54. Jahrgang Nr. 6 / September 2024
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1. Katholiken in den Vereinigten Staaten von Amerika
1. USA
2. Ukraine: Gesetzesentwurf
3. Tradition versus Postmoderne
4. Die schockierende Wahrheit
5. Gaza – des Dramas letzter Akt: töten oder vertreiben
6. Einseitige Schuldzuweisungen
7. Zwei fromme Frauen von großer poetischer Kraft
8. Buchbesprechung
9. Naturaufnahmen als Titelbilder in der EINSICHT ?
10. Mitteilungen der Redaktion
11. Nachrichten, Nachrichten, Nachrichten...
Christ sein heute?
 
Christ sein heute?
Was ich erlebte bzw. immer noch erlebe

Ich - Jahrgang 1969 - bin mit der neuen Messe groß geworden. Durch Gottes Gnade habe ich den überlieferten katholischen Glauben mit 37 Jahren wieder gefunden und erfahren. Vorher habe ich mir wenig Gedanken darüber gemacht. Im Elternhaus wurde wenig über religiöse Themen gesprochen. Man ging In die Kirche, aber nicht jeden Sonntag.  Meine Mutter hat mit uns als kleine Kinder vorm Schlafen gehen gebetet.

Als ich ca. 12 Jahre alt war, sagte der Pfarrer vor Ostern in der sog. Bußandacht, daß wir  keine großen Sünden begangen hätten, weswegen wir nicht zur Beichte gehen müßten. Ein oder zweimal ist der Pfarrer nicht zur Sonntagsmesse gekommen. Da hat der Lektor gesagt: „Der Pfarrer ist nicht da, beten wir halt einen Wortgottesdienst.“ Es wurde gemunkelt, dass der Pfarrer auf der Jagd war. Ein Verwandter von uns hat einmal mit besagtem Pfarrer Schafkopfen (Bayerisches Kartenspiel –mit kleinen Geldeinsätzen) gespielt. Das Geld dafür hat er aus dem Klingelbeutel genommen.

In jungen Jahren habe ich gemerkt, dass wir im Religionsunterricht wenig Brauchbares gelernt haben. Ich wusste nicht, dass es einen Katechismus gibt, dass es ein Fegfeuer gibt. Die erste Frage im Katechismus lautet: Wozu sind wir auf Erden? Diese Frage habe ich auch nicht beantworten können.  Der Religionsunterricht bestand aus dem Vorlesen biblischer Geschichten, dem Ausmalen von Vorlagen und sonstigen Beschäftigungen, viel hängen geblieben ist nicht.

Mit 31 Jahren habe ich geheiratet. Über die Jahre haben wir drei Kinder bekommen. Ich wusste nichts von einem Vatikanischen Konzil, von den Traditionalisten, der alten Messe! Noch nie hatte ich davon etwas gehört. Ich war auch nicht empfänglich dafür gewesen Für den Glauben gab es nie die richtige Zeit oder besser gesagt: ich dachte, mein Verhalten ist in Ordnung, das passt so, wie es die meisten Gläubigen heute wahrscheinlich auch sehen.

Man ist mit weltlichen Dingen beschäftigt, geht vielleicht noch in die Kirche. Feiert  die religiösen Feste und das genügt. Mit meinem Bruder habe ich mal geredet, dass in unserer Familie nicht viel über den Glauben gesprochen wurde. Er sagte mir, er habe das Glaubensgespräch auch nicht vermisst. Es passt so. Man kümmert sich um seinen Beruf, die Hobbys und so nebenbei auch um die Kirche, so daß man kein schlechtes Gefühl hat, aber tiefer eintauchen – nein.

Nach meiner „Bekehrung“ habe ich mit einem ziemlich gleichaltrigen Freund gesprochen. Dieser geht jeden Sonntag in die Kirche. Auch seine verstorbenen  Eltern haben jeden Sonntag den Gottesdienst besucht. Sie waren das, was man eine  gläubige Familie nennt. Ich fragte ihn, was er glaubt, was nach dem Tode ist: „Ich weiß es nicht, wird schon was sein“. Ich dachte der wüsste es!

W i r  h a b e n  n i c h t s  m e h r   g e l e r n t !!!

Und so geht’s uns  nachkonziliar geborenen Christen! Wahrscheinlich ergeht es so allen. Auf dem Land geht man ab und an noch in die Kirche, das wird aber auch immer weniger. Da geht’s dann auch darum, dass man seine Freunde trifft und sich austauscht. Den Glauben an Gott möchte ich denen nicht absprechen, wie der auch immer aussieht.
Mit der Einhaltung der Gebote nimmt man es auch nicht so genau. Zum Beispiel  sechstes Gebot: Scheidung. Sagte mir eine Arbeitskollegin: „Glaubst du, dass der liebe Gott will, dass es mir schlecht geht mit meinem Partner, der will das gewiss nicht.“ Wenn man darauf antwortet und die Position der Kirche darlegt (oder es versucht), erhalte ich die Antwort: „Ach so ein Unsinn, das war früher.“ Ich wollte einer anderen Arbeitskollegin aufgrund eines Gespräches eine entsprechende Lektüre mit geben. Ich habe sie wieder bekommen mit der Antwort: „Das ist mir zu religiös“.  

Die Leute wissen nicht mehr viel von den katholischen Wahrheiten und wollen sie auch nicht kennen lernen, weil sie so bequemer leben.  Sonntags muss man nicht mehr in die Kirche. Beten braucht man nicht mehr, das sechste Gebot muß man auch nicht beachten: „Ich muss doch meinen Partner kennen lernen, ich will doch die Katze nicht  im Sack kaufen“. usw usw.  Sünden gibt es sowieso nicht mehr. Die anderen Religionen sind auch gut. Wir haben unseren Gott, die anderen haben halt Allah.  Sie interessieren sich nicht für den Glauben und sind mit weltlichen Lustbarkeiten und Unsinn beschäftigt. Was kann ich in meinem Leben mitnehmen: Reisen, schöne Erinnerungen, ich will, dass es mir gut geht.

Viele wollen auch nichts Negatives hören, sie wollen alles verdrängen, besonders die bizarre  Weltpolitik, Sie argumentieren: Ich kanns eh nicht ändern, ich will es nicht wissen. Ich will das Leben genießen. Der Pfarrer Weiß sprach einmal: “Kaputt genießen“.

Denen geht’s gut. Die haben kein Bedürfnis, in die Kirche zu gehen.  Man kommt an diese Leute auch nicht mehr heran. Die „Ungläubigen“ sagen gleich,  „das ist Opium fürs Volk.“  Oder sie kommen mit dem Mißbrauch in der Kirche oder mit den Kreuzzügen oder sonstigen Ereignissen, bei denen die Kirche Ihrer Meinung nach versagt hat. Und die Rechtfertigung: „Ich bin doch ein guter Mensch, ich tue keinen was, ich betrüge nicht, ich gehe regelmäßig in die Kirche“. Man kommt an diese Leute nicht mehr heran. Man hat sich bequem eingerichtet. Die einen haben schon seit Jahrzehnten nichts mehr geglaubt,
und die sog. Gläubigen, die modernen Kirchgänger haben einen Wohlfühlglauben. Im Prinzip gelten die Gebote ja nicht mehr.

Und dann gibt es noch diejenigen, die der Priesterbruderschaft Pius X. hinterherlaufen und denen ihren Gehorsam schuldig sind. Ja, der Papst macht nicht alles richtig, aber er ist doch unser Papst. Da kann der Papst noch so viele Götzen anbeten und Häresien verzapfen, sie kapieren es nicht, sie wollen es nicht kapieren , obwohl sie oft durchaus gebildet sind und sich im Katechismus auskennen.

Meine Mutter, die nähere Verwandtschaft, zum Teil die Nachbarn (weiß ich nicht so genau – mich hat nur einmal einer auf den Glauben angesprochen) wissen, das ich „anders denke“ und teilweise wissen sie auch, daß ich in die lateinische Messe gehe.
Aber darüber wird nicht gesprochen. Meine Ehefrau will gar nichts wissen davon, ich bin bei einer  Sekte. Man kann mit Ihr nicht über den  Glauben sprechen. Dementsprechend schwer ist es, den Kindern den Glauben zu vermitteln, bzw. sie zum Kirchgang und zu den Sakramenten einzuladen.

Neulich war Sterberosenkranz (Anm.d.Red.: in Bayern ist es Usus, daß man sich zum Rosenkranzgebet trifft, wenn ein Verwandter oder jemand aus dem Bekanntenkreis gestorben ist) unserer kleinen Kapelle. Es sitzen dabei üblicherweise alle. Vor mir auf der Bank war niemand gesessen, also kniete ich mich (als einziger) nieder. Ansonsten stehe ich lieber, als ich sitze. Ein paar Tage später bin ich krank geworden. Das wurde von meiner Schwägerin so kommentiert: „ Hast du zu viel gekniet“. Die Tochter von der gleichen Schwägerin hatte bald darauf die sog. Erstkommunion. Wir wurden eingeladen, aber mit dem Zusatz auf der Einladungskarte: „Es gibt nur was zum Essen, wenn man in die Kirche geht“. Meiner Nichte schenkte ich eine Bibel. Ich überlegte, was ich auf die Karte schreibe. „Alles Gute zur Erstkommunion“ wollte und habe ich nicht geschrieben. Bleibt halt nur der Wunsch: „ Viel Freude mit der Bibel“.

Die Menschen wissen zu wenig, lesen zu wenig, informieren sich zu wenig, und das ist bei den Meisten so, in vielen Bereichen. Viele  haben nur ein oberflächliches Wissen. Die Leute beschäftigen sich nicht  mit den wichtigen Dingen. Wie soll ich vernünftig rechnen können wenn ich immer im Mathematikunterricht fehle. Ein Moderator von Auf TV sagte einmal: „Die Masse der Leute ist blind und primitiv und das schon seit tausenden Jahren.“

Es sind nur noch wenige, mit denen man vernünftig über Religion reden kann. Die Leute sind schwer zu erreichen. Wie soll man  jemand Nahrung geben, der schon satt ist.  Und die die noch geistig hungern werden, wenden sich eher irgendwelchen Sekten zu. Wahrscheinlich sind sogar dort besser aufgehoben, als in der sog. kath. Amtskirche.

Letztendlich kommt es meiner Meinung daher, dass die Leute nichts mehr wissen, und es sie auch nicht interessiert. (Es lebt sich ja auch so  ganz gut ohne diese lästigen Gebote.), Die  Masse der Leute denkt genauso. Der Mensch ist ein Herdentier. Die Kirche, bzw. der Pfarrer sagt auch nichts mehr. Von den Verstorbenen wird  jeder sofort in den Himmel gehoben. Passt doch so. Alles ist gut!

Welche Lösung kann ich Ihnen, verehrte Leser, mit auf den Weg geben? Uns bleibt nur, ein gutes Vorbild zu geben, das Gebet, das Opfer, das  Vertrauen auf Gott, und wo es in Einzelfällen möglich ist: die Unwissenden zu belehren.  

Michael Graber

 
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