Auf der Suche nach der verlorenen Einheit -
zum Problem des 'inneren Schismas'
von
Eberhard Heller
Die an den Buchtitel von Marcel Proust ("Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit") erinnernde Überschrift soll als Thema eine
Rückbesinnung markieren. Sie kann in der jetzigen Situation hilfreich
sein, verlorenes Terrain zurückzuerobern, wenn man über die
religiös/kirchlichen Alltagsprobleme hinaus noch daran denkt, in welch
schwieriger Lage wir uns alle zusammen befinden. Diese hat zu einem
kirchlichen Fatalismus geführt, der täglich spürbarer wird: man ist
gleichsam eingepfercht im eigenen Meßzentrum, kontakt- und
perspektivlos, was den Wiederaufbau der Kirche, was sogar den Aufbau
gemeindlicher Strukturen betrifft. Was haben wir falsch gemacht? Lassen
sich die begangenen Fehler beheben? Sind wir bereit, unsere eigenen
Einstellungen zu revidieren? Aber nicht nur wir katholische Christen,
die von sich - teils vollmundig - behaupten, die wahren Christen zu
sein, nein, die westliche Gesellschaft insgesamt steckt in einer tiefen
geistigen Krise, die selbstverständlich auch auf unsere kirchliche
zurückwirkt.
Man mag das Fehlen von Autorität und Führung unter den katholischen
Christen, die vorgeben, der Kirche Jesu Christi treu bleiben zu wollen,
als lähmend kritisieren - häufig wird sogar der Dissenz von denen am
lautesten beklagt, die ihn durch ihre Geltungssucht und
Disziplinlosigkeit erst verursacht haben -, dann sollte man sich aber
im klaren sein, daß der Mangel an pastoral-kirchlicher Kooperation und
Führung hauptsächlich bei denen zu finden ist, deren Aufgabe es als
Seelsorger eigentlich wäre, der Herde als Hirten vorzustehen und die
geistliche Autorität auszuüben, die ihnen durch die Übernahme des
priesterlichen/bischöflichen Amtes verliehen wurde... zum Wohl der
Gesamtkirche und nicht bloß zum Sakramentenausteilen in einer
sektiererischen Nischengemeinde.
Eine besonders gravierende Fehleinstellung zu dem übernommenen Amt hat
sich bei einer Reihe von Bischöfen (ohne Anführungszeichen) bezüglich
unserer Bemühungen um den Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution
als besonders verheerend ausgewirkt: die Auffassung nämlich, daß die
durch die Weihe erhaltenen Vollmachten in bloß persönlicher Verfügung
stünden, die den Inhaber dazu berechtigten, zum Bischof zu
konsekrieren, wen er so gerade wolle. Aus dieser Fehleinstellung hat
sich dann eine gravierende Fehlentwicklung in unseren Reihen ergeben.
Nicht umsonst ist die Weihe (und die Ernennung - vgl. CIC, Kanon 329 §
2) von neuen Bischöfen dem Papst vorbehalten, weil hiervon die Existenz
und die hierarchische Struktur der Kirche in ihrer Gesamtheit betroffen
sind, weshalb sie zentral gesteuert werden müssen. Das CIC von 1917
schreibt in Kanon 953 verbindlich vor: "Die Erteilung der Bischofsweihe
ist dem Papst reserviert. Ohne besonderen päpstlichen Auftrag darf also
niemand die Bischofsweihen spenden." 1) Zuwiderhandlungen werden
normalerweise zu Recht als Rebellion gegen die höchste Autorität und
gegen die Einheit der Kirche und als schismatische Akte angesehen und
mit Sanktionen belegt 2).
Als Mgr. Ngô-dinh-Thuc die ersten Bischöfe ohne
förmliches päpstliches Mandat - wegen des unbesetzten apostolischen
Stuhls - konsekrierte (Pater Guerard des Lauriers am 14.5.1981, die PP.
Carmona und Zamora am 18.11.1981 - also vor 20 Jahren), geschah das
ausschließlich, um die gefährdete apostolische Sukzession
zu retten. Die mit der Vakanz und - durch sie bedingt - die
Notwendigkeit, ohne päpstliches Mandat zu konsekrieren, verbundenen
Probleme wurden ausführ-lich in der Folgezeit diskutiert, auch im
Hinblick auf die damalige gesamt-kirchliche Situation. 3) Dennoch wurde
von verschiedenen Seiten (von bloßen Traditionalisten, was aber noch
gefährlicher war: von bestimmten Legalisten) der Vorwurf erhoben, Mgr.
Ngô-dinh-Thuc, ebenso die zu Bischöfen geweihten Patres handelten
schismatisch. Die eigentliche Begründung für das Fehlen des päpstlichen
Mandats wurde schließlich in der DECLARATIO über die Sedisvakanz vom
28.2.1982 offiziell von Mgr. Ngô-dinh-Thuc selbst geliefert.
Von verschiedenen Seiten wurde (und wird bis heute) die Forderung
erhoben, die DECLARATIO hätte vor den Weihen veröffentlicht werden
müssen, weil erst von der Einnahme dieser Position aus die Weihen als
gerechtfertigt betrachtet werden könnten. Personen, die so
argumentieren, unterstellen, daß die Position des Erzbischofs zur Zeit
der ersten Konsekration von der zum Zeitpunkt der Abfassung der
DECLARATIO differiert hätten. Diese Auffassung kann man nicht gelten
lassen: be-reits bei unserem ersten Besuch bei Mgr. Thuc zusammen mit
dem später verstorbenen H.H. Dr. Katzer, der sich als erster Kandidat
für eine Weihe zur Verfügung gestellt hatte, war über die Sedisvakanz,
über die gefährdete apostolische Sukzession und die Verfälschungen der
hl. Messe ausführlich diskutiert und die Positionen abgestimmt worden.
Und nur auf dieser Basis wurden die nachfolgenden Weihen gespendet.
Zum anderen ließen die konkreten Umstände keine andere Lösung zu, als
diese geheim durchzuführen. (Man denke in diesem Zusammenhang nur an
die übereilte Flucht des Erzbischofs nach Deutschland, weil er zu Recht
Verfolgungen befürchtete, nachdem die Bischofsweihen durch P. Barabara
an die Presse verraten worden waren, aber auch an seine spätere
Entführung aus dem Seminar in Rochester/USA.)
Um aber zum Ausdruck zu bringen, daß man die theologische und
rechtliche Begründung für die dem Papst zustehende Reservierung von
Bischofsweihen teilte, weil nämlich die Besetzung von Bischofsstühlen
ein Anliegen der Gesamt-Kirche darstellt, wurde zwischen den Bischöfen vereinbart, daß - als Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat -
die folgenden, weiteren Bischofsweihen nur nach Absprache und mit der
Zustimmung aller Bischöfe gespendet werden dürften. Bei der Vakanz des
römischen Stuhles sollte so das Gremium der Bischöfe die Gesamtkirche
repräsentieren. Einfache Priesterweihen blieben dagegen in die
Verantwortlichkeit der einzelnen Bischöfe gestellt, weil die
betreffenden Priester auch deren Autorität direkt unterstellt blieben.
So wurden die nachfolgenden Bischofsweihen von Fr. Musey, P. Vezelis,
P. Martinez und P. Bravo erst nach Rücksprache mit S.E. Mgr.
Ngô-dinh-Thuc und mit seiner ausdrücklichen Zustimmung von Mgr. Carmona
bzw. von Bischof Musey (unter Assistenz von Mgr. Carmona) gespendet.
Entscheidend bei diesen Konsekrationen war, daß man den Wiederaufbau
der kirchlichen Strukturen im Visier hatte, aber auch die Einheit
wahren wollte. Dafür zeugen auch die Versuche der Bischöfe Vezelis und
Musey, ihre bischöflichen Einflußsphären gegeneinander abzugrenzem,
auch wenn dabei der Begriff der ordentlichen "Jurisdiktion"
überstrapaziert wurde.
Diese Vorgehensweise, nämlich eine geplante Bischofsweihe vorher allen
anderen Bischöfen mitzuteilen und deren Zustimmung einzuholen - als
Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat -, wurde zuerst von Mgr.
Guerard des Lauriers bei der Konsekration von H.H. Dr. Storck
mißachtet, als er diesen sogar gegen die ausdrücklichen Vorbehalte von
Mgr. Vezelis weihte. Mgr. Vezelis war eigens nach Etiolles bei Paris
gereist, um Mgr. Guerard des Lauriers seine Bedenken vorzutragen.
Nach der Konsekration von H.H. Storck ließ sich Mgr. Guerard des
Lauriers sogar auf den Hinweis einer älteren Dame dazu verleiten, P.
McKenna zu konsekrieren, später dann auch den Ex-Econeisten Munari
(ohne ihn sub conditione nachgeweiht zu haben), der inzwischen sowohl
sein Bischofs- als auch Priesteramt vollständig aufgegeben hat. Auch
vor der Konsekration von P. McKenna war er gewarnt worden.
Mit dieser Vorgehensweise hatte Mgr. Guerard des Lauriers die Weihe
eines Bischofs nicht mehr als Entscheidung der Gesamt-Kirche -
repräsentiert vom Gremium der Bischöfe - angesehen, sondern sie zu
seiner eigenen Angelegenheit gemacht, d.h. er hat sie in die
Entscheidung eines Einzelbischofs gestellt.
Man kann natürlich dem Provisorium der Repräsentanz des Gremiums der
Bischöfe als Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat keine
rechtlich verbindliche Dignität zumessen. Trotzdem werde ich keinen
Moment zögern, ein solche Einstellung und ein solches Verhalten -
analog zu der Auffassung des CIC, daß Bischofsweihen dem Papst
vorbehalten sind - zumindet als latent schismatisch einzustufen
(für den Fall, daß nur persönliche Interessen bei Mgr. Guerard des
Lauriers vorlagen - dafür gibt es berechtigte Annahmen -, sogar als
sektiererisch); denn hier wurde bewußt das Prinzip der Einheit
verletzt.
Wenn man einmal die Aktionen dieser Zeit, z.B. die Bischofsweihen,
durch die eigentlich die apostolische Sukzession gesichert werden
sollte, oder die Declaratio von S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc, durch die eine
klare Trennlinie zur sog. 'Konzils-Kirche' gezogen wurde, also
Aktionen, die eigentlich zu einem Wendepunkt in unserem Kirchenkampf
hätte führen sollen und können, Revue passieren läßt, kann man nicht
umhin festzustellen, daß durch die Sonderwege von Mgr. Guerard des
Lauriers die Einheit unter den Bischöfen verloren ging und die
Durchschlagskraft unseres Kirchenkampfes so einen beträchtlichen
Schaden erlitten hat. Mit seiner Theorie vom "Papa materialiter, non
formaliter" hatte G. des Lauriers einen weiteren Streit künstlich
entfacht 4). Und ohne Zusammenhalt ging auch die Autorität verloren,
d.h. sie wurde partialisiert. Hier müßte man ansetzen, um die Einheit
wieder zu kitten.
Für den Widerstand beschämend genug, war es in der Folgezeit so, daß
die Bischöfe, an deren Weihegültigkeit keine Zweifel bestehen, wiederum
ohne Konsultation und Absprache mit den anderen Bischöfen Kandidaten
konsekrierten, die sich durch theologische Ignoranz und moralische
Defizienz auszeichneten - einigen legte man nahe, sich hinter
"schwedische Gardinen" zurückzuziehen. Diese wurden dann dem staunenden
Volk der Gläubigen als sog. Thuc-Bischöfe, als Widerstands-Bischöfe
präsentiert. In Wirklichkeit waren und sind sie nur katholisierende
Sektierer. Durch diese Art der Sukzession, indem jeder Bischof einen
Kandidaten seiner Wahl weiht, ohne auf die objektiven Belange des
Wiederaufbaus der Kirche zu schauen, hat sich ein durchziehendes,
inneres 'Schisma' entwickelt und dadurch den Wiederaufbau fast zum
Stillstand gebracht. 5) Wenn man sich diese kritische Sichtweise zu
eigen macht und einmal auf die Liste der geweihten Bischöfe schaut,
wird man feststellen, daß man nur sehr wenige als Bischöfe der kath.
Kirche ansehen kann.
Als besonders krasses Beispiel eines solch inneren schismatischen, aber
auch sektiererischen Verhal-tens hat Bischof Dr. Lopez-Gaston mit den
Weihen, die er empfangen bzw. erteilt hat, gegeben. 6) Neben dem bloßen
Problem der sakramentalen Gültigkeit, die man ohne weiteres auch jedem
wirklichen Schismatiker, aber auch vielen - längst nicht allen -
Sektierern konzidieren kann, hat er völlig übersehen, daß wegen der
Mißachtung der Erlaubtheit die kirchliche Relevanz einer solchen
Weihehandlung verneint wird.
Schlimmer noch als dieser 'schismatische' Sprengstoff war und ist das
Sektierertum, welches durch den Ehrgeiz und die Eitelkeit verschiedener
Kleriker in den Widerstand hineingetragen wurde, Kleriker, die sich aus
Geltungsbedürfnis von irgendeinem, sog. "Thuc-Bischof" konsekrieren
ließen. Dabei war es diesen Herren egal, ob ihre Konsekratoren
wirkliche Bischöfe oder nur solche in Anführungszeichen oder nur
angemaßte aus der Vagantenszene waren. Etliche erhielten noch
Schützenhilfe durch die Vertreter der Theorie von der sog. "äußeren
Intention". Diesen Bischöfen (oder 'Bischöfen') geht es in der
Hauptsache darum, eine Mitra zu tragen, die sie 'berechtigt', bei den
naiven Gläubigen Geld zu sammeln. Einen besonders krassen Fall stellt
der sog. Bischof Roux dar, der sein Weihezeugnis gefälscht hatte, in
dem er testierte, zu einem Zeitpunkt von Mgr. Ngô-dinh-Thuc geweiht
worden zu sein, zu dem sich dieser nachweislich bei uns in München
aufgehalten hat. (Nach eine Weihe "sub conditionale" [sic!] 'wirkt' er
seitdem in Frankreich, wo er sich einen Namen als "Mgr. Tartuffe"
gemacht hat.) 7) Zu einem kriminellen Fall hat sich der sog. 'Bischof'
Franck entwickelt, der den deutschen Gläubigen zunächst als der
Widerstandsbischof präsentiert werden sollte, wobei sich nebenbei
herausstellte, daß von Gültigkeit seiner 'Weihen' keine Rede sein kann.
(Inzwischen sitzt er wegen Kinderschänderei in Belgien im Gefängnis.)
Dieses Sektierertum bzw. Vagantentum hat sich unter dem Vorwand der
Verteidigung des wahren Glaubens wie ein Krebsgeschwür in den
wirklichen Widerstand hineingefressen. Ich bin immer wieder erstaunt zu
sehen, wie diese Sektierer als Gralshüter geradezu verehrt werden.
Die Turbulenzen im Lager der Sedisvakantisten werden aber zusätzlich
noch von einer Gruppe von Klerikern entfacht, welche z.B. Econe auf
Grund der Einsicht verlassen haben, daß man einen Häretiker nicht als
Autorität anerkennen kann. Doch diesem konsequenten folgt meist der
zweite, weniger konsequente Schritt. Anstatt sich um Aufnahme in den
Kreis ihrer sedisvakantistischen Konfratres zu bemühen - das Problem
ihrer Weihe kann hier zunächst zurückgestellt werden -, beginnen sie
als Einzelgänger damit, eine katholisierende, meist wenig informierte
Schar von verirrten Schäflein um sich zu sammeln. Um bereits bestehende
kirchliche Strukturen kümmern sie sich herzlich wenig. Zu einer
Kooperation sind sie in den seltensten Fällen bereit. Dieses Verhalten
dokumentiert, daß es sich auch bei dieser Gruppe um katholisierende
Sektierer handelt.
Ich lasse mir gerne den Vorwurf gefallen, ich würde zu radikal
urteilen. All diese Kritiker bitte ich nur, einmal folgendes
Gedankenexperiment durchzuspielen: Nehmen wir einmal an, es wäre in der
Tat gelungen, wieder eine legitime Autorität, d.h. einen gültig
gewählten Papst zu installieren. Wer von all den 'selbständigen',
'unabhängigen' Klerikern, die so vollmundig ihre kirchliche Gesinnung
verkünden, die von sich behaupten, nur das zu predigen, was Lehre der
Kirche sei, wäre bereit, sich diesem Papst zu unterwerfen?! Wäre es
nicht vielmehr so, daß all diese Herren nach Ausflüchten suchen würden,
um ihre 'Unabhängigkeit' beizubehalten, sprich: ihr Sektierertum
ungestört weiterzuführen?
Diese Fehleinstellungen (inneres 'Schisma', Sektierertum, Vagantentum -
sog. 'Unabhängigkeit') und die daraus resultierenden Verhaltensweisen
haben dazu geführt, daß es zwar eine ganze Reihe von Bischöfen gibt,
aber keine Autorität, daß sich zwar vielerlei Gruppen, aber keine
Gemeinden und auch keine kirchliche Einheit gebildet haben. Die
Aktivitäten bisher mußten und müssen erfolglos bleiben, weil darauf
kein wahrer Segen liegen kann. Die Idee von der Kirche als geistiger
Gesamtorganismus, wie Pius XII. sagt: "mystischer Leib", in dem die
Glieder untereinander verbunden sind, ging dabei verloren. Und ich
erlaube mir die kritische Anmerkung, daß ich zur Zeit nicht sehe, wo
einer der Bischöfe aus Sorge um das Gesamtwohl der Kirche handelt.
Wohlgemerkt, es geht mir nur darum zu zeigen, was aus Sicht
konsequenter Sedisvakantisten zu tun wäre, um die kirchlichen
Strukturen wieder aufzubauen, die den Aufbau von Gemeinden und
kirchlichen Großverbänden, ebenso die Wahl eines Papstes mit
einschließen würde, auch wenn man noch nicht wüßte, wie eine solche
Wahl aussehen bzw. durchzuführen sei. 8)
Eine Besserung dieses mehrfach zerissenen kirchlichen Zustandes ist nur
dadurch erreichbar, daß ein Umdenken beginnt. Es ist schon viel
gewonnen, wenn jeder Kleriker beginnt, sich ernsthaft die Frage zu
stellen, wie er sein konkretes pastorales Handeln im Hinblick auf die
gesamtkirchliche Problematik begründen und rechtfertigen kann
(allerdings nicht mit dem Argument, "die Gläubigen benötigen
Sakramente" - die Frage, was die Gläubigen 'brauchen', kann nur im
Zusammenhang mit der Klärung der kirchlichen Problematik beantwortet
werden), um so zumindest die theologische und mentale Voraussetzung für
ein verantwortbares Handeln zu schaffen, welches eine fruchtbare
Kooperation mit den anderen Priestern und Bischöfen einschließen müßte.
Wie das Resultat einer solchen Reflexion aussehen könnte, haben wir
versucht aufzuzeigen. Es wäre für den Anfang schon viel gewonnen, wenn
sich die betreffenden Kleriker klar darüber wären, daß sie nicht alles
tun dürfen, was sie können. d.h. wenn sie einsehen würden, daß sie ihre
geistlichen Vollmachten nicht aus eigener Machtvollkommenheit, sondern
nur im Auftrag der Kirche - als von dieser beauftragt -ausüben dürften,
wenn sie sich als per Mandat ausgestattete Amtsträger betrachten
würden. Ein wesentliches Zwischenziel wäre die Einsicht, daß sie in
einem gewissen Dilemma stecken würden, welches darin besteht, daß sie
nur im Auftrag der Kirche, per Mandatum der Autorität handeln dürften
9), daß aber dieser Kirche heute die beauftragende Autorität fehlt.
Ohne diese Rückbindung an die Kirche stellt nämlich jede Amtshandlung
einen mit dem Stempel des Schismas (oder des Sektierertums) versehenen
Akt dar. Damit erhebt sich die Frage nach der verlorenen Autorität und
der Einheit wieder. Dem Dilemma von priesterlichem Auftrag einerseits
und fehlender Autorität andererseits haben wir versucht, in der neuen
"Erklärung" aufzuzeigen. Hinsichtlich des priesterlichen Auftrags muß
festgestellt werden: "Einerseits fehlt derzeit die zur Erfüllung dieser
Aufgaben nötige kirchliche Jurisdiktion, da die Hierarchie abgefallen
ist, andererseits ist die Erfüllung dieser Aufgaben die notwendige
Voraussetzung der Wiederherstellung eben dieser kirchlichen Autorität.
Die Wiederherstellung der kirchlichen Autorität ist aber vom
Heilswillen Christi her gefordert. Das Dilemma kann m.E. nur gelöst
werden, indem sämtliche bisherigen Aktivitäten nur unter Vorbehalt
einer späteren, endgültigen Legitimierung durch die wiederhergestellte
Hierarchie stehen. Somit läßt sich z.B. die Meßzelebration und die
Spendung der Sakramente einstweilen nur dadurch rechtfertigen, daß sie
unter dem Aspekt der Gesamtrestitution der Kirche als Heilsinstitution
stehen und sich der späteren Beurteilung durch die wiederhergestellte,
legitime Autorität unterwerfen. Spendung und Empfang der Sakramente
(einschl. Zelebration und Besuch der hl. Messe) wären somit unerlaubt,
wenn sie ohne Bezug auf diese einzig mögliche Rechtfertigung vollzogen
würden, unbeschadet ihrer sakramentalen Gültigkeit."
Anmerkungen:
1) Nach Kanon 954 muß der Konsekrator bei der
Weihe noch zwei weitere Bischöfe als Assistenten einsetzen, die als
Co-Konsekratoren (und nicht bloß als Zeugen) tätig sind, d.h. sie
müssen im wesentlichen all jene Weihehandlungen mitvollziehen, die auch
der eigentliche Konsekrator ausführt. (Vgl. dazu auch die Konstitution
"Episcopalis consecrationis" Pius' XII. vom 30.11.1944 - AAS, XXXVII,
p. 131-132.)
2) Vgl. CIC, Kanon 2370 a): "Wenn ein Bischof jemandem die
Bischofsweihe erteilt, ohne hierzu den in Kan. 953 erwähnten
päpstlichen Auftrag erhalten zu haben, ist er ohne weiteres so lange
suspen-diert, bis der Apostolische Stuhl von dieser Strafe dispensiert."
3) Vgl. u.a. den "Offenen Brief von Mgr. Carmona an Bischof Cortés"
EINSICHT XII/3 vom Okt. 1982; "Ein Brief von Bischof Carmona" XII/4 vom
Dez. 1982; Heller, Eberhard: "Einige Anmerkungen zu den von Mgr.
Ngô-dinh-Thuc und Mgr. Carmona gespendeten Bischofsweihen" XII/3 vom
Okt. 1982, S.101 ff.; "Wo stehen wir?" XII/6 vom März 1983.
4) Diese These, die ihr Urheber kurz vor seinem Tode, wenn nicht
revidiert, so doch stark relativiert hat, spukt heute noch in den
Köpfen der Leute von Verrua Savoia/Italien, u.a. in dem von Abbé
Ricossa, weiter.
5) Eine gewisse Ausnahme stellt Mgr. Pivarunas dar, der zumindest die
Absicht, Abbé Dolan und später P. Dávila zu Bischöfen zu weihen,
öffentlich vorgestellt hat und über die Kandidaten diskutieren ließ.
6) Erst ausführliche Recherchen von Herrn Jerrentrup haben ergeben, daß
es an der Gültigkeit der Weihen keine Zweifel gibt, wiewohl er seine
bischöfliche Sukzession auf eindeutigen Sektierern aufbaut.
7) Seine Eskapaden kann man im Internet verfolgen, wo über seine Aktionen genau Buch geführt wird.
8) Im Gegensatz zu den (konsequenten) Sedisvakantisten bewegen sich die
Econer in einem nicht aufhebbaren Widerspruch. Sieht man einmal von
gewissen Fehlpositionen und fehlenden Untersuchungen im
sakramental-theologischen Bereich ab, so sehen sie zwar einerseits die
Notwendigkeit der beauftragenden Autorität. Deswegen anerkennen sie
z.B. Johannes Paul II. als Papst, verweigern ihm aber den konkreten
Gehorsam, weil sie dessen Anordnungen angeblich nicht gehorchen können.
Die Vorstellung von einem Papst (d.i. der obersten Autorität), dem man
nicht gehorchen brauche, erfüllt den Tatbestand der Häresie. Um diese
'Häresie' zu überwinden, wollen die Herren Schmidberger und Aulangnier
ihrem Papst demnächst sagen, was er ihnen befehlen darf/soll, damit sie
ihm gehorchen können ... bei weitem die 'eleganteste' Lösung!
9) Die Debatte um das "una cum" im "Te igitur" des Kanons, wonach die
Messe im Auftrag und in Einheit mit der Autorität gelesen werden darf -
vgl. den Beitrag von P. Guérard des Lauriers "Christus novum instituit
Pascha..." in EINSICHT X/3 vom Sept. 1980 -, sollte doch das
Problembewußtsein längst geschärft haben. |