaten und Lehrern der Auf-enthalt am
Priesterseminar in Peking verboten worden. Die Seminaristen hatten am
6. Januar 2000 aus Protest nicht an vom Vatikan missbilligten
Bischofsweihen teilgenommen. Die IGFM weist darauf hin, dass zwar vom
chinesischen Parlament am 28. Februar der Vertrag der Vereinten
Nationen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit
Einschränkungen ratifiziert wurde, der ungleich wichtigere Pakt über
bürgerliche ünd politische Rechte mit seiner Bekräftigung der
Mei-nungs- und Religionsfreiheit aber unratifiziert blieb. (DIE
TAGESPOST vom 24.3.01)
GESETZ ZUR STERBEHILFE STÖSST AUF BREITE ABLEHNUNG -
München (SZ) - Bei den großen Parteien und den Kirchen in der
Bundesrepublik stößt die Entscheidung des niederländischen Parlaments,
als erstes Land der Welt aktive Sterbehilfe gesetzlich zu erlauben, auf
einhellige Ablehnung. Bundespräsident Johannes Rau sprach sich für die
besonnene Suche nach einem eigenen deutschen Weg aus. Bei diesem Thema
dürfe Deutschland nicht ungeprüft übernehmen, was in anderen Staaten
erlaubt sei. Nach Ansicht der Kirchen verstößt aktive Sterbehilfe gegen
das Gebot "Du sollst nicht töten! ". Anders als Politiker und Kirchen
sprechen sich nach einer Allensbach-Umfrage 64 Prozent der
Westdeutschen und 80 Prozent der Ostdeutschen für aktive Sterbehilfe
aus. Bundespräsident Johannes Rau erklärte im Mannheimer Morgen,
Deutschland müs-se in schwierigen ethischen Fragen wie der Sterbehilfe
oder der Embryonenforschung einen eigenen Weg finden. Die Vorsitzende
der Bundestags-Enquetekommission zur Biomedizin, Margot von Renesse
(SPD), nannte Sterbehilfe gefährlich. Bundesjustizministerin Herta
Däubler-Gmelin sagte, das niederländische Gesetz sei kein Modell für
Deutschland. Sie forderte, die Schmerztherapie in Deutschland durch
Fortbildung von Ärzten voranzutreiben. Der CDU-Europapalamentarier
Peter Liese sagte, das Gesetz sehe keine ausreichenden Bestimmungen zum
Schutz von Patienten vor, die die Euthanasie ablehnten.Auch der Vatikan
übte heftige Kritik. Kein von Menschen gemachtes Gesetz könne die
Zerstörung des Lebens rechtfertigen. Mit der Entscheidung richteten
sich die Niede-lande gegen Tausende Jahre europäischer Zivilisation.
Das Gesetz verstoße gegen die Menschenwürde und bringe die Ärzte in
Gewissensnöte. Als einen "Dammbruch" wertete der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, die Freigabe der
aktiven Sterbehilfe. Von einem "buchstäblichen Sündenfall" sprach sogar
der Kölner Kardinal Joachim Meisner. Der Vorsitzende des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock, erklärte in
der Bild-Zeitung, die christliche Überzeugung von der Unverfügbarkeit
des menschlichen Lebens schließe die aktive Sterbehilfe aus. Der
Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, warnte vor der
Gefahr des Missbrauchs bei Sterbehilfe. "Aus meiner Sicht hat jeder das
Recht auf einen würdigen Tod, niemand aber das Recht darauf, getötet zu
werden", sagte Hoppe der Bild-Zeitung. Nach Ansicht von
Experten könnte die niederländische Entscheidung Vorbildcharakter für
andere EU-Länder haben. Auch in Frankreich, Großbritannien, Italien und
Australien gibt es starke Pro-Sterbehilfe-Bewegungen. Die Direktorin
der britischen Gesellschaft für Sterbehilfe, Deborah Annetts, sagte,
mit der Legalisierung in den Niederlanden sei eine Barriere
durchbrochen worden. In Deutschland wird vor allem wegen des
Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten die Sterbehilfe mit großen
Vorbehalten betrachtet. (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 12./13.4.01)
ARZT: CHINA HANDELT MIT HÄFTLINGSORGANEN
- Washington (AP) - In China werden hingerichteten Häftlingen nach
Auskunft eiNes Arztes Organe entnommen und zur Transplantation
verkauft. Er selbst habe fast 100 Personen direkt nach der Exekution
die Haut abgezogen, sagte Wang Guoqi einem Ausschuss des US-Kongresses
in Washington. Ein Menschenrechtsexperte des US-Außenministeriums
beurteilte die Aussagen Wangs als glaubwürdig. Sie deckten sich mit den
Angaben anderer Quellen, sagte Michael Parmly. China wies die Vorwürfe
umgehend zurück. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sprach
von bösartigen Verleumdungen. Organe würden nur mit der Erlaubnis der
Angehörigen entnommen, der Handel damit sei verboten, sagte der
Sprecher. Wang, der in den USA Asyl sucht, berichtete dagegen von
anderen Praktiken. Er sagte vor dem Menschenrechtsausschuss, er habe
zunächst das Seil durchgeschnitten, mit dem den Häftlingen die Hände
gefesselt waren. Dann habe er die Leichen entkleidet und ihnen
anschließend vorsichtig die Haut abgezogen. Der 38-jährige Arzt ist
Spezialist für Hauttransplantationen bei Verbrennungsopfern. "Noch
lebendem Gefangenen wurden die Nieren entfernt". Er bereue sein Handeln
zutiefst, sagte Wang. Ein Vorfall im Oktober 1995 belaste sein Gewissen
besonders schwer: Der Todeskandidat in der Provinz Hebei sei damals
nicht sofort nach dem Schuss des Henkers gestorben. Er habe sogar noch
geatmet, als drei andere Ärzte "seine Nieren schnell und präzise
entfernten". Die Praxis der Organentnahme sei finanziell motiviert,
sagte Menschenrechtsaktivist Harry Wu, der 19 Jahre lang in China
inhaftiert war. Die Empfänger zahlen seinen Angaben zufolge bis zu
15000 Dollar pro Organ. Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge hätten
ranghohe Regierungs- und Militärangehörige zuerst Anspruch auf ein
Organ, gefolgt von wohlhabenden Überseechinesen und anderen Ausländern.
Der Leiter des New Yorker Nierentransplantationszentrums, Thomas Diflo,
untermauerte die Aussagen Wangs mit Beispielen aus der eigenen Praxis.
Vor drei Jahren sei ein Patient von einer Chinareise mit einer neuen
Niere zurückgekehrt. Er habe angegeben, diese stamme von einem
entfernten Verwandten, sagte Diflo. Unlängst hätten ihm einige
chinesisch-amerikanische Patienten erzählt, ihre neuen Organe kämen von
einem hingerichteten Häftling. "Der Kongress kann nicht zulassen, dass
solch eine schreckliche Situation unwidersprochen bleibt", sagte die
Leiterin des Ausschusses, die Republikanerin Ileana Ros-Lehtinen. Sie
befürwortet ein Gesetz, das chinesischen Ärzten die Einreise in die USA
verweigern soll, wenn diese eine Fortbildung in Organ- oder
Gewebetransplantation absolvieren wollen. (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom
29.6.01)
CDU BEZIEHT POSITION ZUR GENTECHNIK -
Berlin - CDU und CSU haben in der Dis-kussion über die Gentechnik
unterschiedliche Vorstellungen über das weitere Vorgehen. Am kommenden
Montag will der CDU-Vorstand ein Positionspapier, das unter Leitung des
Vize-Vorsitzenden Jürgen Rüttgers erarbeitet wurde, diskutieren und
beschließen. Die CSU warnte dagegen vor einer zu schnellen Festlegung.
CSU-Generalsekretär Thomas Goppel sagte: "Wenn Technik und Forschung
ein so hohes Tempo erreicht haben, dann sind Gemächlichkeit und Umsicht
geboten." Man brauche deshalb eine ruhige und gelassene Diskussion, bei
der man vor allem auch "auf das Kleingedruckte" achten müsse. Das
CDU-Positionspapier sei zwar grundsätzlich zu begrüßen. Dadurch dürfe
jedoch in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck erweckt werden, dass es
sich um einen unverrückbaren Standpunkt einer Partei handele. "Deshalb
wird die CSU zu diesem Thema fürs erste kein Positionspapier vorlegen",
sagte Goppel. Die CDU wendet sich in ihrem Positionspapier zwar
entschieden gegen das therapeutische Klonen. Die umstrittene
Diagnose-Methode, Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung
genetisch zu testen, werden aber nicht mehr grundsätzlich abgelehnt.
Goppel sagte dazu, für ihn sei unvorstellbar, dass menschliches Leben
im Reagenzglas entstehe. Er distanziere sich deshalb auch von der so
genannten Präimplantationsdiagnostik (PID). "Jedes Zugeständnis an die
Reagenzglasforschung bedeutet, dass die naturgewollte Einheit von
Mutter und Kind untergraben wird."
Zwischen Forschungsfreiheit und moralischen Grundwerten
Der CDU-Vize Rüttgers sagte am Freitag, er sei optimistisch, dass der
Vorstand das Positionspapier beschließen werde. In der CDU gibt es
unterschiedliche Meinungen zum Thema Gentechnik. So gehört etwa die
stellvertretende CDU-Vorsitzende Annette Schavan zu den Anhängern einer
restriktiven Linie. Der CDU-Vize Christian Wulff sieht die PID im
Widerspruch zum geltenden Embryonenschutzgesetz. Rüttgers sagte, die
Partei müsse es vermeiden, einen forschungsfeindlichen Standpunkt
einzunehmen. "In dem Entwurf haben wir eine Brücke gebaut zwischen
Forschungsfreundlichkeit und klaren moralischen Grundwerten", sagte er.
Es gelte der Grundsatz, dass das menschliche Leben von Anfang an
geschützt werden müsse. Bei der PID liege die Sache jedoch anders, weil
dort der Embryo durch den Eingriff nicht getötet werde. "So lang wir
das Abtreibungsrecht so wie bisher geregelt haben und
Fruchtwasseruntersuchungen und Invitro-Befruchtungen zulassen, stellt
sich die Frage, ob wir Frauen zwingen, den Embryo auch im Falle
schwerer Erbkrankheiten zuerst in den Mutterleib zu transferieren, um
ihn dann nach § 218 a II sofort und ohne Beratung wieder abtreiben zu
lassen." Das sei unbarmherzig. "Hier brauchen wir eine menschlichere
Regelung", sagte Rüttgers. Er habe sich deshalb dazu entschlossen,
dafür einzutreten, dass dieser Schritt möglich sei, bevor der Embryo in
den Mutterleib eingesetzt werde. In dem Rüttgers-Papier wird allerdings
auch betont, dass die PID auf keinen Fall dazu genutzt werden dürfe, um
Wunschmerkmale beim Kind - so genannte "eugenische Ziele" - zu
erzeugen. In dem Papier wird außerdem darauf verwiesen, dass eine PID
nur für Paare in Frage kommt, die wegen Unfruchtbarkeit eine
Befruchtung im Reagenzglas wünschen und bei denen ein hohes Risiko für
eine schwere Erbkrankheit vorliegt. Während die PID in Deutschland
verboten ist, ist das Verfahren in zehn anderen Ländern erlaubt. Die
Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, sagte,
Forschungsfreiheit gehöre zwar zu den Grundrechten - die
gesellschaftlichen Folgen wissenschaftlicher Vorhaben müssten jedoch
stets bedacht werden. Die Urteile des Verfassungsgerichts über den
Schutz des ungeborenen Lebens von 1975 und 1993 gestatteten allerdings
keine Aussage über den Grundrecht-Status einer Reagenzglas-Befruchtung.
(Phil. Grassmann, SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG v. 26.5.01)
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