H.H. Pfr. Josef von Zieglauer feiert sein Goldenes Priesterjubiläum
von
Eberhard Heller
Am 29. Juni., dem Fest Peter und Paul, feierte H.H. Pfr. Josef von
Zieglauer in Spinges/Südtirol sein goldenes Priesterjubiläum: 50 Jahre
im Dienst der Kirche, ein halbes Jahrhundert, in dem er sich für das
Heil der Seelen aufgerieben hat. Das bedeutet seit dem sog. II.
Vatikanum aber auch: über 35 Jahre Konflikt mit jener Institution, der
er sich eigentlich zum Dienen verpflichtet hatte, die jedoch ihren
göttlichen Auftrag selbst immer deutlicher verriet und sich dadurch
ihres Anspruchs, die wahre Kirche zu sein, verlustig gemacht hat. Und
dieses Sich-Behaupten als katholischer Priester, dem der Auftrag
Christi wichtiger ist als der formale Gehorsam gegenüber einer
vermeintlichen Autorität bedeutete für Pfr. von Zieglauer seither
Ärger, Isolation, öffentliche Anfeindungen in den Medien, die ihn wegen
seines Glaubens höhnten, Demütigungen und Bitternisse. Vielleicht wird
die-ser Leidensweg dadurch gemildert, daß sich seit Jahren eine
wachsende Zahl von kath. Gläubigen um ihn schart, für der er der "gute
Hirt" ist: Gläubige aus seiner südtiroler Heimat, aus Italien - in den
Ferienmonaten, wenn sich seine Pfarrkirche auch mit Italienern füllt,
hält Pfr. von Zieglauer die Predigt auch in italienischer Sprache -,
aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie alle haben mühelos das
kleine Dorf oberhalb des Pustertals gefunden, dessen mittelalterliche
Kirche für sie ein geistliches Refugium geworden ist, in der sie der
Pfarrer als seine "Schafe" mitbetreut.
H.H. Pfr. Josef von Zieglauer hatte sich, wie er in der Predigt zu
seinem 40. Priesterjubiläum betont hatte, "zum Priestertum
berufen gefühlt, weil er gegenüber dem früher oder später
unvermeidlichen Zusammenbruch rein menschlicher Ideologien von der
göttlichen, immer gleichbleibenden und alleinseligmachenden Wahrheit
des katholischen Glaubens fasziniert war". (Zeitung "Dolomiten" Nr.
256, 1992). Daß seine ehemaligen Seminarkollegen, seine Konfraters es
nicht mehr sind, ebenso sein Bischof, den er als "sogenannten"
apostrophiert, und die 'Konzils-Kirche', gehört nicht nur für ihn,
sondern für alle von uns zu den großen geistigen Erschütterungen, an
denen nicht nur Pfr. v. Zieglauer, sondern wir alle leiden.
Josef von Zieglauer wurde als jüngstes von acht Kindern des
Provinzialarztes Dr. Hugo von Zieglauer am 11. Mai 1925 in Bozen
geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit und Jugend. Seine Familie
stammt eigentlich aus Bruneck, wo sie seit Jahrhunderten ansässig ist.
Aus beruflichen Gründen siedelte der Vater nach Mailand über, als Josef
11 Jahre alt war. 1940 kam er nach Wien, wo er zunächst zum
Reichsarbeitsdienst eingezogen wurde, bis er 1943 als Soldat an die
Ostfront abkommandiert wurde. Nach dem Krieg begann er in Wien das
Studium der Theologie, welches er in Rom an der Päpstlichen Universität
Gregoriana fortsetzte, wo er u.a. auch den später so unrühmlich bekannt
gewordenen Prof. Küng kennenlernte, der aber damals noch keine 'eigenen
Wege' ging. Am 29.6. 1952 wurde er in Brixen zum Priester geweiht und
wirkte zunächst in Stilfes und Mals als Kooperator, bevor er 1964 als
Pfarrer nach Schalders, Mühlwald berufen wurde. Dort amtierte er bis
1983, um dann ab dem 1. September desselben Jahres die frei gewordene
Pfarre Spinges zu übernehmen, die bis dahin von dem inzwischen
verstorbenen Pfr. Pedevilla betreut worden war. Mit Pfr. Pedevilla
verband ihn eine lange Freundschaft, hatte er doch auch ihn ihm jemand
gefunden, der seine Treue zum überlieferten Glauben ebenfalls mit
vielen Kränkungen erkämpfen mußte.
Mit der Umsetzung der Beschlüsse des sog. II. Vatikanums begann für
Pfr. v. Zieglauer die Auseinandersetzung mit den kirchlichen Oberen,
begann ein Prozeß, in dem er von seinen Konfratres in der Diözese immer
mehr ausgegrenzt wurde, der bis zur völligen Isolierung führte.
Vorgetragene Argumente seinerseits wurden mit Schweigen, Ausschweigen
'beantwortet'. Als z.B. die neuen Religionsbücher eingeführt werden
sollten, schrieb er an den Brixener Bischof und bat ihn inständig um
deren Ablehnung. Ausführlich setzte er sich in diesem Schreiben mit der
Psychologisierung der Religion auseinander. Die Reaktion aus Brixen:
die kritisierten Bücher wurden eingeführt.
Die Auseinandersetzungen mit der sog. Amtskirche erreichten ihren
Höhepunkt in den Jahren zwischen 1992 und 94 und wurden noch dadurch
verschärft, weil man Pfr. v. Zieglauer Abhängigkeit von Econe
unterstellte. Diesen Verdacht räumte er in einer Leserzuschrift an den
ALTO ADIGE vom 28.7.94 aus: "[...] wenn ich den überlieferten Ritus
beibehalte, tu ich es nicht, weil es mir Erzbischof Lefebvre angeordnet
hat, sondern weil ich meiner Überzeugung folgen muß. Weder ich noch
mein pensionierter Mitbruder in St. Lorenzen (d.i. der inzwischen
verstorbene Pfr. Pedevilla) stehen in irgendeiner Anhängigkeit zur
'Pius-Bruderschaft' oder 'Petrus-Bruderschaft', die sich von der
ersteren abgespalten hat." Auf Drängen vieler modernistischer Kleriker
wollte Bischof Egger aus Brixen eigentlich die Möglichkeit v.
Zieglauers "Enthebung vom Priesteramt" von der Kurie prüfen lassen (FF
10/93). Schließlich wurde Pfr. v. Zieglauer verboten, den Spingeser
Kindern den offiziellen Schul-Religionsunterricht zu erteilen. Den gibt
er nun in seinen Privaträumen. Doch inzwischen ist wieder Ruhe
eingekehrt in Spinges: man läßt den Rebellen als Be-zugspunkt für seine
Fundamentalisten aus nah und fern in Ruhe... vorerst.
Man vergißt heute sehr leicht, daß die Abgrenzung der alten Dorfpfarrer
(und auch der Gläubigen) zur sog. Amtskirche ja nicht in einem einzigen
Schritt erfolgte, sondern meist in einem schmerzhaften Prozeß bestand,
an dem die Erkenntnis stand, verraten und betrogen worden zu sein. Ich
denke da an den verstorbenen H.H. Pfr. Aßmayr aus Biberwier/-Tirol, der
auch in den Zwiespalt von Überzeugung und Ge-horsam gegenüber einer
Autorität geraten war, von der er wußte, daß sie den Anspruch darauf
längst verloren hatte. Es gibt Personen, die v. Zieglauer vorwerfen,
nicht konsequent genug zu sein, um sich von dieser 'Konzils-Kirche'
auch formal zu trennen, deren Autoritäten er für Usurpatoren hält.
Gerade im klaren Bewußtsein um die allgemeine geistige Not sieht er es
als seine Aufgabe an, den betrogenen Gläubigen, die ihm anvertraut
wurden, beizustehen, sie wieder auf den Weg des Glaubens zurückzuführen
und sie gegen die eingefallenen "Wölfe" zu verteidigen; denn das
Tragische heute sei, daß man nicht behaupten kann, "alle Betrogenen
seien Betrüger". Die jungen Geistlichen, die nie eine offizielle
Funktion als Kleriker innehatten, die quasi nur mit ihrem Meßkoffer von
Zentrum zu Zentrum ziehen, ohne dabei wirkliche Seelsorge zu leisten
oder pastorale Verantwortung für die Gläubigen zu übernehmen, verstehen
nicht, welchem Druck diese alten Dorfpfarrer ausgesetzt sind, die nur
ihrer Diözese, ihrer Gemeinde - und das sind keine Gebilde, die
ausschließlich durch das Eindringen von Usurpatoren bestimmt sind,
sondern in denen über die Jahrhunderte kirchliche Strukturen festgelegt
wurden - treu bleiben wollen. Wir lernten H.H. Pfr. von Zieglauer erst
als Nachfolger seines inzwischen verstorbenen Amtsvorgängers. H.H. Pfr.
Pedevilla, kennen, der sich nach seinem Ausscheiden als
Pfarrgeistlicher in St. Lorenzen niedergelassen hatte, von wo aus er
dann längere Zeit auch das Meßzentrum in Prägraten/Osttirol betreute.
Pfr. von Zieglauer zeichnet sich aus durch vornehme Zurückhaltung,
durch seelsorgerisches Engagement, immer mit dem Blick auf die
wichtigen religiösen Probleme, mit denen die Gläubigen zu ihm kommen.
Ganz besonders gilt das für die "armen Sünder", die seinen Beichtstuhl
aufsuchen. Seine Predigten verraten nicht nur seine gediegenen
theologischen Kenntnisse, besonders auch des Alten Testamentes, sondern
auch seine eigene tiefe religiöse Überzeugung, die in allen seinen
Ansprachen hervorscheint.
Die Redaktion der EINSICHT wünscht H.H. Pfr. von Zieglauer für sein
künftiges priesterliches Wirken Gottes Segen und sein Mitgefühl für die
Gläubigen, durch das er ihnen ein bißchen "den Himmel aufreißt".
Im Namen der Redaktion und aller Mitarbeiter
Eberhard Heller |