»Christus ist auferstanden und dem Simon erschienen«
(Lukas 24,34)
von
H.H. Pfr. Paul Schoonbroodt
Nach der Kreuzigung und Grablegung ist Jesus am dritten Tage gemäß der
Schrift glorreich aus dem Grabe hervorgegangen. Damit hat er den
endgültigen Sieg über den Tod, das Leiden, die Sünde und den Teufel
davongetragen. Die Auferstehung ist das größte Wunder, das Jesus
gewirkt hat. In der Auferstehung hat er den höchsten Beweis dafür
erbracht, daß er Gott ist. Er ist nämlich durch seine göttliche Macht,
ohne Hilfe von irgend jemand, aus dem Grabe erstiegen. Da er nun einen
verklärten Leib hat, kann er nicht durch Sperren und Hindernisse in
seiner Bewegung oder Erscheinung aufgehalten werden. So verhielt es
sich von dem Augenblick an, da die abgeschiedene Seele des Heilan-des
sich wieder mit dem Leichnam im Grabe vereinigte. Der Leib kam zu neuem
Leben und konnte in seinem neuen vergeistigten Dasein den Felsen
durchdringen. Die Grabtür konnte geschlossen bleiben, der schwere Stein
brauchte nicht weggerollt zu werden, um ihm den Weg freizumachen.
In diesem Zustand erscheint Jesus seinen Jüngern sehr oft. Etwa neun
Erscheinungen werden in den Evangelien berichtet, dazu noch z. B. in
der Apostelgeschichte 1,3; 3,15, 26; 4,10,26; und beim heiligen Paulus
(Römer 8,11; 10,9; 1. Korinther. 1-15). Die Jünger erkannten ihn, aber
ohne die Gewißheit zu haben, daß er es wirklich war. Einmal stand Jesus
plötzlich im Abendmahlssaal vor ihnen. Auch hier, ohne daß eine Tür
oder ein Fenster hätte geöffnet werden müssen (Johannes 20,19-20). Die
Jünger waren nur langsam zum Glauben gekommen, umso langsamer als sie
durch das Leiden und den Kreuzestod ihres Herrn und Meisters so
erschüttert waren, daß sie ihre Hoffnung aufgegeben hatten. Nach
einigen Tagen der Trauer hätten sie wohl keine andere Wahl gehabt, als
zu ihrem weltlichen Beruf als Fischer zurückzukehren.
Die Apostel gewöhnten sich an die neue Daseinsweise ihres Meisters. Die
drei Lieblingsapostel konnten sich an seine Verklärung auf dem Berge
Thabor erinnern und sie nun mit der Auferstehung in Zusammenhang
bringen. Jesus läßt sein göttliches Wesen erkennen. Es erfaßt die
Jünger Schauer und Ehrfurcht vor der verklärten Anwesenheit ihres
geliebten göttlichen Meisters. In der Zeit bis zur Himmelfahrt erschien
er ihnen recht oft! Wie haben sie daran gezehrt, Jesus zu sehen und
seine Lehre jetzt viel tiefer zu erfassen! Die lichtvolle Gestalt des
Auferstandenen, seine Friedenswünsche, seine wohltuenden Worte und
Belehrungen, prägten sich ihrem Gedächtnis ein. Christus und sein Sieg
durch die Auferstehung ist die Wahrheit, die sie nun vor allen Menschen
verkündigen werden. Sie werden Zeugnis ablegen von seinem Sühnetod auf
dem Kreuze und von seiner glorreichen Auferstehung.
Der Auferstandene hat von seinem gemarterten Leib als Spuren seiner
Kreuzigung die Stigmata an Händen und Füßen und die Wunde seiner
heiligen Seite bewahrt. Dadurch wird klar, daß der Auferstandene Jesus
ist, der am Karfreitag am Kreuze gehangen hatte. Die heiligen fünf
Wunden werden durch die Weihrauchkörner dargestellt, die der
Zelebrans bei der Ostervigil der Osterkerze aufdrückt Sie sind zu
Quellen der Gnaden geworden. Die Betrachtung der geöffneten Seite
wird die Grundlage für die spätere Herz-Jesu-Verehrung sein
.
Die freudenvolle Zeit nach Ostern sollte nur kurz sein. Am 40. Tage, am
Tag der Himmelfahrt Christi, endeten die Erscheinungen des
Auferstandenen (Apostelgeschichte 1,2). Er fuhr zum Himmel auf, sitzet
zur Rechten des Vaters. Innerhalb von zehn Tagen wird der Vater und er,
der verherrlichte Sohn, den Heiligen Geist senden. Durch ihn
gestärkt werden sie seine Zeugen sein bis an das Ende der Erde
(Apostelgeschichte 1,8).
Die Evangelientexte und das Credo weisen hin auf die Erfüllung
der Weissagung: "Er ist auferstanden am dritten Tage gemäß der
Schrift". Jesus selber hatte den Jüngern seine Auferstehung
vorausgesagt, allerdings in Verbindung mit seinem Leiden (Lukas. 18,
31-34). So verstanden sie weder das Leiden, noch den Sieg über Leiden
und Tod durch die Auferstehung. Jesus selber hatte diese Weissagung vor
geraumer Zeit getan, man konnte sich daran erinnern. Erst nachdem die
Weissagung in Erfüllung gegangen war, wurde sie ganz verstanden. Die
prophetischen Worte des Heilandes sind zum festgesetzten Termin, am
Osterfeste, nach der Sabbatruhe in Erfüllung gegangen. Das ist der Tag,
den der Herr gemacht hat! Es ist der erste Wochentag, der jetzt
der Dies Dominica = der Tag des Herrn wird. Die erste Schöpfung endete
am Sabbat, die Neuschöpfung begann am Sonntag. Deshalb sollten
wir Christen einander einen schönen Sonntag wünschen und nicht
eine gutes Wochenende! Mit dem Sonntag beginnt ja die neue Woche.
Die vergangene Woche endete am Samstag.
Daß Jesus, der Gekreuzigte, wieder lebt, aber von nun an im himmlischen
Zustand der Verklärung, das ist das völlig Neue. Die Weltgeschichte
braucht fürder nicht irgendeinem Zentralgeschehen entgegen zu harren,
weil dieses bereits in der Auferstehung Jesu stattgefunden hat. Im
Namen Jesu, der gekreuzigt wurde und auferstanden ist, würde den
Menschen auch heute noch auf der ganzen Welt das Heil zuteil. Die
Voraussetzungen wären, daß sie ihren falschen Glauben ablegten und daß
sie ihr Leben änderten. Es wäre notwendig und hinreichend, daß
sie den katholischen Glauben annehmen, sich taufen lassen und Glieder
der katholischen Kirche, der Kirche Christi werden.
An der Haltung des Menschen gegenüber Christus, dem Auferstandenen,
entscheidet sich seine Ewigkeit. Ach! wie viele leben ohne ihn! Ja, wie
viele arbeiten gegen ihn! Sie sind nicht auf ihr wahres Glück bedacht.
Was können sie zur Entschuldigung vorbringen, wenn auch sie, an ihrem
Todestag vor dem Richterstuhle Christi stehen werden? Werden sie
den Ausspruch vernehmen: Ich kenne euch nicht? (Matthäus 25,12). Werden
sie nicht denen zugesellt, die zeit ihres Lebens auf Erden Gott nicht
fürchteten und sich nicht um das Heil ihrer Seele kümmerten? In der
Hölle werden sie zurechtkommen, dort wird Heulen und Zähneknirschen
sein (Matthäus 25,30). Wer nicht glaubt, wird verdammt werden (Markus
16,16).
Bewundern wir, wie die Umstände der Auferstehung, von der göttlichen Vorsehung wunderbar gelenkt wurden:
Der Leichnam Jesu wurde in ein neues
Grab gelegt, das Joseph von Arimathäa für sich im Felsen nicht weit von
der Kreuzigungsstätte auf dem Kalvarienberg hatte aushauen lassen. Die
Be-stattungsweise war die der Juden. Der Leichnam wurde nicht in einen
Sarg gelegt, sondern in Tücher eingewickelt. Der Leichnam wurde sodann
in das große Grabtuch gelegt, das in der Länge gefaltet wurde. Dieses
Grabtuch existiert noch; es ist die heiligste Reliquie, die wir haben.
Nach einer wechselhaften Geschichte kam es aus dem Heiligen Land nach
Konstantinopel und von da aus nach Frankreich und von dort nach
Italien. Es wird jetzt in der Schatzkammer der Kathedrale zu
Turin aufbewahrt und in regelmäßigen Abständen den Pilgern gezeigt.
Wissen-schaftliche Studien haben die Echtheit des Grabtuches erwiesen.
So schrieb der französische Ordensbruder Bruno, Mitglied der
internationalen wissenschaftlichen Kommission, diese Reliquie sei wie
ein fünftes Evangelium für den modernen Wissenschaftler und für die
modernen Menschen überhaupt eine Bestätigung der Auferstehung.
Die Tür vor der Grabkammer wurde versiegelt und dann wurde ein schwerer
Stein davor gewälzt. Ob Vorschrift oder besondere Vorsichtsmaßnahme für
die Bestattung Jesu, man hatte, menschlich gesprochen, das
Erforderliche für die Sicherheit getan. Hinzu kam die Aufstellung der
Soldatenwache. Ein Leichendiebstahl war also unmöglich.
Nun geschah in der Nacht zum 1. Wochentag das Bestürzende: Jesus stieg
mit Leichtigkeit und Geschwindigkeit aus dem Felsengrab. Die
Fähigkeit, sich nunmehr über die physikalischen Gesetze der Schwere
oder der Undurchdringlichkeit harter Stoffe hinwegzusetzen und durch
keine anderen Hindernisse aufgehalten zu werden, das ist das
untrügliche Merkmal eines verklärten Leibes.
Der Glaube an die Auferstehung des Heilandes beruht auf der
Feststellung des leeren Grabes. Die Auferstehungsengel hatten den
großen Stein weggewälzt, die Grabkammer geöffnet und den frommen
Frauen, die das Grab in der Frühe des Sonntags besuchten, die Erklärung
für das leere Grab gegeben: Ihr sucht Jesus von Nazareth, den
Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht hier den
Ort, wo man ihn hingelegt hatte (Markus 16,7).
So wurde das wunderbare Ereignis der Auferstehung durch so viele
Einzelheiten bestätigt, daß systematische Zweifler diese Tatsache nicht
leugnen könnten, falls sie alles sachlich überprüfen wollten.
Mein Herr und mein Gott! (Joh. 20,28) ruft der ungläubige Thomas
zu Füßen des Auferstandenen aus. Die Erscheinung des Auferstandenen hat
Thomas überzeugt. Der Zweifler ist zum Glauben gekommen und hat den
Herrn sogleich als seinen Gott angebetet. Wie der Apostel Thomas zum
Glauben an die Auferstehung kam, so könnten auch die Zweifelsüchtigen
unserer Zeit zum Glauben kommen. Erscheinungen wie damals
brauchen nicht wiederholt zu werden. In den
Auferstehungsberichten kann jeder genügend Indizien für die Tatsache
der Auferstehung finden. Wie damals der heilige Thomas könnte auch der
moderne Mensch mit der Gnade des Glaubens belohnt werden. Durch die
Taufe, wobei der alte Mensch mit seinen Sünden begraben wird und wieder
zum neuem Leben der Gnade ersteht, wird der Sünder ein Gotteskind.
An einer Stelle in seinen Briefen legt der heilige Paulus
nahe, zu überlegen, wie es wäre, wenn Christus nicht auferstanden wäre:
Ist aber Christus nicht auferweckt, dann ist euer Glaube vergeblich,
ihr seid noch in euren Sünden. (1.Brief an die Korinther 15,17).
Aber auch die sieben Sakramente hätten ohne die Auferstehung Christi
keine Wirkung! Das kirchliche Leben wäre ohne sie gar nicht in Gang
gekommen. Nun aber, da Christus aufgefahren ist, konnte der Heilige
Geist vom Vater und vom Sohne gesandt werden. Am Pfingstfest kam er auf
die Apostel in Gestalt von Feuerzungen herab. Er erfüllte sie mit der
Gnade und mit seinen Gaben. Seitdem ist er unaufhörlich als
Lehrer der Wahrheit in der Kirche Jesu Christi am Werke Das ist die
römisch-katholische Kirche, die zwar jetzt "verdunkelt, verfinstert"
ist wie in La Salette vorausgesagt, aber in den Rechtgläubigen
fortbesteht; er ist der Garant der Unfehlbarkeit der heiligen Kirche.
Der Heilige Geist ist auch am Werke in den einzelnen Seelen, um sie mit
seiner Gnade und mit seinen Gaben zu erfüllen.
Lesen wir an den Ostertagen und während der Oktav die eigenen Lesungen
und Evangelien von jedem Tag. Eine Kirche oder Kapelle, wo noch ein
Priester das wahre heilige Meßopfer, die oblatio munda dem himmlischen
Vater darbringt, (oblatio munda = das reine Opfer, das frei ist von
Häresie, Schisma und falschem Ökumenismus) findet sich für die meisten
wohl nicht in erreichbarer Nähe. Verweilen wir darum in Gedanken bei
der jeweiligen Szene der Auferstehungsberichte. Stellen wir uns vor,
wie Jesus bei seinen Erscheinungen zum einen und zum anderen spricht,
auch zu einem jeden von uns, auch zu mir. Was antworte ich? Wie groß
ist die geistige Freude, da ich von ihm im Empfang des Bußsakramentes
den österlichen Frieden empfangen habe! Heute noch spricht Jesus zu mir
durch die Kirche. Wie gehe ich darauf ein? Das ist wahrhaft eine
geistliche Kommunion mit Danksagung und vielen geistlichen Tröstungen.
Ich will ihn anbeten, ihm meine Treue und Liebe versprechen. Er hat mir
neues Leben gebracht, das Leben der heiligmachenden Gnade. Dadurch bin
ich ein Kind Gottes geworden.
Im Glauben an die Auferstehung will ich als eifriger Christ leben und
sterben. In diesem Sinne will ich dieses Jahr zum Osterfest meine
Taufgelübde erneuern. Ich gelobe, ein Leben der Auferstehung zu führen,
durch das Bekenntnis des wahren Glaubens und durch die Ausübung der
christlichen Tugenden. Zur Zeit des Frühchristentums haben die
Gläubigen das in einer heidnischen Welt geschafft, manche in
heldenmütiger Weise bis zum Martyrium. Warum sollten wir das in unserer
Zeit, in der Zeit des Massenabfalls und des Neuheidentums, nicht auch
schaffen?
Dafür steht als Belohnung der Himmel mit der ewigen Anschauung der
heiligsten Dreifaltigkeit aus. Ich glaube, daß ich am jüngsten Tage
auch auferstehen werde. Dann wird dieser mein Leib verklärt sein. Er
wird teilhaben am ewigen Leben, das Ziel, das der Herrgott für die
geistigen Geschöpfe bestimmt hat.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, lieber Leser, gnadenreiche Ostern und erteile Ihnen den priesterlichen Segen!
Pfarrer Paul Schoonbroodt
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