KAISER HEINRICH II., DER HEILIGE
Zum Fest am 15. Juli
von
Heinrich Storm, München
Heinrich wurde am 6.Mai 973 als Sohn des Bayernherzogs Heinrich mit dem
Beinamen "der Zänker" und seiner Gemahlin Gisela, wahrscheinlich in der
Nähe von Regensburg, geboren. Zunächst auf der Domschule zu Hildesheim
und später in Regensburg beim hl.Bischof Wolfgang erhält er eine
Ausbildung, die weit über dem Durchschnitt der damaligen Zeit steht.
Besonders vertraut ist er mit der Heiligen Schrift und den
Institutionen der Kirche, so daß es ganz den Anschein hat, als sei er
zunächst für den geistlichen Beruf bestimmt gewesen. Durch den
hl.Wolfgang kommt er wohl zum ersten Mal mit jenem Geist der
kirchlichen Erneuerung in Berührung, der sein ganzes späteres Wirken so
stark geprägt hat.
Im Jahre 995 übernimmt er nach dem Tode seines Vaters als Heinrich IV.
die Herrschaft des Herzogtums Bayern. Die Jahre seines Herzogtums sind
gekennzeichnet durch unbedingte Treue (im Gegensatz zu seinem Vater!)
gegenüber seinem Herrn, Kaiser Otto III. und durch eine rege
Aufbautätigkeit in dem noch durch die Ungarneinfälle geschädigten Land,
die insbesondere den Klöstern zugute kommt. Schon um das Jahr 1000 wird
der junge Herzog von einem Tegernseer Mönch als "salus nostrae gentis"
(Heil unseres Stammes) gepriesen.
Nach dem Tode Kaiser Ottos III. im Jahre 1002 setzt er sich mit Umsicht
und Tatkraft gegen seine Rivalen als König durch und wird am 6.Juni
dieses Jahres in Mainz von Erzbischof Willigis gekrönt. Lange durch die
Sorge um die innere Festigung Deutschlands gehindert, kann er erst im
Jahre 1014 nach Rom ziehen, um sich dort von Benedikt VIII. zum
römischen Kaiser krönen zu lassen. Am 14.Februar 1014 antwortet er vor
den Toren von St.Peter auf die Fragen des Papstes "si fidelis vellet
Romanae patronus esse et defensor ecclesiae, sibi autem suisque
successoribus per omnia fidelis" (...ob er ein treuer Schützer der
römischen Kirche und ihm und seinen Nachfolgern in allem treu sein
wolle) bejahend und empfängt daraufhin in der Peterskirche die
feierliche Salbung und Krönung.
Noch 10 weitere Jahre regiert Heinrich II. als Kaiser des Heiligen
Römischen Reiches, am 13. Juli 1024 stirbt er in der Pfalz Grona bei
Göttingen.
Die Regierungszeit Heinrichs II. ist nicht wie die seines Vorgängers
durch ehrgeizige und weitreichende Pläne gekennzeichnet. Heinrich sah
es zunächst als seine Aufgabe an, das Reich, das durch die überspannten
Vorhaben Ottos III. in seinem inneren und äußeren Bestand gefährdet
war, nach innen durch die Stärkung der königlichen Macht zu festigen
und seine Grenzen nach außen zu verteidigen. Das Ziel der inneren
Festigung erreichte er zum einen durch eine Dämpfung der Macht der
Fürsten, zum anderen durch die Besetzung aller zu seiner Regierungszeit
vakant werdenden Bischofssitze durch ebenso fähige wie fromme Männer,
deren Ergebenheit er sicher sein konnte. Über 40 Bischöfe und Äbte
ernannte er während seiner Regierung, und es spricht für seine
Menschenkenntnis und Weitsicht, daß keiner dieser Männer ihn je
entscheidend enttäuscht hat. Die Sicherung der Ostgrenze des Reiches
erstrebte er in den langjährigen und mühseligen Kriegen gegen den
ehrgeizigen Polenherzog Boleslav, und wenn ihm hier auch kein
entscheidender Erfolg beschieden war, so hat er doch den alten Bestand
im wesentlichen behaupten können. Doch alles das macht nicht den Kern
des Wirkens Heinrichs aus. "Über diesen Zeitabschnitt aber, in dem Gott
unsere Kirche wieder in Gnaden angesehen und sie von ihrer Schmach zu
befreien gewürdigt hat, beginn ich jetzt mit freudigerem Sinn und in
ausführlicher Darstellung zu schreiben und die Frömmigkeit Herzog
Heinrichs, des nach der Fügung des Höchsten zum König Erwählten, zu
enthüllen." Mit diesen Worten beginnt der Chronist Thietmar, der von
Heinrich eingesetzte Bischof von Merseburg, seinen Bericht über die
Regierungszeit Heinrichs II., in dem er gleich das Zentrum dieser
Tätigkeit, nämlich die Erneuerung der Kirche, erwähnt.
Zu Beginn der Regierung Heinrichs waren sowohl die Verwaltung der
Bistdmer als auch und vor allem das Leben in den Klöstern in
erschreckendem Maße verwelilicht. Heinrich setzte nun alles daran, daß
die Bistümer von fähigen Männern verwaltet wurden (s.o.), wobei er
besonders darauf achtete, daß reiche Männer in arme Diazesen kamen und
umgekehrt, um auf diese Weise das Privateigentum der Bischöfe den
kirchlichen Interessen nutzbar zu machen und einen gerechten Ausgleich
unter den Bistümern zu schaffen. Zu seinen herausragenasten Taten
gehört die Gründung von zwei Bistümern, wobei Merseburg erneuert wurde,
Bamberg aber eine völlige Neugründung darstellte.
Wie sehr ihm vor allem das letztere am Herzen lag, geht aus den Worten
hervor, mit denen er im November 1007 die auf der Synode zu Frankfurt
versammelten Bischöfe für seinen Plan gewann: "Um der einstigen
Wiedervergeltung willen habe ich Christus zu meinem Erben erwählt, weil
mir keine Hoffnung bleibt, Nachkommenschaft zu erlangen, und ich habe
schon längst das vorzüglichste, was ich hatte, mich selbst samt allem,
was ich erworben habe und noch erwerben werde, dem Vater von Ewigkeit
her zum Opfer dargebracht. Mit Einwilligung meines Bischofs habe ich
bisher immer dahin gestrebt, ein Bistum zu Bavanberge (-Bamberg) zu
gründen, und heute will ich diesen Plan ausführen."
Neben der reichen Ausstattung Bambergs galt des Kaisers Zuneigung vor
allem auch den Klöstern. Mit verschiedenen hervorragendenden Äbten
seiner Zeit, vor allem mit dem später heiliggesprochenen Odilo von
Cluny, dem Haupt der klösterlichen Erneuerung des 11.Jahrhunderts, war
Heinrich befreundet. Er setzte es mit großer Strenge durch, daß in den
Klöstern die Regel des hl.Benedikt wieder eingehalten wurde, achtete
aber daneben auch auf deren ausreichende wirtschaftliche Absicherung,
wobei seine persönliche Freigebigkeit von den Zeitgenossen
hervorgehoben wird.
Alle diese Maßnahmen galten einer inneren Stärkung der Kirche und ihrer
erneuten Durchdringung mit echtem christlichen Geist. Dem selben Ziel
diente auch sein Einsatz auf der bedeutenden Synode von Pavia im Sommer
1022, die mit Nachdruck für die Ehelosigkeit auch des Weltklerus
eintrat.
So hat sich das Wirken Heinrichs segenereich auf die Kirche ausgewirkt,
und es ist bezeichnend, daß bald nach seinem Tode in Cluny in den
Fürbitten für die Verstorbenen besonders innig das Gedächtnis "cari
nostri imperatoris Heinrici" (unseres lieben Kaisers Heinrich) gehalten
wurde. Heinrichs Charakter ist geprägt von einem tiefen
Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Amt und von seiner Demut vor
Gott. "Alles, was wir entweder besitzen oder zu besitzen scheinen,
haben wir von dem empfangen, der uns mächtig aus nichts gemacht, der
uns barmberzig bis zu dem, was wir jetzt sind, geführt hat: er ist der
Geber, er der Nährer, er unser Förderer."heißt es in einer Bamberger
Urkunde aus dem Jahre 1024.
Für die Durchsetzung von ihm als gut erkannter Aufgaben scheute er auch
die eigene Erniedrigung nicht: Als die Gründung Bambergs an dem
Widerstand des Würzburger Bischofs zu scheitern droht, wirft er sich
dem in Frankfurt versammelten Episkopat zu Füßen und überzeugt ihn
durch diese demütige Geste.
Die Geschicke des Reichs empfand er als seine eigenen: "Der König, der
das Vorgefallene durch's Gerücht vernahm (einen Überfall Boleslavs -
Anm.d.Verf.), ertrug alles mit ehrenswertem Ernst und geduldigem Gemüt,
indem er jegliches Mißgeschick, das sich zu seiner Zeit im Reich
ereignete seinen eigenen Sünden zuschrieb", berichtet wiederum Thietmar.
Heinrichs Ehe mit der hl. Kunigunde, die kinderlos blieb, war in jeder
Beziehung vorbildlich. In einer Urkunde spricht Heinrich von seiner
Gattin als "unsere geliebte Hausfrau und Kaiserin, mit der wir ein Leib
und eine Seele sind."
Seinen Freunden, zu denen die hervorragendsten Männer dieser Zeit, wie
etwa die Heiligen Odilo von Cluny und Godehard von Hildesheim, gehören,
war er in aufrichtiger Treue verbunden, und seine Strenge gegen sich
selbst und andere hat manche Historiker veranlaßt, ihn einen "Mönch auf
dem Kaiserthron" zu nennen.
Heinrich hat woh geahnt, daß sein Werk nicht die Zeiten überdauern
würde, wenn er in einer seiner letzten Urkunden die ebenso
prophetischen wie düsteren Worte von einer Zeit, "wo die
Ungerechtigkeit überhandnimmt und die Liebe erkaltet", einfügt.
Schon bald nach dem Tode des Kaisers, dessen Leichnam auf seinen Wunsch
nach Bamberg überführt wurde, wo er zusammen mit dem Kunigundes auch
heute noch ruht, setzte seine Verehrung im Volke, besonders in den
Bistümern Bamberg und Basel ein. Am 14. März 1146 wurde Kaiser Heinrich
II. von Papst Eugen III. heiliggesprochen. Unter den Gründen für die
Kanonisierung erwähnt dieser Papst vor allem, "daß er, der doch Diadem
und Zepter des Kaiserreiches trug, nicht kaiserlich, sondern geistlich
gelebt hat." Seitdem hat die Verehrung des einzigen heiliggesprochenen
deutschen Herrschers bis in die heutige Zeit hinein nicht aufgehört."O
Gott" Du hast am heutigen Tage Deinen heiligen Bekenner Heinrich von
der Höhe der irdischen Kaiserwürde in das himmlische Reich versetzt;
wir flehen in Demut zu Dir: wie Du ihn durch die Überfülle Deiner
zuvorkommenden Gnade die Reize der Welt überwinden ließest, so laß auch
uns in seiner Nachfolge die Lockungen dieser Welt meiden und reinen
Herzens zu Dir gelangen." (Oratio vom 15.Juli aus dem Proprium de
Sanctis)
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