ES SIEHT SO AUS, ALS OB SICH ETWAS VORBEREITET
Leon Bloy
Was halten Sie von dem, was augenblicklich vor sich geht, und was dünkt
Ihnen von der wachsenden Bahmherzigkeit unserer Katholiken? Finden Sie
nicht, daß es so aussieht, als ob sich endlich etwas vorbereitet,
vielmehr etwas über uns hereinbricht, was ich schon länger als zwanzig
Jahre vorausgesehen und in tobendem Zorn angekündigt habe? Sie haben
noch vor kurzem geglaubt, mich als schlechten Propheten abtun zu
können, als ob bei einer Umwälzung solch ungeheuerlichen Ausma-ßes der
Unterschied von ein paar Monaten oder sogar ein paar Dutzend Monaten
die Richtigkeit einer Prophezeiung abschwächt.Wir werden es ja sehen.
Ich benutze bloß diese Gelegenheit, Sie zu bitten, aufzupassen.Was
gegenwärtig geschieht, ist sicherlich scheußlich, aber seiner Tendenz
nach nicht eigentlich gemein.Was man unbedingt und überall anstrebt,
ist das Ende der Kirche, die nicht endigen kann. Ist es doch ein Satz
der Theologie, daß, bliebe auch nur ein einziger Katholik übrig, die
Kirche in diesem einen mit all ihren Mysterien, all ihren Wundern, all
ihrer Macht, all ihrer Fruchtbarkeit weiterleben würde... Ich glaube
also, um es noch einmal zu sagen, daß wir im Prolog eines unerhörten
Dramas stehen, desgleichen man seit zwanzig Jahrhunderten keines
gesehen hat, und ich möchte Ihnen nahelegen, Ihre Gedanken wenigstens
ein bißchen darauf zu sammeln.
(aus "Médiations dun Solitaire", zitiert nach: "Leon
Bloy - Der beständig Zeuge Gottes" hrsg. von Raissa Maritain, Salzburg
1955, S.224) |