Hypostatische Union II
Auffallend in diesem Glaubensbekenntnis ist der Zusatz, dass das Reich des auferstan-denen und erhöhten Jesus Christus „ kein Ende haben“ werde, was eine eindeutige Ab-sage an die Lehre des Markell von Ankyra ist, der früher als glühender Verteidiger des Nizänums galt. Sonst griffen die Konzilsväter auf das Nizänum zurück und auf den Glauben, der als „sehr alt und dem Taufbefehl entsprechend“ ist. Dass die Bischöfe das Nizänum als verbindliches Dokument anerkannten, beweist auch der Kanon I, den das Konzil verabschiedete. Dort heißt es: „Der Glaube der 318 Väter, die in Nizäa in Bithy-nien versammelt waren, soll nicht abgeschafft werden, sondern in Geltung bleiben. Und es wird jede Häresie verdammt, speziell die der Eunomianer oder Anhomöer, die der Arianer oder Eudoxianer, die der Semiarianer oder Pneumatomachen, die der Sabellia-ner, Markellianer, Photinianer und Apollinaristen“. Der Westen bekannte sich bereits unter Valentinian I (364-375) und seinen Nachfolgern, dem Bruderpaar, Gratian (375-383) und Valentinian II (375-392), geschlossen zum Nizänum. Als Reaktion auf das östliche Konzil von Konstatinopel versammelten sich die westli-chen Kirchen im Spätsommer des Jahres zu einer Synode in Aquileia, um gegen die letz-ten homöischen Bischöfe des Westens vorzugehen. Eine führende Rolle spielte dabei Ambrosius von Mailand, der geistige Vater von Augustinus. Ambrosius selbst wurde im Jahre 374 als Nachfolger eines Homöers gewählt.
Auf die Initiative des Westens versammelten sich die Ostbischöfe 382 wieder in Kon-stantinopel, um die gegenseitige Übereinstimmung in der Trinitätstheologie zu bestäti-gen. Dieses Synodalschreiben, erhalten bei Theodoret, war an die Amtskollegen des Westens gerichtet, und es beruft sich auf den „sehr alten“ Glauben von Nizäa und den Taufbefehl. Das Synodalschreiben bekennt sich zum Glauben an „eine Gottheit, Macht und ein Wesen (ousia) des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, die an Ehre glei-che (homotimos) Würde und gleich-ewige Herrschaft in drei vollkommenen Hypostasen bzw. drei vollkommenen Personen, so dass sich weder die Krankheit des Sabellius aus-breiten könne, wonach die Hypostasen vermischt und deren Eigentümlichkeiten aufge-hoben werden, noch die Blasphemie der Eunomianer (d.h. Neo-Arianer), der Arianer (d.h. Homöer) und Pneumatomachen Kraft gewinnen könne...“
Damit ist man zum gemeinsamen Glauben durchgedrungen. Es ist das Ergebnis des mü-hevollen Ringens um das christliche Gottesbild: Ein göttliches Wesen in drei real ver-schiedenen Hypostasen (Personen). Eigentlich ist es auch einfach aus der Erfahrungs-welt zu verstehen: Menschen haben ein gemeinsames menschliches Wesen, wodurch sie Menschen sind, aber sie sind als Personen real voneinander verschieden.
Kritiker und Gegner des Christentums stellen zu Recht die Frage: Wie ist es möglich, dass die Tiefendimension dieser göttlichen Wahrheit des trinitarischen Glaubens in ei-nem Durcheinander von politischen Machtspielen, polemischen Entstellungen und per-sönlichen Anfeindungen zustande kam? Man kann das aber auch anders sehen. Gottes Wege sind nicht die Wege, die die menschlichen Füße betreten, aber es sind dieselben Füsse, die er wäscht. Was wir Menschen alles auf der Erde machen, ist gruselig. Mit dem freien Willen gestalten wir unsere Geschichte auf krummen Pfaden und Irrwegen. Er aber zieht eine gerade Linie durch all das, um seinen Plan zu vollenden. Wir bitten Ihn um die Einsicht in sein Vorhaben und beten zu Ihm für diese Erkenntnis.
Benutzte Literatur: Dinsen, Frauke: Homoousios, Inaugural-Dissertation, Kiel 1976 Drecoll, Volker Henning: Die Entwicklung der Trinitätslehre des Basilius von Cäsarea. Sein Weg vom Ho-möousianer zum Neonizäner, Göttingen 1996 Dünzel, Franz: Kleine Geschichte des trinitarischrn Dogmas in der alten Kirche, Herder, Freiburg i B, 2006 Farandos, Georgios: Kosmos und Logos nach Philon von Alexandrien, Editions Radopi Amsterdam 1976 Hägler, Rudolf-Peter: Platons „Parmenides“. Probleme der Interpretation, Walter de Gruyter, Berlin-New-York 1983 Ziebritzki, Henning: Heiliger Geist und Weltseele. Das Problem der dritten Hypostase bei Origenes, Plotin und ihren Vorläufern, Tübingen 19c |