Anmerkungen zum Briefwechsel mit H.H. Pater Perez
Vorwort der Redaktion
Die Veröffentlichung des Offenen Briefes von H.H. Pater Perez von der
Priester-Union TRENTO aus Mexiko (an den Oberen der
Priesterbruderschaft St. Pius X.) mit meiner Erwiderung im vorletzten
Heft hat berechtigte Zweifel an der bis dahin konsequenten Haltung
jener Bewegung aufkommen lassen, die von H.H. Bischof Carmona
angestoßen worden war.
Auf die Übersetzung meiner Antwort auf Perez' Offenen Brief erhielt ich
von Bischof Dávila unter dem Datum vom 20.6.2001 folgendes Schreiben
mit der Bitte um Veröffentlichung.
E. Heller
* * *
Sehr geehrter Herr Heller,
nachdem wir Ihren Brief und den von Pater Daniel Pérez analysiert
haben, bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es zwecklos und erschöpfend
ist, mit diesem Streit weiterzumachen, was nur dazu führen würde, die
katholischen Widerstandsgruppen weltweit immer mehr zu trennen und
damit der so ersehnten Einheit und dem Wiederaufbau der katholischen
Kirche weiter zu behindern. Als Verantwortlicher und Direktor der
Zeitschrift TRENTO gestehe ich also eine freiwillige Unterlassung
(möglicherweise gemeint: versehentliche Veröffentlichung) der
Veröffentlichung des Briefes von P. Daniel an Mgr. Fellay, den Oberen
der Priesterbruderschaft St. Pius X., zu, indem die Absicht des Briefes
nicht war, die "una-cum-Messe", die die Priester und Bischöfe der
Priesterbruderschaft St. Pius X. feiern, anzunehmen oder zuzulassen.
Ich möchte hervorheben, daß die Grundprämisse bei diesem Brief von
Pater Daniel, bei diesem Versuch eines Dialoges, die Sedisvakanz ist
und bleibt. Aber gleichzeitig erkenne ich, daß die Bedingungen für
einen Dialog, um strittige Positionen zu klären, doch noch nicht
bestehen und wahrscheinlich aufgrund der Vorgeschichte und der
Entwicklung beider Gruppen nie bestehen werden.
Eben aus diesem Grund, der einheitlichen Position wegen, die es ja
gibt, um die Einheit der Kirche zu suchen, gilt für die Priester-Union
TRENTO weiterhin unsere theologische Position, die wir immer in unserer
Zeitschrift erklärt haben und die ihrerseits sehr ähnlich der Erklärung
über die Sedisvakanz von S.E. Mgr. Thuc sowie der theologischen
Position der Congregatio Maria Unbefeckte Königin von Mgr. Pivarunas
und anderer Gruppen von Katholiken weltweit ist.
Schließlich möchte ich Sie darum bitten, diesen Brief und die
theologische Position der Priester-Union TRENTO in ihrer Zeitschrift zu
publizieren, um vor allem Mißverständnisse zu vermeiden, die ein
Hindernis für die Kircheneinheit darstellen würden.
In christlicher Verbundenheit
Mons. Martín Dávila Gándara
* * *
Die theologische Position der Priesterunion Trento
Die Priesterunion Trento besteht aus römisch-katholischen Priestern und
glaubt und bekennt daher alle Dogmen, welche die heilige, katholische,
apostolische und römische Kirche glaubt und lehrt und als solche
feierlich erklärt hat durch den Mund der rechtmäßigen Päpste und die
Allgemeinen Konzilien, die von jenen zitiert und bestätigt werden, das
heißt durch das unfehlbare Lehramt der Kirche. Ebenso nimmt sie alle
ihre Sittenlehren und -praktiken als heilige und heiligmachende an, die
für jene, die sie beobachten wie sie es befiehlt, verdienstvoll sind,
um den Himmel zu erlangen.
Die Messe, die wir feiern, und die Sakramente, die wir verwalten, sind
dieselben, welche die heilige katholische Kirche praktiziert hat,
nämlich die Primum Tempore für ewige Zeiten promulgiert wurde
sowie das von ihm festgesetzte Missale und das Rituale für die
Sakramente.
Wir feiern in Einheit mit der ganzen Kirche des lateinischen Ritus die
Liturgie des heiligen Papstes Pius X. mit den Änderungen und Varianten,
die seine Heiligkeit Pius XII. mit apostolischer Autorität eingeführt
hat.
Wir glauben, daß nach dem Tod Papst Pius XII. mit Einführung des 2.
Vati. Konzils und mit den gänzlichen häretischen und dem kirchlichen
Lehramt entgegengesetzten Lehren, die dort promulgiert wurden, mit dem
Novus Ordo Missae (der Neuen Meßordnung) und den neuen Riten für die
Sakramente eine neue Kirche geschaffen wurde, die in offenem
Widerspruch und Gegensatz zu den Dogmen, Gebräuchen und Riten der
wahren, von Christus gegründeten katholischen Kirche steht.
Diese moderne Kirche, die man fälschlich katholische nennt und die als
Frucht des Vatikanum II entstand, lehrt auf häretische Weise:
• die Freiheit, jede beliebige Religion zu wählen,
• den falschen Ökumenismus,
• den Kult des Menschen, der Gott abweist (Anthropozentrismus).
Diese Theorien waren schon früher von den Päpsten verurteilt worden;
von Pius IX. in der Bulle Quanta Cura und im Syllabus
Errorum (1864), von Papst Leo XIII. in Immortale Dei und
Libertas humana, Pius XI. in Quas Primas (1925) und Mortalium
Animus (1928) , Pius XII. in Mystici Corporis (1943).
Außerdem steht die Definition und Theologie der Neuen Messe im
Gegensatz zur Lehre des Konzils von Trient, Session XXII, welche
festsetzt, daß die Messe ein wahres und eigentliches Sühnopfer ist und
nicht nur eine eucharistische Versammlung, das heißt Danksagung und
Lobpreis, nicht nur das Gedächnis des Abendmahles des Herrn, sondern
die unblutige Erneuerung seines Kreuzesopfers, wo sich derselbe
Christus opfert, der sich am Kreuz geopfert hat.
Als ob es eine Kleinigkeit wäre, haben sie die wesentlichen
Wandlungsworte geändert und sich so in Gegensatz zu früheren Dekreten
der katholischen Kirche gestellt wie eben die Bulle Quo primum und De
defectibus des hl. Pius V., Apostolicae Curae von Leo
XIII., Mediator Dei und Sacramentum Ordinis von Papst Pius XII.
Deswegen und aus vielen anderen Gründen vertreten wir den Standpunkt,
daß die Novus-Ordo-Messe IN SICH SELBST ungültig ist, weil ihr in ihrer
Struktur die Opfer-Intention fehlt, wie man aus der Änderung der
Opfergebete und aus ihrer Definition und Lehre sehen kann. Sie wäre
auch ungültig, wenn ein gültig geweihter Priester sie mit der dem Novus
Ordo eigenen Intention feiern würde, und zweifelhaft in allen anderen
Fällen - und daß sie gerade deswegen eine Gefahr für den Glauben
darstellt, weshalb der wahre Katholik unter schwerer Schuld
verpflichtet ist, von derartigen Kulten fernzubleiben.
Aus all dem müssen wir schließen, daß die moderne Hierarchie, welche
diese häretischen Lehren approbiert und praktiziert hat, nicht mehr die
katholische Kirche darstellt; gemäß Canon 188 sind IPSO FACTO (ohne daß
eine ausdrückliche Erklärung nötig ist) alle Ämter VAKANT wegen
stillschweigenden Verzichts, Nr. 4 (wegen öffentlichen Abfalls vom
katholischen Glauben) und sie haben keinerlei Jurisdikation über die
katholischen Gläubigen, und deshalb sind all ihre eigenen Lehren,
Verordnungen und Strafen ungültig und verpflichten weder äußerlich noch
im Gewissen.
Gestützt auf diese und viele andere Argumente, erklären wir, daß der
Apostolische Stuhl VAKANT ist ebenso wie die Diözesen und Pfarreien,
und daß wir, die der Kirche von immer treuen katholischen Priester,
fortfahren können und müssen, die Gläubigen zu lehren und zu heiligen,
indem wir die nicht vom Modernismus verseuchten wahren Sakramente und
göttlichen Wahrheiten gewähren; all das zur Ehre Gottes und für die
Rettung der Seelen, welches das höchste Gesetz ist.
(übersetzt von Elfriede Meurer)
* * *
Leserbrief zu P. Pérez "Offenem Brief" an Mgr. Fellay
H. H. Pérez hat in seinem Brief an die Priesterbruderschaft S. Pius X.
vom 18. Dezember 2000 Positionen vorgetragen, die eine Stellungnahme
erfordern (die Ausführungen von ihm sind thesenförmig zusammengefaßt):
Pérez: Zwischen
Sedisvakantisten (SV) und der Priesterbruderschaft (PB) gibt es
"bisher" eine "Distanz", die überwunden werden soll, da die Gläubigen
verwirrt werden und wir uns in den Augen der Modernisten lächerlich
machen.
Kommentar: Daß die Gläubigen
verwirrt werden, ist nur teilweise richtig. Kein SV ist "verwirrt" -
worüber denn auch? Den Spott der Modernisten erträgt der SV gern: die
Welt haßt uns. Welche Ehre!
Pérez: Die Modernisten betrachten SV und PB gleich und amüsieren sich über deren Streitereien.
Kommentar: Das ist richtig,
aber höchst uninteressant. Die Zeugen Jehovas betrachten SV und PB auch
gleich (wenn sie sich überhaupt dafür interessieren). - Merkwürdig, daß
H. H. Pérez auf das Urteil der Modernisten so großen Wert legt. Glaubt
er, daß eine eventuelle Einheit zwischen SV und PB auch nur einen
einzigen Modernisten überzeugen würde?
Pérez: Es gibt zur Zeit keine offizielle Stimme, die verbindlich
entscheidet, ob Johannes XXIII. und seine Nachfolger rechtmäßige Päpste
waren / sind. Alle vorgetragenen Positionen haben daher den Charakter
von "Meinungen", über die "frei" diskutiert werden kann.
Kommentar: Eine typisch
"katholische" Antwort: autoritätshörig im allerübelsten Sinne. Pérez
braucht die "Autorität", die ihm bestätigt, daß seine Erkenntnis
"richtig" ist. Wenn Jesus käme und sagte: "Ich bin der Sohn Gottes",
würde Pérez antworten: Leider gibt es zur Zeit keine offizielle Stimme,
die diese Meinung verbindlich entscheiden könnte. Pérez wird das Opfer
seiner prinzipiellen Unfähigkeit: er will ein Urteil ohne Urteilsakt,
er will Wahrheit ohne Bewährung, weil er keine Selbstbewährung in und
aus Evidenz kennt. - Das Urteil, ob die o.g. Kleriker Päpste waren /
sind, kann jeder für sich selber verbindlich vollziehen. Gäbe es eine
"zuständige Stelle", müßte es eine weitere "zuständige Stelle" geben,
die die Zuständigkeit der ersten Stelle "bestätigt" usw. Wer unbedingt
ein Stück Papier braucht, kann sich auf die DECLARATIO beziehen. - Ist
die Position der Selbstbewährung in und aus Evidenz erreicht, dann ist
die Ebene der Meinungen überwunden, dann braucht es keine "freie"
Diskussion mehr.
Pérez: SV und PB verfolgen im
Prinzip die gleichen Ziele: Bewahrung der Tradition und Kampf gegen den
Modernismus. Sonstige Unterschiede sind sekundärer Natur.
Kommentar: So urteilt der
unreife, oberflächliche Augenschein. - Die Bewahrung der Tradition ist
nur bei integraler kirchlicher Intention möglich. Diese geht der PB
völlig ab. Die PB will Messe und Sakramente auch ohne Kirche bewahren.
Dahinter steckt die bekannte egoistische, triebtäterhafte Sakramenten
Bedienungsmentalität, die mit authentischer katholischer Tradition
nichts zu tun hat. Im Kern ist diese Einstellung in ihrer völligen
Subjekt-Fixiertheit gerade modernistisch
("tridentinisch-modernistisch"). Der genuine SV denkt zuerst an die
Kirche und ihr Fortbestehen, die PB zuerst an sich ("Wie rette ich
meine Seele?"). Wie können SV und PB also die gleichen Ziele verfolgen?
Pérez: Keine Person, Gruppe
oder Zeitschrift der PB oder SV kann Regeln oder Gesetze vorschreiben,
die alle Katholiken verpflichten, schon gar nicht im Gewissen.
Kommentar: Welch unsinniges
Gerede! Pérez sieht den Charakter der Selbstlegitimation nicht. Die
rechtmäßige Position wird nicht von einer Person, Gruppe oder
Zeitschrift bestimmt (auch nicht von der EINSICHT oder von mir!) - das
verschiebt das Problem nur -, sondern sie legitimiert sich aus sich.
Auf diese Selbstlegitimation kann man dann hinweisen - dieser Hinweis
"macht" die Legitimation aber nicht! Gegenfrage: Wer hat denn Pérez
legitimiert, diese schlaue Regel aufzustellen? Pérez handelt wie ein
echter Demokrat: er spricht allen die Fähigkeit zu einem verbindlichen,
endgültigen Urteil ab, nimmt diese Fähigkeit für sich selbst aber mit
der allergrößten Selbstverständlichkeit in Anspruch (- und merkt den
Widerspruch nicht einmal).
Pérez: Das wechselseitige
Absprechen der Gültigkeit von Weihehandlungen zwischen SV und PB muß
aufhören, weil es eine "unnütze und schädliche" Behauptung ist.
Kommentar: Die Behauptung, Mgr.
Thuc sei bei Vornahme der Bischofsweihen seiner nicht mehr mächtig
gewesen, stellt nachweislich eine vorsätzliche Verleumdung dar. Die
Behauptung, Mgr. Lefebvre habe von einem Freimaurer seine Priester- und
Bischofsweihe empfangen, ist eine bewiesene (und auch von Lefebvre 1976
selbst öffentlich zugegebene) Tatsache. Daß dieser
Freimaurer-Weihbischof zusätzlich praktizierender Satanist war, stellt
eine schwere intentionale Belastung der gesamten Lefebvre-Sukzession
dar. Gründe für deren Ungültigkeit können nicht einfach ignoriert
werden, auch wenn die Entscheidung bis heute aufgrund unzureichender
Beweislage nach wie vor in der Schwebe ist und Kleriker der
Lefebvre-Sukzession deshalb in jedem Fall sub conditione nachgeweiht
werden müssen. - Das alles scheint Pérez nicht zu interessieren. Wenn
die zuverlässige Gültigkeit der apostolischen Sukzession aber keine
Rolle mehr spielt, kann man gleich zur Amtskirche wechseln.
Pérez: Ob ein Gläubiger zu den SV oder zur PB in die Messe geht, ist gleichgültig.
Kommentar: Da die Messen der PB
"una cum Wojtyla" gelesen werden (müssen) - was eine teuflische
Blasphemie darstellt: ein öffentlicher Götzendiener als oberster
Auftraggeber der hl. Messe - ist ihr Besuch in jedem Fall untersagt.
"In jedem Fall" heißt: besser bis ans Lebensende keine hl. Messe mehr
als eine bei der PB - auch wenn es schwer fällt.
Pérez: Die Sedisvakanzposition darf nicht zur Bedingung des Meßbesuchs und Sakramentenempfangs gemacht werden.
Kommentar: Daß Wojtyla kein
Papst ist, daß die "Neue Messe" ungültig ist: das sind natürlich keine
Glaubenssätze, sondern Schlußfolgerungen der Urteilskraft. Wenn ein
Gläubiger richtig disponiert ist, aber mit der Urteilskraft diese
Fragen nicht in den Griff bekommt, kann man ihn zulassen, muß ihn aber
zugleich aufklären. Wenn er nach Belehrung trotz Klarheit der
Urteilskraft unbelehrbar bleibt, muß man ihn ausschließen.
Pérez: Die Wahrheit muß mit
"Klugheit" angewendet werden. Dabei hat diese Klugheit "manchmal
gewisse Züge von Relativität und Subjektivität". So habe Lefebvre die
Sedisvakanzposition in Erwägung gezogen, sie aber "aus Klugheit" nicht
übernommen.
Kommentar: Ohne Zweifel kann
man nicht jede Wahrheit jedem Zeitgenossen unaufgefordert bei jeder
Gelegenheit ins Gesicht sagen. Das verbietet schon in vielen Fällen die
Nächstenliebe und die sittliche Freiheit des anderen. Anders liegt der
Fall bei Lefebvre. Dieser hatte auf dogmatisch präzise Fragen, die zu
beantworten verpflichtend zu seinem Amt als Bischof gehörte,
ausweichend und schwammig geantwortet - oder gar nicht. Das ist
absichtliche Irreführung. In der Standard-Literatur gilt die Klugheit
(nicht etwa der sittlich Gute Wille) als oberste Kardinaltugend - das
verruchte Erbe des griechischen Intellektualismus. Daher kann diese
"Klugheit" durchaus im Dienste der Lüge stehen - wie hier von Pérez
vorgeführt.
Die Bilanz ist entsetzlich: Pérez, von Bischof Carmona unter den
Prämissen der Declaratio zum Prie-ster geweiht, will die lichte
Wahrheit gegen die "Einheit" mit einer finanzstarken, para-katholischen
Gruppierung tauschen, deren infames Zersetzungswerk unter der Maske
katholischer Tradition aufgrund der weltweiten intentionalen Korruption
ihrer Anführer an dem von Anfang an vorgesehenen Bestimmungsort
("Vescovi di Lefebvre Pace con il Vaticano" ("Lefebvre-Bischöfe suchen
Frieden mit dem Vatikan") / La Stampa vom 27. Juni 2001) enden wird.
Pérez wird sich hoffentlich ganz schnell zu einer öffentlichen
Korrektur seines Briefes entscheiden, bevor über ihn entschieden wird.
Christian Jerrentrup |