'Beweis' im Zirkel
von
Dr. Hans Gliwitzky, München
Man hört immer wieder das Argument, Paul VI. sei rechtmäßiger und sogar
ein Gott wohlgefälliger Papst; denn in verschiedenen Erscheinungen und
Offenbarungen (wie z.B. Amsterdam und S.Damiano) werde dies behauptet.
(Unter anderem wurde angegeben, in einem Gesicht der Seherin habe Jesus
Paul VI. den "novus ordo missae" übergeben.)
Kann man die göttliche Herkunft solcher Behauptungen nicht
ausschließen, so ist klar, daß das Urteil über Paul VI. und seine
Handlungen schwankend bleibt.
Die beanspruchte göttliche Herkunft bestimmter Erscheinungen bzw.
Offenbarungen läßt sich jedöoh für Außenstehende oft nur nach einer
langwierigen Untersuchung als wahr oder unwahr erkennen. Solange man
nicht über das Ergebnis einer solchen Untersuchung verfügt und ihrer
Glaubwürdigkeit sicher ist, muß man sich an die bereits erkannte
Wahrheit halten und von dorther versuchen, zu einem gegründeten Urteil
zu kommen.
So gehört es zur Grundregel dieser Zeitschrift, ihre Behauptungen
sowohl aus einsichtigen Vernunftgründen darzutun als auch diese
Vernunftgründe als die Lehre der einen heiligen, katholischen und
apostolischen Kirche nachzuweisen und daraus alle Häresie und Apostasie
zu bekämpfen.
Dieser Regel entsprechend haben wir z.B. in der Frage nach der
Gültigkeit der hl. Messe die Gründe vorgetragen, aus denen die
Ungültigkeit bestimmter neuer 'Meß'formen hervorgeht, und wir werden
darin fortfahren, bis auch über die anscheinend noch als möglicherweise
gültig übrig gebliebenen Formen volle Klarheit besteht.
Worauf es mir hier ankommt, ist, auf ein häufig geübtes Verfahren,
nämlich den Beweis im Zirkelschluß aufmerksam zu machen und zu zeigen,
wie man ihm entgeht.
Der Zirkelschluß lautet z.B. etwa folgendermaßen: Die Erscheinungen von
S. Damiano sind göttlicher Herkunft, denn in ihnen wird das von der
Welt bekämpfte, in Wahrheit aber rechtmäßige Papsttum in Paul VI.
bestätigt; und: Paul VI. ist rechtmäßiger Papst, denn die Erscheinungen
von S. Damiano bestätigen es.
Wer einen solchen Beweis anbietet, gibt zunächst zu, daß die beiden
Teile seines Beweises je für sich einer Begründung bedürftig sind.
Nun ist aber jedem Einsichtigen klar, daß eine des Beweises bedürftige
Behauptung nicht zureichender Grund für eine andere des Beweises
bedürftige Behauptung sein kann. Es kommt also darauf an, wenigstens
eine der miteinander verbundenen Behauptungen für sich auf einsichtige
Begründung zurückzuführen.
Für die Leser dieser Zeitschrift dürfte darüber hinaus klar sein, mit
welchen Mächten wir es in der derzeitigen Auseinandersetzung zu tun
haben. Jeder muß sich daher einmal methodisch die Frage stellen, was er
wohl tun müßte, wenn er die Kirche wirksam zerstören wollte.
In der Beantwortung dieser Frage wird er (vielleicht zu seiner
Überraschung - je nach seiner bisherigen Beurteilung Pauls VI.) finden,
daß er genau das tun müßte, was Montini/Paul VI. getan hat und tut: er
muß die Lehre der Kirche zerstören und verteidigen, oder besser: er muß
sie zerstören, indem er sie auch verteidigt bzw. zu verteidigen
scheint. Verteidigen müßte er sie, um diejenigen zu täuschen, die die
Kirche bejahen und deswegen für sich und andere erhalten wollen. Er
müßte sich also diesen als rechtmäßiger und seines Amtes waltender
Papst repräsentieren. Das kann er aber nur, indem er, wenigstens
teilweise, katholische Lehre vertritt, wie z.B. durch eine Enzyklika
"mysterium fidei" oder "humanae vitae", durch ein rechtgläubiges
"credo" oder einen Besuch in Fatima etc. Denn würde er die Lehre der
Kirche nur einfach zerstören, so würden sich die Rechtgläubigen zu
leicht sammeln können, um die Häretiker und Apostaten aus der wahren
Kirche auszuscheiden.
Es kommt mir hier nicht darauf an zu entscheiden, ob dieser Fall
wirklich mit Paul Vl. vorliegt. Für den Punkt, den es hier
herauszustellen gilt, würde auch die Annahme genügen, Paul VI. sei nur
das genötigte oder gezwungene Instrument dessen oder derer, die die
Kirche zerstören wollen. (Wir werden in unserer Zeitschrift auch immer
deutlicher herausstellen, daß unsere Aufgabe in der Kirche für die
Kirche gar nicht von der Beurteilung der subjektiven Schuld oder
Unschuld Montinis/Paul VI. oder anderer abhängig ist. Dieses Urteil
sollen und können wir daher getrost Gott allein überlassen.)
Hier kommt es nur darauf an, klar ins Auge zu fassen, was derjenige
oder diejenigen, die die Kirche zerstören wollen, konsequenterweise
u.a. zu tun haben.
Wer die Kirche zerstören will, muß, teils um den wahren Erscheinungen
und Prophezeiungen entgegen zu wirken, teils um diejenigen zu gewinnen,
die aus echtem religiösem Bedürfnis nach einem Zeichen des Himmels
Ausschau halten, darauf bedacht sein, entweder Scheinerscheinungen zu
inszenieren oder sich ursprünglich echte Erscheinungen für seine Zwecke
nutzbar zu machen.
Zur klaren und deutlichen Erkenntnis der Echtheit bzw. teilweisen
Echtheit bestimmter Erscheinungen kann man aber nur kommen, wenn die
Aussagen der in Frage kommenden Erscheinungen wenigstens der
unwandelbaren Lehre der Kirche (und damit, nach eben dieser.Lehre der
Kirche: der Vernunft und jeder wirklichen Wissenschaft) nicht
widersprechen.
Widerspricht die Aussage einer angeblichen Erscheinung der
unwandelbaren Lehre der Kirche, so ist diese bestimmte Erscheinung bzw.
Teilerscheinung sicher nicht echt.
Die angebliche Aussage von S. Damiano, in einem Gesichte der Seherin
habe Jesus Paul VI. den "novus ordo missae" übergeben, ist also mit der
Lehre der Kirche zu konfrontieren, wie es z.B. Franz
Bader in Nr.2 dieser Zeitschrift S. 36ff begonnen hat, und daran zu
richten.
Die weiteren angeblichen Aussagen von S. Damiano (ebenso von Amsterdam
etc.), die die Rechtmäßigkeit und Gottwohlgefälligkeit Pauls VI.
betreffen, sind unter anderem an seinem Gebrauch und Zulassung der nach
der Lehre der Kirche sicher ungültigen Formel "per voi e per tutti"
("für euch und für alle") zu messen.
Erinnern wir uns an das Wort unseres Herrn Jesus Christus: "W A C H E T und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet."
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OHNE KOMMENTAR
Abbé de Nantes in "Contre-Réforme Catholique", No.46, Juli 1971, S. 11:
"Ich bewundere, daß angesichts des
Sektarismus an höchster Stelle [Sektierertum des Papstes], Dr.
Gerstner, Abbé Coache und Père Barbara klar und öffentlich erklärt
haben - und zwar vor ihrem verirrten Vater [gemeint ist die zu
Pfingsten von Père Barbara auf dem Petersplatz abgegebene Erklärung],
der ihren Gebeten gegenüber taub ist -, daß sie ihn als den legitimen
Papst anerkennen und daher von ihm, vom Heiligen Vater, vom gemeinsamen
Vater, verlangen, daß er ihrem gerechten und allzu rechtmäßigen
Nachsuchen stattgebe. Dadurch haben sie sich vernünftigerweise von
jenen abgehoben, die vorgeben, der Stuhl Petri sei vakant und die
sichtbare Kirche hätte ihre göttlichen Rechte verwirkt."
(übersetzt von Günther Mevec, Gröbenzell)
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