55. Jahrgang Nr. 1 / Januar 2025
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1. Es nahm also das Leben den Tod an
2. Letztes Ostermahl
3. Erklärung zur Restitution der Kirche im Jahr 2025
4. Kulturkrieg, Grundgesetz und der Kampf gegen rechts Reflexionen am Rande der Katastrophen-Konvergenz
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6. Kriminalität im Namen des Klimawandels
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8. Zum 750. Todestag von Thomas von Aquin: 1225 -7.3.2024
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10. Peter Wust - der Philosoph unter dem Kreuz
11. Nouripour: Unser Grundgesetz künftig
12. Das verlogene Theater um „Remigration
13. Literaturkritik
14. Mitteilungen der Redaktion
Letztes Ostermahl
 
Letztes Ostermahl

- NACH DEN VISIONEN DER GOTTSELIGEN ANNA KATHARINA EMMERICH -

J
esus ging gegen Mittag mit den neun Aposteln von Bethanien nach Jerusalem; es folgte ihm auch ein Haufen von sieben Jüngern, welche, außer Nathanael und Silas, meistens aus Jerusalem und der Gegend waren; ich erinnere mich unter ihnen des Johannes Markus und des vor wenigen Tagen aufgenommenen Sohnes der armen Witwe (...); die heiligen Frauen folgten später nach.

Er ging mit seinen Begleitern verschiedene Wege um den Ölberg und im Tale Josaphat, ja bis zum Kalvarienberg hin und her; es war ein Wandeln unter stetem Lehren. Er sagte unter anderm zu den Aposteln, bis jetzt habe er ihnen sein Brot und seinen Wein gegeben, heute wolle er ihnen sein Fleisch und sein Blut geben. Alles wolle er ihnen schenken und lassen, was er habe; dabei sah der Herr so rührend aus, als gieße er sein Inneres aus, als verschmachte er aus Liebe, sich hinzugeben. Seine Jünger verstanden ihn nicht; sie meinten, er spreche vom Osterlamm. Es ist unaussprechlich, wie liebevoll und geduldig er in seinen letzten Reden zu Bethanien und hier gewesen. Die heiligen Frauen kamen später in das Haus der Maria Markus.

Die sieben Jünger, welche dem Herrn nach Jerusalem gefolgt waren, machten diese Wege nicht mit; sie trugen Päcke von Osterzeremonienkleidern nach dem Coenaculum, legten sie in die Vorhalle und begaben sich in das Haus der Maria Markus.

Als Petrus und Johannes mit dem Abendmahlskelch von dem Haus der Seraphia nach dem Coenaculum kamen, lagen schon alle diese Zeremonienmäntel in der Vorhalle, welche jene und andere Jünger hingetragen hatten. Es waren auch von ihnen die nackten Wände des Saales mit Teppichen behängt, und die Luken in der Decke geöffnet worden; auch wurden drei hängende Lampen zugerüstet. Dann gingen Petrus und Johannes zum Tal Josaphat und riefen den Herrn und die neun Apostel. Die Jünger und Freunde, welche auch das Osterlamm im Coenaculum mitaßen, kamen später. Jesus und die Seinigen aßen das Osterlamm in Coenaculum in drei getrennten Genossenschaften von Zwölfen, deren jeder einer als Hausvater vorstand. Jesus aß es mit den zwölf Aposteln im Saale des Coenaculums. Getrennt in den Seitenhallen aß es Nathanael mit zwölf Jüngern und ebenso mit zwölf andern Eliachim, ein Sohn des Kleophas und der Maria Heli und Bruder der Maria Kleophä; er war ein Jünger Johannes des Täufers.

Drei Osterlämmer wurden für sie im Tempel geschlachtet und gesprengt. Es war aber ein viertes Lamm da, das im Coenaculum geschlachtet und gesprengt wurde, und dieses aß Jesus mit den Zwölfen, jedoch dem Judas unbewußt, da dieser sich allerlei Geschäfte gemacht hatte, bei der Schlachtung nicht zugegen gewesen und schon Wege zum Verrat gegangen war; er kam erst kurz vor dem Essen des Osterlammes.

Das Schlachten des Lammes für Jesus und die Apostel war ungemein rührend. Es geschah in der Vorhalle des Coenaculums, und Simeons Sohn, der Levit, half dabei. Die Apostel und Jünger waren zugegen und sangen den 118. Psalm. Jesus lehrte hierauf von einer neu eintretenden Zeit, und wie nun das Opfer Mosis und die Bedeutung des Osterlammes werde erfüllt werden; darum aber müsse das Lamm so geschlachtet werden, wie jenes in Ägypten, aus welchem sie jetzt wirklich ausziehen sollten.

Gefäße und alles Zugehörige war bereit; es ward ein schönes Lämmchen gebracht, das mit einem Kranze geschmückt war, welcher ihm abgenommen und der Heiligen Jungfrau gesendet ward, die sich abseits bei den anderen Frauen befand. Das Lamm ward nun um die Mitte des Leibes mit dem Rücken auf ein Brettchen gebunden, und ich dachte noch dabei an Jesum an der Geißelsäule. Den Kopf des Lammes hielt Simeons Sohn in die Höhe, und Jesus stach ihm mit einem Messer in den Hals und gab dasselbe dann dem Sohne Simeons, der fortfuhr, das Lamm zu bereiten. Jesus schien mit Schüchternheit und Schmerz das Lamm zu verwunden und tat es sehr schnell und ernst. Das Blut wurde in ein Becken gefaßt und ein Ysopzweig gebracht, welchen Jesus in das Blut tauchte; dann ging er an die Türe des Saales und bezeichnet die zwei Pfosten und das Schloß mit dem Blut und steckte den blutigen Zweig über die Oberschwelle der Türe; dabei redete er feierlich und sagte unter anderm: es solle der Würgengel hier vorübergehen; sie sollten sicher und ruhig hier anbeten, wenn er, das wahre Osterlamm, geschlachtet sei; es solle hiemit eine neue Zeit und ein neues Opfer beginnen u. bis ans Ende der Welt fortdauern.

Dann begaben sie sich an den Osterherd am Ende des Saales, wo einst die Bundeslade gestanden; es war bereits Feuer dort. Jesus sprengte das Blut an diesen Herd und weihte ihn zu einem Altar; das übrige Blut und Fett ward unter den Altar ins Feuer gegossen. Jesus wandelte hierauf, Psalmen singend, mit den Aposteln im Coenaculum umher und weihte es zu einem neuen Tempel ein. Alle Türen waren dabei verschlossen.

Indessen hatte Simeons Sohn das Lamm ganz zubereitet; es steckte an einem Spieß, die Vorderbeine waren an ein Querholz, die Hinterbeine an den Spieß geheftet. Ach! es sah ganz wie Jesus am Kreuze aus und wurde nun nebst den drei andern Lämmern, die vom Tempelschlachten hergebracht worden, in den Ofen zum Braten gestellt.

Sie sagte nochmals: die andern Osterlämmer der Juden wurden alle im Vorhofe des Tempels geschlachtet; und zwar an drei Orten: für die Vornehmen, die Geringen und die fremden Leute. 1) Das Osterlamm Jesu war nicht im Tempel geschlachtet, alles andere tat er streng nach dem Gesetz. Er hat auch nachher darüber gesprochen. Das Lamm war nur ein Vorbild; er selbst sollte am morgenden Tage das Osterlamm sein; ich weiß nicht mehr, was er darüber sagte. Auf diese Weise lehrte Jesus die Apostel vom Osterlamm und dessen Erfüllung, und als die Zeit herannahte und Judas auch gekommen war, wurden die Tische bereitet. Sie legten Reisezeremonienkleider an, die in der Vorhalle lagen, andere Schuhe, einen weißen Rock wie ein Hemd und darüber einen Mantel, vorn kurz und hinten länger; sie schürzten sich in den Gürteln und hatten auch die weiten .Armel geschürzt. So ging jede Schar zu ihrem Tische; die zwei Scharen der Jünger in die Seitenhallen, der Herr aber und die Apostel in den Saal des Coenaculums. Sie nahmen Stäbe in die Hand und wandelten paarweise zum Tische, wo sie an ihren Plätzen standen, die Stäbe im Arm lehnend, mit emporgehobenen Armen. Jesus aber, in der Mitte des Tisches stehend, hatte zwei kleine, oben etwas gekrümmte Stäbe, gleich kurzen Hirtenstäben, von dem Speisemeister empfangen. Sie hatten an einer Seite einen Haken wie einen abgehauenen Zweig. Jesus steckte sie kreuzweise vor der Brust in den Gürtel, und stützte die emporgehobenen Arme im Gebete auf die Haken. Er konnte sich so rührend, auf diese Stäbe gelehnt, bewegen; es war, als habe er das Kreuz, dessen Last er bald auf die Schultern nehmen sollte, noch stützend unter den Schultern. So sangen sie: "Gebenedeit sei der Herr Gott Israels" sowie: "Gelobt sei der Herr" usw. Nach vollendetem Gebete gab Jesus den einen Stab dem Petrus, den andern dem Johannes, welche sie weglegten oder von Hand zu Hand an die Apostel gehen ließen, was ich mich nicht mehr recht bestimmt erinnere.

Der Tisch war schmal, ungefähr so hoch, daß er einem stehenden Mann einen halben Fuß hoch über die Knie reichte, in der Form eines Zirkelabschnittes. Jesu gegenüber, in der inneren Seite des Halbkreises, war eine freie Stelle zum Auftragen. Wenn ich mich recht entsinne, standen zur Rechten Jesu Johannes, Jakob der Größere, Jakob der Kleinere; dann an der rechten schmalen Breite des Tisches Bartholomäus; neben diesem an der inneren Seite des Kreistisches Thomas und neben diesem Judas Iskarioth - zur Linken Jesu stand Petrus, dann Andreas, Thaddäus, an der linken schmalen Breite Simon und neben diesem an der innern Tischseite Matthäus und Philippus.

In der Mitte des Tisches stand eine Schüssel mit dem Osterlamm. Sein Kopf ruhte auf den gekreuzten Vorderfüßen; die Hinterfüße waren lang ausgestreckt; rundumher auf dem Rande der Schüssel lag Knoblauch; daneben befand sich eine Schüssel mit dem Osterbraten und zu beiden Seiten eine Schale mit grünen Kräutern, welche dicht gedrängt aufrecht wie wachsend standen, und eine andere Schale mit kleinen Bündelchen von bittern Kräutern, gleich Balsamirkräutern; dann noch vor Jesu eine Schale mit gelbgrünem Kraut und eine mit einer bräunlichen Brühe. Die Teller der Essenden waren runde Brotkuchen; sie bedienten sich beinerner Messer.

Der Speisemeister legte nach dem Gebete das Messer zum Zerlegen des Osterlammes vor Jesus auf den Tisch. Er setzte einen Becher mit Wein vor den Herrn und füllte aus einer Kanne sechs Becher, welche immer zwischen zwei Aposteln standen. Jesus segnete den Wein und trank; die Apostel tranken zwei und zwei aus einem Becher. Der Herr zerlegte das Osterlamm, und die Apostel reichten nach der Reihe ihre Brotkuchen mit einer Art Klammer hin und empfingen jeder sein Teil und aßen es sehr geschwind, indem sie das Fleisch mit den beinernen Messern abschabten. Die Knochen wurden nachher verbrannt. Sie aßen auch noch schnell von dem Lauch und grünen Kraut, das sie in die Brühe tauchten. Das Osterlamm genossen sie stehend; nur lehnten sie etwas auf den Lehnen der Sitze. Jesus brach auch eines der Osterbrote und bedeckte einen Teil davon; das andere verteilte er. Sie aßen nun auch die Brotkuchen. Dann wurde wieder ein Becher mit Wein gebracht; Jesus aber dankte und trank nicht davon. Er sprach: "Nehmet den Wein und teilt ihn unter euch; denn ich werde von nun an keinen Wein mehr trinken, bis das Reich Gottes kommt." Nachdem sie zwei und zwei getrunken hatten, sangen sie, dann betete oder lehrte Jesus, und es folgte hierauf noch ein Händewaschen. - Nun aber legten sie sich wirklich auf die Sitze nieder. Alles Frühere war stehend, nur zuletzt etwas aufgelehnt und sehr geschwind geschehen.

Der Herr hat auch ein Lamm zerlegt, welches den heiligen Frauen in ein Seitengebäude gebracht wurde, wo sie ihr Mahl hatten. Sie aßen nun Kräuter, Salat und die Brühe; Jesus war ungemein innig und heiter; ich habe ihn nie so gesehen. Er sagte auch den Aposteln, allen Kummer zu vergessen. Auch die Heilige Jungfrau am Tische der Frauen war heiter. Es war so rührend, wenn die andern Frauen zu ihr traten und sie am Schleier zogen, mit ihr zu sprechen, wie sie sich dann so einfach wendete.

Jesus redete anfangs noch gar lieblich mit ihnen, während sie speisten; hierauf aber ward er ernster und traurig. Er sprach:  "Einer unter euch wird mich verraten, einer, dessen Hand mit mir auf einem Tische ist." Jesus aber teilte eines der Kräuter, nämlich Lattich, von dem nur eine Schüssel da war, auf seiner Seite aus, und dem Judas, der ihm schräg gegenüber saß, hatte er befohlen, ihn auf der andern Seite auszuteilen. Da Jesus nun von einem Verräter sprach und alle darüber sehr erschreckt waren und da er sagte: Einer, dessen Hand mit mir auf dem Tische ist oder dessen Hand mit mir in die Schüssel taucht, was so viel heißt, als: Einer der Zwölf, die mit mir essen und trinken, einer, mit dem ich mein Brot teile, so verriet er Judas dadurch nicht an die andern, denn mit der Hand in die Schüssel tauchen war ein allgemeiner Ausdruck für die vertraulichste Gemeinschaft; und doch wollte er auch Judas dadurch warnen; denn er tauchte wirklich beim Austeilen des Lattichs die Hand mit ihm in eine Schüssel. Jesus aber sagte weiter: "Nun geht zwar des Menschen Sohn hin, wie von ihm geschrieben steht, wehe aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre ihm besser, wenn er nicht geboren wäre."


Da waren die Apostel alle sehr bestürzt und fragten abwechselnd: "Herr, bin ich es?" Denn alle wußten wohl, daß sie ihn nicht ganz verstanden. Petrus aber beugte sich hinter Jesus zu Johannes hin und winkte ihm, den Herrn zu fragen, wer es sei; denn er, der oft Verweise von Jesu erhalten, war ängstlich, er möge ihn meinen. Johannes aber lag zur Rechten des Herrn, und weil alle, auf dem linken Arm lehnend, mit der rechten Hand aßen, so lag Johannes mit dem Haupte der Brust Jesu zunächst. Er näherte sein Haupt daher der Brust Jesu und fragte: "Herr, wer ist es?" Da ward er es inne, daß Jesus den Judas meinte. Ich sah Jesum nicht mit den Lippen sprechen: "Der, dem ich den Bissen eintauche und gebe"; ich weiß auch nicht, ob er es leise zu Johannes sagte; Johannes aber vernahm es, indem Jesus den Bissen Brot mit Lattich umwunden in die Brühe tauchte und dem Judas mit großer Liebe reichte, welcher eben auch fragte: "Herr, bin ich es?" wobei Jesus ihn gar lieblich ansah und ihm eine allgemeine Antwort gab. Dieses war aber ein gebräuchliches Zeichen der Liebe und Vertraulichkeit, und Jesus tat es mit herzlicher Liebe, ihn zu mahnen und nicht zu verraten vor den andern.

Judas war aber innerlich ganz ergrimmt. Ich sah während der ganzen Mahlzeit ein kleines Ungeheuer zu seinen Füßen sitzen, das ihm manchmal bis zum Herzen hinaufstieg. Ich sah nicht, daß Johannes dem Petrus das wieder sagte, was er von Jesu vernommen, aber er blickte nach ihm und beruhigte ihn.

Die Fußwaschung

Sie standen nun von der Mahlzeit auf, und während sie ihre Kleider wieder so anlegten und ordneten, wie sie es bei feierlichem Gebete pflegten, trat der Speisemeister mit zwei Dienern herein, den Osterlammtisch abzuräumen und aus der Mitte der umgebenden Lagerstühle beiseite zu schieben. Als dies geschehen, trug Jesus ihm auf, Wasser in die Vorhalle bringen zu lassen, und er verließ wieder mit den Dienern den Saal.

Jesus stand nun mitten unter den Aposteln und sprach eine ziemliche Weile mit Feierlichkeit zu ihnen. Ich habe aber so vieles gehört und gesehen bis jetzt, daß es mir nicht möglich ist, den Inhalt der Lehre des Herrn sicher anzugeben. Ich erinnere mich, daß er von seinem Reiche, von seinem Hingange zum Vater sprach und wie er ihnen vorher noch alles zurücklassen wolle, was er habe, usw. Er lehrte dann auch von der Buße, von Erkenntnis und Bekenntnis der Schuld, von der Reue und Reinigung. Ich fühlte aber, daß dieses einen Bezug auf die Fußwaschung hatte, und ich sah auch, daß alle ihre Sünden erkannten und bereuten, außer Judas. Diese Rede war lang und feierlich. Nach ihrer Vollendung sendete Jesus den Johannes und Jakob den Kleineren, des bestellten Wassers halber, in die Vorhalle und befahl den Aposteln, die Lagerstühle in einen halben Kreis zu stellen, worauf er in die Vorhalle ging, seinen Mantel ablegte, sich schürzte und ein Tuch umband, von welchem das längere Ende niederhing.

Unterdessen gerieten die Apostel in eine Art von Wortwechsel, wer die erste Stelle unter ihnen haben werde; denn da der Herr so bestimmt ausgesprochen hatte, er würde sie verlassen und sein Reich sei nahe, bestärkte sich von neuem die Meinung in ihnen, er habe irgendeinen geheimen Hinterhalt, einen irdischen Triumph, der im letzten Momente hervorbrechen werde.

Jesus befahl in der Vorhalle dem Johannes, ein Becken in die Hände zu nehmen, und ließ Jakobus den Kleineren einen Schlauch voll Wasser vor der Brust tragen, dessen Röhre sich über den Arm gelehnt ergoß, und nachdem er Wasser aus dem Schlauche in das Becken gegossen hatte, ließ er sich die beiden in den Saal folgen, in dessen Mitte der Speisemeister ein größeres leeres Becken gestellt hatte.

In so demütigem Aufzuge in die Türe des Saales tretend, verwies Jesus den Aposteln ihren Streit mit wenigen Worten, unter anderem sprechend: daß er selbst ihr Diener sei; sie sollten sich auf die Stühle setzen, auf daß er ihnen die Füße waschen könne. Da setzten sie sich nach der Reihe, wie sie zu Tisch gelegen, auf die Lehnpolster der Stühle, die im Halbkreis standen, und hatten die entblößten Füße auf den Sitzpolstern stehen. Jesus ging von einem zum andern und schöpfte ihnen mit der Hand Wasser aus dem von Johannes untergehaltenen Becken über die nacheinander vorgehaltenen Füße. Dann faßte er das lange Ende des Tuches, womit er umgürtet war, in beide Hände und fuhr damit abstreifend und trocknend über die Füße und nahte dann dem zunächst Sitzenden mit Jakobus. Johannes aber leerte jedesmal das gebrauchte Wasser in das in der Mitte des Saales stehende Gefäß aus und nahte dem Herrn wieder mit dem Becken. Da goß Jesus wieder aus dem Schlauch des Jakobus in das Becken über die Füße des Apostels und tat wie zuvor.

Der Herr aber war, wie bei der ganzen Ostermahlzeit ungemein rührend und freundlich, auch bei diesem demütigen Fußwaschen ganz voll Liebe, und er tat es nicht wie eine Zeremonie, sondern wie eine heilige Liebeshandlung ganz von Herzen, so daß er auch seine Liebe dabei aussprach.

Da er nun zu Petrus kam, weigerte sich dieser aus Demut und sagte: "Herr, solltest du mir die Füße waschen?" Und der Herr sagte: "Was ich tue, weißt du jetzt nicht, nachher sollst du es erfahren." Und mir war, als spreche er noch allein zu ihm: "Simon, du hast es verdient, von meinem Vater zu erkennen, wer ich bin, woher ich komme und wohin ich gehe, du hast es allein erkannt und ausgesprochen; und ich will meine Kirche auf dich bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Es soll auch meine Kraft bei deinen Nachfolgern bleiben bis ans Ende der Welt." Jesus zeigte auf ihn und sagte zu den andern: Petrus solle ihnen in Anordnung und Aussendung seine Stelle vertreten, wenn er selbst von ihnen gegangen sein werde. Petrus aber sprach: "Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen." Und der Herr erwiderte: "Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Teil an mir." Da sagte Petrus wieder: "Herr, wasche mir dann nicht nur die Füße, sondern auch die Hände und das Haupt." Jesus sagte hierauf: "Wer gewaschen ist, der ist ganz rein, und braucht nur die Füße zu waschen. Ihr seid auch rein, aber nicht alle"; dabei dachte er an Judas.  Er hatte aber in der Lehre von der Fußwaschung gesprochen als von einem Reinigen von täglichen Sünden, weil die Füße an der Erde ungeschickt wandelnd sich immer wieder verunreinigen.

Diese Fußwaschung war geistlich und eine Art Absolution; Petrus aber nahm es in seinem Eifer als eine zu große Demütigung seines Meisters; er wußte nicht, daß dieser, um ihm zu helfen, sich morgen bis zum schmählichen Tod des Kreuzes aus Liebe demütigen werde.

Als er aber Judas die Füße wusch, war er ungemein rührend und freundlich und drückte sein Angesicht an seine Füße und sagte leise zu ihm, er möge sich bedenken; schon ein Jahr gehe er mit Verrat und Untreue um; Judas aber schien es nicht bemerken zu wollen und sprach mit Johannes; da ärgerte sich Petrus an ihm und sagte: "Judas! Der Meister spricht mit dir." Da sagte Judas zum Herrn etwas Allgemeines, Ausweichendes, wie: "Herr, das sei ferne!"

Die andern aber hatten Jesu Rede zu Judas nicht vernommen, denn er sprach leise, und dann hörten sie nicht zu; auch waren sie mit Anlegung ihrer Sohlen beschäftigt. Judas Verrat aber schmerzte den Herrn bei seinem ganzen Leiden am meisten. Er wusch aber auch noch die Füße des Johannes und Jakobus. Zuerst setzte sich Jakobus, und Petrus hielt den Schlauch, dann setzte sich Johannes, und Jakobus hielt das Becken. Jesus lehrte nun über die Demütigung, und wie der Dienende der Größte sei, und wie sie einander auch die Füße künftig in Demut waschen sollten, und mancherlei in bezug auf den Streit, wer der Größte sei, was in den Evangelien steht. Jesus legte nun seine Kleider wieder an, und die Kleider, welche zuerst beim Osterlamm geschürzt gewesen waren, hatten die Apostel jetzt auch wieder weit und lang angelegt.

Einsetzung des heiligen Sakramentes

Auf Befehl des Herrn hatte der Speisemeister den Tisch wieder zugerüstet und ihn etwas erhöht; er ward mit einem Teppich, worüber eine rote und dann eine durchbrochene weiße Decke lag, bedeckt wieder in die Mitte geschoben. Dann stellte der Speisemeister einen Wasserkrug und einen Weinkrug unter den Tisch.

Petrus und Johannes holten nun aus dem abgetrennten Raum des Saals, wo der Osterlammherd war, den Kelch, den sie aus der Wohnung der Seraphia dahin gebracht hatten. Sie trugen ihn in seinem Behälter zwischen sich auf den Händen, und es war anzusehen, als trügen sie einen Tabernakel. Sie setzten diesen Behälter vor Jesum auf den Tisch. Es stand dabei ein länglich runder Teller mit drei dünnen, weißlichen Osterbroten, die mit regelmäßigen Furchen gerippt waren; in der Breite waren etwa drei solche Bissen, und der Kuchen war etwa noch einmal so lang als breit; die Brote waren bedeckt, und er hatte sie schon bei der Ostermahlzeit zum Bruche vorgeritzt und eine Hälfte des dort gebrochenen Brotes dazu unter die Decke gelegt. Es standen auch ein Wein- und Wassergefäß da und drei Büchsen, eine mit flüssigem Öl, eine leer und ein Spatel.

Das Brotbrechen und Austeilen und das Trinken aus einem gemeinsamem Kelch am Schluß des Mahles war aber schon seit alten Zeiten als ein Zeichen der Verbrüderung und Liebe bei Willkommen und Abschied gebräuchlich. Ich meine, es muß auch in der Schrift davon vorkommen. Jesus aber erhob es heute zum allerheiligsten Sakrament. Es war bis jetzt eine vorbildliche Handlung gewesen. Durch des Judas Verrat kam unter den Beschuldigungen bei Kaiphas auch dieses vor: er habe zu den Passahgebräuchen etwas zugesetzt, das neu sei. Nikodemus bewies aber aus Schriftrollen, daß diese Sitte des Abschiedes eine alte sei.

Jesu Stelle war zwischen Petrus und Johannes; die Türen waren geschlossen, alles sehr geheim und feierlich. Als nun die Hülle von dem Kelch abgenommen und in den abgeteilten Raum des Saales zurückgetragen wurde, betete Jesus und sprach sehr feierlich. Ich sah, daß Jesus ihnen das Abendmahl und die ganze Handlung auslegte; ich sah es, als ob ein Priester den andern die heilige Messe lehre.

Er zog hierauf aus der Platte, worauf die Gefäße standen, einen Schieber heraus, nahm ein weißes Tuch, das über dem Kelche hing, herab und breitete es über die ausgezogene Fläche. Ich sah ihn dann eine runde Platte von dem Kelch herabnehmen und auf die bedeckte Fläche stellen; dann nahm er die auf dem nebenstehenden Teller liegenden Brote unter ihrer Verhüllung hervor und legte sie auf die Platte vor sich hin; die viereckig-länglichen Brote ragten an beiden Seiten über die Platte, deren Rand in der Breite jedoch hervorsah. Hierauf stellte er den Kelch sich etwas näher und setzte einen kleineren Becher, der in ihm stand, heraus und die sechs kleinen Becher, welche den Kelch umgaben, rechts und links zur Seite. Dann segnete er das Osterbrot und, ich meine, auch die nahestehenden Öle und hob nun die Platte mit den Osterbroten mit beiden Händen empor, schaute gen Himmel, betete, opferte, setzte die Platte nieder und deckte sie zu. Hierauf nahm er den Kelch, ließ sich von Petrus Wein und von Johannes Wasser, das er segnete, hineingießen und schöpfte mit dem kleinen Löffel noch ein wenig Wasser hinein. Nun segnete er den Kelch und hob auch ihn betend und opfernd empor und setzte ihn nieder.
Er ließ sich von Petrus und Johannes Wasser über den Teller, worauf die Osterbrote gelegen hatten, auf die Hände gießen, und mit dem Löffel, den er aus dem Fuß des Kelches genommen, schöpfte er von dem Wasser, das über seine Hände gelaufen, auf ihre Hände; dann wurde diese Schale herumgereicht, und sie wuschen alle die Hände darin. Ich weiß nicht, ob alles dies genau so folgte, aber dieses alles und anderes, was mich sehr an die heilige Messe erinnerte, sah ich mit großer Rührung. Er wurde unter diesen Handlungen immer inniger und inniger und sagte: er wolle ihnen nun alles geben, was er habe, sich selbst; da war es, als gösse er sich ganz aus in Liebe, und ich sah ihn ganz durchsichtig werden; er war wie ein leuchtender Schatten.

Er brach aber in dieser Innigkeit betend das Brot in die vorgeritzten Bissen und legte sie turmförmig auf die Platte; von dem ersten Bissen brach er mit den Fingerspitzen ein wenig und ließ es in den Kelch fallen.

In demselben Augenblick, da er dieses tat, hatte ich ein Bild, als empfange die Heilige Jungfrau das Sakrament geistlicher Weise, obschon sie hier nicht anwesend war 2). Ich weiß jetzt nicht, wie ich dieses sah, aber es war mir, als sehe ich sie vom Eingang zur offenen Seite des Tisches heranschweben und dem Herrn gegenüber das Sakrament empfangen; dann sah ich sie nicht mehr. Er hatte ihr am Morgen in Bethanien gesagt, er wolle sein Passah geistlicher Weise mit ihr feiern und hatte ihr die Stunde bestimmt, wo sie, im Gebete abgesondert, es im Geiste empfing.

Er betete und lehrte noch; alle seine Worte gingen wie Feuer und Licht aus seinem Munde in die Apostel ein, außer in Judas. Nun aber nahm er die Platte mit den Bissen, von der ich nicht mehr bestimmt weiß, ob er sie auf den Kelch gestellt hatte, und sprach: "Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird." Dabei bewegte er seine Rechte wie segnend darüber; und als er dieses tat, ging ein Glanz von ihm aus, seine Worte waren leuchtend und ebenso das Brot, das wie ein Lichtkörper in den Mund der Apostel stürzte; es war, als fließe er selbst in sie hinein; ich sah alle wie von Licht durchdrungen, nur Judas sah ich finster. Zuerst reichte er es Petrus, dann dem Johannes 3); nun winkte er dem Judas, der ihm schräg gegenüber saß, zu nahen; er war der dritte, welchem er das heilige Sakrament reichte. Aber es war, als wiche sein Wort von dem Munde des Verräters zurück. Ich war so entsetzt, daß ich nicht mehr genau sagen kann, was ich dabei empfand. Jesus aber sagte zu ihm:

"Was du tun willst, das tue bald." Jesus fuhr fort, den noch übrigen Aposteln das heilige Sakrament zu reichen; sie nahten paarweise, und einer hielt dem andern eine kleine steife gesäumte Decke unter, die über dem Kelch gelegen hatte.

Jesus aber hob den Kelch bei den beiden Ringen gegen sein Angesicht empor und sprach die Worte der Einsetzung hinein. Er war in dieser Handlung ganz verklärt und wie durchsichtig; er war in das übergehend, was er gab. Er ließ Petrus und Johannes aus dem Kelche, den er in Händen hielt, trinken und setzte ihn nieder, und Johannes schöpfte mit dem kleinen Löffel von dem heiligen Blute aus dem Kelche in die kleinen Becher, die Petrus den Aposteln hinreichte, welche paarweise aus einem Becher tranken. Auch Judas hat, aber ich entsinne mich dessen doch nicht ganz gewiß, noch den Kelch genossen; er ging aber nicht an seinen Ort zurück, sondern verließ gleich das Coenaculum. Die andern, weil Jesus ihm gewinkt hatte, meinten, er habe ihm ein Geschäft aufgetragen; er ging weg ohne Gebet und ohne die Danksagung; da kannst du sehen, wie übel es bestellt ist, wenn man ohne Dankgebet vom täglichen und vom ewigen Brot hinweggeht. Ich hatte während des ganzen Mahles bei Judas Füßen die Gestalt eines kleinen roten Ungeheuers sitzen sehen, das ihm manchmal bis zum Herzen hinaufkam; sein einer Fuß war wie ein kahler Knochen. Als Judas vor der Türe war, sah ich drei Teufel um ihn; einer fuhr ihm in den Mund, einer trieb ihn, einer lief vor ihm her. Es war Nacht; es war, als leuchteten sie ihm; er lief wie ein Rasender.
Einen Rest des heiligen Blutes, der in dem Kelche übrig war, goß der Herr in den kleinen Becher, der in dem Kelche gestanden; dann hielt er die Finger über den Kelch und ließ sich von Petrus und Johannes Wasser und Wein darüber gießen. Diese Nachspülung ließ er die beiden wieder aus dem Kelche trinken und den Rest, abermals in die Becher geschöpft, an die übrigen Apostel gelangen. Hierauf trocknete der Herr den Kelch aus, setzte den Becher mit dem Reste des heiligen Blutes hinein, stellte die Platte mit dem übrigen konsekrierten Osterbrote darauf und den Deckel darüber und deckte das Tuch wieder über den Kelch, den er auf seine Unterlage zwischen die kleinen Becher zurückstellte. Ich habe nach der Auferstehung die Apostel von dem übrigen des heiligen Sakramentes genießen sehen.




 
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