Auf dem langsamen Marsch in die Apostasie
von Eberhard Heller
Zur Zeit arbeite ich an den Vorbereitungen für das Anlegen eines EINSICHT-Archives, in dem ich Dokumente und Briefe für die Öffentlichkeit zugänglich machen will, weil sich darin der religions-historische Kampf für die Reinerhaltung des christlichen Glaubens widerspiegelt. Was auffallend bei diesen Vorbereitungen ist: die ungeheure geistige Energie, die die Betroffenen in die Aufarbeitung der konziliaren Beschlüsse investierten – sowohl Befürworter als auch Gegner der sog. Reformen – und die in den vielen Kor-respondenzen offenbar wird.
Wenn ich diese Zeiten, d.h. in den Jahren ab 1966 bis ca. 1995, mit dem heutigen Interesse an religiös-kirchlichen Vorgängen vergleiche, komme ich sehr schnell zu dem Resultat: Wir sind in eine religionslose Zeit übergetreten, ja geradezu hineingestolpert, die kei-nerlei oder fast keinerlei Interesse an theologischen Sachverhalten mehr zeigt oder Fra-gen stellt, die auf die Findung der Wahrheit des christlichen Glaubens ausgehen. Wir leben zweifelsohne in der Zeit des vorhergesagten großen Abfalls, wie ihn der hl. Paulus im zweiten Thessalonicher Brief erwähnt (2 Thess. 2,3). Er zeigt sich nicht in besonders propagierten atheistischen Exzessen, sondern ereignet sich so nebenbei. Die Frage, ob Christus Gottes Sohn ist, beantworteten vor etlichen Jahren 67 % der protestantischen Religionsdiener in Deutschland mit „Nein“, neuerdings 51 % der Katholiken. Die Zahl der Ablehnung bei sog. Amtsträgern wird inzwischen exponentiell gestiegen sein. Von Bergolio/Franziskus habe ich inzwischen von verschiedenen Seiten gehört, er habe im engeren Bekanntenkreis verlauten lassen, er würde auch nicht an die Gottessohnschaft Christi glauben. Auch wenn ich für diese Behauptung keinen juristischen Beweis liefern kann, so kommt mir dieses Gerücht über seine Einstellung zu Christus von jemandem, der behauptet und mit seiner Unterschrift bekräftigt, die „Vielzahl der Religionen ent-springe der Weisheit Gottes“ (Dokument vom 4. Februar 2020 in Abu Dhabi mit dem Großimam von Al-Azhar, Al-Tayyeb) recht plausibel vor. Aber was bedeutet diese Negie-rung Christi als Sohn Gottes? Das ist Apostasie, Abfall vom zentralen Glaubenssatz, wo-nach sich das „Wort“ inkarniert hat und Mensch geworden ist. Auf diesem zentralen Dogma basiert das Christentum. Nicht einmal die Gott-Ähnlichkeit, die ihm Arius noch zubilligte, bleibt erhalten. (N. b. der hl. Andreas von Kreta und Johannes vom Studiten-kloster berichteten, der hl. Nikolaus habe am Konzil von Nicäa teilgenommen und dort seinen Widersacher Arius geohrfeigt, weswegen er zunächst verhaftet, aber gegen Ende des Konzils wieder rehabilitiert wurde - Wikipedia.)
Und wie gestaltet sich dieser Abfall in unserer Umgebung, vielleicht im „katholischen“ Bayern? Lautlos, ohne dramatische Akzentsetzung, einfach so. Die Frage nach der Got-tessohnschaft wird gar nicht mehr gestellt. Sie ist untergegangen oder vergessen wor-den in der Verköstigung jenes theologischen Eintopfs aus christlichen Attitüden, aus der Akzeptanz jüdischer Mitbewohner mit ihren Eigenheiten, (die aber ihren orthodoxen Glauben an die Ankunft des Messias innerweltlichen Zielen geopfert haben), und aus einer islamophilen Melange, die auf beiden Augen blind ist für die Gefährlichkeit dieser aus religiösen Versatzstücken und politischer Ideologie verschmolzenen Lebenseinstel-lung. Und dieser Eintopf ist die zeitnahe Garantie auf soziale Wohlfühligkeit, auf „Brü-derlichkeit“, die den Aufstieg in den Himmel überflüssig erscheinen läßt.
An diesem Prozeß der schleichenden Islamisierung - als Ergebnis des Verzehrs dieses synkretistischen Surrogates – tragen natürlich die bereits abgefallenen „Kirchen“ die entscheidende Verantwortung. Ihre Rolle ist einfach. Sie unterstützen eine Religionsge-meinschaft, deren Mitglieder nach „Open doors“, einer protestantischen Initiative zur Do-kumentation der Christenverfolgung weltweit, im vorletzten Jahr über 220 Millionen Christen drangsaliert, gedemütigt, verfolgt und getötet hat. Und diese Verbrecher wer-den von den sog. Kirchenführern – den protestantischen wie katholischen – ignoriert oder sogar gedeckt. (N. b. allein an diesem Sachverhalt läßt sich die Mitschuld dieser Brandstifter a la Bätzing an den islamischen Verbrechen klar bemessen.)
Aber auch ohne diese „Hilfestellung“ würde das Ergebnis des schleichenden Abfalls, der sozusagen „über Nacht“ über uns hereingebrochen ist oder Einzug gehalten hat, nicht viel an der Tatsache ändern, daß Christus verraten wurde. Vielleicht wurde der Vorgang nur beschleunigt. Er ist das Ergebnis eines ungeheuren Desinteresses an religiösen Problemen und Fragestellungen. Und dieses hat sich schon seit längerem ausgebreitet. Warum sollte man auch solche Fragen nach der Gottheit Christi stellen, was hat das für einen Sinn? Wohin führt solche Fragerei? Doch nur, um Ärger zu machen. Und wenn man diese Frage dennoch stellt? Sie würde nicht beantwortet werden. Eine oder die beide anderen Religionen ablehnen, weil man die eigene für besser hält? Nein! Man müßte sich dann sogar entscheiden, was man aus Gründen der „Brüderlichkeit“ ablehnen würde. „Nathan der Weise“ hat Einzug gehalten, selbst in das hinterste bayrische Stübchen. Denn alles ist „gleich gültig“, um am Ende alle Positionen als gleichgültig erscheinen zu lasen. Um es militärisch zu formulieren: Aus der Festung fiel kein einziger Schuß, um den Feind zu vertreiben. Man hißte die weiße Flagge und kapitulierte, weil der Wider-stand zu anstrengend gewesen wäre. Man war feig und faul, beides gleichzeitig. Die Wahrheit will niemand wollen, um dafür den eingeschlagenen Trott zu verlassen. Darum herrscht in der Tat ein Abfall von Gott vor, eine Apostasie, die ohne großen Kampf er-reicht wurde. Noch vor ca. 30 Jahren war es für alle klar, daß Christus Gottes Sohn ist, dessen Gebote unbedingte Geltung besitzen.
Um die Armseligkeit dieser Situation zu begreifen, sollte man einmal in die ersten christlichen Jahrhunderte zurückblicken, in denen um die religions-philosophische Position der Gottessohnschaft gerungen wurde, bis Cyrill von Alexandrien im Jahr 431 in der Verteidigung seiner 12 Kapitel gegen Theodoret von Cyrus, zu Kap. 2 eine Lösung des Prob-lems vorlegte: „Es erfolgt die Einigung nach der Hypostasis, wobei der Ausdruck „nach der Hypostasis“ nichts anderes bedeutet als nur dies, daß die Natur oder Hypostasis des Logos, d.h. des Logos selbst, mit seiner menschlichen Natur wahrhaft geeint wird ohne jede Veränderung und Vermischung und … als Ein-Christus gedacht wird und es auch ist, derselbe Gott und Mensch.“ Hypostatische Union bedeutet dann, daß die Einheit von Gottheit und Menschheit in Jesus durch die Hypostase zustande kommt. Diese funda-mental-philosophische Aufarbeitung der Frage, wie die Menschwerdung Christi zu ver-stehen sei, fand also erst durch Cyrill von Alexandrien 431 (auf dem dritten Ökumeni-schen Konzil von Ephesos) in der Formel von der „hypostatischen Union“, wonach Chris-tus zwei Naturen besitzt, nämlich wahrer Mensch und wahrer Gott zu sein, eine zutref-fende Lösung. Das war eine Antwort auf die Position des Arius, der dem Sohn die We-sensgleichheit mit dem Vater absprach. Insofern ist Arius als ein Vorläufer der moder-nen Häretiker zu sehen. Doch der Arianismus wurde überwunden. Die Kirche setzte die-ser Suggestion des Relativismus die Aufstellung des Kanons der biblischen Schriften entgegen, der willkürlichen Berufung auf subjektive Sonderlehren begegnete sie mit der Hervorhebung des objektiven Traditionsprinzips. „Damit aber erreichte sie nicht nur ein kümmerliches Überleben, sondern eröffnete sich den Weg in die Weite der antiken Welt." (Prof. Leo Scheffczyk, UNA VOCE KORRESPONDENZ Nov./Dez. 1982, S. 381
On the Slow March into Apostasy By Eberhard Heller Translation: Elisabeth Meurer
At the present moment, I am busy preparing to start archiving the EINSICHT, thereby making the documents and letters more accessible to the public because it reflects the religious-historical fight for the preservation of the Christian faith. One thing is remarkable about this preparation: the enormous spiritual energy the persons concerned have invested into dealing with the Conciliar decisions – supporters as well as opponents of the so-called reforms – and which becomes obvious in the huge amount of correspondence.
If I compare these times, i. e.: the years from 1966 through about 1995, with the present interest in religious-ecclesiastical procedures, I very quickly obtain the following result: We have gone into a time without religion, we have even stumbled into it, into a time where people show no more interest or almost no more interest in theological issues nor ask any questions to find the truth of the Christian faith. Without any doubt, we are living in the time of the predicted great apostasy, as St. Paul mentions it in the second Epistle to the Thessalonians (2 Thess. 2, 3). It does not show in specially propagated atheistic excesses, but happens incidentally. A couple of years ago, the question if Christ is the Son of God was answered with “No” by 67% of protestant ministers in Germany, recently by 51% of Catholics. The number of negative answers among so-called office-bearers will in the meantime have increased exponentially. In the meantime, I have learnt from various parts about Bergoglio/Francis that he has given to understand in a closer circle of acquaintances that he does not believe in Christ being the Son of God either. Even if I cannot give legal evidence of this statement, this rumour about his attitude towards Christ of someone who states and confirms by his signature that “This divine wisdom [God] is the source from which the right to freedom of belief and the freedom to be different derives.” (document of February 4th, 2019 in Abu Dhabi, signed with the great imam of Al-Azhar, Al Tayyeb) seems quite plausible to me. But, what does this negation of Christ as Son of God mean? This is apostasy, apostasy from the central sentence of faith according to which the “Word was made flesh and became man.” It is this central dogma on which Christianity is based. Not even the similarity to God which Arius still conceded to Him is maintained. (Nota-bene: St. Andrew of Crete and John of the Monastery of Studites reported that St. Nicholas took part in the Council of Nicaea and there slapped the face of his adversary Arius; that is why he was first arrested but rehabilitated by the end of the council – Wikipedia).
And how is this apostasy going on in our surroundings, such as in “Catholic” Bavaria? Quietly, without any dramatic emphasis, simply just so. The question of whether Christ is the Son of God is not asked any more. It has been drowned or forgotten while people were enjoying that theological hodgepodge of Christian attitudes, of accepting the Jewish cohabitants with their peculiarities (who however, have sacrificed their orthodox faith in the coming of the Messias to goals within this world) and of an Islamophilic mixture which is blind in both eyes to the danger of this attitude towards life melted into religious monuments and political ideology. And this hodgepodge is the topical guarantee of social wellness, of “fraternity” which makes the ascension to heaven seem superfluous. It is naturally the already apostatized “churches” which bear the decisive responsibility for this process of insidious Islamization – as a result of “eating” this syncretist surrogate. Their part is simple. They support a religion, the members of which, according to “Open doors”—a Protestant initiative for the documentation of the persecution of Christians world-wide—have harassed, humiliated, persecuted and killed more than 220 million Christians. And these criminals are ignored or even covered up for by the so-called leaders of the Churches – Protestants as well as Catholics. (Notabene: By this fact alone one can clearly measure the partial responsibility of these incendiaries of the Islamic crimes à la Bätzing).
But also without this “help”, the result of the insidious apostasy which has come upon us or has entered so to speak “by night” would not change much about the fact that Christ has been betrayed. Perhaps the procedure was only accelerated. It is the result of an enormous lack of interest in religious problems and issues. And this has already been spreading for a long time. Well, why should one ask such questions about Christ being God? What sense does it make? Where does asking such questions lead? Will this not only be to make trouble? And if one does ask the question, it would never be answered—for it would be seen as rejecting one or other religions because one thinks their own is better! No—it cannot be answered! One would then have to decide what even to reject for reasons of not disturbing “fraternity”. “Nathan der Weise” has made its appearance, even in the smallest Bavarian cubby hole. For everything is “of equal value” in order to finally make all positions appear as indifferent. To formulate it in a militarily way: No shot came from the fortress at all to drive off the enemy. They raised the white flag and capitulated because resistance would have been too hard. They were cowards and lazy, both at the same time. Nobody is willing to want the truth in order to leave the old rut. Therefore there is indeed an apostasy from God, an apostasy obtained without a great fight. 30 years ago it was still very clear to everyone that Christ is the Son of God whose commandments are absolutely valid.
To grasp the disgrace of this situation, one would have to look back into the first centuries when the fight for the religious-philosophical position of Jesus Christ being the Son of God, a battle that lasted until 431, when Cyril of Alexandria defended his 12 chapters against Theodoret of Cyrus. It was then he presented a solution to the problem in chapter 2: “[The Second Person] having hypostatically united to Himself flesh animated by a rational soul, became Man and was called the Son of Man, not according to the will alone or by the assumption of a person alone, and that the different natures were brought together in a real union, but that out of both in one Christ and Son, not because the distinction of natures was destroyed by the union, but rather because the divine nature and the human nature formed one Lord and Christ and Son for us.” Hypostatic union then means that the union of being God and being man in Jesus comes from hypostasis. So this fundamentally philosophical working out of the question of how Christ’s becoming a man was to be understood found its true solution only by Cyril of Alexandria in 431 (at the third ecumenical Council of Ephesus) in the formula of the “hypostatic union”, according to which Christ has two natures, namely: He is true man and true God. This was an answer to Arius’ position who negated that the Son has the same nature as the Father. To this extent Arius is to be seen as a precursor of the modern heretics. But Arianism was overcome. The Church opposed this suggestion of relativism in the setting up the Canon of Biblical Scriptures; it countered the arbitrary reference to subjective separate doctrines with emphasis on the objective principle of tradition. “This way, however, did not just survive, but opened itself up to the vast ancient world.” (Prof Leo Scheffczyk, UNA VOCE KORRESPONDENZ Nov./Dez. 1982, S. 381)
|