54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. Misericordias Domini in aeternum cantabo - Autobiographie von Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc, Erzbischof von Hué, übersetzt von Elisabeth Meurer
1. Fortsetzung
1. Fortsetzung II
1. Fortsetzung III
2. Lebenslauf S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-din-Thuc - Anhang I
3. Dokumente S.E. Ngr. Pierre Martin Ngô-din-Thuc, Erzbischof von Bulla Reggia, vormals Erzbischof von Hué, Südvietnam,
4. DECLARATIO
5. Öffentliche Verkündigung der DECLARATIO
6. Bischofsweihen
7. SPENDENAUFRUF
Fortsetzung II
 
Diese Hüter wurden im Geheimen vom Minister für Land- und Forstwirtschaft angeregt, einem Heiden, der die Katholiken haßte, es aber nicht wagte, seinen Anti-Katholizismus zu sehr zu zeigen aus Angst, vom Präsidenten, meinem Bruder, entlassen zu werden. Was mich betrifft: Ich machte es wie der Affe, der seine Ohren zuhält und die Augen schließt. Warum sollte man sich gegen die Steck-nadelstiche zur Wehr setzen? Wenn nur das Werk des Herrn vorangeht!

Nun schiebt der Herr den Wagen mächtig an. Aus dem genutzten Wald habe ich genug Geld zusam-mengebracht, um eine Universität nach amerikanischer Art zu bauen und die großen Gebäude in Sai-gon zu kaufen (wie ich es weiter oben erwähnt habe), die von den Franzosen zum Verkauf angeboten wurden vor dem, was sie für kurz bevorstehend hielten: einer Militärpromenade der kommunistischen Horden von Hô-chi-Minh von Norden nach Süden, die wie Strohbesen die Republik meines Bruders ausfegen würden. Also: Rette sich, wer kann!

Diese Gebäude, mit riesigem Parterre, von denen jeder Quadratmeter zu astronomisch hohem Preis an die vor allem chinesischen Verkäufer vermietet wurde und deren Stockwerke in Luxusappartements verwandelt wurden, die in US-Dollar an die amerikanischen Offiziere vermietet wurden, welche die US-Streitkräfte in Indochina befehligten, brachten genug ein für die Unterhaltung der Universitätsgebäude, um die Professoren und Angestellten zu bezahlen. So war die Universität von Dalat vielleicht die einzige auf der Welt, die "self-sufficient" war und die Katholiken mit Stipendien ausstattete, die zu arm waren, ihre Kosten für Nahrung und Schule zu decken. Anstatt wie anderswo die Universität durch ihre Almosen zu unterstützen, wurden die Katholiken von der Universität gratis beköstigt und beherbergt.

Wo sollte man diese Universität hinbauen? Südvietnam hat ein tropisches Klima, schwierig für körperliche und besonders geistige Arbeit in den 6 Monaten der heißen Jahreszeit, denn praktisch gibt es nur 2 Jahreszeiten: Regenzeit und heiße Jahreszeit. Regenzeit: von Oktober bis März; Trockenzeit: von April bis September. In Kotschinchina wird die Trockenzeit von einem heftigen, aber kurzen Nachmittagsgewitter gemildert. Um bequem studieren zu können, müsste man alle Gebäude klimatisieren, was die in Südvietnam arbeitenden Amerikaner getan haben, aber die Vietna-mesen besitzen nicht die Dollars!

Zum Glück gibt es in Südvietnam in fast 1000 m Höhe ein Tafelland, das ein Franzose, Dr. Yersin, entdeckt hatte, etwa 100 km von Saigon entfernt, das man in weniger als einer Stunde mit dem Flug-zeug erreichen kann oder in einem halben Tag mit dem Lastwagen über eine Bergstraße. Dieses Tafelland heißt Dalat. Dort wachsen Kiefern, das Klima ist ein immerwährender Frühling, die Blumen und Gemüsepflanzen der gemäßigten Länder wachsen in Hülle und Fülle. Wasserfälle ergießen klares und frisches Wasser und ein kleiner See bietet Trinkwasser und Fische.

Dort zu studieren wäre ein Vergnügen und man könnte auch leicht Sport treiben. Dieser Ort wurde also von Ihrem demütigen Diener als Sitz der künftigen Universität ausgewählt. Damals kosteten Grund und Boden nicht allzu viel, und ich beeilte mich, beträchtliche Anteile zu kaufen im Hinblick auf spätere Erweiterungen. Nun befanden sich dort, wo ich bauen wollte, massiv errichtete Gebäude, die für die Kinder der französischen Truppe als Schule gedient hatten. Abmachungsgemäß hatte Frankreich diese Gebäude der Regierung meines Bruders, des Präsidenten, übergeben. Hin-sichtlich des Erwerbs dieser Gebäude legte dieser mir nahe, mich an den Botschafter Frankreichs in Vietnam zu wenden. Als ich bei diesem vorfühlte, äußerte er den Wunsch, daß diese Gebäude einer Institution zuerkannt werden sollten, welche die französische Sprache unterrichtete zur Erinnerung an Frankreich. Der Wunsch Frankreichs stimmte mit dem des Hl. Stuhles überein, der uns gebeten hatte, eine Hochschule zu eröffnen, deren Sprache die den Bewohnern von Vietnam, Kambodscha und Laos gemeinsame französische Sprache sei.

Ich erhielt also diese schönen Gebäude zum Geschenk und auch noch einige kleine Villen in der Umgebung, in denen die Lehrer der Kinder der Truppe gewohnt hatten. Diese Gebäude mit ein paar Reparaturen bildeten die Wiege der Universität. Ich kaufte die Ländereien um diesen Kern herum, nämlich mehr als 10 Hektar für die Universität ohne weitere Hunderte Hektar für künftige Erweiterungen zu zählen.

Mit einem weiten Gelände, mit dem Geld aus der Bewirtschaftung des Waldes war es klar daß ich das amerikanische Konzept für den Bau meiner Universität übernehmen würde: getrennte Gebäude mit höchstens einem Stockwerk für jedes Lehrfach, ein geräumiges Heim, um die Studenten in der Universität selbst wohnen zu lassen, eine schöne Kapelle mit einem Glockenturm und einem Kreuz auf dessen Spitze, errichtet auf einer Anhöhe und so von ganz Dalat aus sichtbar, in der Nähe der Kapelle ein Grundstück für das Universitätsseminar und seine Professoren, die Jesuitenpatres, die ihre Kleriker bis zum Lizentiatengrad in Theologie führen sollten, ein Haus für die von den verschiedenen Ordensgemeinschaften geschickten Schwestern, ein Heim für Studentinnen; kilometerlange Straßen durch die Universitätsgelände, ein Fußballplatz, weitere Plätze für Handball usw.., der Rest mit immergrünem Rasen bedeckt, dem hier und da majestätische Bäume Schatten spendeten. Ruhe überall!

Wer wird es übernehmen, diese kleine Stadt zu bauen? Ich hatte abermals Glück, einen Erbauer zu finden, einen belgischen Priester deutscher Herkunft, Diplom-Ingenieur der Universität Brüssel, wo sein Vater, ein Atheist, gelehrt hatte. Denn mein zukünftiger Mitarbeiter hatte, bis er 20 Jahre alt war, den lieben Gott nicht gekannt. In diesem Alter gab Gott ihm sowie seiner Schwester die Gnade der Konversion. Eine teuer bezahlte Konversion, denn sein Vater, entrüstet, seinen einzigen Jungen zum Katholizismus übertreten zu sehen, warf dessen Sachen zum Fenster hinaus und jagte ihn für immer aus dem Vaterhaus. Der Junge wurde Missionar in dem Orden, den der berühmte P. Lebbe gegründet hatte - dieser befürwortete als Generalvikar von Peking die Übertragung des Bischofs-amtes an Chinesen. Er wurde aus seinem Orden hinausgeworfen und gründete eine kleine chinesi-sche Ordensgemeinschaft der Kleinen Brüder und die Missionsgesellschaft, die zum Zweck hatte, sich in den Dienst der einheimischen Bischöfe zu stellen.

Zum Priester geweiht, wurde mein zukünftiger Mitarbeiter nach Phat-Diêm geschickt in den Dienst von Mgr. Lé-hun-Tuí (dem künftigen kommandierenden General der katholischen Armee im Krieg gegen die Kommunisten). Dort installierte der Priester und Ingenieur die Elektrizität in der kleinen Stadt Phat-Diêm und unterrichtete die Seminaristen in Mathematik. Nach der Flucht seines von den Roten besiegten Bischofs bat dieser belgische Pater mich um Gastfreundschaft. Ich ernannte ihn zum Professor am Kleinen Seminar, wo es ihm trotz seiner Unkenntnis der vietnamesischen Sprache gelang, seinen Studenten die Lehrsätze der Geometrie und Algebra zu erklären.

Pater Willich (so ist sein Name), als Erwachsener konvertiert und Spätberufener, hatte einen sehr schwierigen Charakter; es war schwierig, mit ihm umzugehen, aber er hatte eine Sympathie für den Präsidenten, meinen Bruder Diêm, und für mich. Er ist uns immer treu geblieben im Unglück und in seinem eigenen Unglück, der Folge seines sehr eigensinnigen Charakters. Er baute also die verschiedenen Häuser und die Kapelle der Universität und ließ die kleinen Villen um die Universität herum reparieren. Er tat es mit Sparsamkeit. Er hatte ein wenig Verdruß, als er erfuhr, daß er nicht zum Rektor der Universität ernannt worden war. Ich konnte es nicht tun, es wäre gegen den Geist des Hl. Stuhles gewesen und gegen den Geist seines Ordens, der vom hl. Pater Lebbe gegründet wor-den war, um den (einheimischen) Klerus zu unterstützen, und nicht, um ihn zu beherrschen.

Nach der Fertigstellung der Gebäude verabschiedete er sich von mir und nahm eine Anstellung bei den nach Vietnam gekommenen Amerikanern an, für die Installation der Elektrizität, Brunnenbohrungen und andere für unser Land nützliche Projekte. Mein Bruder, der Präsident, verlieh ihm einen bedeutenden Orden und bezahlte ihm eine Hin- und Rückreise nach Belgien, um seine Schwester zu besuchen und sich zu erholen. Nach der Ermordung meines Bruders kehrte er nach Europa zurück und ist zurzeit Pfarrer eines kleinen Arbeiterzentrums in Frankreich.

Er hat immer noch Heimweh nach Vietnam, aber die Schritte, die er bei den Bischöfen, die ihn kann-ten, etwa Mgr. Tham-ngoe-Chi, dem Stellvertreter von Mgr. Lé-hûn-Tû unternahm, hatten keinen Erfolg. Ich konnte nichts mehr für ihn tun, da die Amerikaner die Regierenden des Südens zwangen, mir die Rückkehr in mein Heimatland zu versperren. Denn ich galt als Pazifist, Gegner des brudermörderischen Krieges zwischen dem Norden und dem Süden. Ich hatte doch noch die Freude, ihn in Belgien zu treffen, wo er mich seiner Schwester vorstellte, der Gattin eines Großindustriellen. Ich verbrachte ein paar Tage zu meiner Erholung in der Sommerresidenz dieses Industriellen.

Wenn ich schon von der von P. Lebbe gegründeten Kongregation für die Unterstützung des einhei-mischen Klerus rede, denke ich, daß ich über P. Raymond de Jagher sprechen muß. Auch er war ein belgischer Priester, hatte aber einen von dem des P. Willig völlig verschiedenen Charakter. Er wurde von meinem Bruder, dem Präsidenten, sehr geschätzt. Er war im Dienst der chinesischen Bischöfe gewesen, wurde von den Kommunisten des Mao-Tse-Tung ins Gefängnis geworfen und schrieb ein schönes Buch über seine Kerker. Freigelassen, stellte er sich dann in den Dienst von Kardinal Yupin auf Formosa. In der Zwischenzeit kam er nach Saigon, wo er mit Hilfe meines Bruders eine Schule für Chinesen eröffnete. P. de Jagher spricht und schreibt chinesisch wie seine Muttersprache, er spricht amerikanisch und jetzt verbringt er seine Zeit damit, Vorträge zu halten zugunsten chinesischer Katholiken, die ihr Land verlassen haben, und auch zur Unterstützung von nach Amerika und anderswohin geflüchteten Vietnamesen. Er ist ein dem Ideal des P. Lebbe treuer Missionar.

***

Nun mußte ich den Lehrbetrieb der Universität organisieren. Zu Beginn wollten wir die geistes-wis-senschaftliche Fakultät eröffnen, dann die naturwissenschaftliche, mit den Fächern, die nicht viele Geräte erforderten, nämlich: Philosophie, Geschichte, vietnamesische, französische, englische Sprache, Mathematik, neben der theologischen und philosophischen Fakultät unter der Leitung der Jesuitenpatres.

Die Professoren wurden unter den europäischen Missionaren oder Ordensleuten rekrutiert, die in Kotschinchina waren, und Professoren der Universität von Saigon, meist keine Katholiken, hatten Lehrstühle in unserer Universität. Mit dem Flugzeug konnten sie Dalat in weniger als dreiviertel Stunden erreichen. Nach ihren Vorlesungen ruhten sie sich im Kühlen aus im frühlingshaften Klima und der angenehmen Luft von Dalat. Sie nahmen ihre Mahlzeiten mit den Patres der Universität ein und kehrten nach einem erholsamen Wochenende nach Saigon zurück. Mein Wald erlaubte mir, ihnen ein einträgliches Gehalt zu geben. Da ich mich nicht ständig in Dalat aufhalten konnte, nahm ich den Titel eines Kanzlers der Universität an, dem ein Rat von einigen Bischöfen zur Seite stand, darunter der Bischof von Dalat, Mgr. Hiên, mein ehemaliger Schüler im Großen Seminar von Hué, und Mgr. Piquet von dem Auslandsmissionen von Paris, Bischof von Nhahang. Ich ernannte Pater Thiên, den ich nach Frankreich geschickt hatte, um seine akademischen Titel zu erwerben, zum Rektor der Universität.

Die Barmherzigkeit des Herrn hat es mir also gestattet, dieses Projekt zu verwirklichen, das als utopisch angesehen wurde, als der Hl. Stuhl es uns unterbreitet hatte. Mehr als 15 Jahre sind seit dieser Gründung vergangen. Ich bin im Exil in Europa. Man hat diese 15 Jahre des Bestehens mit großartigen Festen gefeiert, welche die Bischöfe von Mittel- und Südvietnam vereint mit den Vertretern der Regierung aus Saigon sahen (das noch nicht in die Krallen der Kommunisten gefallen ist), der Hl. Stuhl hat eine Lobesbotschaft geschickt, mehrere Reden wurden gehalten: Nur den Gründer der Universität hat man vergessen, denn sein Name gefiel dem Vatikan von heute nicht: Ende gut, alles gut. Ich habe die Universität geschaffen, um dem Vatikan von damals zu gehorchen. Gott hat mir geholfen. Ihm sei alle Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.

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Nach dem Weggang von Mgr. Drapier bekamen wir einen irischen Apostolischen Delegaten: Mgr. Dosley, ehemaliger Prokurator der irischen Missionare St. Kolumbans (und dann der australischen). Er wurde gewählt und mußte französisch lernen, um sich mit unseren Missionaren, unseren Prie-stern und unseren Behörden verständigen zu können. Mgr. Dosley ist ein heiligmäßiger Mann (er lebt noch), aber er hat Vietnam vorher nie gekannt, das damals unter französischer Herrschaft war. Er machte sich keinen Begriff von der Bedrohung durch die Kommunisten von Ho-chi-Minh.

Es gab Differenzen zwischen ihm und mir. Er bezeichnete mich als Miesmacher, als ich ihm vorschlug, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um die Schäden so gering wie möglich zu halten, falls die Kommunisten einmal die Oberhand gewinnen sollten. Zum Beispiel: alle in unseren Seminaren verwendeten Handbücher der Philosophie und der Theologie ins Vietnamesische übersetzen zu lassen; Verstecke für den Meßwein vorzusehen, denn die Reben, die in Vietnam wachsen, liefern keine für Meßwein geeigneten Trauben; die Namen der Neupriester nicht bekannt zu machen; beim Hl. Stuhl für jeden Bischof die Befugnis zu erwirken, einen oder zwei Nachfolger zu ernennen, ohne beim Hl. Stuhl um Erlaubnis nachzusuchen, für den Fall, daß die Verbindung mit dem Vatikan abbrechen würde, usw... Mgr. Dosley, der auf das optimistische Gerede der französischen Armee vertraute, warf mir Pessimismus vor. Er wurde von der Woge der Kommunisten in Hanoi überrascht und wurde monatelang ihr Gefangener zusammen mit seinem Sekretär, seinem Landsmann, einem Priester der Missionare St. Kolumbans. Er wurde erst freigelassen am Ende seiner physischen und geistigen Kräfte und auf einer Bahre in ein Flugzeug gebracht, um nach Europa zurückzukehren. Als er nach einer langen Rekonvaleszenz mich als Verbannten in Rom traf, sagte er demütig zu mir: "Monseigneur, Sie hatten auf der ganzen Linie Recht."

Ich war weder Prophet noch Wahrsager, aber vorbeugen tut nicht weh, während es unverzeihlich ist, sich aus Nachlässigkeit fangen zu lassen. Jetzt hat der Hl. Stuhl den Bischöfen Vietnams erlauben müssen, zu ihren Lebzeiten einen oder zwei Hilfsbischöfe zu haben, von denen einer Koadjutor ist.

Nach Mgr. Dosley hatten wir andere Apostolische Delegaten, wie Mgr. Brini aufgezwungen, heute Sekretär der Hl. Kongregation für den Osten, Mgr. Caprio, der an die Stelle von Mgr. Benelli trat, als dieser zum Kardinal von Florenz kreiert wurde.

Mgr. Brini war Apostolischer Delegat, als der Hl. Stuhl in Vietnam die Hierarchie eingerichtet hat, vorher waren die Bischöfe nämlich nur Apostolische Vikare. Mgr. Brini war also damit beauftragt, die Apostolischen Vikare, die nun Erzbischöfe (für Saigon, Hué und Hanoi) oder Bischöfe (für die übrigen Diözesen) geworden waren, ins Amt einzusetzen. Mgr. Brini ging nach Hué, um mich als Erzbischof einzusetzen. Da er durch unser Klima zu erschöpft war, beauftragte er mich dann damit, die Bischöfe einzusetzen, die zum Einflußgebiet des Erzbistums Hué gehörten. Deshalb mußte ich nach Quinhn, Kontum und in andere Orte gehen, um die Titelträger einzusetzen. Mgr. Caprio war mehr ein Diplomat als Mgr. Brini, der nicht die Akademie der kirchlichen Edlen besucht hatte, wo man die künftigen Diplomaten des Hl. Stuhles ausbildete (dort wurde Paul VI. ausgebildet). Mgr. Brini, ein Spätberufener, wurde Priester, nachdem er seinen Doktortitel in bürgerlichem Recht erworben hatte. Er trat ins Russicum ein, das Seminar für die katholischen Russen. Dort erlernte er diese Sprache, was ihm als Sprungbrett diente, jetzt Sekretär der Hl. Kongregation für den Osten zu werden und künftiger Kardinal, wenn Gott ihn am Leben läßt.

***

Da ich seit mehr als 40 Jahren mit einer großen Zahl Vertreter des Hl. Stuhles als Apostolischer Delegat in Verbindung stehe, darunter einige, die aus den Missionaren ausgewählt waren, und andere, Berufsdiplomaten, die ihren Beruf an der kirchlichen Pontifikalakademie gelernt hatten, die einst die Pontifikalakademie der Adligen im Kirchendienst war und 1701 gegründet wurde, glaube ich, diese Anmerkung machen zu dürfen: Welche Rolle spielen diese Vertreter des Hl. Stuhles? Sie sollen Rom über den religiösen Zustand in dem Gebiet der Delegation informieren. Um diese Rolle auszufüllen, erscheinen mir die Berufsmissionare erfahrener als junge Diplomaten, die nur mit den schon organisierten Diözesen Europas in Verbindung gestanden haben.

Die Nationalität dieser aus der Pontifikalakademie hervorgegangen Delegaten war vor weniger als 10 Jahren vor allem italienisch: Meist waren es Italiener aus dem Süden, von dort, wo die Armut die normale Lage des Klerus ist. Um ihr zu entfliehen, gibt es nur eine Tür: diejenige der diplomatischen Karriere, wo man sehr schnell zum Prälaten und dann zum Erzbischof befördert wird. Man hat das Privileg, die Welt zu sehen, denn die Diplomaten wechseln alle zehn Jahre den Posten. Sie setzen sich als Kardinäle zur Ruhe und werden oft Präfekten der Hl. Kongregationen und manchmal oberste Hirten. Also führt die Diplomatie zu allem. Aber hat Jesus so seine Apostel ausgebildet? Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Meine geringe persönliche Erfahrung sagt mir, daß man Besseres zum Wohle der Kirche tun könnte.

Ich bin nun an einem Wendepunkt meines kirchlichen Lebens angelangt. Nach 22 Jahren im Bischofsamt werde ich als Erzbischof ins Erzbistum Hué versetzt: bei der Umwandlung der Hierarchie Vietnams, die einst aus Apostolischen Vikariaten bestand, in Bistümer und Erzbistümer, obwohl sie noch immer von der Hl. Kongregation "de Propagande Fide" abhängig sind, die derzeit auch Hl. Kongregation für "die Evangelisierung der Völker" genannt wird.

Warum nach Hué, in meine Geburtsstadt? Nun, gewöhnlich vermeidet die Kirche es, einen Bischof für die Leitung einer Diözese zu ernennen, aus der seine Familie stammt. Der Grund ist offensicht-lich. In Vietnam vermieden es die früheren Kaiser auch, diejenigen zu Gouverneuren einer Provinz zu ernennen, die aus ihr stammten, da man sie hätte verdächtigen können, ihre Familie zu begünsti-gen. Nun lebten in Hué noch meine Mutter, meine Schwestern und meine Brüder. Mein ehemaliger Lehrer, der Kardinal Agapganian, Präfekt der Hl. Kongregation zur Verbreitung des Glaubens, hat mir den Grund für diese Ausnahme offenbart. "Mein Sohn", hat er mir gesagt, "du hättest Erz-bischof von Saigon sein sollen, aber in Saigon regiert dein Bruder, der Präsident Diêm. Wenn du Erzbischof von Saigon geworden wärest, wären die politische und die religiöse Macht in der Hand der Mitglieder ein und derselben Familie gewesen. Deshalb hat man dich für Hué ernannt, weil Hanoi in den Händen der Kommunisten ist."

Meine Bestimmung scheint es zu sein, die Ruinen wieder aufzurichten, über diejenige hinaus, aus allen Stücken entweder ein Bistum - das von Vinhlong - oder eine Universität zu schaffen: diejenige von Dalat. Eine sehr harte Arbeit, besonders wenn man mit Null anfangen muß, aber es hat einen Vorteil: Man kann tun, was man will. Dagegen schließt das Aufbauen der Ruinen die Sorgfalt ein, das zu bewahren, was noch zu gebrauchen sein könnte. Nun mußte in Hué, einem alten Bistum, wenn ich ein ganz neues Kleines Seminar bauen mußte, da das alte Seminar von Anninh in der kommunistischen Zone lag, das Große Seminar von Phu-xuín, ein ehrwürdiges, fast 100 Jahre altes Gebäude, vergrößern, das einst höchstens um die 30 Kleriker beherbergte, um in der Kapelle, in den Unterrichtsräumen, im Schlafsaal mehr als 100 Große Seminaristen aufzunehmen, die zu Hué und den Bistümern gehörten, die vom Haupterzbistum abhängig waren. Zum Glück fehlte es nicht an Land.

Die Diözese von Hué, bekannt durch den guten Ruf ihres gelehrten und frommen Klerus, war die ärmste von Vietnam. Der Grund? Die Verfolgung, die mehr als 200 Jahre gedauert hat, war über all die Besitztümer der Diözesen und Pfarreien Vietnams hergefallen. Als der religiöse Friede durch die französische Eroberung hergestellt wurde, mußte die vietnamesische Regierung den katholischen Missionen Entschädigungen gewähren für die Zerstörung der Kirchen und der anderen katholischen Einrichtungen. Die Missionen verwendeten dieses Geld entweder zum Kauf von Reisfeldern oder zum Bau von Kirchen. Zu dieser Zeit hatte Hué einen Bischof aus Kotschinchina, Mgr. Caspar, einen Elsässer der Auslandsmission von Paris. Nun lebte in Kotschinchina die Mission von den Reisfeldern. Dieser Prälat wollte also dieselbe Politik wie in Saigon anwenden und erwarb Reisfelder mit den für die Diözese von Hué bestimmten Entschädigungen. Nun war die Situation der Reisfelder in Hué ganz anders als diejenige von Kotschinchina, wo es gute und billigere Reisfelder gab. In Hué hingegen gibt es wenig Reisfelder und insbesondere wenig gute Reisfelder. Die vom Bischof für den Kauf der Reisfelder angestellten Vertreter waren nicht alle ehrlich. Das Ergebnis war tragisch: Man erwarb zu horrenden Preisen Hektar von Sand oder vernünftige Reisfelder, die gekauft wurden, während ihre wirklichen Besitzer sie gar nicht verkauft hatten. Daher rührten schreckliche Querelen, als die Leute des Bistums sich anschickten, diese Felder zu bearbeiten! Das Unheil war irreparabel.

Ich stand vor einer unmöglichen Situation. Zum Glück half mir mein Bruder, der Präsident Diêm, großzügig und diskret. Dank seiner Almosen - deren Zahl nur Gott kennt - konnte ich ein modernes Kleines Seminar bauen, zwei Schritte vom Bischofspalast entfernt, und mein Großes Seminar vergrößern, die in Trümmer gefallene Kathedrale reparieren, den Bischofspalast modernisieren, um dort Priester auf der Durchreise zu empfangen, ein Haus für alte Priester zu bauen.

Ein Problem beschäftigte meine Gedanken: Wie sollte man die Diözese von Hué aus ihrer Armut befreien? Wie sollte man, wie ich es in Vinhlong geschafft hatte, jede Pfarrei mit den Mitteln ausstatten, ihren normalen Bedürfnissen zu genügen? Nun erließ genau in dieser Zeit die Regierung meines Bruders Diém ein Agrargesetz, das Darlehen festsetzte für die Wiederaufforstung der unbebauten Ländereien, die Gemeinden oder Dörfern gehörten.

Nun befinden sich in den Provinzen Thûa-Thiâs (Hué) und Quangtri, die meine Erzdiözese bilden, sandige Ländereien, die für einen spottbilligen Preis zum Verkauf stehen. Ich habe also ein Gesuch an den Staat gerichtet, in dem ich um ein Darlehen von mehreren Millionen Piastern bat, um diese Ländereien wieder aufzuforsten. Nach zehn Jahren würden wir dem Staat das geliehene Geld mit Zinsen zurückzahlen. Ich versammelte meine Priester und erläuterte ihnen das Projekt: Wenn eine Pfarrei mit unbebauten Ländereien in der Nähe ein Darlehen wünscht, um diese Ländereien zu bebauen, würde der Pfarrer mit Zustimmung seiner Pfarrei ein Gesuch schicken, in dem die Oberfläche dieser Ländereien, der Betrag des nötigen Darlehens und die Art der zu pflanzenden Bäume angegeben wären. Nach Prüfung durch den Bistumsrat und reiflicher Überlegung würde das Darlehen dem Pfarrer übergeben, und er würde mit der Aufforstung beginnen. Und jedes Jahr, zur Zeit der jährlichen geistlichen Übung, wird er dem Bischofsrat von seiner Arbeit berichten. Die Über-prüfung der Örtlichkeiten und der Ergebnisse würde von den Dekanen des Distriktes des Betref-fenden vorgenommen.

Die Mehrheit der Pfarrer legte Gesuche nach diesem Schema vor. Auf diesen sandigen Ländereien konnte nur ein einziger Baum leben und gedeihen, eine Art Nadelbaum, der von den Franzosen "Filao" genannt wurde. Er liefert ein passables Bauholz, aber es ist ein sehr gutes Holz zum Heizen. Er wächst sehr schnell und hat viele nadelreiche Zweige, die sich zum Kochen des Reises und der Nahrungsmittel eignen. Und je mehr man die Äste abschneidet, desto schneller sprießen andere Zweige hervor! Also hätte die Pfarrei nach dem Verkauf dieses Feuerholzes in zehn Jahren nor-malerweise das Darlehen mit den Zinsen bezahlt.

Notabene: Das Darlehen war nicht verpflichtend. Dem Pfarrer blieb es überlassen, darum zu bitten oder nicht. In diesem Fall konnte ein neuer Pfarrer, wenn er ein von seinem Vorgänger vernachlässigtes Stück Land bebauen wollte, beim Bischofsrat ein Gesuch einreichen, um ein Darlehen für die Wiederaufforstung zu erhalten. Jedoch um sicher zu gehen, habe ich dem Dekanat eine kollektive Verantwortung für die Pflanzung, die Bezahlung des Darlehens und die Nutzung der Pflanzung auferlegt.

Da von dem vom Staat gewährten Darlehen eine große Restsumme verblieb, habe ich mit diesem Rest ein sumpfiges, also nicht teures, Gelände gegenüber meinem Bischofspalast gekauft und ein großes Gebäude errichten lassen, mit zu vermietenden Zimmern für die Staatsbeamten, die in Hué im Dienst waren... und eine große Kokospalmen- und Filao-Plantage in Longcô für den Bedarf des Bischofssitzes.

Gott sei Dank schien dieses Projekt sehr vielversprechend. Alle machten sich ans Werk, und wäh-rend der paar in Hué verflossenen Jahre konnten die meisten Pfarreien das Geld vom Verkauf der Filao-Zweige auf die hohe Kante legen, die jedes Jahr geschnitten wurden, während das auf dem Sumpf errichtete Gebäude gegenüber dem Bischofspalast, der gänzlich vermietet war, dem Bistum beständige und ziemlich interessante Einkünfte sicherte.

Leider ist es das Los von Hué, arm zu bleiben, da die Vietcongs (Kommunisten) sich überall in meiner Diözese einschlichen, die ca. 50 Kilometer von der kommunistischen Grenze entfernt war, und die kommunistischen Guerilleros unsere zwei Provinzen heimsuchten und unseren Priestern verbo-ten, der Regierung von Saigon das Darlehen zurückzuzahlen. Aus dieser Situation entstand eine unvorstellbare Anklage von Erzbischof Dién, den der Hl. Stuhl zu meiner Ersatzperson auf dem Sitz von Hué ernannt hatte, als ich nach Europa verbannt war. Er hat mich damals angeklagt, die von Saigon geliehenen Millionen für die Wiederaufforstung in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Die Hl. Kongregation zur Verbreitung des Glaubens schrieb mir einen Brief, der über diese infame Beschuldigung berichtete, in dem Augenblick, in dem ich nach Rom zurückkehrte, nachdem ich meine Nichte begraben hatte. Sie war die älteste Tochter meines Bruders Nhu, die bei Paris von zwei von amerikanischen Fahrern gelenkten LKWs überfahren wurde.

Ich habe der Hl. Kongregation sofort geantwortet, sie solle meinen Ankläger wissen lassen: primo: Daß Bischof Diên, der in dem mit meinem eigenen Geld errichteten Bischofspalast wohnt, den Pater Prokurator der Mission, der im Bischofspalast wohnt, bitten soll, ihm die Dokumente auszuhän-digen, welche die den Pfarreien für die Wiederaufforstung gewährten Darlehen betreffen. Secundo: Bischof Diên solle die große Kokos- und Filao-Plantage bei Langeô besichtigen. Tertio: Hat Bischof Diên nicht die Miete des von mir selbst errichteten Gebäudes eingenommen, das gegenüber dem Hause liegt, in dem er wohnt? Schließlich behielt ich mir das Recht vor, ihn wegen Verleumdung vor das Gericht der Rota zu zitieren.

Außerdem: Da die Postverbindungen zwischen Europa und Südvietnam noch bestanden, habe ich an meine Priester von Hué geschrieben und ihnen vorgeworfen, meinen Hilfsbischof nicht über das Wiederaufforstungsprojekt informiert zu haben. Diese Priester jedoch antworteten mir, sie hätten während der jährlichen geistlichen Übung Mgr. Diên die Wahrheit über das Regierungsdarlehen gesagt: daß Bischof Thuc dieses in der Prokur aufbewahrte Geld nie gesehen hatte. Mgr. Diên hatte mich also des Diebstahls beschuldigt, obwohl er wußte, daß das eine Verleumdung war. Erschrocken über meine Drohung, diese Geschichte vor das römische Gericht zu bringen, hat Mgr. Diên mich dann um Verzeihung gebeten. Da haben wir die Aufrichtigkeit dieses ausgezeichneten Freundes Pauls VI., des Papstes, der mich vor der gesetzlichen Frist zum Rücktritt gezwungen hat, damit Mgr. Diên zum Erzbischof von Hué ernannt wurde und seine Praxis der den Kommunisten dargebotenen Hand in die Tat umsetzen konnte, um die Regierung von Saigon zu untergraben. Und Mgr. Diên bediente sich der Millionen, deren Eigentümer ich war, ohne mich um Erlaubnis zu bitten!

Das Gebäude, das als Prokur der Mission von Hué diente, wurde modernisiert durch Installation von Duschen und Toiletten in jedem Zimmer, und es wurden Zimmer gebaut, um kranke Priester oder solche im Ruhestand aufzunehmen, damit sie sich am Besuch ihrer Mitbrüder freuen konnten, die sich zum Prokurator oder zum Bischof begaben. Und man errichtete ein Bürogebäude für die Action Catholique, mit einem Zimmer für den mit dieser Aktion betrauten Priester.

Nach alledem gedachte ich damals, eine neue Kathedrale zu bauen, denn die alte, die mehr als 25 Jahre zuvor vom ehemaligen Pfarrer gebaut worden war, der danach Apostolischer Vikar von Hué wurde, wurde baufällig. Das Dach und das Gebälk, von den weißen Mäusen (Termiten) befallen, waren beim ersten Taifun einsturzgefährdet.

Die neue Kathedrale, deren Plan von einem nichtkatholischen Vietnamesen gemacht wurde, einem Laureaten der Französischen Schule von Rom, war von einem gemilderten Modernismus. Aus Stahlbeton, also resistent gegen Taifune und Termiten, würde sie einen schicklichen Ort für die religiösen Feierlichkeiten bieten und wäre groß genug für mehr als 5.000 Personen. Ich hatte einen Betrag, um die Materialien zu kaufen, während die Arbeitskräfte von den Pfarrkindern von Phû-cam (der Pfarrei der Kathedrale und meiner Geburtspfarrei) gestellt würden. Also kostenlose Arbeitskräfte unter der Leitung von bezahlten Experten. Ich konnte diesen Bau nicht bis zur Vollendung verfolgen und mein Nachfolger, Mgr. Diên, hatte die Ehre, die neue Kathedrale einzuweihen, in einer Konzelebration mit der Mehrheit der Priester der Erzdiözese. Bei meinem Weggang war das Innere der Kathedrale fertig; es blieb nur noch, die Fassade zu bauen. Wie ich weiter oben gesagt habe, mußte ich das Große Seminar von Hué erweitern, das zum Regionalseminar für Hué und die Suffragandiözesen dieser Hauptstadt wurde, die Kapelle verlängern, damit sie mehr als 100 große Seminaristen faßte - die alte hatte nur etwa 30 Plätze. Das Refektorium, die Unterrichtsräume, das Haus der Professoren mussten für ihre neue Bestimmung eingerichtet werden. Gott wollte es, daß ich bei der Fertigstellung dieses Regionalseminars anwesend sein konnte.

Da das Kleine Seminar auf dem von den Kommunisten aus dem Norden besetzten Gebiet lag, fand ich einen Platz mitten in der Stadt von Hué, und ich konnte ein Kleines Seminar für 300 Schüler bauen, aus Stahlbeton, mit einer schönen Kapelle, einer Küche mit Wohnung für die Küchen-schwestern, einem Fußballfeld. All das, das Große und das Kleine Seminar, mit dem Geld meines Bruders, des Präsidenten.

***

Ich erzähle dies alles ausführlich, damit diejenigen, die nach mir kommen werden, sich an den großen Wohltäter der Erzdiözese Hué erinnern. Denn es ist seiner Großzügigkeit zu verdanken, daß ich während meines kurzen Aufenthaltes in Hué dieses ganze Modernisierungsprogramm vollenden konnte. Mein Bruder hat nie ein Sterbenswörtchen von seiner uneigennützigen Hilfe bei jemandem erwähnt, wie er es bei den Bauwerken der vietnamesischen Pfarrei von Paris getan hat. Leider ist seine Diskretion von Pater Gríân ausgenutzt worden, der urbi et orbi verkündet hat, daß die Ge-bäude dieser Pfarrei von seinem eigenen Geld bezahlt worden seien. Wo sollte er es denn hergehabt haben, er, der aus Angst vor den Kommunisten und ohne einen Pfennig in der Tasche nach Paris geflohen war? Mein Bruder hat mir von dieser Hilfe kein Sterbenswörtchen erzählt. Ich habe es nur dank Frau Nhu erfahren, die Zeugin des Gesprächs zwischen dem Präsidenten und P. Gríân war.

Die Ansprüche P. Gríâns bezüglich des Besitzes der Kapelle und der Seelsorge in dieser vietname-sischen Pfarrei in Paris sind also im Grunde ein Diebstahl genau wie all die Vorteile, die ihm daraus entstanden sind, z.B. die Nutzung des Restaurants, das unterhalb der Kapelle eingerichtet ist und von vielen vietnamesischen und ausländischen Kunden besucht wird. Das ist die Quelle des Reich-werdens dieses Priesters, der mehrfacher Millionär wurde, der Villen und weitere Restaurants besitzt. Leider konnte dieser Priester, der zum katholischen Glauben konvertierte und einst so fromm war, den Verlockungen des Goldes nicht widerstehen. Zum Schieber geworden, hat er es geschafft, seine Geschwister von Vietnam nach Paris kommen zu lassen, und die ganze Familie fährt derzeit in einer Karosse! Möge der liebe Gott ihm Reue und die Rückkehr zur Frömmigkeit seiner Jugend gewähren.

Während der paar Jahre als Erzbischof von Hué war mein Leben gut ausgefüllt. Ich ging gegen 9 Uhr abends zu Bett und stand früh auf zur Meditation und zur Messe; danach kam die Korrespon-denz. Alles war bis 7 Uhr beendet. Ich ging dann nach Phû-cam meiner Mutter die Kommunion bringen, die mit Arthrose gelähmt im Bett lag, danach begab ich mich auf die Baustellen, um die Bauarbeiten zu überwachen.

Gegen 9 Uhr war ich im Bischofspalast, um Priester und Diözesanen zu empfangen, die mich zu sehen wünschten. Was die Priester betraf: Sie stellten sich mit einem Papier vor, auf dem ihre Bitten oder Fragen standen. So konnte ich ihnen mit wenigen Worten antworten und ihnen dann schreiben, wenn die Frage langer Überlegung bedurfte. So mußten sich die Mitbrüder nicht ewig in Hué auf-halten, sondern konnten in ihre Pfarreien spätestens am Tage nach ihrer Ankunft im Bischofspalast zurückkehren.

Jeden Monat berief ich den Bischofsrat ein, der aus den Provikaren und Distriktoberen bestand, damit diese mir alle Informationen über ihre Distrikte lieferten.

Eine Sache lag mir am Herzen: Meine Erzdiözese sollte self-sufficient sein - also wirtschaftlich eigenständig. Dasselbe Problem und dieselbe Sorge wie in Vinhlong. Rom, d.h. die Hl. Kongre-gation für die Verbreitung des Glaubens, muß für die Bedürfnisse der Missionen aufkommen. Das Geld kommt von den Gläubigen: Mitgliedern des Werkes zur Verbreitung des Glaubens, des Werkes der Hl. Kindheit, des Werkes des hl. Apostels Petrus. Die beiden ersteren Werke waren gestiftet von einer französischen Christin aus Lyon. Nun hatte also Vietnam, obwohl es noch von der Hl. Kon-gregation für die Glaubensverbreitung abhängig war, seine Hierarchie, die nicht mehr aus Apostoli-schen Vikaren sondern aus Erzbischöfen und Bischöfen bestand. Also mußte das katholische Viet-nam grundsätzlich auf eigenen Füßen stehen und die Almosen der päpstlichen Missionswerke den eigentlichen Missionen überlassen. Aber wie sollte man diesen Begriff unseren Christen verständlich machen? Wie sollte man ihnen das beibringen?

Zunächst, indem man unsere Pfarreien autonom machte durch das Kirchgeld. Und dazu mußte man unsere Gläubigen an der Aufstellung des Budgets der Pfarrei beteiligen. Der Pfarrer möge seine Pfarrkinder versammeln und ihnen den Geldbedarf der Pfarrei bekannt machen: Schule, Schul-schwestern, Gottesdienst usw... und die Beteiligung jeder erwachsenen Person daran, jeder nach seinen Möglichkeiten. Der vom Pfarrer vorgelegte Kostenvoranschlag muß von den Pfarrangehö-rigen gebilligt werden. Der gesammelte Betrag soll durch Aushang öffentlich bekannt gemacht werden. So kommt die geringste Spende, der geringste Geldbeitrag zur Kenntnis aller, ebenso kennt die ganze Pfarrei die Ausgaben. Normalerweise dürfte es für unsere Pfarrangehörigen genügen, jede Woche auf ein Päckchen Zigaretten zu verzichten, um ihre Pfarrei in Gang zu bringen!

Gewöhnlich mögen die Pfarrer diese Art des Vorgehens nicht, sie bekämen lieber das Geld, ohne die Ausgaben ausführlich offen zu legen, während die Christen gern wissen wollen, was man mit ihren Beiträgen gemacht hat. Die Pfarrei muß eine einzige Seele haben. Nach und nach gewöhnt man sich daran und jeder ist stolz, auf eigenen Füßen stehen zu können. Ich weiß nicht, ob mein Nachfolger unsere Gläubigen weiterhin dazu ermutigt, ihre Pflicht zu tun, und unsere Priester dazu, ihre Sorgen mit ihren Schafen zu teilen, denn es ist bequemer, keine Rechenschaft zu geben über die Verwal-tung und nicht darüber zu diskutieren, um die Zustimmung der Pfarrangehörigen zu bekommen, sondern nach ihrem Belieben über deren Kirchgeld zu verfügen... Ein Dialog ist mühsamer als alles per Ukas zu entscheiden.

In Vinhlong mußte ich immer meine Priester zum Dialog mit ihren Gläubigen antreiben. Nun ist es aber keine Willfährigkeit sondern schlicht und einfach Gerechtigkeit, wenn man über das Geld anderer Leute nur mit deren Einverständnis verfügt. Man gewöhnt sich auch schnell daran, denn der Mensch ist - natürlich ein sehr blasses - dennoch das Spiegelbild! Gottes, seines Schöpfers, der ganz Gerechtigkeit ist.

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Meine Priester von Hué (meiner lieben Heimat) sind entweder älter als ich und haben mich als ihren Schüler im Seminar gekannt oder meine Studienkameraden oder meine Schüler im Großen Seminar oder - schließlich - meine jüngeren Mitbrüder im Priestertum. Sie kennen meine Schwächen, sind aber auch alle dankbar für meine Achtung und Zuneigung ihnen gegenüber. Sie wissen, daß ich - wie jeder Mensch - etwas falsch machen kann, aber sie sind auch davon überzeugt, daß ich versucht habe, die Erzdiözese Hué den beiden anderen Erzdiözesen (Saigon und Hanoi) zumindest ebenbürtig zu machen.

Geistig und hinsichtlich des apostolischen Eifers sind sie den anderen Diözesen gleichwertig oder ihnen vielmehr noch voraus. Wirtschaftlich sind sie arm, sie haben nur die Messstipendien zum Leben, aber sie kommen gut zurecht bei der Bekehrung der Heiden.

Sie wissen, daß die Bürde, die ich ihnen auferlege, für ihr Wohl und das ihrer Diözese unbedingt notwendig ist. Deshalb sind trotz meiner Amtsenthebung von meiner Erzdiözese ohne triftigen Grund, die nie vorher eine solche Blüte erlebt hat wie in den paar Jahren meiner Verwaltung, meine Priester mir treu geblieben, abgesehen von einigen wenigen, welche die Umgebung meines Nach-folgers Mgr. Dién bildeten. Letzterer hat diesen Zustand rasch bemerkt und sich beim Hl. Stuhl über diesen Mangel an Zuneigung beschwert und er glaubte, ich schürte eine latente Opposition. Ich mußte mich verteidigen und verlangte von der Hl. Kongregation zur Glaubensverbreitung Beweise für meine geheimen Umtriebe. Nun, ich habe nie etwas anderes an meine wenigen Briefpartner aus meinem ehemaligen Bischofssitz geschrieben als: Sie sollten ihrem Bischof gehorchen, und der Ge-horsam ist mehr wert als alle Opfer. Dabei blieb die Sache. Ich brauche mein Verhalten gegen Mgr. Dién nicht zu bereuen, denn die Mitglieder meines Klerus, die nach Amerika oder nach Europa ge-flüchtet sind, bezeigen mir nach meiner langen Abwesenheit von Vietnam weiterhin ihre Zuneigung.

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Vielleicht fragt man sich, warum ich Wert darauf legte, in Hué ein Kleines Seminar zu haben, ein Seminar, das imstande war, 300 Studenten aufzunehmen? Das war deswegen, weil unsere Christen in Hué arm sind und weil es in Hué nur ein Kolleg der Sekundarstufe gibt, dessen Leiter ich war, und dort mußte Schulgeld bezahlt werden, weshalb es für die große Mehrheit der Katholiken nicht zugänglich war. Die Seminaristen, die bis zum Priestertum weitermachen, sind nicht sehr zahlreich, aber die, welche das Seminar verlassen, verdienen ihren Lebensunterhalt gut als Angestellte des Staates. Dort leisten sie uns viele Dienste; sie betätigen sich auch als Führer der Action Catholique, was noch besser ist.

Aber ich habe nicht die Frage der späten Berufungen vergessen: Unseren Priestern im Seminar habe ich folgende Weisung gegeben: diese jungen Leute liebevoll aufnehmen, ihnen raten, sie sollten ihre Studien dort zu Ende führen, wo sie sie nach dem Erwerb der Reifeprüfung begonnen hatten. Nach diesen weiterführenden Studien nahm man sie ins Seminar auf, um sie zwei Jahre lang nur Latein lernen zu lassen. Danach traten sie ins Große Seminar ein. In der Zwischenzeit jedoch, damit sie ihre Hinwendung zum Priestertum bewahrten: sie an den freien Tagen im Kleinen Seminar versammeln, um sie das Leben der Seminaristen teilen zu lassen und mit ihnen über die Berufung zu sprechen. Dieser regelmäßig wiederkehrende und häufige Kontakt ist unerläßlich, denn die Welt lockt sie an, und der geistliche Stand ist besonders in Hué vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus wenig glän-zend. Kann man sagen, daß die Spätberufungen beständiger sind und bessere Priester hervorbrin-gen als die, welche auf dem normalen Weg der Seminare zum Priestertum kommen? Nichts beweist das. Ich habe Spätberufene gesehen, die versagt haben, andere, die durchgehalten haben, wie es auch bei denen ist, die in unseren Seminaren erzogen werden.

Eines der Ziele meiner Verwaltung in Hué war, aus unseren Schwestern vom Kreuz richtige Ordens-schwestern mit den drei Ordensgelübden zu machen. Nun besaß Hué 5 Klöster, in Dilsan, einer großen Christengemeinde in der Provinz Quâng-tri, in Cov˙n, dem Hauptort von Quâng-tri, in D˙oDg-Son, Provinz Hué, Phû-cam, auch in Hué, und Kêbang in der Provinz Quâng-Binh. Jedes Kloster hat seine Güter, sein Noviziat, seinen Wirkungsbereich apostolischer Arbeit, seine Schule. Was ihnen gemeinsam war, war das Fehlen der Ordensgelübde, und das seit ihrer Gründung zu Beginn der Evangelisierung Vietnams.

Der erste Apostolische Vikar von Vietnam fand einige Frauenvereinigungen mit gemeinsamem Leben vor, aber ohne jedes geistliche Band. Er gab ihnen eine Regel für das gemeinsame Leben ohne Ordensgelübde. Gewiß war das bequem für ihre Dienstherren, d.h. den Bischof und die Priester: Man konnte sie für alles gebrauchen: die Katechumenen unterrichten, für die Seminare kochen, für die Krankenhäuser, die Ernten auf den Reisfeldern der Mission einbringen, usw.! Sie stehen den Pfarrern zur Verfügung, Arbeiterinnen mit ganz geringem Lohn, Arbeiterinnen, die Tag und Nacht arbeiten, wenn man sie braucht. Ein Minimum an Frömmigkeitsübungen, ein Monat Urlaub im Jahr und das so lange, bis sie nicht mehr können; dann nimmt das Mutterhaus sie wieder auf und begräbt sie. Kein Recht also, keine Verteidigung, ein Minimum an religiöser Bildung.

Nun ist die vietnamesische Frau bewundernswert in der Hingebung, Gewandtheit und auch in der Heldenhaftigkeit. Vielleicht ist sie dem vietnamesischen Mann überlegen. Die ersten Aufrührer gegen die in Vietnam Eingedrungenen - die Chinesen - waren die zwei Schwestern Trung-trûc und Trung-Nhi. Sie erhoben die Standarte der Revolte, schlugen die Chinesen in mehreren Schlachten, und dann, als sie von den überlegenen Kräften eingekreist waren, brachten sie sich um, indem sie sich in einem Fluß ertränkten. Aber unsere Landsleute folgten ihrem Beispiel und schafften es, die Chine-sen nach tausendjähriger Besatzung aus Vietnam zu vertreiben!

Als ich Bischof in Vinhlong war, hatten unsere zwei Orden der Schwestern vom Kreuz, derjenige von Cai-mon und von Cáínhum, seit kurzem ihre Ordensgelübde abgelegt, aber ihre Verwendung durch den Klerus in den Pfarreien war mißbräuchlich. Die Ordensschwestern wurden zu zweit losgeschickt, eine alte und eine junge, also eine schwierige Gemeinschaft. Theoretisch mußten sie immer zu zweit sein. Praktisch waren sie oft allein: z.B. wenn der Pfarrer die eine ins Pfarrhaus etwas holen schickte oder in die Kirche, um ihm irgendeine Sache zu bringen. Also konnte ein durchtriebener Pfarrer "solus cum sola" mit einer jungen Ordensfrau sein, der er den Hof machen oder die er mißbrauchen konnte. Das ist vorgekommen, zwar nicht oft, aber so manches Mal. Bei wem sollte man sich beschweren? Die Sendung der Schwester dauert 10 Monate, sie kehrt nur für die zwei Monate Juni und Juli in den Orden zurück, um sich zu erholen.

Bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil über meine Perplexität, wenn die Ordensfrau mich in der Beichte davon unterrichtete, daß sie jeden Monat die Messe und Kommunion nur selten bekommen hat, da sie bei ihren Katechumenen in ihrer kleinen Pfarrei bleiben mußte. Jedoch hält der Priester sonn- und feiertags nur eine einzige Messe in seiner Hauptpfarrei, wo sein Wohnsitz ist. Also: viel Arbeit, eine nicht sehr reichhaltige Nahrung, da sie von der jungen Ordensfrau auf die Schnelle zubereitet und auf die Schnelle gegessen wird. Besuch der Katechumenen, nicht nur Frauen und Kinder, son-dern auch reife und junge, starke Männer; sehr karge geistliche Nahrung. Wenn diese Schwestern der Versuchung widerstehen konnten, so war dies Heldentum. Ich mußte also meinen Pfarrern vorschreiben, die Reise der Schwestern zu bezahlen, damit sie jede Woche zur Messe, zur Beichte und zur Kommunion gehen konnten, wenigstens einmal. Ansonsten nahm ich ihnen die Schwestern weg. Zum Unterricht schickte ich sie (die jungen) nach Saigon zu den französischen Schwestern von St. Paul von Chartres, damit sie das "diplôme élémentaire" und die Begabteren das "brevet élémen-taire" erwarben und während des Postulats und Noviziats Schulschwestern wurden. Mit diesen armseligen Diplomen standen sie bei unseren Priestern wie Akademikerinnen da, die außer dem Lateinischen kein Staatsdiplom hatten. Folglich wurden sie allmählich respektiert. Und als ich die katholische Universität in Dalat gründete, gingen einige dorthin und konnten ein Lizentiat erwerben, denn die vietnamesische Frau ist sehr intelligent.

In Hué habe ich also in jedem Orden zwei Schwestern ausgewählt und sie nach Dalat zu den Kanoni-kerinnen vom hl. Augustinus geschickt, die dort ein Sekundarkolleg haben. Dort absolvierten diese Schwestern vom Kreuz ein Noviziat wie richtige Ordensschwestern, dann kehrten sie nach Hué zurück. Und seitdem mußten alle Ordensschwestern, alte wie junge, ihr Noviziat absolvieren und echte Ordensschwestern werden, denn das Noviziat und die Sekundarschule sind in Hué zusammen im alten Palais des Apostolischen Delegaten.

Dieses Palais der Delegation von Hué war mir zur Verfügung gestellt worden, weil der Delegat, seit die politische Hauptstadt in Saigon war, einen Sitz in dieser Stadt erworben hatte, um nahe bei der bürgerlichen Regierung zu sein. Jetzt gibt es eine gemeinsame Generaloberin für alle Orden. Sie residiert in dem Haus und verfügt über das Gut meiner Familie, wo ich geboren bin, mit ihrem Rat, in dem eine meiner eigenen Nichten sitzt, die eine in Rom erworbene Lizenz besitzt. Die Orden bewahren ihre Besitzungen, bezahlen aber für die Unterhaltung des gemeinsamen Noviziats und der Sekundarschule. Dies ist also ein Erfolg, der für mich ein wahrer Trost ist.

Es weht ein scharfer Wind der Verfolgung in Vietnam, aber die Ordensschwestern sind gut darauf vorbereitet standzuhalten, wie es ihre Vorgängerinnen in den 200 Jahren der Verfolgungen getan haben. Keine Schwester vom Kreuz hat Jesus durch Treten des Kreuzes mit den Füßen verleugnet, während ein Priester und ein Seminarist es getan haben. Letzterer hat im Gegensatz zum Priester seine Feigheit bereut und ist von den Füßen eines von den Verfolgern geführten Elefanten zer-trampelt worden. Der Priester trug den Namen Duyêt und der Seminarist: der selige Bot. Das rechtfertigt meine Meinung über den Wert der vietnamesischen Frau, einzigartig auf der Welt.

All dies wurde in der relativ kurzen Zeitspanne verwirklicht, zwischen 1960 und 1968 = 8 Jahre, von denen ich die Hälfte in Rom verbrachte, zuerst um an der Vorbereitung des Konzils teilzuneh-men, und danach mit der Teilnahme am II. Vatikanischen Konzil. Das war der letzte Glanz meiner priesterlichen und bischöflichen Aktivität. Der Rest meines Lebens ist eine Serie von Mißerfolgen, über deren Ablauf ich berichten werde, nachdem ich meine bescheidene Rolle beim Pastoralkonzil beschrieben habe.

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Das II. Vatikanische Konzil ist auf die Initiative Johannes' XXIII. mit dem Beinamen "der Gute" zurückzuführen, aber nach meiner unmaßgeblichen Meinung war dieser sehr fromme, sehr heilig-mäßige Papst ein Schwächling. Er hat diesen Charakterfehler zugegeben. Auf ihn könnte man das Wort anwenden: "Video meliora, deteriora sequor." "Ich wollte das Beste und habe dann doch das Schlechtere getan."

Johannes XXIII. wollte eine Renaissance der Kirche und hatte ein schönes Programm dafür. Aber ach, er konnte dem Drängen der Männer der Kirche nicht widerstehen, welche die Kirche Christi mit Hilfe der modernen Welt modernisieren wollten, die "in malo positus", die sich zum Bösen gewandt hat. Denn wir sind die Generation, die dem "Ende der Welt" vorausgeht, wo sich die letzte Schlacht Satans gegen Gott abspielen wird: die Entscheidungsschlacht, die nach einigen Schicksalswen-dungen mit der Niederlage Luzifers und dem Endtriumph Christi, mit dem Jüngsten Gericht endet.

Satan hatte den atheistischen Kommunismus als Armee. Der Kommunismus des Juden Marx ist äußerlich verlockend: Er will das Wohl des Volkes, er will eine größere, verteilende Gerechtigkeit, er will den Kapitalismus ohne Gott zerstören, in dem das einzige Ziel der Gewinn des Einzelnen ist durch die Ausbeutung der Arbeiter, der Werktätigen. Das ist lobenswert. Aber sein Ziel geht nicht darüber hinaus: das Glück, das Paradies in dieser Welt. Für ihn existiert der Himmel nicht. Für ihn ist die Religion nur Opium für das Volk, um es abzustumpfen, das Volk, das die Kapitalisten arbeiten lassen, um ihre Geldschränke zu füllen nach dem Vorbild der Jagdhunde, die man hält, um Wild zu beschaffen. Er ist also der direkte Nachfahre der Philosophen der Aufklärung mit Voltaire an der Spitze. Die Losung war also: Ecrasons (sic!) líinfâme: die katholische Kirche, Jesus Christus.

Gewiß, die Kirche Christi, in der Person einiger ihrer Oberen, einiger Päpste, stützte sich auf die Mächtigen, auf die Reichen im Glauben, dort Hilfe zu finden für den Triumph der Kirche.

Diese Päpste haben die Strategie Jesu Christi nicht verstanden: Selig die Armen im Geiste. Selig, die Verfolgung leiden. Die Kirche macht Fortschritte durch das Kreuz und nicht durch den Dollar.

Das II. Vatikanum hätte damit beginnen müssen, an diesen Grundsatz zu erinnern: Zum Triumph durch das Kreuz, zum Triumph durch das Martyrium. Also, los auf den Kommunismus ohne Gott oder vielmehr, gegen Gott! Das Paradies des Kommunismus ist dasselbe wie das des Kapitalismus: ein irdisches Paradies.

Die Arbeit, die der Schöpfergott dem Menschen auferlegt hat, ist zur Entwicklung, für die Vervoll-kommnung seiner intellektuellen, übernatürlichen und körperlichen Fähigkeiten und nicht für das einzige Ziel, sich den Bauch vollzuschlagen. Vatikanum II scheint dasselbe zum Ziel zu haben wie der Kommunismus: das zeitliche Glück des Menschen. Deshalb kam es zu folgendem Skandal: Verbot des geringsten Angriffs gegen den Kommunismus. Von daher das Dogma von "der natür-lichen Güte jeglicher Art von Glauben". Von daher der Triumph des protestantischen Axioms: Freiheit des Denkens und Gleichwertigkeit aller religiösen Meinungen. Von daher die Bemühung, die katholische Religion leichter zu machen, indem man das Nicht-Schuldig für jene verordnete, die das Brevier nicht mehr beteten und keine Meditation mehr machten; die Abfassung einer Patent-Messe für Katholiken und Protestanten, erstere Anhänger der Lehre von der Transsubstantiation, die zweiten glauben nicht daran, sondern behaupten, die Messe sei nur das Andenken an das Letzte Abendmahl, also kein "Mysterium fidei".

Vatikanum II wagte es nicht, die Messe in Lateinisch zu verbieten, der gemeinsamen Sprache der Christenheit, besonders im zentralen Teil der Messe, dem Kanon, erlaubte aber nde Gebrauch der Volkssprache für die anderen Teile; angeblich, damit die Gläubigen die Messe besser hören und verstehen könnten. Dabei vergaßen sie, daß die Gläubigen mit einem zweisprachigen Messbuch der vom Zelebranten auf Lateinisch gelesenen Messe sehr gut folgen konnten. In der "Neuen Bugnini-Messe" hat man im Einvernehmen mit den Protestanten, vor allem mit den protestantischen Mönchen von Taizé, welche die Kirchenväter der modernen Kirche sind, beim Abschaffen die offizielle Spra-che der lateinisch-katholischen Kirche abgeschafft, die auch die Diplomatensprache Europas ist (Anm. d. Übersetzers: bis zum Westfälischen Frieden 1648 einschließlich war; von da an war Fran-zösisch die Diplomatensprache Europas).

Man glaubte, dieses Entgegenkommen des Vatikanums II gegenüber unseren getrennten Brüdern würde die Protestanten zu uns führen. Nun erfolgt aber keine Rückkehr zum Katholizismus, viel-mehr haben diese Verkürzung der Gebete, der Meditation, diese Bevorzugung der Aktion vielfach das Aufgeben des Priestertums hervorgerufen; wie viele Ehen von Priestern und Ordensleuten werden geschlossen, wie viele Nonnen verlassen das Kloster! Keine Berufungen mehr! Weder für das Seminar noch für die Orden. Nachwuchs gibt es nur bei den Orden, die streng und ihren alten Regeln treu geblieben sind.

Die Kirchen leeren sich. Die neue Messe, bei welcher der Priester nur noch der Vorsitzende der Versammlung ist - und nicht mehr der einzige, welcher opfert, hat immer weniger Besucher. Jedes Land hat seine eigene Messe, die der Mentalität seines Volkes angepasst ist: Die Japaner sitzen auf den Fersen um eine Matte als Altar. Statt des monumentalen Kruzifixes, das unsere alten Kirchen beherrscht, liegt ein Kreuzlein auf einem kleinen Tisch, der als Altar dient - ohne Altarstein. Die Messe wird hingepfuscht in zwanzig Minuten. Die seltenen Kommunionempfänger kommunizieren stehend und nicht mehr kniend, sie empfangen die Hostie in die Hand und kauen darauf herum wie auf einem Bonbon, anstatt sie auf die Zunge zu empfangen. Die Ohrenbeichte ist nicht mehr Mode, man begnügt sich mit dem Confiteor der Messe trotz der Mahnung der Hl. Kongregation für die Verteidigung des Glaubens. Der Priester liest die Messe mit dem Rücken zum Tabernakel!

Man begreift jetzt den Aufstand von Mgr. Lefebvre, den Erfolg seines Ecôner Seminars und das Anwachsen seiner Priorate in Frankreich und anderswo; und das Unbehagen in allen christlichen Ländern Europas und Amerikas. Die Zukunft der Kirche ist durch das Fehlen der Berufungen bedroht. Der Marxismus triumphiert überall. Afrika wird von den Kubanern Castros angegriffen. Südamerika, wo früher die katholische Religion unbestritten herrschte, ist entzweit durch den Kampf zwischen Traditionalisten und Anhängern des Vatikanums II. Sowjetrussland ist überall tätig, seine Flotte ist die stärkste der Welt, sein Militärbudget übersteigt das der Vereinigten Staaten. Es mischt sich in Afrika ein, in Südamerika, überall - sogar im Vatikan, wo Paul VI. trotz so vieler Enttäu-schungen bei seiner Politik der dem Kommunismus dargebotenen Hand beharrt.

Das Vorausgehende läßt meine Rolle auf dem Konzil verstehen: Meine wenigen Interventionen hatten zum Ziel, die Kirche Christi zu verteidigen gegen die modernistischen Angriffe, gegen die Herabwürdigung der Kirche durch die gut organisierte modernistische Partei unter der Führung Suenens und anderer Prälaten wie Marty, dem heutigen Kardinal-Erzbischof von Paris. Ich muß auch hinzufügen, daß die Mehrheit der Konzilsväter, besonders die aus Nordamerika, nicht gut Latein verstand, die offizielle und verbindliche Sprache des Konzils. Sie verbrachten einen Großteil der Konzilsdebatten in den beiden in St. Peter eingerichteten Cafés, wo sie Kaffee oder Coca Cola tranken, und kehrten erst zur Stunde der Abstimmung in die Konzilsaula zurück, ohne recht zu wissen, worüber sie abstimmen sollten. Sie stimmten aufs Geratewohl mal mit JA, mal mit NEIN (zur Abwechslung, wie sie sagten), und diese Stimmen galten offiziell als "vom Hl. Geist inspiriert" und wurden zur "Mehrheit" zusammengezählt. Ich habe andere Väter - sehr wenige - gesehen, die nicht den Hl. Geist in die Cafés anrufen gingen, sondern auf ihren Sitzen den Rosenkranz herbeten und dann für ihre Stimmabgabe ihre Nachbarn um Rat fragten!

Auf dem Konzil hätte man die Innovation von Simultanübersetzungen, vor allem ins englische oder ins Französische, einführen müssen, damit jeder wußte, worum es ging, um nach seinem Gewissen abzustimmen und mit voller Kenntnis die Rolle eines Konzilsvaters zu erfüllen. Jeder sah, wie ein amerikanischer Kardinal nach ein paar Sitzungen das Konzil verließ und nach Amerika zurückkehrte. Er sagte, seine Anwesenheit auf dem Konzil sei weniger nützlich als wenn er in die Heimat der Dol-lars zurückkehre, um dort Geld zu sammeln, weil das Konzil den Hl. Stuhl sehr viel koste wegen der gemieteten Einrichtungen in der St.-Peters-Basilika während der ganzen Dauer des Konzils. Und die Schenken erforderten riesige Ausgaben!

Auf dem Konzil sah man auch viele Meinungsänderungen; Prälaten, die anfangs eingefleischte Traditionalisten waren, wurden nach einigen Sitzungen zu Modernisten, als sie merkten, daß Paul VI. (er war auf dem Konzil nicht anwesend, angeblich um zu zeigen, daß er die Meinungen der Väter nicht beeinflussen wolle; aber er verfolgte die Debatten am Radio) für die Modernisten war. Sie wechselten also die Partei, um sich später nicht die hohen Kirchenämter zu vermasseln und vor allem nicht das Purpurkäppchen der Kardinalswürde. So machte es z.B. der Sekretär der Hl. Kongregation des Index, heute Kongregation für die Verteidigung des Glaubens, der seinen Vor-gesetzten, den verehrten Kardinal Ottaviani, verriet, um Suenens zu folgen.

Die Durchsicht der Abstimmungen und Interventionen der Konzilsväter, die in den Archiven des Vatikans aufbewahrt werden, würde meine Behauptungen bestätigen. Wir dürfen uns über diese Lage der Dinge nicht wundern. Die voraufgehenden Konzilien zeigten dieselben Phänomene. Ein Athanasius kämpfte fast allein für den rechten Glauben und er mußte eine ungeheure Energie und Geduld aufbieten, um eine Mehrheit zu bekommen. Nun waren es zu seiner Zeit einige hundert Konzilsväter, während Vatikanum II mehr als 2.000 Teilnehmer zählte. Nun werden die Bischöfe weniger wegen ihrer theologischen Kenntnisse ausgewählt als wegen ihrer Gewandtheit und ihrer guten Beziehungen zu den Nuntien und Apostolischen Delegaten, die den römischen Dikasterien die Nachfolger für die vakanten Bischofssitze angeben.

Meine Anwesenheit auf dem Konzil fern von Vietnam hat mir das Leben gerettet. Sonst wäre ich ermordet worden wie meine drei Brüder, der Präsident Diêm, Nhu und Cân. Denn während meine Kollegen aus Südvietnam nach Abschluß des Konzils nach Vietnam zurückkehrten, zwangen die Amerikaner die Regierung von Südvietnam dazu, mir das Visum für die Rückkehr zu verweigern. Ohne es offen zu sagen, denn es gab keinen Grund, mir diese Rückkehr zu verweigern: die viet-namesische Botschaft bat mich, ich möge mich gedulden, während sie sich mit der Regierung in Saigon in Verbindung setze. Ich wartete einige Monate und wandte mich um Hilfe an den Hl. Vater, damit man mir diese Erlaubnis zur Rückkehr gebe.

Ich weiß nicht, was der Hl. Vater Paul VI. tat, aber er nutzte die Situation, daß ich nicht zu meinem Erzbischofssitz in Hué zurückzukehren konnte, aus, um mich zur Abdankung zu zwingen und an meine Stelle seinen Favoriten, Mgr. Dién, zu ernennen.

Um nicht im Müßiggang zu versauern, bat ich darum, in Italien als Vikar in einer Pfarrei Dienst zu tun, was mir nicht schwer fiel, denn ich spreche fließend italienisch und liebe die Italiener. Zunächst begab ich mich in die Abtei Casamari. Der hochwürdigste Herr Abt hatte mich kennengelernt, als ich Mgr. Lê-hûû-Tu dorthin begleitete, einen Zisterzienser, der zum selben Orden gehörte wie der von Casamari, einer sehr alten, vom hl. Bernhard von Clairvaux gegründeten Abtei. Er machte mir den Vorschlag, dort meine Wohnung zu nehmen. Ich habe dort Monate verbracht und war froh, daß ich der Beichtvater der Mönche des Klosters und der Gläubigen der von der Abtei abhängigen Pfarrei sein konnte. Aber nach mehr als einem Jahr mußte ich sie ohne eigenes Verschulden verlassen. Das war der Beginn des letzten Abschnitts meines Lebens, der nur noch Mißerfolge zählen sollte. Providentielle Mißerfolge.

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Da die nationalistische Regierung in Saigon auf Anstiftung der Amerikaner mir das Einreisevisum nach Vietnam verweigerte, mußte ich irgendeine nicht zu teure Wohnung in Rom suchen. Ich machte die Runde bei allen Unterkünften für Geistliche. Überall erfuhr ich eine höfliche aber definitive Abweisung. Ich glaube, der Grund war mein Bischofstitel. Man war davon überzeugt, daß ich mir Freiheiten herausnehmen und den Studenten ein schlechtes Beispiel geben würde. "Et sui eum non receperunt", was heißt: "Aber die Seinen nahmen ihn nicht auf."

Glücklicherweise zeigte mir ein ehemaliger Apostolischer Delegat in Vietnam, Mgr. Caprio, der mir bei der Regierung von Saigon, damals unter dem Vorsitz meines Bruders Diêm, verpflichtet gewesen war und der bei den Franziskanerschwestern während seiner Aufenthalte in Rom zu Gast gewesen war, diese Unterkunft. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf. Die Oberin, eine Luxemburgerin, nahm mich auf und gewährte mir sogar einen Nachlaß auf die Miete: Mit 50.000 Lire monatlich hatte ich Recht auf ein kleines Zimmer, auf drei Mahlzeiten am Tag. Ich fand auch apostolische Arbeit beim Pfarrer der angrenzenden Pfarrei: um 11:00 Uhr die hl. Messe lesen, den Gläubigen die Beichte abnehmen, jeden Monat etwa 100 Kranke besuchen, die sich nicht zur Kirche begeben konnten, da sie marschunfähig waren. Zweimal im Monat, gegen 15:00 Uhr, machte ich meine Runde und brachte ihnen die hl. Kommunion, nachdem ich ihre Beichte gehört hatte, und dies, wenn sie mich darum baten.

Für diesen Dienst gab mir der Pfarrer fürstliche 30.000 Lire pro Monat. Also mußte ich für den Dienst in dieser ziemlich reichen Pfarrei die 20.000 Lire finden, die nötig waren, um die monatliche Pension bei den Schwestern zu vervollständigen. Der Pfarrer erklärte mir, er habe dieses Gehalt seinem ehemaligen Vikar gegeben, der ihn verlassen habe. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß dieser Vikar über dieses Gehalt hinaus gratis ein Zimmer bewohnte und die Mahlzeiten des Pfarrers brüderlich
 
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