Die Weihe von P. Guérard des Lauriers zum Bischof
von
Eberhard Heller
Nachdem die theologischen Untersuchungen der nachkonziliaren Weiheriten
ergeben hatten, daß sie dogmatisch defekt oder zumindest höchst
zweifelhaft waren, d.h. das Weihen nach den neuen Riten ungültig sind,
wuchs bei uns die Sorge um die Bewahrung der apostolischen Sukzession,
die ja von der ununterbrochenen Folge gültiger Weihen (Bischofs- und
Priesterweihen) abhängt. Als aber Mgr. Lefèbvre unsere diesbezüglichen
Sorgen, die ihm einige Mitglieder aus unserem Kreis vorgetragen hatten,
mit dem sarkastischen Hinweis abgeschmettert hatte, er kenne da einen
verheirateten Bischof in Lima... vielleicht interessiere der sich für
unser Problem ..., hatten wir Kontakt zu S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc
aufgenommen. Dabei konnten wir uns auf dessen Erklärung zu den von ihm
gespendeten Priester- und Bischofsweihen in Palmar de Troya/Spanien
stützen, in der er zu deren Begründung auf die Notsituation und den
allgemeinen Niedergang der Kirche verwiesen hatte. Hochw. Herr Dr.
Katzer, der als Theologe und Seelsorger im europäischen Raum bei den
konservativen, sedisvakantistischen Gläubigen ein hohes Ansehen genoß,
Herr Dr. Hiller und ich hatten mit Mgr. Ngô-dinh-Thuc sowohl das
Problem der Sedisvakanz als auch die Gefährdung der apostolischen
Sukzession besprochen, um ihn schlußendlich zu fragen, ob er
gegebenenfalls bereit sei, auch einen Bischof zu weihen.
Nachdem Herr Dr. Katzer, der sich als Kandidat für das Bischofsamt zur
Verfügung gestellt hatte, leider plötzlich verstorben war, mußten wir
nach einem anderen würdigen Kandidaten mit Reputation bei den Gläubigen
für dieses Amt Ausschau halten. Pater G. des Lauriers, der Lehrer an
der Gregoriana in Rom und danach zeitweise Lehrer in Ecône war, hatte
sich einen Namen gemacht als Mitautor der "Kurzen kritischen
Untersuchung des Novus ordo missae", die von den beiden Kardinälen
Ottaviani und Bacci veröffentlicht wurde. Auf unser Anschreiben, ob er
sich als Kandidat für das Bischofsamt zur Verfühung stellen würde,
reagierte Pater Guerard des Lauriers mit einem außergewöhnlich offenen
und besorgten, sehr persönlichen Brief, in dem er auch auf die
Situation in der Hierarchie zu sprechen kam. Er kannte die derzeitigen
italienischen Bischöfe als seine ehemaligen Studenten von deren Studien
an der Päpstlichen Universität. Die Debatten über die allgemeine
Situation und die Notwendigkeit einer eventuellen Bischofsweihe wurde
in Etiolles, dem Wohnort von P. G. des Lauriers in der Nähe von
Paris, mit Herrn Prof. Lauth und Herrn Dr. Hiller geführt. In den
meisten Diskussionspunkten wurde Übereinstimmung erzielt. Lediglich das
Problem, wie er, G. des Lauriers, die Sedisvakanz mit seiner
These "Papa materialiter, non formaliter" interpretieren wolle, blieb
zwischen den Gesprächsteilnehmern kontrovers. Denn sieht man einmal von
der rein theologischen Dignität dieser These ab, so ergeben sich
gegenüber der Position der strikten Sedisvakanz, die von uns und wie
sie später auch von S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc öffentlich vertreten wurde,
völlig andere Konsequenzen hinsichtlich der Führung eines eventuellen
Kirchenkampfes. Wollte man aber einen gemeinsamen Weg beschreiten, so
mußten diese Differenzen ausgeräumt werden, wobei wir der Überzeugung
waren, daß sich Pater G. des Lauriers mit seiner These auf dem
berühmten "Holzweg" befände.
Als "conditione sine qua non" für eine eventuelle Bischofsweihe von
Pater G. des Lauriers zwischen Herrn Hiller, Herrn Lauth und mir
galt, daß wir ihn als Kandidaten nur empfehlen könnten, wenn er seine
These als falsch eingesehen hätte. Zu diesem Zweck fuhr Herr Prof.
Lauth nochmals allein nach Etiolles, um in einem intensiven Gespräch
dieses letzte 'Weihehindernis' auszuräumen.
Als Lauth nach München zurückgekehrt war, versicherte er Herrn Hiller
und mir, P. Guérard des Lauriers hätte seine skurrile These fallen
gelassen, hätte sich von ihr distanziert und die von uns vertretene
Position, daß nämlich Vakanz herrsche, angenommen. Daraufhin wandten
wir uns an Mgr. Ngô-dinh-Thuc, der Herrn Hiller und mir im Laufe der
vergangenen Jahre, in denen wir mit ihm verschiedene Unternehmungen
durchgeführt hatten, sein Vertrauen geschenkt hatte, um den Kontakt mit
Pater des Lauriers als Weihekandidaten herzustellen. Doch zeigte sich
unmittelbar nach der am 7. Mai 1981 erfolgten Konsekration, daß uns
Prof. Lauth falsch informiert hatte: der neue Bischof bekundete, es
mache ihm nichts aus, nun im Schisma zu stehen. Auf die Frage, wieso er
sich als Schismatiker fühle, erfuhren wir, daß er seine These vom "Papa
materialiter, non formaliter" keineswegs mit der sedisvakantistischen
Position vertauscht hatte. N.b. wenn wir das geahnt hätten, hätten Herr
Hiller und ich P. Guérard des Lauriers nie als Weihekandidat empfohlen.
Als wir beide überdies feststellen mußten, daß des Lauriers zunächst
auch nicht als Bischof tätig sein wollte, nahmen wir über Herrn Moser
Kontakt zu P. Carmona und Frl. Gloria Riestra De Wolff, der
Herausgeberin der damaligen Zeitschrift TRENTO, auf, um die
Bereitschaft zu erruieren, ob P. Carmona gegebenenfalls bereit sei, das
bischöfliche Amt zur Bewahrung der Sukzession zu übernehmen... mit dem
bekannten Resulat, daß er zusammen mit P. Zamora am 17. Oktober 1981
die Bischofsweihe empfing.
Die Konsekration von P. Guérard des Lauriers sollte sich in der
Folgezeit in mehrfacher Hinsicht als 'Unfall' erweisen - wie übrigens
andere Konsekrationen auch. Nicht nur, daß Bischof Guéard des Lauriers
S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc, der damals wegen der Verfolgung aus Toulon zu
uns geflohen war, in penetranter Weise attakierte, dieser möge doch
seiner These „Papa materialiter, non formaliter“ beitreten - voll Wut
zerriß der Erzbischof, der damals bei uns wohnte, diese Episteln und
warf die Schnipsel aus dem Fenster -, sondern er begann auch einen
öffentlichen Streit mit den nachfolgend geweihten Bischöfen Carmona und
Zamora über die 'richtige' kirchliche Position, wobei er persönlich
verletzende Vorwürfe nicht aussparte. Frl. Gloria Riestra De Wolff,
Herrn Dr. Hiller und mich beschimpfte er in der Zeitschrift "Sus le
banniere" als Schismatiker. Ich werfe Guérard des Lauriers nicht vor,
daß er seine These "Papa materialiter, non formaliter" aufgestellt hat
- jeder kann irren -, aber ich erachte es als absolut rücksichtslos,
daß er in penetranter und für die Betroffenen beleidigender Form gerade
diejenigen attackierte, die ihm verholfen hatten, das Bischofsamt
anzutreten. Völlig unverständlich war sein Vorgehen gegen die
DECLARATIO von S.E. Erzbischof Ngô-dinh-Thuc, die er mit der Propaganda
für seine These nur desavouierte. Diese Kampagne gegen seinen
Konsekrator ging sogar soweit, daß er es war - soweit ich mich
erinnere -, der das Gerücht verbreitete bzw. verbreiten ließ, nicht
Mgr. Ngô-dinh-Thuc sei der Verfasser der DECLARATIO, sondern die Herren
Hiller und Heller. Noch heute muß ich gelegentlich Personen mit
gerichtlichen Konsequenzen drohen, wenn sie immer noch behaupten, Mgr.
Ngô-dinh-Thuc habe sich für die Abfassung der DECLARATIO 'kaufen'
lassen.
Mit seinem anschließenden rücksichtslosen Feldzug für seine These - wie
ich es sarkastisch formulierte - vom halben 'heiligen Vater', auch und
gerade gegen seinen Konsekrator, gegen seine Konfratres, die sich nicht
ihm, sondern der DECLARATIO über die Sedisvakanz anschlossen, hat er
unseren Kirchenkampf empfindlich gelähmt. Und mit der gleichen
Instinktlosigkeit operieren heute seine einstigen Schüler wiederum.
Abgesehen von solchen Unfreundlichkeiten hat Mgr. Guérard des Lauriers
auch in anderer Hinsicht unserem Kirchenkampf schwer geschadet, indem
er Kandidaten zu Bischöfen weihte, ohne Konsultation und Absprache mit
seinen bischöflichen Mitbrüdern und ohne den Status und die Eignung der
fraglichen Priester geprüft zu haben oder die Vorbehalte gegen sie zu
beachten. Damit war er der Verursacher des von mir so bezeichneten
"inneren Schismas" (vgl. EINSICHT XXXI/2, S. 32 ff.) So konsekrierte er
u.a. H.H. Dr. Storck, der zwar ein hochbegabter Theologe und Philosoph
war, sich aber als Priester mit Ecône und Vaganten eingelassen hatte,
sogar gegen die von Mgr. Vezelis vorgetragenen Einwände. P. McKenna
wurde von Mgr. Guérard des Lauriers sogar auf die Einflü-sterungen
einer älteren Dame aus der Schweiz konsekriert, weshalb er einige
Wochen vor dem Weihetermin ins theologische Lager von Mgr. Guérard des
Lauriers wechselte, dessen Position er noch heute vertritt. Und
natürlich hatte des Lauriers die Weihe gegen Proteste von Gläubigen
durchgeführt und sie mit den bereits amtierenden amerikanischen
Bischöfen Musey und Vezelis wiederum nicht abgesprochen! Ebenfalls ohne
Konsultation der anderen Bischöfe konsekrierte er auch den Ex-Ecôner
Munari, der inzwischen in den Laienstand zurückgetreten ist.
Man kann Mgr. Guérard des Lauriers, der am 27. Februar 1988 verstarb -
kurz vor Erreichen des 90. Geburtstages -, vielleicht zugute halten,
daß er in der Tat eine klare Lösung für das Problem der Jurisdiktion
suchte - im Gegensatz zu anderen Bischöfen - und zumindetst gegen Ende
seines Lebens die Richtigkeit seiner These, die so viel Verdruß
bereitet hatte, in Frage stellte und sich eher der in der Declaratio
von S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc festgeschriebenen Position des
Sedisvakantismus anschloß. (SAKA-Informationen vom Mai 1988)
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